Eine qualitative Analyse über die Darstellung von Selbstverletzung in dem sozialen Netzwerk Flickr.
Definition in der Studie: „absichtlich verwundete Körper und Körperteile“
Öffentlicher Diskurs: In der breiten Gesellschaft wird Selbstverletzung als Symptom von verschiedenen psychischen Krankheiten an. Die Darstellung von Selbstverletzung oder Körpern mit Zeichen der Selbstverletzung in Internetforen wird von Ärzten und anderen Personen als kritisch gesehen, da sie befürchten, dass vor allem Jugendliche dadurch ermutigt werden sich ebenfalls selbst zu verletzen.
Annahme der Soziale Semiotik nach Kress und Van Leeuven. Es wird davon ausgegangen, dass Bilder eine eigene Botschaft haben und keinen Text brauchen um interpretiert zu werden, man muss hierzu die Visuelle Grammatik der Bilder beachten, welche Aufschluss darüber geben kann, was der Fotograf einem mit dem Bild sagen will.
In der Studie werden automatische, computerbasierte und manuelle Auswahlverfahren gemischt.
Zunächst wird die eingebaute Suchmaschine bei Flickr genutzt um die Masse an Bildern auf für die Studie interessante Bilder einzugrenzen. Hierfür wird der Begriff „self-injury“ gebraucht. (Wie wählt die Suchmaschine von flickr das aus? – tags, stichworte) Anschließend werden von dem Computer die Bilder identifiziert, die nicht als Fotographie erkennbar sind (z.B. Illustrationen).
Die übrigen Bilder werden manuell aussortiert, danach ob sie für die Studie relevant sind, also auch tatsächlich Bilder von Selbstverletzung zeigen. (mehr?)
Endgültige Datenauswahl: 516 Bilder von 156 Uploadern
Zunächst wird der reine Inhalt des Bildes analysiert, also was darauf abgebildet ist. Hier werden die Inhalte in drei verschiedene Kategorien unterteilt. Die erste ist welche Körperteile auf dem Bild zu sehen sind, ob es sich um Arm, Bein, Hals oder Handgelenk oder andere Körperteile handelt. Die zweite die Art, wie man sich verletz hat, ob man sich z.B. mit einer Rasierklinge oder einem Messer geschnitten hat (cutting), sich Symbole oder Schrift in die Haut eingeritzt hat (carving) oder ob eine kreisförmige Wunde in die Haut eingestochen wurde (stabbing). Als letztes wird der Zustand der Wunde analysiert, ob die Wunde frisch ist und eventuell noch blutet, ob sie komplett verheilt ist und sich Narben gebildet haben oder ob sich die Wunde noch im Heilungsprozess befindet. Es können sich auch mehrere Kategorien auf einem Bild wiederfinden.
Anschließend wird betrachtet wie und mit welchen Mitteln und Effekten der Inhalt dargestellt wird, was als Visuelle Grammatik bezeichnet wird. Zunächst wird hier auf Entfernung der Person und auf die Fokussierung der Kamera geachtet. Dies soll auch Aufschluss über die soziale Nähe oder die soziale Distanz der Fotograf mit den Betrachtern des Fotos hat oder herstellen will. Ist dabei die Person oder das Körperteil nah an der Kameralinse soll die auch soziale Nähe darstellen. Ist die Person oder das Körperteil aus der Entfernung zu sehen so soll dies auch soziale Distanz darstellen.
Als nächstes wird angeschaut wie und aus welcher Position die Person das Bild aufgenommen hat. Es wurden dabei drei Arten festgestellt. Die Person kann hierbei das Bild mit der Kamera im ausgestreckten Arm aufgenommen haben oder ihre Reflektion im Spiegel fotografiert haben oder sie hat einen Selbstauslöser verwendet und sich aus der Ferne fotografiert.
Zuletzt wird noch die Perspektiv aus welcher das Bild aufgenommen wurde, betrachtet. Hier gibt es wieder drei mögliche Perspektiven. Die erste ist die Ich-Perspektive, aus welcher der Fotograf seine Wunden so darstellt/aufnimmt wie er sie auch selbst wahrnimmt. Der Gegenpart hierzu ist die Fremdperspektive bei welcher der Fotograf das Bild so aufnimmt wie es eine außenstehende Person sehen würde. Das Ergebnis ist hierbei anders als bei der Ich-Perspektive für den Fotografen selbst eine Überraschung. Zuletzt gibt es wieder die Möglichkeit, dass der Fotograf seine Reflektion im Spiegel fotografiert. Die Perspektive ist hier ähnlich zur Ich-Perspektive nur eben spiegelverkehrt.
