====== Ärztliche Vereinigungen ====== In der folgenden Diskursanalyse werde ich die Diskurse ((Ich spreche hier von Diskursen, da das Sprechen von //einem// Diskurs häufig die Folge einer Vereinfachung und Verknappung mehrerer Diskurse ist. Vgl.: Keller (2011): S. 84.)) zum Thema Schwangerschaftsabbruch innerhalb des Deutschen Ärzteblattes untersuchen. Unter [[Logbuch_Ärztliche und politische Institutionen]] sind mein Forschungsprozess und dabei begleitende Fragen und Antworten einsehbar. ==== 1. Einleitung ==== Diskurse über Schwangerschaftsabbrüche finden wiederkehrend in Form von öffentlichen Diskursen statt. Die jüngsten Diskurse haben ihren Ausgangspunkt in der Verurteilung der Ärztin Kristina Hänel am 24. November 2017 durch das Amtsgericht Gießen auf der Basis des § 219a, der Werbung für den Abbruch einer Schwangerschaft verbietet. Ich möchte mich in meiner Diskursanalyse mit den Diskursen zwischen den Spezialarenen Medizin und Politik auseinandersetzen. ((Das bedeutet vor allem, dass die Diskursanalyse sich nicht allein auf die Spezialarena Medizin fokussiert, in der Schwangerschaftsabbrüche z. T. auf rein medizinischer Ebene diskutiert werden (Besprechung von Verfahren, Methoden, Folgen etc.), sondern auf eine medizinisch-politische Spezialarena, in der die Diskussion zum Abtreibungsrecht entlang politischer Forderungen und Ereignisse stattfindet.)) Dabei beziehe ich mich konkret auf das Deutsche Ärzteblatt, welches das offizielle Organ der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist und welches, aufgrund des Aufgabenbereichs der Bundesärztekammer (Vermittlung der Positionen und Forderungen der ÄrztInnenschaft in die Politik sowie die Vermittlung politischer Entscheide in die ÄrztInnenschaft) verspricht, Diskurse der medizinisch-politischen Spezialarena zu enthalten. Die Diskurse rund um Schwangerschaftsabbrüche erscheinen in der medizinisch-politischen Spezialarena in mehrfacher Hinsicht besonders spannend. Erstens haben diese Spezialdiskurse aufgrund anerkannter, das heißt mit Deutungsmacht versehener Aussageproduzenten und Subjektpositionen (ÄrztInnen), diskursiver Praktiken (Presseerklärung etc.) und nicht-diskursiver Praktiken (Diagnostizieren etc.) einen großen Einfluss auf die öffentlichen Diskurse zu medizinisch-politischen Themen. ((Gleichzeitig besteht ein Einfluss der öffentlichen Diskurse auf die Diskurse in der medizinisch-politischen Spezialarena. Der Einfluss der Spezialdiskurs auf den öffentlichen Diskurs ist selbst nicht Bestandteil meiner Untersuchungen.)) Des Weiteren herrschen in diesen Spezialdiskursen weitere wichtige Dispositive, also Regelwerk, wie etwa der Hippokratische Eid vor, von denen ein Einfluss auf die Aussageproduktion vermutet wird. \\ Da der Gegenstandsbereich der vorliegenden Arbeit das Abtreibungsrecht ist, sprich die §§ 218, 219, werde ich mich im //zweiten// Kapitel zunächst der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der §§ 218 und 219 widmen. Bereits in der ersten Durchsicht des Datenkorpus wurde deutlich, dass eine Diskussion über den § 219a, die im Deutschen Ärzteblatt innerhalb meines Untersuchungszeitraumes (24. Oktober 2017 bis 28. Juli 2019) ausgeprägt vorherrscht, immer auch eine Diskussion über § 218 bedeutet. Deshalb werde ich in einem weiteren Unterkapitel ausführen, weshalb der § 218 immer wieder zum Thema wird. Die Durchsicht des Korpus zeigte ebenfalls, dass Argumentationen von BefürworterInnen der Beibehaltung des § 219a und AbtreibungskritikerInnen oft auf einer Vorstellung davon basiert, ab wann der Lebensschutz des Embryos gewährleistet werden soll. Um die Analyse dieser Argumentationen zu fundieren, widme ich mich auf Basis medizinethischer Gesichtspunkte dem moralischen Status von Embryos. Im //dritten// Kapitel gehe ich auf die Funktionen und Struktur der Bundesärztekammer, des Deutschen Ärzteblattes und des Deutschen Ärztetages ein. Im //vierten// Kapitel erläutere ich mein grundlegendes