====== Die Relationalität in der Intersektionalität ====== ===== Intro ===== Die Relationalität stellt einen Themenschwerpunkt im paradigmatischen Denken der Intersektionalität dar. Daher ist eine ausführliche Analyse der Relationalität bzw. des relationalen Denkens eine essenzielle Aufgabe für die intersektionale Theoriebildung. Sowohl **[[https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/philosophische-fakultaet/fachbereiche/philosophie-rhetorik-medien/philosophisches-seminar/personen/privatdozentinnen-und-affiliierte-professoreninnen/prof-dr-phil-habil-cornelia-klinger/ | Cornelia Klinger]]** als auch **[[https://socy.umd.edu/facultyprofile/collins/patricia-hill | Patricia Hill Collins]]** verhandeln in ihren Texten die Bedeutung von Relationalität im aktuellen Intersektionalitätsdiskurs. Cornelia Klinger bezieht sich in ihrem Text auf die verflochtenen Strukturen der Unterdrückung. Sie startet mit ihrem Text den Versuch skizzenhaft zu beantworten, warum es sich um drei Kategorien handelt und wie Klasse, Race und Gender in einem Trias verbunden sind. Zentrale Stichworte: Kapitalismus - Patriarchat - Nationalismus, Klasse - Geschlecht - Ethnizität/Rasse Hill Collins skizziert in ihrem Text für die Analyse der Relationalität in der Intersektionalität drei Modi des relationalen Denkens. Ihre Argumentation soll "einen Dialog über das paradigmatische Denken der Intersektionalität herstellen, insbesondere über die Art und Weise, wie die Relationalität als ein Themenschwerpunkt entwickelt werden könnte bzw. wie sich überschneidende Machtverhältnisse die richtungsweisenden Prämissen der Intersektionalität beeinflussen. Um die intersektionale Kritik zu schärfen, müssen geteilte Auffassungen ihrer zentralen Konstrukte und Grundprinzipien – wenn auch nur provisorisch – entwickelt werden." Zentrale Stichworte: Addition - Artikulation - Ko-Formation, Einfügen - Konjunkturen - Metaphern In diesem Wiki werden die beiden Texte von Klinger und Hill Collins kurz vorgestellt, um auf dieser Grundlage einige Diskussionspunkte besprechen zu können. ===== Cornelia Klinger: Überkreuzende Identitäten - Ineinandergreifende Strukturen ===== Nach Klinger hat grundsätzlich jede Gesellschaft zwei Aufgaben zu lösen. 1. **Die Ordnung der Dinge** - Die Herstellung und Verteilung der Mittel zum Leben, die Regelung der Produktion und Distribution von Gegenständen und Gütern aller Art. 2. **Die Ordnung des Lebens** - Die Erzeugung und Erhaltung des Lebens selbst, die //Reproduktion der Gattung//, die Lebenshaltung und Lebensführung, die Regelung der alltäglichen menschlichen Beziehungen. Diese zwei Aufgaben sind //herrschaftlich// organisiert. Dabei polarisiert Herrschaft, laut Klinger, "Befehl und Gehorsam, verteilt Nutzen und Lasten ungleich, impliziert Aneignung und Enteignung, Ausbeutung und Unterdrückung". (S. 42) Sie erweitert diese Ordnungen noch um das Prinzip der //Fremdheit// und bezeichnet diese drei Formen als //Strukturkategorien//. Ihre Unterscheidung lässt sich wie folgt zusammenfassen: ^ ^ Die Ordnung der Dinge ^ Die Ordnung des Lebens ^ Fremdheit ^ ? ^ Was wird geregelt? | Regelt die Organisation der Arbeit, die zur Herstellung der Lebens-Mittel notwendig ist | Regelt die Organisation der Körper | Der Anspruch des Einen/Eigenen auf Herrschaft über das Andere/Fremde | ^ Herrschaftsverhältnis | Der Herr bzw. der Besitz/er (von Produktionsmitteln) steht über dem Knecht/der Magd bzw.dem/der Arbeiter/in | Der Mann steht über der Frau, der Vater über dem Sohn bzw. die Eltern über den Kindern | Die Aneignungs- und Verfügungsgewalt über „fremde", das heißt dem eigenen (...) Kollektiv nicht verwandtschaftlich abstammende, 'angehörige' Arbeits- und Lebenskraft, und/oder die Ausbeutung nicht am eigenen Ort angesiedelter Ressourcen, nicht dem eigenen 