Falls den Bildern Texte beigefügt sind werden diese nach der Methode der Diskursanalyse untersucht. Hierzu werden die Texte durchgelesen und nach Passagen gesucht die für die Fragestellung interessant sind. In diesen Passagen wird dann nach Wiederholungen in den verschiedenen Texten gesucht und so verschiedene Positionen herausgearbeitet, welche den Verfassern zugeordnet werden können.
Nachdem die Forscher die Bilder nach diesen Methoden ausgewertet haben kommen sie zunächst zu der Erkenntnis, dass auf den Bildern am häufigsten Unterarme abgebildet sind, meistens sind die Wunden schon komplett verheilt und die häufigste Methode ist das „cutting“. Bei der Technik wie das Foto aufgenommen wurde waren Bilder aus der Nähe und mit ausgestrecktem Arm aufnehmen am beliebtesten.
Die Bilder konnten sich außerdem in drei Gruppen ordnen lassen.
Die erste Gruppe bildet die der Bilder die zur Dokumentation dienen. Die Bilder zeigen frische Wunden direkt nach dem Akt der Selbstverletzung und sollen dokumentieren wie man sich danach und währenddessen fühlt. Wenn den Bildern Texte beigefügt sind, fallen diese meist kurz aus und sind sehr emotional und beschreiben die Gefühle der Person näher.
Die zweite Gruppe von Bildern sind Erinnerungen an vergangene Selbstverletzung. Diese Bilder zeigen Menschen und Körperteile mit Narben, die an Vergangene Akte der Selbstverletzung erinnern. Die Texte die diese Bilder begleiten sind oft längere und handeln davon wie es den Personen in der Zeit in der sie sich die Verletzungen zugefügt haben ging. Viele erzählen von Depressionen oder anderen psychischen Krankheiten und wie sie diese überwunden haben und ermutigen andere dies auch zu tun.
Die letzte Gruppe bilden die Selbstportraits, sie dienen der Selbstdarstellung der Fotographen und ihrer Gefühle. Auf diesen Bildern ist insbesondere auf den Gesichtsausdruck zu achten, der Aufschluss über die Gefühle der Person geben kann und mit welchen Gefühlen sie die Selbstverletzung verbindet, beziehungsweise wie sie sie darstellen will. Hier gibt es in den Texten die den Bildern beigefügt sind unterschiedliche stimmen. Die eine ähnelt der der Erinnerung, sie will der Selbstverletzung ein Gesicht geben und anderen zeigen, dass sie nicht alleine sind. Auf der anderen Seite gibt es auch Texte, die eine alternative Seite zu dem öffentlichen Diskurs über Selbstverletzung aufzeigt. Die Personen sehen ihre Wunden nicht als Zeichen von Schwäche und (psychischer) Krankheit, sondern als ein Zeichen der Stärke und des Überlebens. Einige sehen sie auch als kunstvoll und schön an und wollen dies mit ihren Bildern zeigen.
Man sieht also auf Flickr und in der Community der Selbstverletzter im Internet, das es zwei Seiten gibt. Die eine Stimmt mit dem gängigen Diskurs überein und sieht Selbstverletzung als Symptom einer psychischen Krankheit an, die überwunden werden muss. Die andere Seite sieht die Selbstverletzung als Zeichen des Überlebens und Stärke bis hin zum kunstvollen Ausdruck und bildet somit eine alternative Sichtweise zum öffentlichen Diskurs über Selbstverletzung.
Die qualitative Kontrastierung von reflektierten und nicht-reflektierten Äußerungen der französischen Protestbewegung gegen die Öffnung der Ehe. Eine Untersuchung von Internetseiten und Tweets, in: Dominique Schirmer/Nadine Sander/Andreas Wenninger (Hg.): Die qualitative Analyse internetbasierter Daten. Methodische Herausforderungen und Potenziale von Online-Medien, 2015, S. 89-131.
Eine der Forschungsprämissen lautet, dass noch vor kurzer Zeit eine ablehnende Haltung gegenüber der Homosexualität „normal“ war, wobei die Anhänger der LGBTIQ-Bewegung sich rechtfertigen mussten. Jetzt kippe sie Stimmung um: Toleranz und Akzeptanz seien auf die Fahne geschrieben. Die Gegner dieser Entwicklung geraten dadurch in die Defensive und werden zu der Minderheit.