Forschungsinteresse. Folgen werden Erläuterungen zur Theorie und Methode, die meiner Diskursanalyse zu Grunde liegen, sowie zur Datenerhebung, Korpusbildung sowie Auswahl der Daten zur Feinanalyse. Im //fünften// Kapitel stelle ich die Analyseergebnisse meiner Diskursanalyse vor. Im //sechsten// Kapitel wird es eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und eine methodische Reflexion geben. ==== 2. Abtreibungsrecht ==== Das Abtreibungsrecht ist im Strafgesetzbuch (StGB) unter dem 16. Abschnitt „Straftaten gegen das Leben“ festgehalten und gliedert sich in die §§ 218, 219. === 2.1 Die Geschichte und aktuelle Diskussionen und Veränderungen der §§ 218, 219 === Am 15. Mai 1871 tritt im Deutschen Reich die erste Fassung des § 218 in Kraft, in der eine Abtreibung mit bis zu fünf Jahren Zuchthaus bestraft wird ((Eckart (2017 [1990]): S. 354.)) 1927 kommt es zur Einführung der medizinischen Indikation als Rechtfertigung für eine Abtreibung ((Die gesetzmäßige Verankerung findet erst 1975 statt. Siehe: Eckart (2017 [1990]): S. 355)). Während in der DDR 1972 „das Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft“ verabschiedet wurde, welches eine Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch beinhaltete, die eine Abtreibung innerhalb der ersten 3 Monate erlaubte ((Eckart (2017 [1990]): S. 355. Zum Umgang und den leichten Änderungen des § 219 in der Zeit des Nationalsozialismus, siehe: Eckart (2017 [1990]): S. 355)), scheiterte 1974 in der BRD die gesetzliche Verankerung der Fristenlösung. Die Neufassung des § 218 im Jahr 1976 umfasste schließlich vier Arten der Indikation – die medizinische, die kriminologische, die eugenische und die „Notlagenindikation“ (zu übersetzen als soziale Indikation) ((Eckart (2017 [1990]): S. 355.)). Seit 1995 ist der Schwangerschaftsabbruch nach § 218 StGB „im Allgemeinen rechtswidrig“ ((Eckart (2017 [1990]): S. 355.)). Gleichzeitig legt § 218, genauer § 218a, eine Reihe von Ausnahmefällen fest, in der Straffreiheit möglich ist. Erstens ist ein Schwangerschaftsabbruch straffrei, wenn die Frau sich eine Abtreibung wünscht, nachweisen kann, dass sie an einer Schwangerschaftskonfliktberatung teilgenommen hat, ein/e ÄrztIn die Abtreibung vornimmt und die Empfängnis nicht mehr als 12 Wochen vergangen ist. Zweitens ist ein Schwangerschaftsabbruch straffrei, wenn eine kriminologische Indikation vorliegt (Schwangerschaft als Folge einer Vergewaltigung oder einer vergleichbaren Straftat) und die Empfängnis ebenfalls nicht mehr als 12 Wochen vergangen ist. Drittens ist ein Schwangerschaftsabbruch straffrei, wenn eine medizinische Indikation vorliegt, dass heißt eine „Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden [ist], und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.“ ((Strafgesetzbuch (StGB). https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/StGB.pdf)) Der letzte Fall ist, im Gegensatz zu den beiden ersten Fällen, nicht an eine Frist gebunden. \\ Neben dem § 218 gibt es den § 219, der die Beratung von Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage regelt. 1933 wurden die §§ 219, 220 Reichsstrafgesetzbuch (RstGB) verabschiedet. Beide Paragrafen stellten das öffentliche Ankündigen, Anpreisen oder Anbieten von Diensten, Mitteln, Gegenständen oder Verfahren zum Zwecke der Abtreibung unter Strafe. Eckart verweist drauf, dass „[d]urch das Verbot entsprechender Vorbereitungshandlungen […] dem Abtreibungsverbot insgesamt zu mehr Geltungsrang verholfen werden“ sollte ((Bundestag. https://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/media/2018/01/Geschichte219aBundestag.pdf, S. 5, mit Verweis auf: Zier, Hugo (1935): Die strafbaren Vorbereitungshandlungen der Abtreibung nach §§ 219, 220 RStGB, Dissertation, Nürnberg, S. 2, 3f. )). Das Werbeverbot blieb nach Endes des Nationalsozialismus im Kern bestehen, „da ihr durch die Alliierten kein spezifischer NS-Gehalt zugeschrieben wurde.