====== Lesbische Identitätspolitik – Diskurse, Bündnisse, Konfliktlinien ====== Lesbische [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:gloreiches_ergebnis_des_seminars|Identitätspolitik]] ist der Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung von Lesben auf Basis der gemeinsamen Betroffenheit von Lesbophobie. [[https://de.wikipedia.org/wiki/Lesbophobie|Lesbophobie]] ist das Zusammenspiel von [[https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/das-junge-politik-lexikon/228940/homophobie|Homophobie]] und [[https://www.duden.de/rechtschreibung/Misogynie|Misogynie]] im Kontext von [[https://gender-glossar.de/glossar/item/55-heteronormativitaet|Heteronormativität]] und patriarchalen Verhältnissen.((Wikipedia: Lesbophobia. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbophobia.)) Wie sich 'lesbisch' definiert und was lesbische [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:identitaet|Identität]] ausmacht, ist dabei Gegenstand von permanenten Aushandlungsprozessen. Ebenso wird die Wünschbarkeit von spezifisch lesbischer Identitätspolitik sowie von [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:identitaetspolitiken|Identitätspolitik]] im Allgemeinen kontrovers diskutiert. Zudem ist die Frage nach geeigneten Bündnispartner*innen – wie etwa Feminist*innen, Bisexuelle, Schwule oder Queers – umkämpft. Auf dieser Seite werden zentrale Grenzziehungen, Konfliktlinien und Debatten mit Fokus auf den deutschen Kontext zusammengefasst. ===== 1. Einführung und Definitionen ===== ==== 1.1 Lesbe, lesbisch ==== Im Alltagsverständnis ist eine Lesbe eine Frau, die Frauen liebt beziehungsweise begehrt. Innerhalb der Szene schließen sich jedoch nicht alle dieser Definition an. Was eine Frau ausmacht, ob der Fokus auf sexuelles Begehren oder auf romantische Liebe gelegt wird, ob Lesbischsein ein angeborenes Attribut, eine Einstellung, ein Gefühl oder eine Praxis ist, sowie ob eine Lesbe auch nichtweibliche Personen begehren kann, wird nicht einheitlich beantwortet. Der [[https://www.duden.de/rechtschreibung/lesbisch#Bedeutung-2|Duden]] definiert die 'Lesbe' als homosexuelle Frau und legt den Fokus damit auf die sexuelle Dimension sowie auf die Ausschließlichkeit des Begehrens nur für Frauen. Das [[https://queer-lexikon.net/|Queer Lexikon]] hebt dagegen körperliche und romantische Aspekte der Anziehung hervor: >>>"Als lesbisch werden Frauen oder sich mit Weiblichkeit identifizierende nonbinary Personen bezeichnet, die sich romantisch und/oder körperlich zu anderen Frauen oder sich mit Weiblichkeit identifizierenden nonbinary Personen hingezogen fühlen."((Queer Lexikon: Lesbisch. Online verfügbar unter https://queer-lexikon.net/uebersichtsseiten/lesbisch/.)) {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:lesbische_pride-flagge.jpg?300| Bild: © CC-by-SA 4.0 }} Zudem werden hier auch [[https://missy-magazine.de/blog/2017/10/04/hae-was-heisst-denn-nicht-binaer/|nichtbinäre]] Personen mit einbezogen. Noch weiter geht beispielsweise das Archiv [[https://www.lesbengeschichte.org/sprachauswahl.html|Lesbengeschichte]], das den Begriff als "politische Klammer nicht-heterosexueller Erfahrungen und persönlicher, teils politischer Lebensweisen von Frauen (und Passing Women/Transgender)"((Lesbengeschichte: Lesbengeschichte. Online verfügbar unter https://www.lesbengeschichte.org/home_d.html.)) benutzt. Hier werden explizit alle nicht-heterosexuellen Praktiken mit einbezogen. An dieser Art offener Definition, die nicht nur homosexuelle [[https://queer-lexikon.net/2017/06/15/cis-frau/|Cis-Frauen]] einschließt, gibt es jedoch auch Kritik, da sie die Bezeichnung verwischen und die spezifische Betroffenheit ebendieser Gruppe verschleiern würde.((Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 245-247.)) Von anderen Seiten wird die Wünschbarkeit einer Definition insgesamt infrage gestellt: >>>"Ich schlage vor [...], Lesbe als einen Begriff aufzufassen, bei dem es keine einzige universelle Eigenschaft oder Verhaltensweise gibt, über die sich alle Lesben als solche definieren liessen. [...] Dies bedeutet ja keinesfalls, dass es Lesben und eine Lesbengemeinschaft nicht gäbe."((Palzkill, Birgit (1994): 'Ich bin keine Frau - ich bin immer nur ich'. Lesben und die soziale Konstruktion von Geschlecht. In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 234–235.)) Ähnlich dazu kommt [[https://www.ruhr-uni-bochum.de/fwu/texte/tp_butler.pdf|Judith Butler]] zu dem Schluss, "daß es unter Lesben kein notwendigerweise gemeinsames Element gibt, außer vielleicht, daß wir alle etwas darüber wissen, wie sich Homophobie gegen Frauen richtet" ((Butler, Judith (1996): Imitation und die Aufsässigkeit der Geschlechtsidentität. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 20)). Jeder Versuch der Definition würde demnach Ausschlüsse produzieren und autoritär 'richtiges', 'authentisches' Lesbischsein festlegen. Dagegen steht die Position, dass Begriffe und Definitionen gefunden werden müssen, um als politisches Subjekt handeln zu können, dass diese Grenzziehungen aufgrund ihres notwendigerweise ausschließenden Charakters jedoch dynamisch verstanden und permanent reflektiert werden müssen.((Hark, Sabine (1996): Magisches Zeichen. Die Rekonstruktion der symbolischen Ordnung im Feminismus. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 97.)) Wieder andere lehnen den Begriff 'Lesbe' als Selbstbezeichnung ab, obwohl sie in die obengenannten Definitionen fallen. Das liegt unter anderem daran, dass der Begriff zunächst ein Schimpfwort war und sich trotz der positiven Aneignung nicht gänzlich von negativen Konnotationen befreien konnte.((Kuhnen, Stephanie (2017): Schrödingers Lesbe. Sind in dem Buchstaben L jetzt Lesben drin oder nicht? The Making of Lesben raus! In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 11–17.)) Zudem wird der Begriff teilweise als 'veraltet' und zu 'eng' (da auf Homosexualität und Geschlechterbinarität referierend) wahrgenommen.((Wikipedia: Lesbian erasure. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure.)) Der am weitesten verbreitete deutschsprachige Podcast zum Thema propagiert [[https://busenfreundin.podigee.io/about|'Busenfreundin']] als kreative Selbstbezeichnung und verwendet ansonsten den Begriff 'gay'.((Busenfreundin: Das Magazin. Online verfügbar unter https://busenfreundin-magazin.com/ueber-uns-busenfreundin-das-magazin.)) Die Ablehnung des Begriffs 'Lesbe' kann allerdings auch mit internalisierter [[https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/das-junge-politik-lexikon/228940/homophobie|Homophobie]] in Verbindung gebracht werden.((Wikipedia: Lesbian erasure. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure.)) ==== 1.2 Identitätspolitik ==== Der Begriff der Identitätspolitik wurde durch das [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_2#identitaetspolitik_ist_erst_der_anfang_-_einleitung|Combahee River Collective]], ein Kollektiv schwarzer lesbischer Arbeiterfrauen, geprägt. Er bezeichnet die politische Aktivität einer Gruppe mit [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:kollektive_identitaet|kollektiv geteilter (zugeschriebener) Identität]] auf Basis der Betroffenheit von bestimmten diskriminierenden Strukturen. Sie hat die Abschaffung der Diskriminierung und die gleichberechtigte Anerkennung und Partizipation zum Ziel. Dabei läuft sie aufgrund der Definition und Affirmation der Identität jedoch stets Gefahr, essentialisierend, ausschließend und repressiv zu wirken.((Susemichel, Lea (2018): Identitätspolitiken. Konzepte und Kritiken in Geschichte und Gegenwart der Linken. Münster: Unrast.)) Deshalb steht Butler lesbischer Identitätspolitik zwiegespalten gegenüber: >>>"Ich fühle mich mit den Begriffen 'lesbische Theorie, schwul-lesbische Theorie' nicht wohl, denn Kategorien der Geschlechtsidentität können Instrumente regulatorischer Regimes sein, entweder als normalisierende Kategorien unterdrückender Strukturen oder als Ansatzpunkt für eine befreiende Anfechtung eben dieser Unterdrückung [...]. Das heißt nicht, daß ich bei politischen Ereignissen nicht unter dem Identitätszeichen 'Lesbe' auftreten will, sondern daß ich eine dauerhaft Unklarheit darüber schaffen möchte, was es genau bezeichnet. [...] Ich gehe dabei das Risiko ein, daß ich von dem Zeichen, unter dem ich schreibe, erneut kolonisiert werde, und daher versuche ich, eben dieses Risiko zu thematisieren."((Butler, Judith (1996): Imitation und die Aufsässigkeit der Geschlechtsidentität. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 16.)) Das Postulat einer gemeinsamen Identität führt tendenziell zu interner Homogenisierung bei Ausschluss nach außen.((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 55.)) {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:lesbian_visibility_day.png?400|Lesbian Visibility Day}} >>>"Die fundierende Geste lesbischer Identitätspolitiken birgt [...] immer die Gefahr, daß 'lesbisch' aufhört, eine Frage zu sein, und Identität als normative Ideal fungiert. Identitätspolitik kann insofern dazu dienen, all diejenigen auszuschließen, die die Identitätsanforderungen und -bedingungen nicht erfüllen. Sie wird so Teil des Problems, das sie angetreten war zu lösen."((Hark, Sabine (1996): Einleitung. Am Explosionspunkt. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 12.)) Trotzdem beharren viele von Lesbophobie Betroffene auf der Notwendigkeit von lesbischer Identitätspolitik. Diese sei notwendig, um die Diskriminierung und [[https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/was-ist-das-904.html|Gewalt gegen Lesben]] als Lesben zu bekämpfen. Ein wichtiger Punkt ist hier auch die mangelnde gesellschaftliche Sichtbarkeit von Lesben, die angegangen werden müsse, um Anerkennung und gleiche Partizipation zu ermöglichen. Im Englischen gibt es für das Fehlen lesbischer Sichtbarkeit den Begriff der [[https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure|'Lesbian erasure']]: >>>"Lesbian erasure is the tendency to ignore, remove, falsify, or reexplain evidence of lesbianism in history, academia, the news media, and other primary sources. Lesbians may also be ignored within the LGBT community and their identity may not be acknowledged."((Wikipedia: Lesbian erasure. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure.)) Der Sichtbarmachung lesbischer Lebensweisen hat sich auch der jährlich am 26. April stattfindende globale [[https://www.rosahilfefreiburg.de/2020/lesbian-visibility-day/|Lesbian Visibility Day]] verschrieben. Allerdings ist es auch hier Teil innerlesbischer Aushandlungsprozesse, ob Sichtbarkeit überhaupt als wünschenswert verstanden wird (schließlich kann sie auch mit Gefährdung verbunden sein)((Kuhnen, Stephanie (2017): Sichtbarkeit ohne Baedeker. Ein Input für eine Denkwerkstatt. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 130–138.)) und welche Ausprägungen des Lesbischseins dabei mehr oder weniger sichtbar werden (sollten)((Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 240)). ===== 2. Intersektionen von Lesbischsein mit anderen Identitätsaspekten ===== [[http://worldwidewomennow.weebly.com/blog/what-is-intersectionality|Intersektionalität]] bezeichnet die [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_9_-_queer-buchstaben_und_queerfeminismus|Verschränkung verschiedener Formen von Diskriminierung und Unterdrückung]], wobei diese sich nicht einfach aufaddieren, sondern in ein komplexes Zusammenspiel treten. Für lesbische Identitätspolitik spielen insbesondere Verschränkungen zwischen lesbischer sexueller Orientierung und der Strukturkategorie Geschlecht eine zentrale Rolle. Zudem werden auch Zusammenhänge mit [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_2#alles_war_miteinander_verbunden_-_identitaetspolitiken_und_klassenkampf|Klasse]] und [[https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/213673/rassen-gibt-s-doch-gar-nicht|'Race']] verhandelt. ==== 2.1 Geschlecht ==== {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:doppeltes_venus-symbol.png?direct&200|}} Sexualität bzw. [[https://www.vlsp.de/sexuelle-orientierung/was-ist-das|sexuelle Orientierung]] und [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:geschlecht|Geschlecht]] sind zwei unterschiedliche Kategorien, zwischen denen kein determinierter Zusammenhang besteht.((Butler, Judith (1996): Imitation und die Aufsässigkeit der Geschlechtsidentität. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 31.)) Sie sind aber auf vielfältige Weise miteinander verquickt.((Hark, Sabine (1994): Queer Interventionen. In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl. (Schriftenreihe des Vereins Feministische Wissenschaft), S. 217)) Ihre Verflechtung war und ist insbesondere für den [[https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_feminism|lesbischen Feminismus]] politikbestimmend und Gegenstand vieler Auseinandersetzungen.((Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl. (Schriftenreihe des Vereins Feministische Wissenschaft), S. 239.)) Einen prominenten Ansatz für ihren Zusammenhang bietet Butler mit dem Konzept der [[https://politische-erwachsenenbildung.fandom.com/de/wiki/Heteronormativit%C3%A4t|Heterosexuellen Matrix]], nach der [[https://gender-glossar.de/glossar/item/9-sex-gender-differenz|sex (Geschlecht), gender (Geschlechtsidentität)]] und sexuelle Orientierung in heteronormativen Gesellschaften nur als kohärent und intelligibel gelten, wenn sie das gender gleich dem sex ist und das Begehren sich heterosexuell auf das 'andere' Geschlecht richtet.((Kleiner, Bettina: Heteronormativität. GenderGlossar. https://gender-glossar.de/glossar/item/55-heteronormativitaet.)) Eine bei der Geburt als Mädchen identifizierte Person muss sich also als Frau verstehen und verhalten sowie ausschließlich Männer begehren, um den Anforderungen der heterosexuellen Matrix zu entsprechen. === 2.1.1 Lesbischsein und Frausein === Zu Beginn der wissenschaftlichen und medizinischen Erforschung von Homosexualität((vgl. Foucault, Michel (2017): Der Wille zum Wissen. 21. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp.)) galten Homosexuelle als in ihrer //Geschlechts//identität gestört. Die 'Lesbierin' wurde als Mann im Frauenkörper verstanden. Dafür wurde auch die Bezeichnung 'Invertierte' verwendet.((Scheuch, Birgit (1997): Gefährtinnen, Huren, Power-Femmes. Auf Stöckeln durch die Herstory. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 16.)) Die "Trope der invertierten Geschlechtsidentität"((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 48.)), die Lesben als maskulin und Schwule als feminin versteht, zieht sich seitdem durch viele Diskurse über Homosexualität. Auch von lesbisch-feministischer Seite wurde das Frausein von Lesben teilweise in Frage gestellt. [[https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/monique-wittig/|Monique Wittig]] formulierte in den 1990er Jahren die provokante These: "Lesben sind keine Frauen"((Wittig, zitiert nach: Palzkill, Birgit (1994): 'Ich bin keine Frau - ich bin immer nur ich'. Lesben und die soziale Konstruktion von Geschlecht. In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 233.)). Die theoretische Argumentation dahinter unterscheidet sich jedoch grundlegend von der Inversions-Trope. Wittig meint, dass das Konzept Frau nur innerhalb des heterosexuellen binären Geschlechtersystems eine Bedeutung erlangt. Frausein ergibt sich dabei erst in Abhängigkeit vom Männlichen: >>>"Denn was eine Frau ausmacht, ist eine spezifische Beziehung zu einem Mann [...] eine Beziehung, die persönliche, physische und ökonomische Verpflichtung einschliesst, [...] eine Beziehung, der Lesben entfliehen, indem sie sich weigern, heterosexuell zu werden oder zu bleiben."((Wittig, zitiert nach: Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl, S. 243.)) Ohne die Möglichkeit der Vereinbarung von weiblicher und lesbischer Identität in Frage zu stellen, betonte [[https://www.joannestle.com/|Joan Nestle]] zur gleichen Zeit, dass die Identitäten Frausein und Lesbischsein nicht miteinander zu verschmelzen sind.((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 59.)) === 2.1.2 Butches und Femmes === Um der Komplexität der Verstrickungen von Geschlecht und Sexualität besser gerecht zu werden, unterscheiden Nestle, Jack Halberstam ((Halberstam, Judith (2006): Female masculinity. Durham: Duke Univ. Press.)) und andere Autor*innen zwischen Männlichkeit/Mann-Sein und Maskulinität sowie zwischen Weiblichkeit/Frausein und Femininität. Insbesondere in der Butch-Femme-Tradition, entstanden in den 50er Jahren in den USA, spielt diese Unterscheidung eine wichtige Rolle. Butches und Femmes sind Phänotypen und "Persönlichkeitsstrukturen"((Kuhnen, Stephanie (1997): High Femme sucht Gentleman Stone Butch. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 12.)) (insbesondere, aber nicht ausschließlich) von Lesben, wobei Butches eher maskuline und Femmes feminine Attribute verkörpern. Sie können als "Geschlechterpioniere"((Funk, Julika (1997): Lesbe im Plural. Zur Wiederauferstehung von Butch/Femme in der Queer Theory. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 27.)) gedacht werden. Butch-Femme-Rollen und -Beziehungen stellen nach Nestle zudem "komplexe erotische Aussagen"((Funk, Julika (1997): Lesbe im Plural. Zur Wiederauferstehung von Butch/Femme in der Queer Theory. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 27.)) dar. Hier spielen also sowohl Sexualität und Erotik als auch Fragen der Geschlechtsidentität eine zentrale Rolle. Häufig wurde Butches und Femmes aus feministischen und lesbischen Kreisen vorgeworfen, heterosexuelle Normen zu imitieren und zu reproduzieren. Butler dekonstruiert diese Vorstellung: >>>"Betrachten wir also den homophoben Vorwurf, Tunten und butches und femmes seien Imitationen des heterosexuellen Realen. Der Begriff 'Imitation' wird hier im Sinne von 'abgeleitet' oder 'sekundär' gebraucht, im Sinne der Kopie eines Originals, das selbst Grundlage aller Kopie ist, aber selbst keine Kopie von etwas ist. Diese Auffassung eines 'Originals' ist logisch zweifelhaft, denn wie kann etwas als Original funktionieren, wenn es keine sekundären Konsequenzen gibt, die seine Originalität rückwirkend bestätigen? Das Original braucht seine Ableitungen, um sich als Original zu bestätigen"((Butler, Judith (1996): Imitation und die Aufsässigkeit der Geschlechtsidentität. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 27.)) {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:640px-couple_on_a_bike_9180325890_.jpg?400|}} Sie betont also die Angewiesenheit des Originals Heterosexualität auf die Abweichung Homosexualität. Zudem entlarvt sie die Heterosexualität und Cis-Geschlechtlichkeit selbst als nicht naturgegeben, sondern [[https://binarythis.com/2013/05/23/judith-butler-explained-with-cats/|performativ]].