Es lässt sich jedoch hinterfragen, ob der neue Konsens tatsächlich eine grundlegende Wende widerspiegelt oder nur ein Schein ist. Laut statistischen Erhebungen sind die Gewaltakte gegen Homosexuelle im Jahre 2013 um 54% im Vergleich zu 2012 gestiegen, und die Homophobie insgesamt um 72%. In Westeuropa zählt Frankreich somit zu einem der homo-unfreundlichsten Länder.
Bei der Studie handelt es sich allerdings nicht um eine Meinungsumfrage, die den Anspruch erhebt, die Vielfalt der Stellungnahmen und ihren Wandel in zeitlicher Perspektive abzubilden. Im Fokus der Untersuchung steht die Protestbewegung, die als Reaktion auf die gesetzliche Öffnung der Ehe entstanden ist.
Methodisch
Forscherin teilt das Untersuchungsmaterial in unterschiedliche Ebenen auf:
Jede Ebene beinhaltet besondere Aspekte eines Themas. Deswegen, um ein komplexes Bild von der Wirklichkeit zu bekommen, ist es empfehlenswert, mehrere verschiedene Ebenen in die Analyse einzubeziehen. Die Forscherin nennt das „Triangulation von Erhebungszielen“
Die Forscherin verwendet für ihre Fragestellungen internetbasierte Daten. Sie argumentiert dabei, der einzige Unterschied der Onlinedaten − im Vergleich zu dem „klassischen“ empirischen Material − bestehe darin, dass die online Quellen besser zugänglich seien. In den beiden Fällen gehe es um einen Ausschnitt aus einer kaum überschaubaren Datenmenge, und folglich um die Wirklichkeitsreduktion. Wenn man über internetbasierte Daten forsche, habe man nur das Privileg, die Auswahlentscheidung nicht sofort treffen zu müssen.
Anschließend stellt die Autorin mögliche Auswahlstrategien vor:
Selektiv
Theoriebasiert: Man bestimmt die Analyseeinheiten nach inhaltlicher Konzeption der Forschung (die gängigste Methode)
Willkürlich: Für die erste Materialreduktion wählt man ein zufälliges Objekt theoriefrei
Iterativ
Theoretisches Sampling: ForscherInnen verzichten auf einen vorab bestimmten Auswahlplan zugunsten einer schrittweisen Entwicklung des Samples, die an der im Forschungsprozess entwickelten Theorie orientiert ist
Die Strategien schließen einander nicht aus und können gleichzeitig oder nacheinander angewendet werden.
In der Studie werden zwei unterschiedliche Erhebungsebenen miteinander kontrastiert. Einerseits sind das offizielle Stellungnahmen der Organisationen, die die Proteste leiten. Dabei handelt es sich um öffentlich geäußerte, reflektierte Standpunkte, die (vermutlich) den inhaltlichen Rahmen für die Protestbewegung schaffen und den Diskurs verfestigen.
Andererseits werden subjektive Äußerungen untersucht, die spontan und flüchtig sind. Daran lässt sich ablesen, wie die an den Protesten Beteiligten ihre Position selbst begründen und wie sie sich dabei fühlen.
Die Protestbewegung organisiert sich über das Internet, sodass sich die Analyse der internetbasierten Daten anbietet. Die offiziellen Stellungnahmen werden mithilfe von thematischen Webnetseiten ermittelt, die persönlichen Standpunkte untersucht man über die Mikroblogs.
An welche Internetseiten man kommt, hängt von den Suchwörtern ab. Sie entscheiden über die Menge und Breite des Materials und ihre Auswahl ist daher gleich die Auswahl der Untersuchungsobjekte. Die Forscherin fing mit einem allgemeinen Begriff „Homoehe“ an, um sich einen Überblick zu verschaffen. Im Laufe der Recherche hat sie noch „Demo für Alle“ hinzugefügt − das Schlagwort, das GegnerInnen des Gleichstellungsgesetztes verwenden.