“ ((Bundestag. https://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/media/2018/01/Geschichte219aBundestag.pdf, S. 6)) und unter dem § 219 zusammengeführt. Im ersten Bericht des Sonderausschusses zur Reform des Strafrechts 1974 lautet es: Die Vorschrift „will verhindern, daß der Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit als etwas Normales dargestellt und kommerzialisiert wird. Andererseits muß die Unterrichtung der Öffentlichkeit (durch Behörden, Ärzte, Beratungsstellen) darüber, wo zulässige Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, möglich sein.“ ((Deutscher Bundestag. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/07/019/0701981.pdf, S. 17)) Weiter heißt es: „Aus dieser Zielsetzung ergibt sich die in Absatz 1 gewählte Umschreibung. Sie untersagt die echte oder als Information getarnte Werbung (d. h. Angebot, Ankündigung, Anpreisung und Abgabe entsprechender Erklärungen) dann, wenn der Täter sie seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise betreibt.“ ((Deutscher Bundestag. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/07/019/0701981.pdf, S. 17)) \\ Die Verurteilung der Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel am 24. November 2017 auf Basis des § 219a führte zu eine gesamtgesellschaftlichen Diskussion. Nach der Verurteilung forderten Grüne, Linke und zunächst auch die SPD die Streichung des Paragrafen. ((Die SPD forderte zunächst die Streichung des § 219a und beschloss Parteiintern einen entsprechenden Gesetzesentwurf. ({{dä_unterstützung_aus_der_politik_51-52_2017.pdf}}, DÄ_Sozialdemokraten wollen Werbeverbot abschaffen_10_2018) Später zog die Partei ihren Antrag auf Abschaffung des § 219a zurück, um innerhalb der Koalition mit der Union eine gemeinsame Lösung zu finden. ({{dä_spd_zieht_antrag_auf_abschaffung_zurück_12_2018.pdf}})) Die FDP forderte keine Streichung, sondern eine Überarbeitung des Paragrafen. Union und AfD sprachen sich gegen eine Änderung oder Streichung des § 219a aus. Neben den Bundestagsparteien forderten mehrere Länder – Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg und Tübingen – die Abschaffung des Paragrafen. Am 21. Februar 2019 verabschiedete der Bundestag schließlich eine Neufassung des § 219a. ((Die Neufassung beruht auf einen gemeinsamen Gesetzesentwurf von Union und SPD.)) Der Paragraf wurde um einen vierten Absatz ergänzt: ÄrztInnen, Krankenhäuser und Einrichtungen dürfen „öffentlich ohne Risiko“ ((Deutscher Bundestag. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw08-de-schwangerschaftsabbruch-do-594758)) auf die Tatsache hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter Voraussetzung des § 218 vornehmen. Für weitere allgemeine Informationen sowie für Informationen über die zur Anwendung kommenden Methoden müssen ÄrztInnen auf die offizielle Seite der Bundesärztekammer verweisen, da die Bereitstellung dieser Art der Information auf der eigenen Webseite weiterhin verboten ist (({{dä_informationen_über_schwangerschaftsabbrüche_werden_erleichtert_9_2019.pdf}})). Auf der Webseite des Bundesärztekammer sowie auf der Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist außerdem eine von der Bundesärztekammer geführte Liste einsehbar, der zu entnehmen ist, welche ÄrztInnen mit welcher Methode Schwangerschaftsabbrüche durchführen (({{dä_sicherheit_für_ärzte_weiter_unklar_8_2019.pdf}})). Gegen diese Neuerung wollen FDP, Linke und Grüne mit einer Normenkontrollklage vorgehen. ((Bei einer Normenkontrollklage wird „[u]nabhängig von einem konkreten Rechtsstreit und von eigener Betroffenheit des Antragsstellers […] die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm unter allen in Frage kommenden Gesichtspunkten geprüft.“ Bundesverfassungsgericht https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Wichtige-Verfahrensarten/Abstrakte-Normenkontrolle/abstrakte-normenkontrolle_node.html)) Laut der Vorsitzenden der Links-Partei Katja Kipping bedeutet die Neufassung des § 219a faktisch ein Informationsverbot. „Es sei völlig absurd, dass eine Beratungsstelle Informationen weitergeben dürfe, während Ärzte wegen derselben Informationen strafrechtlich belangt werden sollen.