((Butler, Judith (1996): Imitation und die Aufsässigkeit der Geschlechtsidentität. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 15–37.)) Nach Nestle und Butler subvertieren Butches und Femmes die heteronormative Ordnung: "Butch-femme-Rollen und die Codes, durch die sie singnalisiert wurden, werden […] nicht als Ausdruck eines zugrundeliegenden Kerns der Identifikation mit der Geschlchtsidentität oder als Imitation heterosexueller, die Geschlechtsidentität betreffender Komplemantiaritäten dargestellt, sondern als ausgesprochen performative Konstruktion einer öffentlichen Kultur im Widerstand gegen die Anweisung, normale heterosexuelle Frauen zu sein."((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 62.)) Zudem seien Butch und Femme keine starren Identitätskonzepte, sondern wandelbar und vielfältig: "Butches und Femmes verlieben sich ineinander. Femmes verlieben sich auch in Femmes, wie Butches sich in Butches verlieben können. Butches können unter bestimmten Umständen ihre Femme-Qualitäten entdecken und andersherum."((Kuhnen, Stephanie (1997): High Femme sucht Gentleman Stone Butch. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 12.)) Nicht alle Butches und Femmes verstehen sich als Frauen und Lesben.((Kuhnen, Stephanie (1997): High Femme sucht Gentleman Stone Butch. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 12; Fuchs, Sabine (2014): Femme ist eine Femme ist eine Femme… Einführung in den Femme-inismus. In: Sabine Fuchs (Hg.): Femme! Radikal - queer - feminin. 2. Aufl. Berlin: Querverl., S. 37.)) Obwohl beide von Homophobie und Misogynie betroffen sind, haben Butches und Femmes mit unterschiedlichen Problematiken und Diskriminierungen zu kämpfen. [[https://www.youtube.com/watch?v=2V09C98Xt7Q|Butches]] passen nicht nahtlos in die geschlechterbinäre Ordnung und werden aufgrund ihres Erscheinungsbildes häufig als Lesben gelesen. Das setzt sie im Alltag Gewalt und Diskriminierung aus: >>>"Ihre Sichtbarkeit macht sie [Butches] angreifbar, im Extremfall für körperliche Angriffe oder oft eine beifällige verbale Attacke. [...] Butches nehmen die für sie vorgesehene Rolle als Mädchen oder Frau nicht an, wählen stattdessen ein Menü, das gar nicht auf der Karte steht."((Thilmann, Pia (2017): Butches sind sichtbar. Butches in Deutschland, eine kleine Analyse. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 202–207.)) Dies äußert sich besonders deutlich am Beispiel des Besuchs öffentlicher Toiletten, bei denen Butches häufig der Zugang verwehrt wird oder sie Anfeindungen ausgesetzt sind.((Buttgereit, Silke (1997): Der Eintritt ins Austreten. Butches im Spiegel des Toilettenbesuchs. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 144–151.)) Obwohl Butches im Alltag (auf für sie häufig gefährliche Weise) sichtbar sind, treten sie medial kaum in Erscheinung.((Thilmann, Pia (2017): Butches sind sichtbar. Butches in Deutschland, eine kleine Analyse. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 203.)) Daran zeigt sich die Komplexität von Fragen der Un/Sichtbarkeit. Femmes haben im Vergleich zu Butches mehr mit Problemen der Unsichtbarkeit zu kämpfen. Innerhalb lesbischer und queerer Szenen werden sie häufig als hetero gelesen. Sie werden vielfach abgewertet oder ignoriert; ihnen wird vorgeworfen, sich an heterosexuelle Schönheitsnormen anzupassen.((Fuchs, Sabine (2014): Femme ist eine Femme ist eine Femme… Einführung in den Femme-inismus. In: Sabine Fuchs (Hg.): Femme! Radikal - queer - feminin. 2. Aufl. Berlin: Querverl., S. 11.) Dabei zeigt sich auch die Abwertung von Femininität, die selbst in feministischen und queeren Szenen weit verbreitet ist. Femininität wird hier als Ausdruck von Angepasstheit, Passivität, Abhängigkeit und Verletzlichkeit verstanden und abgewertet.((Fuchs, Sabine (2014): Femme ist eine Femme ist eine Femme… Einführung in den Femme-inismus. In: Sabine Fuchs (Hg.): Femme! Radikal - queer - feminin. 2. Aufl. Berlin: Querverl., S. 17-28.)) Dagegen betonen Femmes ihre Praxis als "Kampfansage an die traditionelle Vorstellung von Femininität als schwach, hilflos und unbedeutend."((Fuchs, Sabine (2014): Femme ist eine Femme ist eine Femme… Einführung in den Femme-inismus. In: Sabine Fuchs (Hg.): Femme! Radikal - queer - feminin. 2. Aufl. Berlin: Querverl., S. 14; vgl. Biscuit (2015): 'Out-siders'. Bein Femme and Bi in Queer Spaces. Online verfügbar unter http://www.thisisbiscuit.co.uk/out-siders-being-femme-and-bi-in-queer-spaces/.)) Außerhalb der Szene wird die Femme ebenfalls als hetero gelesen und ist damit teilweise weniger Homophobie, aber tendenziell mehr Misogynie und männlicher Sexualisierung ausgesetzt.((Fuchs, Sabine (2014): Das Paradox der sichtbaren Unsichtbarkeit. 'Femme' im Feld des Visuellen. In: Sabine Fuchs (Hg.): Femme! Radikal - queer - feminin. 2. Aufl. Berlin: Querverl., S. 141–157.)) Butches und Femmes bilden zusammen eine Konfliktlinie mit den meist eher androgynen, feministischen Lesben. Die Butch/Femme-Kultur wurde vom Ende der 1960er Jahre entstehenden lesbischen Feminismus als patriarchal abgelehnt. Ihre auf Differenz basierende offensive Sexualität wurde zugunsten einer harmoniezentrierten, gleichheitsbetonenden Frauenliebe verdrängt.((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 59-60.)) Der 'androgyne' lesbische Phänotyp ersetzte Femininität (als 'angepasst') und Maskulinität (als 'grundsätzlich problematisch').((Kuhnen, Stephanie (1997): High Femme sucht Gentleman Stone Butch. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 11.)) Hier spielten auch Klassenunterschiede eine Rolle, stammten die Butches und Femmes doch überwiegend aus der Arbeiter*innenschicht, die feministischen Lesben dagegen aus der studentischen Mittelschicht.((Scheuch, Birgit (1997): Gefährtinnen, Huren, Power-Femmes. Auf Stöckeln durch die Herstory. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 21.)) In den letzten Jahrzehnten erlebt die Butch/Femme-Kultur jedoch "eine Art Renaissance"((Kuhnen, Stephanie (1997): High Femme sucht Gentleman Stone Butch. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 9.)). === 2.1.3 Lesben und trans* === {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:trans-exklusive-lesbische-flagge.jpg?300| Trans-exklusive lesbische Flagge}} Häufig werden unter Lesben Cis-Frauen, die Cis-Frauen lieben/begehren verstanden. [[https://queer-lexikon.net/2017/06/15/ftm/|Trans Männer]], [[https://queer-lexikon.net/2017/06/08/transfrau/|trans Frauen]] und [[https://www.nonbinary.ch/non-binaeres-geschlecht/|nichtbinäre]] Personen werden dann von der lesbischen Identität ausgeschlossen. Lesbischer Aktivismus hat eine Geschichte der Transphobie.((Wikipedia: Lesbian erasure. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure.)) Zum Beispiel wurden und werden [[https://queer-lexikon.net/uebersichtsseiten/trans/|trans]] Personen häufig aus lesbischen Räumen ausgeschlossen.((Palzkill, Birgit (1994): 'Ich bin keine Frau - ich bin immer nur ich'. Lesben und die soziale Konstruktion von Geschlecht. In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl. (Schriftenreihe des Vereins Feministische Wissenschaft), S. 221.)) Der konstatierte "Trend zu Trans"((Roedig, Andrea (2015): Der Trend zu Trans. Zeit Online. Online verfügbar unter https://www.zeit.de/kultur/2015-12/transsexualitaet-homosexualitaet-diversity-geschlecht-butches-10nach8/komplettansicht, zuletzt geprüft am 28.04.2020.)) wird innerhalb der lesbischen Community teilweise als 'gay erasure' und Homophobie interpretiert: Homosexuell begehrende Frauen, insbesondere Butches, würden sich vermehrt zu trans Männern 'umoperieren lassen' und sich damit in heterosexuelle Konstellationen einpassen.((Wikipedia: Lesbian feminism. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_feminism; Wikipedia: Lesbian erasure. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure; Roedig, Andrea (2015): Der Trend zu Trans. Zeit Online. Online verfügbar unter https://www.zeit.de/kultur/2015-12/transsexualitaet-homosexualitaet-diversity-geschlecht-butches-10nach8/komplettansicht, zuletzt geprüft am 28.04.2020.)) Die Exklusion betrifft nicht nur trans Männer (die sich als Männer häufig selbst nicht mit Lesbianismus identifizieren), sondern auch trans Frauen, denen das Frausein und damit auch das Lesbischsein vielfach abgesprochen wird.((Palzkill, Birgit (1994): 'Ich bin keine Frau - ich bin immer nur ich'. Lesben und die soziale Konstruktion von Geschlecht. In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 221–237.)) Birgit Palzkill nennt einige mögliche Gründe für diese weitverbreitete Transphobie unter Lesben: {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:lesbian_pride_flag_2019_diversity-inklusiv.jpg?300| Trans-inklusive lesbische Flagge}} >>>"Warum fällt es Lesben, die sich doch durchaus individuell sehr oft ihrer Erfahrungen von Leiden an diesem System der Zweigeschlechtlichkeit bewusst sind, so schwer, dieses als kulturelles Konstrukt in Frage zu stellen? [...] Mit der Infragestellung des Systems der Zweigeschlechtlichkeit als soziales Konstrukt befürchten Lesben […] möglicherweise, das bisschen lesbischer Heimat, das sie sich innerhalb der Kategorie 'Frau' mühsam erkämpfen mussten, durch Ausgrenzung aus dieser Kategorie wieder zu verlieren. Ein anderer Grund, der hiermit in Zusammenhang steht, liegt darin, dass ein Leben, bei dem ich nicht weiss, ob ich Männlein oder Weiblein bin, in unserer Kultur ständig mit Vernichtung bedroht ist. [...] Gerade dann, wenn die Zugehörigkeit zur Kategorie Frau durch eine hohe Abweichung von den herrschenden Weiblichkeitsbildern gefährdet scheint, kann die Gewissheit, aufgrund der eigenen Körperbeschaffenheit im Besitz der Geschlechtsinsignien einer Frau zu sein, erheblich zur Stabilisierung der eigenen Identität in dieser Gesellschaft gebraucht werden."