Die Forscherin hatte theoriefrei mit Facebook angefangen, es hat sich aber schnell ergeben, dass die Blogs da nicht intensiv genug gepflegt werden und daher nur weniger Analysematerial anbieten. In Facebook hat sie aber Links zu den Webseiten der Protestbewegung gefunden, wobei die Seite „Demo für alle“ als Sammelbecken zu bezeichnen ist, weil sie mehrere Verlinkungen zu den thematisch verbundenen Bewegungen beinhaltet. Diese heterogenen Blogs der KooperationspartnerInnen hat die Forscherin nach dem Prinzip der Grounded Theory kontrastierend analysiert.
Die Protestbewegung findet im kontinentalen Frankreich statt und erfordert physische Präsenz der Akteure. Die untersuchten Quellen sind daher überwiegend auf Französisch verfasst.
Man postet auf den Webseiten nicht so intensiv wie in Mikroblogs, und die Beiträge sind wesentlich länger uns statischer. Wann sie veröffentlich wurden, lässt sich nicht immer nachvollziehen, ist aber auch nicht relevant, solange sie sich auf das Thema (Öffnung der Ehe) beziehen.
Die Ursprungliche Intention war, die Kommentare zu den Blogs für die Kontrastierung heranzuziehen. Die Idee wurde aber aus mehreren Gründen verworfen. Erstens sind die KommentatorInnen mit GegnerInnen der Ehe-Öffnung nicht unbedingt identisch, deswegen würde es zu einer Verzerrung des Samples kommen. Zweitens könnten die Äußerungen in den Kommentaren an die Argumentationslinie der Webseite angepasst werden, sodass es sich nicht mehr um authentische spontane Aussagen handeln würde. Drittens stellen Kommentare eine thematisch eingeschränkte Reaktion auf die Beiträge in Blogs vor, während für die Studie vor allem offene Äußerungen von Interesse sind. Deswegen hat sich Forscherin für Twitter entschieden. Tweets erfüllen alle theoretsichen Voraussetzungen: sie sind subjektiv, spontan, thematisch breit gefasst. Außerdem ist Twitter als eine Mikroblogplattform in Frankreich relativ populär.
In Mikroblogs posten intensiv Millionen französischer Nutzer, sodass es keine qualitative Analyse der kompletten Datenmenge zu leisten ist. Um das Material überschaubar zu machen, ist eine Reduktion notwendig. Die Forscherin hat dafür zwei Strategien entwickelt.
Erstens hat sie den zeitlichen Raum eingegrenzt (von 23. April bis 26. Mai) und darin noch fünf „besondere“ Tage ausgewählt, wobei die Entscheidung theoretisch begründet (Aufmerksam erregende Ereignisse) und empirisch überprüft (s. Häufigkeitstabelle) wurde. Diese Auswahlstrategie betrifft alle Tweets, die nach dem Suchwort „Homoehe“ gefunden wurden. Die Vermutung hierbei lautet, dass an „heißen“ Tagen sich besonders viele und besonders emotional äußern, was genau den theoretischen Vorgaben entspricht.
Die zweite Möglichkeit bestand darin, innerhalb des gewählten Zeitraums nach den ideologisch gefärbten Rautenwörter zu suchen (s. den nächsten Punkt).
Am Anfang hatte die Forscherin den Anspruch, die Suchwörter zu verwenden, die Offenheit und Breite der Ergebnisse gewährleisten und verschiedene Positionen zu dem Thema auffangen. Nach den ersten Recherchen mit dem Stichwort # Homoehe hat es sich herausgestellt, dass es ein erheblicher Übergewicht der Pro-Stimmen gibt, während die Beiträge gegen die Ehe-Öffnung viel seltener vorkommen. Über die Ursache kann man nur spekulieren, mögliche Erklärungen sind soziale Erwünschtheit, Zensur oder unterdurchschnittliche Twitter-Nutzung bei den GegnerInnen.
So wurde die Forscherin gezwungen, zu den weniger neutralen Suchwörtern zu wecheln, nämlich # wirgebennichtauf und # demofüralle. Sie sind für VertreterInnen der Protestbewegung gruppenspezifisch und liefern daher mehr relevante Treffer.
Wie in Punkt 6 dargelegt, bilden die Grundlage der Analyse KooperationspartnerInnen der zentralen Organisation Demo für Alle, also „kirchliche, muslimische, feministische, homosexuelle, politische, administrative und andere“ Webseiten. Da die Datenmenge überschaubar war, hat die Forscherin alle Stellungnahmen gelesen und eine Vorauswahl getroffen. In die Analyse gingen also möglichst heterogene Quellen ein. Die Texte wurden anschließend induktiv in Hinblick auf die Inhalte kodiert.