“ ((DÄB zitiert Katja Kipping. Deutsches Ärzteblatt b. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/101388/FDP-Linke-und-Gruene-bereiten-Klage-gegen-reformierten-Paragrafen-219a-vor)) Stephan Thomae, Fraktionsvize der FDP, spricht von einem Misstrauen gegenüber ÄrztInnen (({{dä_verfassungsklage_gegen_§_219_a_in_vorbereitung_19_2019.pdf}})). Laut Frauke Gützkow, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, unterscheidet der § 219a nicht zwischen Werbung und Information und verbietet damit (ÄrztInnen) beides. Dem Einwand, dass die Informationen, neben dem Zugriffs übers Internet, über Beratungsstellen erworben werden können, begegnet sie kritisch: „Das ist das Gegenteil einer eigenständigen Entscheidung.“ ((Oestreich. https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/paragraf-219a-geschichte-einer-zumutung/)) === 2.2 Dauerthema § 218 === Wie der Geschichte der §§ 218, 219 zu entnehmen ist, beziehen sich die aktuellen Diskussionen und gesetzlichen Änderungen in der Hauptsache auf den § 219a. In der Rezeption des DÄB ((Auf meinen Datenkorpus komme ich unter 4.3 zu sprechen.)) fällt jedoch schnell auf, dass einer Diskussion oder Meinungsäußerung zum § 219a meist eine Diskussion oder Meinungsäußerung zum § 218 zugrunde liegt oder folgt. Der § 218, der in seiner heutigen Fassung seit 1995 besteht, wird in der öffentlichen Debatte häufig als //gesellschaftlicher Kompromiss// beschrieben, da er eine „Kombination aus einem durch eine Beratungspflicht ergänzten Fristenmodell bis zur zwölften Schwangerschaftswoche (§218a Abs. 1 StGB) und einer erweiterten medizinischen und kriminologischen Indikationenlösung (§218a Abs. 2 u. 3 StGB)“ ist. ((von Behren. http://www.bpb.de/apuz/290795/kurze-geschichte-des-paragrafen-218-strafgesetzbuch?p=all, siehe auch {{dä_ein_moralphilosophischer_und_rechtlicher_kompromiss_42_2018.pdf}}, {{dä_werbeverbot_soll_bestehen_bleiben_20-21_2018.pdf}})). Ein Abbruch aufgrund der Indikationen ist nicht rechtswidrig und straffrei, ein Abbruch aufgrund der reinen Fristenlösung ist rechtswidrig, aber straffrei. Der Kompromiss kann somit als Grund dafür gesehen werden, dass die Diskussion über die Rechtmäßigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen anhält bzw. aufgrund von Ereignissen (Causa Hänel) neu aufkommt. === 2.3 Der moralische Status von Embryonen === Einer Diskussion über die Rechtmäßigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen führt im Kern immer eine Auffassung davon mit sich, welcher //moralische Status// Embryonen zugesprochen wird. ((Siehe Eckart (2017 [1990])) Der Philosoph Markus Rüther unterscheidet grundsätzlich zwei Positionen: Die erste Position geht von der Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens ab der Befruchtung aus. Innerhalb dieser Position lassen sich vier Argumente, die sogenannten SKIP-Argumente unterscheiden: Das Speziesargument (jedem Mitglied der Spezies Mensch kommt Lebensschutz durch Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung zu), das Kontinuitätsargument (das Setzen einer Zäsur zwischen ungeborenem Embryo und geborenen Mensch ist nicht willkürfrei möglich), das Identitätsargument (der Embryo ist mit dem aus ihm entstehenden Kind identisch) und das Potenzialitätsargument (der Embryo hat das Potenzial zur Entwicklung von Eigenschaften, die für einen Schutz ausschlaggebend sind). ((Rüther (2015): S. 245.)) Die zweite Position verbindet einen „Lebensschutz der Leibesfrucht erst mit dem Erreichen bestimmter Entwicklungsstufen und damit mit der Ausbildung bestimmter Merkmale.