'Boden' entstammender 'Schätze'. | ^ Strukturkategorien | Kapitalismus | Patriarchat | Nationalismus | ^ Personale Kategorien | Klasse | Geschlecht | Ethnizität/Rasse | ^ Binäre Unterscheidung | Kapital / Arbeit | Mann / Frau | Wir / Sie | (Es gilt hier anzumerken, dass die drei Kategorien nicht strikt von einander geschieden sind und sich gegenseitig betreffen. Zur vereinfachten Darstellung haben wir jedoch diese Tabellenform gewählt. So formuliert es es Klinger: //"Die Arbeitswelt komplementiert die Lebenswelt nicht, wohl aber kompensiert die Lebenswelt die Mängel der Arbeitswelt. So arbeitet das moderne Subjekt nicht, um zu leben, sondern es lebt, um zu arbeiten."// S. 46)) Klinger führt weiter aus, dass die //Strukturkategorien// heute überholt und unzutreffend erscheinen. Sind sind gar //"von Anfang an mit dem Mangel behaftet, ausschließlich die jeweiligen binären Relationen zu thematisieren."// (S. 56). Da diese binären Relationen heutzutage nicht mehr in dieser Form bestehen, braucht es keine Rekonstruktion (In der Entstehung der Strukturkategorien wurden diese nicht im Verhältnis zueinander erforscht), sondern eine Neukonstruktion dieser Strukturkategorien. == Die Trends der Intersektionalitätsdebatte == Der Diskurs ist mittlerweile vermehrt geprägt vom Verhältnis zwischen den drei Strukturkategorien, währen zeitgleich die bipolaren Relationen aus dem Blick geraten (Stichpunkt //race to the bottom// ). Viel mehr geht der Trend in die Richtung, die //"die jeweils benachteiligte Position der antagonistischen Relation zu thematisieren."// (S. 57). Beispiele: Die 'da unten' arbeitenden Massen sollen aufgerichtet und erhoben, die im familial-privaten Innenraum der Gesellschaft eingeschlossenen Frauen sollen zu öffentlicher Stellung und Funktion emanzipiert oder die marginalisierten und exkludierten Minderheiten sollen integriert werden. Dies hat zur Folge, dass zwar Unrecht und Ungerechtigkeit sichtbar gemacht wird, jedoch ohne herrschende/n, privilegierte/n Gruppe/n mehr gegenüber, eine "Sonderstellung" entsteht. So wird die Benachteiligung zum //"Handicap"//, das es - sei es fremd-, sei es selbstverschuldet - mit wohlfahrtsstaatlich-sozialtechnologischen Mitteln zu bearbeiten gilt, sofern es nicht letztlich doch als Schicksal an- und hingenommen werden muss. (Vgl. S. 57-58). Diese Verschiebung sieht Klinger als zentrales Problem an und propagiert daher einen Kurswechsel in der Debatte: //"Eine adäquate und produktive Beschäftigung mit dem Thema Intersektionalitat setzt die Bergungsarbeit an den Strukturkategorien voraus."// (S. 59). Denn, so Klinger, //"Ohne Bezug zu den Herrschaftsverhältnissen und ihren Strukturkategorien, in deren Zusammenhang sie stehen, können die individuellen Erfahrungen lediglich als subjektive Befindlichkeiten und partikulare handycaps erfasst werden.// (S. 59). == Fragen / Diskussionspunkte == 1. Inwiefern könnt ihr Klingers Kritik an den heutigen //"Trends"// der Intersektionalitätsdebatte nachvollziehen? 2. Braucht es diese //"Bergungsarbeit"// als Vorspiel für die //"Rekonstruktion"// der Relationalität dieser Strukturkategorien? ===== Patricia Hill Collins: Relationalität innerhalb der Intersektionalität ====== Für die Analyse der Relationalität in der Intersektionalität skizziert Hill Collins in ihrem Text drei Modi des relationalen Denkens. //Addition//, //Artikulation// und //Ko-Formation//. Anhand dieser drei Modi zeigt Hill Collins auf, wie Relationalität in der Intersektionalität verstanden und angewandt werden kann. Darüber hinaus wird dargestellt, wie diese drei Konzepte des relationalen Denkens die kritische Theoriebildung der Intersektionalität prägen könnten. Dabei bezieht Hill Collins in ihre Analyse mit ein, wie die einzelnen Formen des relationalen Denkens potentiell bestimmen, wie **sich überschneidende Machtverhältnisse** theoretisiert werden. "Der relationale Charakter von Machtverhältnissen stellte bereits seit den Anfängen der Intersektionalität eine richtungsweisende Prämisse dar." (S.304). Es ist es wichtig anzumerken, dass diese Unterscheidungen in //Addition//, //Artikulation// und //Ko-Formation// **Ausgangspunkte des relationalen Denkens** darstellen, und keine Endpunkte der Analysen von Relationalität sind (vgl. 304). Die Analysen des relationalen Denkens mithilfe dieser drei Konzepte stellen einen provisorischen Rahmen für die Beschreibung von Relationalität innerhalb der Intersektionalität dar. Die Argumentation rund um die Relationalität innerhalb der Intersektionalität soll einen Dialog über das paradigmatische Denken der Intersektionalität herstellen. Hill Collins geht dabei besonders auf sich überschneidende Machtverhältnisse ein, welche die richtungsweisenden Prämissen der Intersektionalität beeinflussen. ==Einführung in ihre Unterscheidung zwischen Relationalität durch Addition, durch Artikulation und durch Ko-Formation== **Addition**: Die additive Perspektive stellt eine flexible Denkstrategie dar, welche für verschiedenste Anwendungen geeignet ist. "Additive Ansätze heben oft das Fehlende hervor und decken auf, wie gewisse Studien, Theorien oder Praktiken durch das Fehlen von Race, Gender, Sexualität und ähnlichen Kategorien beeinträchtigt werden." (S.305). Der heuristische Gebrauch von Intersektionalität stützt sich oft auf additive Rahmenkonzepte. Bei der Addition ist es wichtig zu verstehen, dass es sich um ein **Einfügen von Kategorien** handelt und nicht um ein bloßes Anfügen an eine Hauptkategorie. Es ist sinnvoll, die Kategorien nacheinander zusammenzufügen. Hierbei ist die Reihenfolge, in welcher die Kategorien eingefügt werden, relevant für das Ergebnis. Die Addition kann der Intersektionalität eine komplexere Form des relativen Denkens eröffnen. Additive Strategien stellen die Logik der Segregation, auf welcher das westliche Wissen basiert, in Frage. Die Logik der Segregation zu überwinden ist jedoch schwierig. Allein der Versuch, zwei Analysekategorien innerhalb sich überschneidender Machtverhältnisse zu vereinen zeigt, wie schwierig es ist, über Machtunterschiede hinweg einen Dialog zu führen. Machtverhältnisse in intersektionalen Räumen verschwinden nicht einfach, sondern sie organisieren sich neu. Die additive Perspektive wirft in der Intersektionalitätsdebatte immer wieder die Frage auf, ob die kontinuierliche Einbeziehung neuer/ zusätzlicher Analysekategorien zu einer Destabilisierung der bereits bestehenden Auffassung von Intersektionalität führe. Diesbezüglich besteht die Herausforderung aus einer sorgfältigen Untersuchung der Intersektionalität und wie sie durch stetes Wachstum an Kategorien verändert wird. **Artikulation**: Hill Collins greift die Doppelbedeutung von Artikulation nach Hall auf. Demnach kann Artikulation zum einen als eine Art Gelenk bzw. Nahtstelle betrachtet werden. Diese Dimension der Artikulation betrachtet Artikulation als eine **Verknüpfungsform**, welche aus zwei unterschiedlichen Elementen eine Einheit formen kann. -Im Hinblick auf die Organisation von sich überschneidenden Machtverhältnissen bietet die Dimension der Artikulation einen Rahmen für sich verändernde Beziehungen zwischen verschiedenen Machtsystemen. Sich überschneidende Machtverhältnisse spiegeln Auseinandersetzungen darüber wider, wie die Elemente der Gesellschaft nun miteinander artikulieren sollen. Die zweite Betrachtungsweise von Artikulation konzentriert sich auf die **Art und Weise, wie Ideen und Gesellschaft zusammenhängen**. Diese Betrachtungsweise bezieht sich darauf, wie Sprache neue Ideen artikuliert bzw. hervorbringt. Artikulation ist nach Hall als eine Art und