Das Weltbild der Protestbewegungen lässt sich so zusammenfassen: Aufteilung in Mann und Frau sorge für „natürliche“ Fortpflanzung der Gesellschaft. Öffnung der Ehe hänge mit künstlicher Reproduktion zusammen (sic!), führe zur Verdinglichung der Menschen (Gebärmaschinen/Samenproduzenten) und bedrohe die Zivilisation. Oder mit einem Satz: Vater-Mutter-Kind(er) seien der Kern der Zivilisation.
Dieses Modell umfasst zum einen den biologischen Aspekt: „Natürliche“ Fortpflanzung sei nur zwischen einem Mann und einer Frau (innerhalb einer traditionellen Familie) möglich. Zum anderen beruht es auf der sozialen Dimension der Geschlechterteilung: Heterosexualität mit entsprechenden Genderrollen seien die Grundlage der Gesellschaft und sorgen für das Wohl der Kinder. Durch die Öffnung der Ehe für Homosexuelle sei diese Ordnung in Frage gestellt. Die öffentlichen Auftritte der Protestbewegungen vermitteln deswegen das Gefühl des Bedroht-Seins.
Beiträge in Mikroblogs sind aus zwei Hinsichten spezifisch. Erstens sind sie sehr kurz (max. 140 Zeichen), sodass die Inhalte drastisch auf das Wesentliche gekürzt werden. Das setzt bestimmtes gruppen- oder kontextbezogenes Vorwissen voraus, das ForscherInnen zusätzlich rekonstruieren müssen. Zweitens sind Tweets multikategorial: Sie unterscheiden sich je nach dem verwendeten Medienart (Text, Bild, Film etc.), Urheberschaft (eigener Beitrag, Retweet, (kommentiertes) Zitat), Interaktivität (Einzelbeitrag, mention @, Diskussion), Zeitebene (wann veröffentlicht) und Quelle (externer oder interner # Diskurs). Der Vorteil der qualitativen Analyse besteht gerade darin, alle Tweets-Kategorien berücksichtigen zu können, ohne sich zwangsläufig auf selbstständige Textbeiträge zu beschränken.
Die zentrale Botschaft, die sich aus den analysierten flüchtigen persönlichen Äußerungen ergibt, ist die Empörung wegen der Infragestellung gesellschaftlicher Hierarchie durch das Gleichstellungsgesetz. Die GegnerInnen bestehen drauf, dass die Homosexualität der Heterosexualität keineswegs gleich sei. Sich bezeichnen sich ferner als eine quantitative (wir sind die Masse) und als eine qualitative (wir sind die Normalität) Mehrheit. Die Haltung ist eindeutig aktiver und aggressiver als in offiziellen Stellungnahmen: Die GegnerInnen fühlen sich einerseits diskriminiert, und drohen andererseits selbst zurück.
Die Studie hat das Ziel verfolgt, die Beweggründe und die Stimmung der Protestbewegung gegen die Öffnung der Ehe in Frankreich zu untersuchen. Dafür hat die Autorin statische reflektierte offizielle Stellungnahmen mittels thematischer Webseiten und flüchtige spontane persönliche Äußerungen in Twitter analysiert. Aus den beiden Materialtypen gingen tatsächlich unterschiedliche Ergebnisse hervor. Während die Organisationen ein Leitbild der traditionellen Kernfamilie propagandieren und vor der Bedrohung der Zivilisation warnen, geht es den engagierten GegnerInnen vor allem darum, dass ihre privilegierte Position in der sozialen Hierarchie durch die juristische Gleichstellung der Homo- und Heterosexualität hinterfrag wird.
Die Ergebnisse dürfen nicht vorbehaltlos gegenübergestellt werden, denn sie stammen aus unterschiedlichen Plattformen und wurden unterschiedlich analysiert. Viel mehr dienen sie dem Zweck, die Sachverhalte zu kontrastieren, um einen wissenschaftlichen „Mehrwert“ zu gewinnen.
Seko, Yukari 2013. Picturesque Wounds: A Multimodal Analysis of Self-Injury Photographs on Flickr.
Schirmer, Dominique 2015. Ehe für Alle – Gleichstellung oder Geschlechterkampf? Die qualitative Kontrastierung von reflektierten und nicht-reflektierten Äußerungen der französischen Protestbewegung gegen die Öffnung der Ehe. Eine Untersuchung von Internetseiten und Tweets.