“ ((Rüther (2015): S. 245)) Nach dem Gradualistischen Statuskonzept - der zweiten Position zuordenbar –, welches mit dem deutschen Abtreibungsrecht konform geht ((Neben dem gradualistischen Statuskonzept, führt Rüther unter der zweiten Position noch das Konzept des Lebensrechts ab der Ausbildung von Eigenschaften wie Bewusstsein, Empfindungen, Rationalität etc.)), wachsen die moralischen Verpflichtungen gegenüber dem Embryo mit zunehmender Dauer der Schwangerschaft. Die verschiedenen Positionen und Argumentationen zeigen, dass „nicht Wissens-, sondern Glaubensfragen und die jeweiligen theoretischen Vorannahmen“ den moralische Status eines Embryos bestimmen, so Soziologin und Medizinerin Tanja Krones. ((Krones (2010): S. 305)) Und sie verdeutlichen nochmals, warum der § 218 ein gesellschaftlicher Kompromiss ist. „Da Normenkonflikte, anders als Konflikte um Ressourcen, keine teilbaren Güter betreffen, sind lediglich politische Kompromiss, aber keine grundlegend befriedigenden Lösungen möglich.“ ((Krones (2010): S. 305)) ==== 3. Die Bundesärztekammer (BÄK), das Deutsche Ärzteblatt (DÄB) und der Deutsche Ärztetag ==== Die Bundesärztekammer ist die Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung, sie vertritt die berufspolitischen Interessen der Ärzteschaft in der BRD und wirkt „aktiv am gesundheitspolitischen Meinungsbildungsprozess der Gesellschaft mit und entwickelt Perspektiven für eine bürgernahe und verantwortungsbewusste Gesundheits- und Sozialpolitik.“ ((Bundesärztekammer b. https://www.bundesaerztekammer.de/ueber-uns/)) Zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist die BÄK Herausgeberin des „Deutsche Ärzteblattes. Die Zeitschrift der Ärzteschaft“. Das DÄB erschien erstmals 1872 und ist das „offizielle Organ“ der BÄK. Laut dem Deutschen Ärzteverlag, der die wöchentlich erscheinende Zeitschrift verlegt, „wendet [es] sich als einziger Titel der ärztlichen Fachpresse an alle Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland“ und ist gleichzeitig „der mit Abstand meistgelesene Titel der gesamten ärztlichen Fachpresse in Deutschland“: ((Deutscher Ärzteverlag a. https://www.aerzteverlag-media.de/de/mediadaten-medizin/deutsches-aerzteblatt/profil.html)) Im zweiten Quartal 2019 wurden 371.380 Zeitschriften verbreitet. ((Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern https://www.ivw.eu/aw/print/qa/titel/363?quartal%5B20144%5D=20144&quartal%5B20184%5D=20184&quartal%5B20192%5D=20192#views-exposed-form-aw-titel-az-aw-az-qa)) Approbierten Ärzten wird das Deutsche Ärzteblatt kostenlos zugesandt. ((Deutscher Ärzteverlag b. https://www.aerzteverlag.de/portfolio/fachwissen-medizindental/deutsches-aerzteblatt/profil/)) Weiterhin gibt es die Möglichkeit, die Zeitschrift zu abonnieren. Nach eigener Aussage ist das Ziel des DÄB „die kompetente und objektive Information des Arztes.“ ((Deutscher Ärzteverlag b)) Chefredakteur ist der Publizist Egbert Maibach-Nagel. Des Weiteren wird eine medizinisch-wissenschaftliche Redaktion geführt, die vom Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Christopher Baethge geleitet wird. Die Zeitschrift ist gedruckt ((Der Deutsche Ärzteverlag unterscheidet bei der gedruckten Zeitschrift unter Ausgabe A, B, C und M, die sich jeweils an spezifische ÄrztInnengruppen richten. Siehe mehr unter: Deutscher Ärzteverlag b. Bei der Online-Ausgabe wird, nach eigenen Recherchen, keine Unterscheidung gemacht.)) sowie online erhältlich. ((Die Online-Ausgabe ist auf der Webseite des Deutschen Ärzteblattes bis 1973 zurück abrufbar. Siehe: Deutsches Ärzteblatt a. https://www.aerzteblatt.de/archiv/daetitel?page=184)) Sie ist unterteilt in die Rubriken „Seite eins“, „Aktuell“, „Politik“, „Themen der Zeit“, „Medizinreport“, „Pharma“, „Medien“, „Briefe“, „Medizin“, „Personalien“, „Management“, „Bekanntgaben der Herausgeber“, „Ärztestellen“ und „Schlusspunkt“. In der Rubrik „Briefe“ werden Leserbriefe abgedruckt, die spezifisch zu einem Bezugsartikel einer vorherigen Ausgabe verfasst und eingesendet werden können. Dabei behält sich die Redaktion die Auswahl der Leserbriefe sowie etwaige Kürzungen vor. \\ Der jährlich stattfindende Deutsche Ärztetag, die Hauptversammlung der Bundesärztekammer, ist für die Arbeit der Bundesärztekammer und die Meinungsbildung des Deutschen Ärzteblattes bedeutend. „Zu den Aufgaben des Deutschen Ärztetages gehört es [u.a.] [...] die Positionen der Ärzteschaft zu aktuellen gesundheits- und sozialpolitischen Diskussionen der Gesellschaft zu artikulieren und sie der Öffentlichkeit zu vermitteln.