Weise zu verstehen, wie ideologische Elemente zu einem Diskurs führen. Zudem kann untersucht werden, wie in bestimmten Konjunkturen mit politischen Subjekten artikuliert oder nicht artikuliert werden soll (vgl.313). -Unterschiedliche Zusammenstellungen von Ideen können miteinander an- und voneinander abgekoppelt werden, jedoch werden sowohl die einzelnen Teile, als auch die neue Einheit durch diese Transaktion verändert. Artikulation geht von kontingenten Verbindungen zwischen unterschiedlichen Praktiken aus. Sie konzentriert sich auf die Relevanz von Ideen bei der Strukturierung von Herrschafts- und Widerstandsverhältnissen. Unter dem Blickwinkel der Artikulation werden Argumente immer als provisorisch angenommen. Nicht die Wahrhaftigkeit einer Perspektive soll bewiesen werden, sondern mithilfe mehrerer Artikulationen von unterschiedlichen Analysekategorien wird versucht soziale Ungleichheit zu erklären. //Konjunkturen//: Der Begriff ist von beiden Anwendungen der Artikulation geprägt. Bei Untersuchungen darüber, wie Wissen sich überschneidende Machtverhältnisse gestaltet bzw. wie Wissen von sich überschneidenden Machtverhältnissen gestaltet wird, stellen Konjunkturen ein ergiebiges Konstrukt dar. In Konjunkturen werden verschiedene Teile zusammengeschlossen. Im Raum der Konjunkturen wird durch Artikulation Wissen produziert. - Beispiel: //Jane Crow//: Ein Begriff, der beschreiben soll, wie Rassismus und Sexismus die Erfahrungen afroamerikanischer Frauen prägten. Artikulation ist flexibel, ergebnisoffen und kontingent. Relationales Denken durch Artikulation kann die Eigenheiten einzelner Teile bewahren, welche nicht auf dieselbe Art und Weise zusammengesetzt werden müssen. **Ko-Formation**: Als holistisches Konzept strebt die Ko-Formation eine ganzheitliche Analyse der gegenseitigen Konstruktion der Phänomene Race, Klasse und Gender an. Die Untersuchung der Komplexität als wesentliche Dimension der Intersektionalität ist besonders für die Theoriebildung zur Ko-Formation vielversprechend. Mit der Analyse von Ko-Formation zielt man "unter der Prämisse der westlichen Logik darauf ab, die ganzheitliche Sichtweise auf die soziale Welt wiederherzustellen, welche die westliche Logik selbst zu zerstören versucht hat." (S.327). Hill Collins legt bei ihrer Ausarbeitung der Ko-Formation den Fokus nicht auf die Forschung zu Ko-Formation, sondern auf die methodologischen Werkzeuge der Ko-Formation. //Metaphern//. Sie führt drei Metaphern auf, welche die epistemologischen Konventionen der westlichen Theoriebildung aufbrechen und somit alternative Einstiegspunkte für das relationale Denken durch Ko-Formation bzw. für das Umdenken von der Metapher der Intersektionalität bereitstellen. Metaphern sind für den epistemischen Widerstand dahingehend bedeutsam, da sie nicht einfach kritisieren was da ist, sondern das was möglich ist darzustellen vermögen. Im Zuge dessen führt Hill Collins als Problem auf, dass westliche Wissensprojekte diese Begriffe der Metaphern entdecken und sich diese häufig aneignen. Dies führt eine Dekontextualisierung mit sich, was veranschaulicht, wie die westliche Epistemologie epistemische Macht ausübt. Ein weiteres Problem diesbezüglich stellen epistemische Grenzen dar, welche Theorien häufig umgeben. Dies bedeutet, dass zahlreiche Formen der Theoriebildung ausgeschlossen werden, wenn diese außerhalb dieser epistemischen Grenzen liegen. Somit können selbst bedeutende Arbeiten innerhalb der Sozialtheorien westlicher Epistemologie marginalisiert bleiben oder von ihnen angeeignet werden. Ihre Unterscheidung lässt sich wie folgt zusammenfassen: | ^ Addition ^ Artikulation ^ Ko-Formation ^ ^ Wozu helfen uns diese Modi für die Intersektionalität? | "Additive Ansätze geben Impulse für neue Fragestellungen und Perspektiven, die