((Palzkill, Birgit (1994): 'Ich bin keine Frau - ich bin immer nur ich'. Lesben und die soziale Konstruktion von Geschlecht. In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 230–231.)) Gerade die historische und aktuelle Fragilität der Akzeptanz von Lesben als 'Frauen' begünstigt demnach unter den Bedingungen der heterosexuellen Matrix die Ablehnung von [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_14_-_strategie#machtkritik_angelehnt_an_judith_butler|trans]] Personen. Es gibt jedoch auch [[https://divamag.co.uk/2018/12/19/not-in-our-name/|transinklusive lesbische Identitätspolitik]]. Viele Lesben betrachten trans und nichtbinäre Lesben als selbstverständlich zum lesbischen Spektrum gehörend. Sie lehnen es ab, Transphobie und Lesbophobie gegeneinander auszuspielen und meinen im Gegenteil, beides könne am besten zusammen bekämpft werden, da sich beides gegen die vorherrschende Heteronormativität richte. ((Ahmed, Sara (2018): Feministisch leben! Manifest für Spaßverderberinnen. 2. Auflage. Münster: Unrast, S. 299; Wikipedia: Lesbian feminism. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_feminism; Wikipedia: Lesbian erasure. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure.)) ==== 2.2 Klasse und 'Race' ==== >>>"The most general statement of our politics at the present time would be that we are actively committed to struggling against racial, sexual, heterosexual, and class oppression and see as our particular task the development of integrated analysis and practice based upon the fact that the major systems of oppression are interlocking."((Combahee River Collective (1977): A Black Feminist Statement. In: Cherrie Moraga und Gloria Anzaldúa (Hg.): This Bridge Called My Back. Writings by Radical Women of Color. New York: Kitchen Table, Women of Color Press, S. 210.)) {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:1980_democratic_national_congress.jpg?300|}} In diesem Zitat macht das [[https://combaheerivercollective.weebly.com/|Combahee River Collective]] den Zusammenhang von [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_13_-_positionalitaet_postkolonial_-_who_can_speak#urspruenge|Rassismus]], Sexismus, Homophobie und klassenbasierter Unterdrückung deutlich. Als lesbische schwarze Arbeiterfrauen hätten sie keine Privilegien und kaum Zugang zu Ressourcen. Sowohl in der weiß und bürgerlich dominierten (lesbischen) Frauenbewegung als auch der schwarzen, männlich geprägten [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:black_liberation|Bürgerrechtsbewegung]] seien sie jeweils vielfachen Exklusionen unterworfen. Lesbische Identitätspolitik schloss und schließt Perspektiven von [[http://www.feministezine.com/feminist/lesbian/Lesbians-of-Colour.html|Lesbians of Colour]] häufig aus. Intersektionen mit anderen Dimensionen von Identität werden im lesbischen Wir oft ausgeblendet.((Wikipedia: Lesbian feminism. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_feminism.)) Das Konzept der Homosexualität und des Lesbianismus ist ein europäisches, das nicht einfach nahtlos auf andere Kulturen und Kontexte übertragen werden kann.((Klauda, Georg (2016): Die Vertreibung aus dem Serail. Europa und die Heteronormalisierung der islamischen Welt. 6. Auflage. Hamburg: Männerschwarm Verlag.)) Zudem ist der [[https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/eurozentrismus/2242|eurozentrische]] Diskurs über Sexualität eng mit [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_12_-_positionalitaet_postkolonial_who_can_speak#undeutsch_die_konstruktion_des_anderen_in_der_postmigrantischen_gesellschaft_2016_fatima_el-tayeb_transcript_verlag_bielefeld|rassistischen und kolonialen Diskursen]] verknüpft, in denen zum Beispiel People of Colour abgesprochen wird, ihr sexuelles Begehren kontrollieren zu können: >>>"Aufgrund ihrer 'Unzivilisiertheit', so die kolonial-rassistische Sicht, seien diese 'Anderen' nicht in der Lage, 'das polymorph perverse Stadium zu überwinden', während das europäische Subjekt sich insbesondere dadurch auszeichne, 'dass es sein Begehren mit Bezug auf Quantität (immer in Maßen) und auch Qualität (dem Reproduktionsgebot und nicht der Lust folgend) unter nicht nur heteronormativer, sondern auch Klassen- und 'Rasse'-Grenzen bewahrender Kontrolle habe'. Kurzum: Die Anderen sind weder dazu in der Lage, sich selbst sexuell, noch sich kollektiv politisch zu regieren."((Hark, Sabine; Villa, Paula-Irene (2017): Unterscheiden und herrschen. Ein Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart. Bielefeld: Transcript, S. 41.)) Außerdem ist weiße lesbische Identitätspolitik teilweise von [[https://queeramnesty.ch/homonationalismus/|Homonationalismus]] geprägt, das heißt von dem Stolz auf die vermeintliche Toleranz der eigenen Kultur/Nation in Abgrenzung von Anderen.((Hark, Sabine; Villa, Paula-Irene (2017): Unterscheiden und herrschen. Ein Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart. Bielefeld: Transcript, S. 86.)) [[https://www.goodreads.com/list/show/96042.Books_by_Lesbians_of_Colour|Lesben of Colour]] wie [[https://www.youtube.com/watch?v=FTzx9gVxa1w|Audre Lorde]], [[https://www.poetryfoundation.org/poets/gloria-e-anzaldua|Gloria Anzaldúa]], [[https://cherriemoraga.com/index.php/about-cherrie-moraga-1|Cherrie Moraga]], [[https://www.saranahmed.com/|Sara Ahmed]] und das Combahee River Collective lenken dagegen den Blick auf die vielfachen Intersektionen von Lesbischsein. Anzaldúa beschreibt beispielweise die Schwierigkeit, zwischen den unterschiedlichen Anforderungen und ihren Bedürfnissen zu navigieren: >>>"For the lesbian of color, the ultimate rebellion she can make against her native culture is through her sexual behavior. She goes against two moral prohibitions: sexuality and homosexuality. Being lesbian and raised Catholic, indoctrinated as straight, I made the choice to be queer (for some it is genetically inherent). It's an interesting path, one that continually slips in and out of the white, the Catholic, the Mexican, the indigenous, the instincts. In and out of my head. It makes for loqueria, the crazies. It is a path of knowledge - one of knowing (and of learning) the history of oppression of our raza. It is a way of balancing, of mitigating duality. In a New England college where I taught, the presence of a few lesbians threw the more conservative heterosexual students and faculty into a panic. The two lesbian students and we two lesbian instructors met with them to discuss their fears. One of the students said, 'I thought homophobia meant fear of going home after a residency.' And I thought, how apt. Fear of going home. And of not being taken in. We're afraid of being abandoned by the mother, the culture, la Raza, for being unacceptable, faulty, damaged. [...] To avoid rejection, some of us conform to the values of the culture, push the unacceptable parts into the shadows."((Anzaldúa, Gloria (1993): The New Mestiza. In: Charles Lemert (Hg.): Social Theory. The Multicultural and Classic Readings. Oxford, S. 631.)) {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:leslie-feinberg_stone-butch-blues.jpg?300|}} Ahmed betont die Notwendigkeit, auf der Basis der unterschiedlichen Betroffenheiten gleichzeitig Politik zu betreiben: >>>"Ich bin nicht in einem Augenblick eine Lesbe und im nächsten eine Person of Color und im nächsten eine Feministin. Ich bin alle drei zu jedem Zeitpunkt. Und lesbischer Feminismus of Color bringt das alles hervor"((Ahmed, Sara (2018): Feministisch leben! Manifest für Spaßverderberinnen. 2. Auflage. Münster: Unrast, S. 295.)) Und Moroga betont den Zusammenhang dieser Identitätsaspekte mit [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_11_-_klasse_linke_politiken|Klasse]]: >>>"[I]n this country, lesbianism is a poverty — as is being brown, as is being a woman, as is being just plain poor. The danger lies in ranking the oppressions. The danger lies in failing to acknowledge the specificity of the oppression."((Moraga, Cherrie (1997): From 'La Guera'. In: Eugenia C. Delamotte (Hg.): Women imagine change. A global anthology of resistance; from 600 BCE to present. New York: Routledge, S. 450.)) Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA standen nicht-heterosexuelle Lebensweisen ebenfalls mit Armut in enger Verbindung. Die Butch/Femme-Kultur und die lesbisch-schwule Barkultur (aus der 1969 auch der [[https://www.siegessaeule.de/magazin/4366-stonewall-ist-eine-aufforderung-zur-tat/|Stonewall]]-Aufstand als Initialzündung der LGBT-Bewegung erfolgte) bestand zu Großteil Arbeiter*innen. Der Zugang zum Arbeitsmarkt war aufgrund der massiven Diskriminierung erschwert und viele Femmes verdienten ihren Unterhalt als Sexarbeiterinnen.((Kuhnen, Stephanie (1997): High Femme sucht Gentleman Stone Butch. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 10-11.)) Sowohl innerhalb der LGBT-Bewegung als auch der Zweiten Frauenbewegung setzten sich jedoch in der Folge ökonomisch Privilegierte durch und marginalisierten vielfach die Stimmen von mehrfachdiskriminierten Lesben.((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 59; Kuhnen, Stephanie (1997): High Femme sucht Gentleman Stone Butch. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag, S. 10-11.)) Dennoch gab und gibt es weiterhin intersektionale Arbeit von Lesben und Beispiele für Bündnisse zwischen Lesben und Arbeiterkämpfen, wie etwa die 1984 gegründete Gruppe [[http://lgsm.org/our-history/243-lesbians-against-pit-closures|Lesbians Against Pit Closures]]. ===== 3. Bündnisse und Konfliktlinien ===== Bei der Selbstdefinition des Kollektivsubjekts, auf dessen Basis Identitätspolitik betrieben werden soll, kommt es notwendigerweise zu Grenzziehungen und Ausschlüssen. Die ausgeschlossenen Gruppen können als Abgrenzungsfolie dienen, kommen aber auch als Bündnispartner*innen im politischen Kampf in Frage. Wieviel Separatismus betrieben wird und wieviel mit anderen, in ähnlicher Weise betroffenen Gruppen zusammengearbeitet wird, ist auch für Lesben immer eine umstrittene Frage gewesen. Manche betonten die Vorteile von lesbischem Separatismus, da Lesben eine spezifische Form von Diskriminierung erleben, die zudem auch von heterosexuellen Frauen, schwulen Männern oder Bisexuellen ausgehen kann. Durch ihren Bezug nur auf andere lesbische Frauen könnten sie ihre ganze Energie auf den politischen Kampf richten, statt sie für die Beziehungen zu Männern einzusetzen.((Wikipedia: Lesbian feminism. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_feminism.)) Andere betonen die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit anderen Gruppen auf Basis gemeinsamer oder ähnlicher Betroffenheit. Insbesondere von [[http://www.mehrfachdiskriminierung.ch/definition|Mehrfachdiskriminierung]] betroffene Lesben können ihre politischen Belange nicht alle unter dem Label 'lesbisch' vereinen, wie etwa das Combahee River Collective deutlich macht: >>>"[W]e reject the stance of lesbian separatism because it is not a viable political analysis or strategy for us. It leaves out far too much and far too many people, particularly Black men, women, and children."((Combahee River Collective (1977): A Black Feminist Statement. In: Cherrie Moraga und Gloria Anzaldúa (Hg.): This Bridge Called My Back. Writings by Radical Women of Color. New York: Kitchen Table, Women of Color Press, S. 214.)) Im Folgenden werden die Konfliktlinien und Bündnispolitiken von Lesben mit Bisexuellen, der Frauenbewegung, Schwulen und Queers in ihrem historischen Wandel herausgearbeitet. ==== 3.1 Frauenbewegung / Feminismus ==== Lesben mussten sich ihren Platz in der [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:ueberblick_ueber_die_wellen_der_frauenbewegung|(zweiten) Frauenbewegung]] erst erkämpfen.((Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 238.)) >>>"Homophobe Vorurteile, gepaart mit einer eindimensionalen und pauschalen Verurteilung von Sexualität als Schlüsselinstanz patriarchaler Herrschaft bescherten lesbischen Frauen ein Schattendasein in den ersten Frauengruppen"((Hark, Sabine (1996): Einleitung. Am Explosionspunkt. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 10.)). {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:640px-audre_lorde_meridel_lesueur_adrienne_rich_1980.jpg?400| Lesbische Feministinnen Audre Lorde, Meridel Lesueur und Adrienne Rich, 1980}} Insbesondere bis Mitte der 70er Jahre dominierte der Ausschluss von (sichtbaren) Lesben und ihren Anliegen in deutschen feministischen Bewegungen.((Hark, Sabine (1996): Magisches Zeichen. Die Rekonstruktion der symbolischen Ordnung im Feminismus. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 124-125.)) In den 80er Jahren wandelte sich jedoch die Beziehung zwischen Feminismus und Lesbianismus von Distanz zu Nähe.((Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 238.)) In den USA hatte diese Entwicklung schon ab 1970 mit dem Manifest [[https://www.historyisaweapon.com/defcon1/radicalesbianswoman.html|'The Woman-Identified Woman']] der Gruppe [[https://glreview.org/article/article-511/|Radicalesbians]] begonnen. In diesem Manifest erschien die Lesbe aufgrund ihrer Unabhängigkeit von Männern als Verkörperung der Befreiung vom [[https://de.wikipedia.org/wiki/Patriarchat_(Soziologie)|Patriarchat]] und als prädestinierte Vorkämpferin der Frauenbewegung.((Hark, Sabine (1996): Einleitung. Am Explosionspunkt. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 9.)) >>>"Das Manifest der Radicalesbians dient […] der Herstellung eines gemeinsamen Bezugsrahmens von heterosexuellen und lesbischen Feministinnen, indem Lesbischsein als die ultimative Form der Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen skizziert wird, zugleich aber die radikalste Form der Überschreitung und des Widerstandes gegen Sexismus darstellt. Sexualität wird als die basale Struktur der Kontrolle von Männern über Frauen bestimmt, es ist insbesondere die Anforderung, herterosexuell zu leben, die Frauen zurückweisen müssen [...] 'Lesbianismus' erfährt in diesem Kontext seine Aufwertung als Kernstück radikaler feministischer Strategie."((Hark, Sabine (1996): Magisches Zeichen. Die Rekonstruktion der symbolischen Ordnung im Feminismus. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 106-107.)) In der Folge „wurde 'Lesbe' in den Ländern der westlichen Welt zum Synonym für radikalfeministisches Leben und Handeln. Die Bedeutung lesbischer Existenz als pathologische Veranlagung [...] wurde durch die Idee des 'politischen Lesbianismus' radikal in Frage gestellt''((Hark, Sabine (1996): Einleitung. Am Explosionspunkt. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 9.)). Der [[https://en.wikipedia.org/wiki/Ti-Grace_Atkinson|T-Grace Atkinson]] zugeschriebene Slogan 'Feminismus ist die Theorie, Lesbianismus die Praxis' bringt diese Idee auf den Punkt.((Bosold, Birgit (2017): Doppeläxte raus! Warum die schwul-lesbischen Bündnisse der 1990er Jahre vielleicht doch nicht so eine gute Idee waren. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 23.)) Dem politischen Lesbianismus lag dabei ein spezifisches Verständnis von Lesbischsein zugrunde. Es ging darum, das Leben ganz auf Frauen auszurichten und in diesem Sinne 'frauenidentifiziert' zu sein.((Wikipedia: Lesbian feminism. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_feminism.)) Sexuelles Begehren spielte in dieser Definition eine geringe Rolle oder wurde sogar als hinderlich für den Fokus auf den politischen Kampf betrachtet.((Hark, Sabine (1996): Magisches Zeichen. Die Rekonstruktion der symbolischen Ordnung im Feminismus. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 114.)) Im Extremfall wurde postuliert, dass alle Frauen Lesben seinen, außer diejenigen, die es noch nicht wüssten.((Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 245.)) Diese enge Verquickung der Konzepte lesbisch und feministisch, die auch heute noch die gesellschaftlichen Bilder sowohl von 'männerhassenden' Feministinnen als auch von 'Emanzen-Lesben' prägt, hielt jedoch nicht lange vor: "Seit Mitte der achtziger Jahre ist die Vision einer Lesben-Nation abseits der männlich und heterosexuell dominierten Kultur in weite Ferne gerückt."((Hark, Sabine (1996): Einleitung. Am Explosionspunkt. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 11.)) Von lesbischer Seite wurde die Entsexualisierung des Lesbianismus zunehmend kritisiert.((Hark, Sabine (1996): Magisches Zeichen. Die Rekonstruktion der symbolischen Ordnung im Feminismus. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 108.)) Insbesondere Vertreterinnen der Butch/Femme-Kultur, die oft von Ausschlüssen aus der Frauenbewegung betroffen waren, beanstandeten die Abwertung von lesbischer Erotik zugunsten von Harmonie und postulierter Gleichheit.((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 38–72.)) Zudem wurde in Frage gestellt, ob die feministische Zelebration der 'frauenidentifizierten Frau' wirklich zu einer besseren Sichtbarkeit von Lesben geführt habe: >>>"In den späten Siebzigern und den Achtzigern wurde der Begriff 'frauenidentifizierte Frau' zur hegemonialen Bestimmung 'lesbischer Identität'. Dennoch möchte ich behaupten, daß im Feminismus nicht die Lesben akzeptiert wurden, sondern das 'magische Zeichen' (Katie King) 'Lesbe', das politisch, sexuell und kulturell korrekte Wesen, die Trägerin des lesbisch-feministischen Bewußtseins. Die Positionierung 'der' Lesben als Avantgarde wurde im Verlauf der Geschichte des Neuen Feminismus zwar immer akzeptabler, hatte aber wenig damit zu tun, daß lesbische Frauen sichtbarer wurden."((Hark, Sabine (1996): Magisches Zeichen. Die Rekonstruktion der symbolischen Ordnung im Feminismus. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 106–107.)) FrauenLesben-Zentren und -Bars, die in den 80er Jahren weit verbreitet waren, verschwanden sukzessive und viele Lesben wandten sich anderen Bündnispartner*innen zu – insbesondere der Schwulenbewegung. Nichtsdestotrotz verstehen sich weiterhin viele Lesben als Feministinnen und sind in diesem Bereich politisch aktiv. ==== 3.2 Schwule ==== Schon in den 60er Jahren kämpften Schwule und Lesben zusammen für ihre Rechte, wie etwa bei den [[https://www.demokratiegeschichten.de/die-legende-von-stonewall/|Stonewall]]-Aufständen.((Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 239.)) In der Phase der feministisch-lesbischen Bewegung wurde jedoch eine grundlegende Differenz zwischen ihren Anliegen postuliert.((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 46.)) Ab den 1990er Jahren wurde "die Grenze neu gezogen. Die Lesben positionieren sich im Horizont von Sexualität und definieren schwule Männer als ihre Bündnispartner. Bei den feministischen Sachwalterinnen des Geschlechts sehen sie nicht länger einen Platz für sich"((Hark, Sabine (1996): Magisches Zeichen. Die Rekonstruktion der symbolischen Ordnung im Feminismus. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 106–107.)), wie Sabine Hark es am Beispiel des [[http://www.lskh.de/|Frankfurter lesbisch-schwulen Kulturhauses]] herausarbeitet. Die gemeinsame Betroffenheit von Homophobie und das Ziel sexueller Befreiung diente als Basis. Auch in diesem Fall führte die Zusammenarbeit jedoch zunehmend zu Frustration. Die Wirkmächtigkeit von patriarchalen Strukturen auch innerhalb homosexueller Zusammenhänge erwies sich als schwer zu überkommen: {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:regenbogenflagge.jpg?300|}} >>>"Es gäbe viele Gründe für lesbisch-feministische Aktivist_innen, das Bündnis mit der schwulen Bürgerrechtsbewegung, das sich im Laufe der 1990er Jahre etablierte, aufzukündigen. Die gleichstellungspolitische Bilanz der sogenannten LGGBTIQ-Community ist nach gut zwanzig Jahren schwul-lesbischer Geschwisterlichkeit lausig. In geradezu grotesker Weise sind posten und Privilegien, Ressourcen, Rederechte und 'Sichtbarkeit' nach denselben Mustern verteilt wie in der Mehrheitsgesellschaft – nicht nur hinsichtlich der Geschlechter, versteht sich."((Bosold, Birgit (2017): Doppeläxte raus! Warum die schwul-lesbischen Bündnisse der 1990er Jahre vielleicht doch nicht so eine gute Idee waren. In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 18.)) Lesben und Schwule sind zwar beide von Homophobie betroffen, jedoch auf unterschiedliche Arten und Weisen. Zudem sind Lesben gleichzeitig auch von Sexismus und Misogynie betroffen:((Butler, Judith (1996): Imitation und die Aufsässigkeit der Geschlechtsidentität. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 25.)) >>>"Zwei schwule Männer wirken provokanter als zwei lesbische Frauen, denen man entweder die Sexualität abspricht, indem man sie z.B. als beste Freundinnen wahrnimmt, oder – wenn sie sexualisiert werden - sich kaum ein Mann daran stört, weil sie keinen Ausweg aus dem Pornografie-Narrativ und ihre Sichtbarkeit sehr häufig wahrgenommen wird als 'dem Mann gefallen zu wollen' oder seinem persönlichen Vergnügen zu dienen."((Cassaris, Lovis (2017): Schwuler Sexismus - Es reicht! In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 249.)) Schwulsein ist gesamtgesellschaftlich und innerhalb der Bewegung sichtbarer, was sich beispielsweise an der verbreiteten Bezeichnung 'Schwulenparade' für den [[https://www.regenbogenportal.de/geschichte-des-christopher-street-days/|Christopher Street Day]] zeigt. Wie der Sammelband 'Lesben Raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit' herausarbeitet, bleiben spezifische Belange von Lesben und Frauen innerhalb der Bewegung oft unsichtbar oder unbearbeitet.((Kuhnen, Stephanie (Hg.) (2017): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag.)) Nichtsdestotrotz erreichten schwul-lesbische Bewegungen im gemeinsamen Kampf viele identitätspolitische Erfolge, wie etwa die Einführung der [[https://www.bpb.de/gesellschaft/gender/homosexualitaet/274019/stationen-der-ehe-fuer-alle-in-deutschland|Ehe für gleichgeschlechtliche Paare]] in Deutschland 2017. ==== 3.3 Bisexuelle ==== [[https://de.wikipedia.org/wiki/Bisexualit%C3%A4t|Bisexualität]] beschreibt "die sexuelle Orientierung oder Neigung, sich zu zwei Geschlechtern emotional und/oder sexuell hingezogen zu fühlen"((Wikipedia: Bisexualität. Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Bisexualit%C3%A4t.)) – je nach Definition werden auch mehr als zwei Geschlechter mitgedacht.(((Bi)Sexualitaet.org: Biphobie – Was? Woher? Warum? Online verfügbar unter: http://www.bisexualitaet.org/2012/07/biphobie-was-woher-warum/)) Bisexuelle sind neben Homophobie (die sie insbesondere dann erfahren, wenn sie homosexuelle Beziehungen eingehen) auch spezifischer Diskriminierung ausgesetzt, die mit [[https://www.queer.de/detail.php?article_id=20138|Biphobie]] bezeichnet wird.(((Bi)Sexualitaet.org: Biphobie – Was? Woher? Warum? Online verfügbar unter: http://www.bisexualitaet.org/2012/07/biphobie-was-woher-warum/)) Darunter fallen insbesondere die Annahme, Bisexuelle gäbe es gar nicht, sie könnten sich nur nicht entscheiden, und das Vorurteil, Bisexuelle könnten nicht treu sein. Trotzdem dient 'bi(sexuell)' weitaus seltener als politischer Kampfbegriff als etwa 'lesbisch' oder 'schwul' und Identitätspolitik spezifisch von Bisexuellen ist nicht sehr weit verbreitet.((Rust, Paula C. (1995): Bisexuality and the Challenge to Lesbian Politics. Sex, Loyalty, and Revolution. New York: NYU Press (The Cutting Edge). Online verfügbar unter http://www.jstor.org/stable/10.2307/j.ctt9qg5tm.)) {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:bisexual_pride_flag.jpg?300|}} Der Begriff umfasst auch männliche Bisexuelle; es gibt keinen Begriff speziell für bisexuell begehrende Frauen. Allgemein mit Bisexuellen zusammenzuarbeiten, lehnen viele Lesben und Feministinnen ab, da sie sexualisierte Übergriffe von bisexuellen Männern befürchten.((Jeffreys, Sheila (2003): Unpacking queer politics. A lesbian feminist perspective. Malden: Polity Press.)) Ebensowenig wie ein Begriff nur für bisexuelle Frauen existiert ein alltagssprachlich gebräuchlicher Überbegriff für Frauen, die Frauen lieben/begehren, unabhängig davon, wie sie zu anderen Geschlechtern stehen. Das Fehlen einer gemeinsamen Bezeichnung erschwert eine gemeinsame Identitätspolitik solcher Frauen; sie ist auch nicht sehr üblich. Wenn, dann versammeln sie sich unter offen definierten Konzepten von 'Lesbe' oder [[https://100mensch.de/lexikon/dyke/|'Dyke']], wie etwa beim jährlich am Abend vor dem Christopher Street Day stattfindenden [[https://en.wikipedia.org/wiki/Dyke_March|Dyke*March]], zu dem unter anderem "Lesben, Butches, Femmes, homosexuelle, frauenliebende, gleichgeschlechtlich liebende, bisexuelle, trans*lesbische, trans*gender"((zitiert nach: Kuhnen, Stephanie (2017): Schrödingers Lesbe. Sind in dem Buchstaben L jetzt Lesben drin oder nicht? The Making of Lesben raus! In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 14.)) und queere Frauen eingeladen sind. Viele Lesben verwehren sich jedoch auch dagegen, den Begriff so weit zu öffnen, da sie befürchten, mit der Bezeichnung könnte auch der politische Inhalt verschwimmen.((Laps, Lena (1994): Dissonanzen. Lesben - Geschlecht - Sexualität - Welche Freiheit? In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 245.)) Die Grenzziehung zu bisexuellen Frauen ist eine der umstrittensten und konstitutivsten für das Kollektivsubjekt Lesbe: >>>"The question of what constitutes bisexuality is inextricably entwined with the question of what is lesbianism. By defining the boundaries of bisexuality, we define the boundaries of lesbianism, and vice versa. Sometimes the distinction between bisexuality an lesbianism is clear; a woman whose lovers have all been women and whose romantic and sexual feelings are exclusively same-sex is a lesbian, and a woman who has had equal numbers of female and male partners and feels equally attracted to women and men is a bisexual. But few of us fit either of these ideal images. Most of us have had some combination of female and male sexual partners, and many of us have some degree of sexual attraction toward men. Where, then, do we draw the line between lesbianism and bisexuality? How do we decide who is the real lesbian— indeed, whether we ourselves are real lesbians—and who is bisexual?"((Rust, Paula C. (1995): Bisexuality and the Challenge to Lesbian Politics. Sex, Loyalty, and Revolution. New York: NYU Press (The Cutting Edge), S. 58. Online verfügbar unter http://www.jstor.org/stable/10.2307/j.ctt9qg5tm.)) Einige Lesben lehnen es grundsätzlich ab, mit bisexuellen Frauen zusammenzuarbeiten – oder auch mit ihnen Beziehungen einzugehen.((Rust, Paula C. (1995): Bisexuality and the Challenge to Lesbian Politics. Sex, Loyalty, and Revolution. New York: NYU Press (The Cutting Edge), S. 101. Online verfügbar unter http://www.jstor.org/stable/10.2307/j.ctt9qg5tm.)) Teilweise wird ihnen ihre Identität abgesprochen – sie seien entweder versteckte Heteras, die den Lesben irgendwann den Rücken kehren würden, oder versteckte Lesben, die sich heterosexuelle Privilegien sichern wollten.((Stein, Arlene (1996): Mit dem Feind schlafen? Ex-Lesben und die Rekonstruktion von Identität. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag; Rust, Paula C. (1995): Bisexuality and the Challenge to Lesbian Politics. Sex, Loyalty, and Revolution. New York: NYU Press (The Cutting Edge), S. 47-93. Online verfügbar unter http://www.jstor.org/stable/10.2307/j.ctt9qg5tm.)) Seit den 90er Jahren hat sich jedoch die rigide Einteilung in 'lesbisch' und 'nicht-lesbisch' vielerorts etwas aufgeweicht. Auch bei gelegentlichen sexuellen Kontakten zu Männern können Lesben immer noch als Lesben durchgehen.