“ ((Bundesärztekammer a. https://www.bundesaerztekammer.de/aerztetag/)) Der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt am 08. bis 11.05.2018 beschäftigte sich mit dem Werbeverbot und stellt somit ein wichtiges Ereignis in den Diskursen zum Abtreibungsrecht innerhalb des Deutschen Ärzteblattes dar. ==== 4. Einführung und Umsetzung der Wissenssoziologischen Diskursanalyse ==== Die vorliegende Arbeit untersucht die Diskurse über das Abtreibungsrecht, genauer über die §§ 218 und 219 im Deutschen Ärzteblatt. Angeregt zu dieser Arbeit wurde ich durch die Frage, welche Positionen zum Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ÄrztInnenschaft vertreten sind und auf welche Diskurse (bspw. öffentliche gesamtgesellschaftliche Diskurse, juristische Diskurse) und Dispositive (bspw. hippokratischer Eid, Statistiken, Geschichte der §§ 218, 219) ÄrztInnen innerhalb ihrer Argumentation verweisen. Während der Sondierung des Untersuchungsfeldes orientierte ich mich zunächst an folgenden Institutionen: Bundesministerium für Familie, Jugend, Frauen und Senioren (BMFJFS), an der Bundesärztekammer, dem Marburger Bund, dem Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte, dem Hartmannbund u.v.a. Aufgrund des Umfangs der Arbeit, entschied ich, mich auf das Deutsches Ärzteblatt als öffentliches Organ der Bundesärztekammer zu fokussieren. === 4.1 Theoretisches Fundament === Meine Diskursanalyse orientiert sich an der von Reiner Keller skizzierten Methode und Vorgehensweise einer Diskursanalyse, die in der Tradition der Wissenssoziologischen Diskursanalyse (WDA) steht. ((Vgl.: Keller, Reiner (2011)) Die WDA hat „ihren Ausgangspunkt in der soziologischen Wissenstheorie von Peter Berger und Thomas Luckmann […] und [visiert] von dort aus einen Brückenschlag zwischen […] //kulturalistischen Ansätzen// der Diskursforschung und […] insbesondere der [Diskurstheorie] von Foucault [an]“. ((Keller (2011): S. 58. )) „Die //Wissenssoziologische Diskursanalyse// untersucht diese gesellschaftlichen Praktiken und Prozesse der kommunikativen Konstruktion, Stabilisierung und Transformation symbolischer Ordnungen sowie deren Folgen: Gesetze, Statistiken, Klassifikationen, Techniken, Dinge oder Praktiken bspw. sind in diesem Sinne Effekte von Diskursen und ‚Voraus‘-Setzungen neuer Diskurse. Der //Wissenschaftlichen Diskursanalyse// geht es dann darum, Prozesse der sozialen Konstruktion, Objektivation, Kommunikation und Legitimation von Sinn-, d.h. Deutungs- und Handlungsstrukturen auf der Ebene von Institutionen, Organisationen bzw. sozialen (kollektiven) Akteuren zu rekonstruieren und die gesellschaftlichen Wirkungen dieser Prozesse zu analysieren.“ ((Keller (2011): S. 59)) Die Anfertigung einer Wissenssoziologischen Diskursanalyse bedeutet die Anfertigung eines „wissenschaftliche[n] Diskurs[es] über Diskurse“. ((Keller (2011): S. 65.)) Sie produziert keine Wahrheit, sondern Aussageereignisse (konkret dokumentierte sprachliche Materialisierung eines Diskurses), die selbst Teil des sozialwissenschaftlichen Diskurses sind. ((Vgl. Keller (2011): S. 65.)) Die einer WDA zugrundeliegenden Definition eines Diskurses lautet: Diskurse als „Formen ‚institutionellen Sprachgebrauchs‘, um Aussagenkomplexe, die Behauptungen über Phänomenbereiche aufstellen und mit mehr oder weniger stark formalisierten/formalisierbaren Geltungsansprüchen versehen sind.“ ((Keller (2011): S. 67. )) Dabei stellt der Diskurs ein Konstrukt der ForscherInnen dar, die gleichzeitig unterstellen, dass „spezifischen empirischen Daten, die zunächst als //singuläre//, in Zeit und Raum verstreute Ereignisse (Äußerungen) existieren und dokumentiert sind, ein Zusammenhang, eine Regel oder Struktur unterliegt.