entstehen, wenn versucht wird, das miteinander zu kombinieren, was zuvor als unterschiedlich galt. Ein wichtiger Beitrag additiver Ansätze ist, dass sie die analytische und politische Integrität distinktiver Einheiten bewahren." (S. 337)->nützliche Möglichkeit, um Grenzen eines Diskurses zu prüfen | "Die Artikulation bildet Theorien darüber, wie verschiedene Diskurse miteinander zusammenhängen könnten, ohne dabei den kontingenten und provisorischen Charakter von Verbindungen außer Acht zu lassen." (S. 338)->löst alte Kategorien auf und generiert ggf. neue | "Das Konstrukt der Ko-Formation bezieht sich auf einen Zwischenraum, der sich nicht bloß zwischen verschiedenen disziplinären Formen des Wissens der Sozial- und Geisteswissenschaften befindet, sondern vor allem zwischen westlichen und nicht-westlichen Epistemologien. Die Intersektionalität benennt dieses Dazwischen, diesen dynamischen Schwellenraum, der sich an den Grenzen von vermeintlich separaten und verschiedenen Einheiten befindet." (S. 338) | ^ theoretische/ methodologische Werkzeuge | zeitliche Abfolge des Einfügens | Analyse der Konjunkturen sich überschneidender Machtverhältnisse (oder ähnliche Orte großer intersektionaler Dichte) | Metaphern | ^ Herausforderung für die Intersektionalität? | Destabilisierung durch fortlaufende Einbeziehung zusätzlicher Analysekategorien | sichtbare(re) und unsichtbare Artikulationen und Konjunkturen -> vermitteln mehr/weniger Wichtigkeit | fundamentale Unterschiede, wie Sozialtheorie in verschiedenen Disziplinen und Forschungsfeldern konzeptualisiert wird. Sowie das Festhalten der Sozial- und Geisteswissenschaften an westlicher Epistemologie | ==Folgerungen aus den Argumenten== Hill Collins legt nahe, dass die drei Modi durch ihre Anwendung Bedeutung erlangen. Die vorgestellten Konzepte sind keine statischen, sich gegenseitig ausschließenden Einheiten. Auch wenn diese drei Kategorien der Analyse relationalen Denkens von Hill Collins analytisch getrennt dargestellt werden, sind diese in der Praxis miteinander verwoben und beeinflussen sich gegenseitig. Des Weiteren verdeutlicht Hill Collins, dass Relationalität durch Addition, Artikulation und Ko-Formation im Hinblick auf intersektionales Hinterfragen als gleichwertige Strategien betrachtet werden sollen, welche jeweils eigene charakteristische Komplexitäten aufweisen. Die vorgestellten Formen relationalen Denkens stellen Orientierungshilfen dar, um nachzuvollziehen, wie unterschiedliche Analysen sich überschneidender Machtverhältnisse von unterschiedlichen Auffassungen von Relationalität angeregt werden. "Bezüglich der Untersuchung von Gewalt und ähnlichen Orten verdichteter Macht schlägt die Theoriebildung zu überschneidenden Machtverhältnissen eine provokativere Richtung ein. Die Relationalität ist ein zentrales Konstrukt der Intersektionalität, und die Intersektionalität spielt auf den relationalen Charakter der Macht an." (S.337). ==Fragen/ Diskussionspunkte== 1. (Inwiefern) sind die drei vorgestellten Modi //Addition//, //Artikulation// und //Ko-Formation// wirklich als gleichwertig anzunehmen? 2. (Inwiefern) ist es möglich, epistemologische Grenzen der Theoriebildung zu verändern, sodass andere Formen der Theoriebildung anerkannt werden können? 3. Wie beeinflussen sich überschneidende Machtverhältnisse die richtungsweisenden Prämissen der Intersektionalität? ===== Literatur ===== Klinger, Cornelia 2008. Überkreuzende Identitäten - Ineinandergreifende Strukturen. Plädoyer für einen Kurswechsel in der IntersektionaIitätsdebatte. In: Klinger/Knapp (Hg.) ÜberKreuzungen. Münster. Westfälisches Dampfboot: 38–67. (30). Hill Collins, Patricia 2023. Relationalität innerhalb der Intersektionalität. In: Dies. Intersektionalität als kritische Sozialtheorie, Kapitel 7. Münster: 303–338. (36)