((Stein, Arlene (1996): Mit dem Feind schlafen? Ex-Lesben und die Rekonstruktion von Identität. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 159.)) Konzepte wie [[https://www.urbandictionary.com/define.php?term=homoflexible|'homoflexible']] wurden eingeführt, um diese Begehrensformen begrifflich abzudecken. Andersherum verstehen sich viele Frauen, die ihr Begehren für Frauen entdecken, (zunächst) als bisexuell. Auch die Fluidität von sexuellem Begehren wird eher anerkannt, so dass Personen ihre Selbstbezeichnungen über die Zeit hinweg öfter ändern.((Pagenstecher, Lising (1994): Hesben und Leteras. Die neue Unübersichtlichkeit der Beziehungsverhältnisse. In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 17–21; Diamond, Lisa M. (2008): Sexual fluidity. Understanding women's love and desire. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press.)) Zudem wird Geschlecht teilweise weniger binär gedacht. Manche Personen bezeichnen sich als [[https://schwulissimo.de/life-style/das-lgbti-abc-pansexuell-alles-kann-nix-muss|pansexuell]], um die binären Implikationen von 'bi' und auch 'lesbisch' zu vermeiden und auszudrücken, dass sie andere Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht begehren. Teilweise wird daran aber wiederum kritisiert, dass es utopisch sei, innerhalb der vergeschlechtlichten Welt geschlechtsunabhängig zu begehren. ==== 3.4 Queers ==== [[https://gender-glossar.de/q/item/37-queer-politics|Queer]] ist ein ursprünglich abwertend verwendeter Begriff, der als Eigenbezeichnung angeeignet und positiv besetzt wurde - wie etliche andere Bezeichnungen für ausgegrenzte Gruppen, die nun mindestens teilweise als Selbstbezeichnung verwendet werden, z. B. 'Lesbe', [[http://www.homowiki.de/Tunte|'Tunte']], [[https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-05/barrierefreiheit-schwerbehinderung-krueppelbewegung-diskriminierung|'Krüppel']] und [[https://de.wikipedia.org/wiki/Kanak_Attak|'Kanake']]. >>>"Queer bedeutet im amerikanischen Englisch adjektivisch soviel wie seltsam, sonderbar, leicht verrückt, aber auch gefälscht, fragwürdig; als Verb wird es gebraucht für 'jemanden irreführen', etwas verderben oder verpfuschen, substantivisch steht es z.B. für Falschgeld. Umgangssprachlich ist queer ein Schimpfwort für Homosexuelle"((Hark, Sabine (1994): Queer Interventionen. In: Madeleine Marti, Angelika Schneider, Irena Sgier und Anita Wymann (Hg.): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl., S. 210.)). Angeeignet wurde der Begriff für Lebensweisen, die nicht mit der heterosexuellen Matrix konform gehen. Im Unterschied zu anderen Selbstbezeichnungen war es dabei jedoch nicht das Ziel, einfach einen neuen Überbegriff für eine Identitätskategorie zu schaffen. Vielmehr betonte die von Butler geprägte, neu entstehende [[https://de.wikipedia.org/wiki/Queer-Theorie|Queer Theory]] die ausgrenzende und repressive Wirkung von Identitäten. Queer sollte deswegen als Bezeichnung offen und fluide bleiben und Identität eher in Frage stellen als affirmieren. Wie weit die Offenheit dabei gehen sollte und ob der Begriff auch beispielsweise für [[https://www.anders-lieben.de/polyamorie/|Polyamorie]] oder [[https://de.wikipedia.org/wiki/BDSM|BDSM]] von heterosexuellen Cis-Personen stehen könne, blieb dabei stets umstritten. Auch in Deutschland fand der Begriff eine weite Verbreitung. Antke Engel weißt darauf hin, dass der Begriff queer - im Gegensatz zu schwul und lesbisch - im deutschsprachigen Kontext keine Aneignung eines Schimpfwortes darstellt, sondern bereits in seiner positiven Bedeutung importiert wurde. >>>"Ein positiv besetztes Selbstverständnis winkt, das nicht mühselig den Vorgaben einer rigiden Heteronormalität abgerungen oder schmerzhaft gegen deren Sanktionsgewalt gelebt werden muß. Erspart queer also, im Gegensatz zu lesbisch oder schwul, die andauernd drohende Erinnerung an Verletzungen, verliert dadurch aber auch seine provokative politische Bedeutung? Da diesem Begriff im Deutschen bislang kein nennenswerter Sprach- und Erfahrungskontext zukommt, ist es kaum möglich, über seinen Gebrauch einen Angriff auf die hegemoniale Ordnung zu leisten."((Engel, Antke (1996): Verqueeres Begehren. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 77.)) {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:640px-the_l_word_logo.jpg?400| The L-word}} Engel schlägt daher 'pervers' als provokativeres deutschsprachiges Pendant vor.((Engel, Antke (1996): Verqueeres Begehren. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 85.)) Seit den 90er Jahren verstehen sich immer mehr Frauen, die Frauen lieben/begehren, als 'queer'. Teilweise verwenden sie diesen Begriff anstelle der Bezeichnung 'lesbisch', teilweise als zusätzliche Selbstbeschreibung. Die erste größere Fernsehserie über lesbisches Leben, 'The L Word', bekam 2019 nach zehn Jahren Pause eine neue Staffel unter dem Titel [[https://www.queer.de/detail.php?article_id=35903|'The L Word - Generation Q']] - wobei das Q für queer steht. Viele empfinden den Begriff als zeitgemäßer, da er offener und weniger binär als 'lesbisch' sei. Zudem bietet er Raum für weiter gedachte Solidarität gegen verschiedenste Formen sexueller und geschlechtlicher Repression.((Linkerhand, Koschka (2018): Exkurs. Die lesbische Differenz in der Frauenbewegung. In: Koschka Linkerhand (Hg.): Feministisch streiten. Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen. Berlin: Querverlag, S. 53.)) Mit dem traditionellen lesbischen Feminismus bildet die Queer Theory eine Konfliktlinie. Erster bezieht sich meist auf binäre Geschlechterkategorien und ist im Gegensatz zur Queer Theory tendenziell BDSM-, pornographie- und prostitutionskritisch.((Wikipedia: Lesbian feminism. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_feminism.)) Queer-Aktivist*innen werfen dem lesbischen Feminismus Transfeindlichkeit und essentialisierendes Denken vor. Andersherum kritisieren einige Lesben queer als implizit männlich orientiert. Lesben mit ihren spezifischen Betroffenheiten und Anliegen würden innerhalb der queeren Community unsichtbar gemacht oder wegen ihrer klaren sexuellen Vorlieben nur für Frauen kritisiert und ausgeschlossen.((Wikipedia: Lesbian erasure. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure.)) Stephanie Kuhnen fragt deshalb: >>>"Wenn alle 'Queers' sind, wie kann dann die strukturelle Benachteiligung von Lesben, einschließlich homoseuxeller bzw. frauenliebender Frauen, in einer patriarchalen Gesellschaft und einer von Schwulen dominierten Bewegung dargestellt und spezifische Diskriminierungsformen bekämpft werden?"((Kuhnen, Stephanie (2017): Schrödingers Lesbe. Sind in dem Buchstaben L jetzt Lesben drin oder nicht? The Making of Lesben raus! In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 15.)) Hier steht erneut zur Debatte, wieviel Separatismus versus Zusammenarbeit der Lesbianismus braucht. Ein weiterer verbreiteter Kritikpunkt an queer ist, dass der Begriff zwar ursprünglich als deessentialisierendes Konzept gemeint war, diese Bedeutung aber im Laufe der Zeit verloren habe. [[https://www.patsy-love.de/|Patsy l'Amour laLove]] konstatiert, dass queerer Aktivismus sich inzwischen vorrangangig um [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_9_-_queer-buchstaben_und_queerfeminismus#zusammenfassungbeissreflexe_kritik_an_queerem_aktivismus_autoritaeren_sehnsuechten_sprechverboten_l_amour_lalove|Selbstdarstellung, Kränkungen, Verbote und Ausschlüsse]] drehe und eine 'Diskriminierungsoympiade', in der sich Betroffene mit ihrer Betroffenheit gegenseitig überbieten, ausgetragen werde.((l'Amour laLove, Patsy (2017): Beißreflexe. Kritik an queerem Aktivismus, autoritärren Sehnsüchten, Sprechverboten. In: Patsy l'Amour laLove (Hg.): Beissreflexe. Kritik an queerem Aktivismus, autoritären Sehnsüchten, Sprechverboten. Vierte erweiterte Auflage. Berlin: Querverlag, S. 20–47.)) Nach [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:feminismus#zusammenfassungdas_politische_subjekt_frau_rehabilitierung_eines_kampfbegriffs_koschka_linkerhand|Koschka Linkerhand]] verliert sich der von der Queer Theory inspirierte [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:queerfeminismus|Queerfeminismus]] in einem Kreislauf aus Identitätskritik und Identitätsemphase. Identitätsbeschreibungen würden immer weiter ausdifferenziert und als Selbstbezeichnungen fix gesetzt, Identität jedoch insgesamt als total fluide gedacht. Dabei werde der Zwangscharakter von Identitätszuschreibungen unsichtbar. Cis- und Heterofrauen erschienen nicht länger als Betroffene vom Patriarchat; dagegen würden alle möglichen Betroffenheitsgruppen gleichzeitig aufgezählt und ihre spezifischen Unterdrückung damit harmonisiert und gleichgesetzt. Ein gemeinsames 'Wir', das für emanzipative Politik nötig sei, sei unter diesen Bedingungen nicht mehr denkbar. Zudem passe die Fluidität des Queerfeminismus gut zu den neoliberalen Anforderungen von Selbstgestaltung und Flexibilität: >>>"Die [neoliberale] Forderung lautet, in allen Dingen flexibel zu sein und dennoch immer ganz bei sich […]. Auch die eigene Geschlechtlichkeit muss auf diese Weise als gnadenlos individuell und selbstbestimmt umgewertet und sich angeeignet werden."((Linkerhand, Koschka (2018): Das politische Subjekt Frau. Rehabilitierung eines Kampfbegriffs. In: Koschka Linkerhand (Hg.): Feministisch streiten. Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen. Berlin: Querverlag, S. 33.)) Die Verquickung von Queerfeminismus und queerer Bewegung mit neoliberalem Kapitalismus wird auch unter dem Begriff des [[https://ze.tt/wie-unternehmen-vorgaukeln-queere-menschen-wertzuschaetzen/|Pinkwashing]] diskutiert. Dieser bezeichnet das Marketing mithilfe von queeren Symboliken, wodurch die beworbenen Firmen und Produkte als progressiv, cool und tolerant erscheinen sollen. Trotz dieser Kritiken stellt queer weiterhin für viele frauenliebende /-begehrende Frauen ein attraktives Konzept dar. Sie können damit ihre Opposition zur heteronormativen Ordnung ausdrücken, ohne auf Geschlechtsbinarität und strikte Fokussierung auf eine festgelegte sexuelle Orientierung zurückgreifen zu müssen. Queer ermöglicht "neue Gruppierungen oder Umgruppierungen quer zu Kategorien von Geschlechtsidenität und sexueller Identität"((Martin, Biddy (1996): Sexuelle Praxis und der Wandel lesbischer Identitäten. In: Sabine Hark (Hg.): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag, S. 49.)). In der gemeinsamen Politik unter diesem Label sehen viele Lesben das Potential, die heteronormative Ordnung effektiv angreifen zu können. Der Begriff schließt zudem eine Lücke, die die Bezeichnung LGBTI auch mithilfe weiterer Kürzel nicht schließen kann, nämlich das nicht ganz festgelegte zu benennen. Wichtig ist es dabei aus lesbischer Perspektive, Lesbischsein innerhalb der queeren Community sichtbar zu machen und auch spezifisch lesbischen Anliegen ihren Raum zu geben. ===== 4. Aktueller Standort lesbischer Identitätspolitik ===== Vielerorts sind lesbische Orte wie Bars, Buchläden und Festivals, die Ende des letzen Jahrhunderts florierten, verschwunden.((Wikipedia: Lesbian erasure. Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Lesbian_erasure.)) Dezidiert lesbische Identitätspolitik gibt es, verbreiteter ist aktuell jedoch die Organisierung innerhalb von größeren Zusammenhängen wie der LGBTQI*-Bewegung oder dem Feminismus. Gleichzeitig wird Identitätspolitik von vielen ingesamt abgelehnt und stattdessen angestrebt, Politik auf Basis gemeinsamer Themen (statt Identitäten) zu betreiben. In diesem Fall spielt das Selbstverständnis als Lesbe eine geringe Rolle für das politische Engagement. Außerdem gibt es viele Lesben, die Lesbischsein nicht als politisch begreifen und/oder nicht politisch aktiv sind. Allerdings: >>>"Ob sie politisch aktiv werden oder nicht: Lesben steht die Möglichkeit, sich zumindest kompromisshaft und vorläufig in den Bahnen heterosexueller Normalität zu bewegen, nicht offen. Sie stehen immer schon im Zugzwang, sich einen anderen Weg zu bahnen; und dieser Weg wird nicht leichter angesichts der Fragilität lesbischer Szenen und Lebensentwürfe"((Linkerhand, Koschka (2018): Exkurs. Die lesbische Differenz in der Frauenbewegung. In: Koschka Linkerhand (Hg.): Feministisch streiten. Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen. Berlin: Querverlag, S. 60.)). {{ :lv-wikis-oeffentlich:glgt19:lesbian-visibility-day.jpeg?400|}} In den Bündnissen und Bewegungen, innerhalb derer Lesben sich organisieren, sind sie häufig marginalisiert. Schlüsselpositionen werden innerhalb der LGBTQI*-Bewegung primär von schwulen Männern besetzt((Kuhnen, Stephanie (2017): Schrödingers Lesbe. Sind in dem Buchstaben L jetzt Lesben drin oder nicht? The Making of Lesben raus! In: Stephanie Kuhnen (Hg.): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag, S. 11–12.)) und auch im queeren Feminismus "spielt die lesbische Differenz keine nennenswerte Rolle"((Linkerhand, Koschka (2018): Exkurs. Die lesbische Differenz in der Frauenbewegung. In: Koschka Linkerhand (Hg.): Feministisch streiten. Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen. Berlin: Querverlag, S. 53.)). Als Gegenbewegung dazu gibt es in den letzten Jahren vermehrt Bestrebungen, Lesben zu mehr Sichtbarkeit auch innerhalb der Szenen zu verhelfen. Ein Beispiel dafür ist der Dyke*March, der mittlerweile in [[https://rainbowfeelings.de/dyke-march/|mehreren deutschen Städten]] stattfindet: "Dieser lesbische Separatismus am Vorabend des Christopher Street Day weist darauf hin, dass frauenpolitische Forderungen auch innerhalb der LGBTI-Bewegung einer gesonderten Betrachtung bedürfen."((Linkerhand, Koschka (2018): Exkurs. Die lesbische Differenz in der Frauenbewegung. In: Koschka Linkerhand (Hg.): Feministisch streiten. Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen. Berlin: Querverlag, S. 59.)) Weitere Beispiele sind Veranstaltungen wie das [[https://diginights.com/event/2016-09-23-dyke-out-party-diskussion-schwuz|Dyke*Out]] im Berliner SchwuZ 2016, die Publikation des Sammelbands 'Lesben Raus!'((Kuhnen, Stephanie (Hg.) (2017): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag.)) 2017, die ebenfalls seit 2017 jährlich stattfindende [[https://europeanlesbianconference.org/|European Lesbian* Conference]] sowie die steigende Beliebtheit des Lesbian Visibility Day auch in Deutschland - 2018 fand beispielsweise an diesem Tag erstmals ein [[https://www.tagesspiegel.de/mediacenter/fotostrecken/lesbian-visibility-day-lesbian-visibility-day/21218478.html|Kiss-In am Brandenburger Tor]] statt. Die Grenzziehungen der lesbischen Identität sind dabei weiterhin umkämpft. Neben der historischen Konfliktlinie zu Bisexualität geht es heute um das Verhältnis zu trans* und queer. Zudem stellt sich angesichts neoliberaler Vereinnahmungen sowie (extrem) rechts organisierter Lesben wie der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel die Frage, inwieweit Lesbischsein mit emazipatorischer und feministischer Politik verknüpft ist. >>>"Die Kämpfe, wer zur lesbischen Bewegung gehört und wer nicht, sind angesichts der queeren Identitätenvielfalt einerseits und rechtskonservativ organisierter Homos andererseits nicht weniger heftig als zur Zeit der Zweiten Frauenbewegung. Sie zeigen, dass unter Lesben keine identitäre und erst recht keine politische Einigkeit vorausgesetzt werden kann - während es die Verhältnisse gleichzeitig immer wichtiger machen, geschlossen zu handeln."((Linkerhand, Koschka (2018): Exkurs. Die lesbische Differenz in der Frauenbewegung. In: Koschka Linkerhand (Hg.): Feministisch streiten. Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen. Berlin: Querverlag, S. 60.)) Das [[lv-wikis-oeffentlich:glgt19:sitzung_2#identitaetspolitik_ist_erst_der_anfang_-_einleitung|Dilemma von Identitätspolitik]] insgesamt, für emanzipatorische Politik an vielen Stellen notwendig und strategisch sinnvoll zu sein, gleichzeitig aber Fremdzuschreibungen akzeptieren zu müssen und Essentialisierungen und Aussschlüsse zu begünstigen, zeigt sich auch in Bezug auf Lesben: >>>"Das eigene Begehren zu politisieren, um ihm zu seinem Recht zu verhelfen, es damit aber auch zu vereindeutigen, zu verdinglichen, unter dem Begriff Lesbe zu verschlagworten, bleibt eine widersprüchliche Sache."((Linkerhand, Koschka (2018): Exkurs. Die lesbische Differenz in der Frauenbewegung. In: Koschka Linkerhand (Hg.): Feministisch streiten. Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen. Berlin: Querverlag, S. 59.)) ===== 5. Literatur ===== * Ahmed, Sara (2018): Feministisch leben! Manifest für Spaßverderberinnen. Unter Mitarbeit von Carrie Moyer. 2. Auflage. Münster: Unrast. * Anzaldúa, Gloria (1993): The New Mestiza. In: Charles Lemert (Hg.): Social Theory. The Multicultural and Classic Readings. Oxford, S. 626–632. * Combahee River Collective (1977): A Black Feminist Statement. In: Cherrie Moraga und Gloria Anzaldúa (Hg.): This Bridge Called My Back. Writings by Radical Women of Color. New York: Kitchen Table, Women of Color Press, S. 210–218. * Feinberg, Leslie (2013): Stone Butch Blues. Träume in den erwachenden Morgen. 5. Aufl. Berlin: Krug & Schadenberg. * Fuchs, Sabine (Hg.) (2014): Femme! Radikal - queer - feminin. 2. Aufl. Berlin: Querverlag. * Halberstam, Judith (2006): Female masculinity. Durham: Duke Univ. Press. * Hark, Sabine (Hg.) (1996): Grenzen lesbischer Identitäten. Aufsätze. Berlin: Querverlag. * Jeffreys, Sheila (2003): Unpacking queer politics. A lesbian feminist perspective. Malden: Polity Press. * Kuhnen, Stephanie (Hg.) (1997): Butch/Femme. Eine erotische Kultur. Berlin: Querverlag. * Kuhnen, Stephanie (Hg.) (2017): Lesben raus! Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Berlin: Querverlag. * Linkerhand, Koschka (Hg.) (2018): Feministisch streiten. Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen. Berlin: Querverlag. * Marti, Madeleine; Schneider, Angelika; Sgier, Irena; Wymann, Anita (Hg.) (1994): Querfeldein. Beiträge zur Lesbenforschung. Bern: eFeF-Verl. * Moraga, Cherrie; Anzaldúa, Gloria (Hg.) (1977): This Bridge Called My Back. Writings by Radical Women of Color. New York: Kitchen Table, Women of Color Press. * Rust, Paula C. (1995): Bisexuality and the Challenge to Lesbian Politics. Sex, Loyalty, and Revolution. New York: NYU Press (The Cutting Edge). Online verfügbar unter http://www.jstor.org/stable/10.2307/j.ctt9qg5tm. * Schmerl, Christiane; Soine, Stefanie; Stein-Hilbers, Marlene; Wrede, Birgitta (Hg.) (2000): Sexuelle Szenen. Inszenierungen von Geschlecht und Sexualität in modernen Gesellschaften. Wiesbaden: Springer. * Susemichel, Lea (2018): Identitätspolitiken. Konzepte und Kritiken in Geschichte und Gegenwart der Linken. Münster: Unrast.