“ ((Keller (2011): S. 83.)) Zur Konstruktion des Diskurses, bzw. zur Sondierung des Untersuchungsfeldes greife ich zusätzlich auf Clarkes Konzept der Situationsanalyse zurück: Das Erstellen einer Situations-Map und einer Map von sozialen Welten/Arenen eignet sich, um sich als ForscherIn in die Daten einzuführen. ((Clarke (2012 [2005]): S. 122)) Die Situations-Map dient zur Darstellung aller an einem Diskurs beteiligten menschlichen und nicht-menschlichen Elemente, die Map von sozialen Welten/Arenen dient zur Abbildung der „Diskursuniversen“. ((Clarke (2012 [2005]): S. 124, 147)) === 4.2 Fragestellungen === Angelehnt an meine anfängliche Frage, welche Positionen innerhalb der ÄrztInnenschaft zum Abtreibungsrecht vertreten sind, lauten meine Forschungsfrage folgendermaßen: Welche Positionen sind im Deutschen Ärzteblatt zum Abtreibungsrecht (§§ 218, 219) sichtbar? Die Diskurse innerhalb des DÄB sollen auf folgende Fragen hin analysiert werden: - Was sind strukturierende Rahmen und durch welche story line werden sie verbunden? - Welche argumentativen Rollen spielen Definitionen vom Beginn des Lebens, Definitionen der Aufgabe und Verpflichtung von ÄrztInnen, Definitionen der Aufgabe und Verpflichtung von RedakteurInnen des DÄB in den Diskursen? - Welche Verantwortungszuschreibungen werden hergestellt? ((Die vier Fragen sind stark an die Diskursforschung angelehnt und der Diskursanalyse Kellers über die öffentliche Diskussion über Abfall entnommen. Siehe: Keller (2010)) === 4.3 Datenerhebung, Korpusbildung, Auswahl und Durchführung Feinanalyse === Innerhalb meiner Diskursanalyse erfolgt der Zugriff auf das Deutsche Ärzteblatt online durch die Webseite des DÄB. Der Untersuchungszeitraum bezieht sich auf die Legislaturperiode des 19. Deutschen Bundestages, sprich auf den Zeitraum vom 24. Oktober 2017 (konstituierende Sitzung) bis zum 28. Juli 2019 (Ende der 30. Kalenderwoche, orientiert am Deutschen Ärzteblatt). ((Der gewählte Untersuchungszeitraum hat weniger inhaltliche Begründungen. Vielmehr wollte ich einen „künstliches“ Zeitfenster bestimmen, um die Datenauswahl nicht durch Vorannahmen (bspw. über einen konstruierten Ursprung) zu beeinflussen.)) Nach dem Aufruf der einzelnen wöchentlichen Ausgaben auf der Webseite, durchsuchte ich das Inhaltsverzeichnis anhand folgender Stichworte: Schwangerschaftsabbruch, Abtreibung, (§, Paragraf) 218, (§, Paragraf) 219). Die Suche ergab 32 Treffer. Bei den Dokumenten handelt es sich um 22 Artikel sowie um 9 Leserbriefe, die sich stets auf konkrete Artikel vorheriger Ausgaben beziehen. {{tabelle_datenkorpus_auswahl_feinanalyse.pdf}} ((Entsprechend der Bezeichnung von Keller handelt es sich hierbei um sogenannte Akteursdokumente (( (Keller (20109): S. 58f.) )) Vor der Auswahl von Daten zu Feinanalyse wurden bereits alle 32 Textdokumente gelesen und in MaxQDA kodiert, um Akteure, Ereignisse etc. herauszuarbeiten. {{codebuch_einarbeitung_in_datenkorpus.pdf}} ((Wichtiger Hinweis: Bei den Kodes handelt es sich nicht um Kodes im Sinne qualitativen Sozialforschung. Sie dienen der Einarbeitung in den Datenkorpus. Die Kodes sind z.T. nicht thematisch sortiert, sondern chronologisch. Memos wurden nur bei grundlegenden Fragen bzgl. des weiteren Vorgehens erstellt.)) Auf Grundlage der so generierten Kodes konnten die Situations-Map {{lv-wikis:pda19:geordnete_situationsmap.pdf}} und die Map sozialer Welten/Arenen {{lv-wikis:pda19:map_von_sozialen_welten.pdf}} vervollständigt und die Suche nach Informationstexten gesteuert werden. Da nicht alle Daten des Korpus mithilfe der Feinanalyse untersucht werden können, bedarf es einer Auswahl. Angeleitet wird die Auswahl durch das Konzept des theoretical sampling sowie der minimalen bzw. maximalen Kontrastierung. ((Keller (2011): S. 92. Die Konzepte sollen bereits in der Auswahl des Datenkorpus angewendet werden. Da meine Diskursanalyse sich konkret auf das Deutsche Ärzteblatt bezieht, sind die Konzepte an dieser Stelle nicht angewandt worden.)) Der Korpus erfährt durch die Zusammensetzung aus journalistischen Artikeln und Leserbriefen, die sich auf einen konkreten Artikel einer vorherigen Ausgabe beziehen (folgend Bezugsartikel genannt), eine Zweiteilung: Die Leserbriefe beziehen in allen Fällen einen Gegenstandpunkt, -position zum Bezugsartikel. Durch die Auswahl journalistischer Artikel sowie Leserbriefe zur Feinanalyse war das Prinzip der maximalen Kontrastierung erfüllt, da sie sich in ihren Aussageereignissen sehr stark unterscheiden. ((Keller (2011): S. 92)) Nach Eintreten des Sättigungseffektes umfasst das Korpus von Daten, die der Feinanalyse unterzogen wurden, elf Dokumente, vier journalistische Artikel und sieben Leserbriefe. ((siehe im Literaturverzeichnis unter „Quellen aus dem Deutschen Ärzteblatt. Feinanalyse“)) Die journalistischen Artikel sind alle der Rubrik „Politik“ - und in einem Fall der Sonderrubrik 121. Deutscher Ärztetag – zugeordnet. D. h., dass das Thema Abtreibungsrecht, bzw. die Debatte um den § 219a im DÄB immer in Hinblick auf politische Gesichtspunkt betrachtet und verhandelt wird. Zunächst fertigte ich eine Feinanalyse-Tabelle an. {{tabelle_feinanalyse_anweisungen.pdf}} In der linken Spalte bereitete ich die Herangehensweisen und Fragen der einzelnen Schritte der Feinanalyse nach Keller so auf, dass diese als Analyse-Skript verwendet werden können. Auf Grundlage dieser Tabelle führte ich eine erste Feinanalyse aller Daten aus und hielt die Ergebnisse in der rechten Spalte fest. Anschließend erstellte ich auf Grundlage der Fragen zur Phänomenstruktur, zu Deutungsmuster/Rahmen und narrativen Strukturen Kodes an. Anschließend wurden als Subkodes die wirklichen inhaltlichen Kodes gesetzt. {{codebuch_feinanalyse.pdf}} ((Es ist zu beachten, dass ich meine Kommentare, Verweise, Hypothesen und Thesen nicht nur in Form von Memos in MaxQDA festgehalten habe, sondern ebenfalls in den Feinanalyse-Tabellen, den Interpretationsrepertoire-Tabellen sowie in den Deutungsmuster-Tabellen.)) Nachdem alle Daten der zweiten Feinanalyse unterzogen wurden, führte ich alle Deutungsmuster in ihren jeweiligen Kodes zusammen und formulierte diese aus. Im letzten Schritt fertige ich jeweils eine sogenannte Interpretationsrepertoire-Tabelle für die zwei zu differenzierenden Teildiskurse, die ich im folgenden Kapitel vorstelle. ==== 5. Diskurse innerhalb des Deutschen Ärzteblattes ==== In der Diskussion zum Abtreibungsrecht wurden zwei Teildiskurse bzw. Diskurskoalitionen identifiziert: Es kann ein liberaler Diskurs von einem restriktiven Diskurs unterschieden werden. Liberal wird ein Diskurs bezeichnet, der eine Abschaffung oder Liberalisierung des § 219a unterstützt oder fordert und der einer Person, die eine Schwangerschaft in Erwägung zieht, wenig Einschränkungen setzt und die Selbstverantwortung des Individuums unterstützt (BefürworterInnen der Abschaffung des § 219a und AbtreibungsbefürworterInnen). Als restriktiv wird ein Diskurs bezeichnet, der sich tendenziell gegen eine Abschaffung oder Liberalisierung des § 219a ausspricht und eine restriktive, sprich die Rechte einer Person, die eine Schwangerschaft in Erwägung zieht, einschränkende Haltung vertritt (BefürworterInnen der Beibehaltung des § 219a und AbtreibungskritikerInnen). Innerhalb beider Teildiskurse wird selbst ein Wertgegensatz von BefürworterInnen der Beibehaltung des § 219a und AbtreibungskritikerInnen sowie BefürworterInnen der Abschaffung des § 219a und AbtreibungsbefürworterInnen aufgemacht (({{dä_schweigen_soll_keine_option_sein_8_2018.pdf}}, {{dä_ehrlich_diskutieren_49_2018.pdf}})). Im Folgenden werde ich zunächst auf den liberalen Diskurs eingehen, anschließend auf den restriktiven Diskurs. Für die Darstellung meiner Ergebnisse greife ich auf drei Konzepte zurück: story line, Interpretationsrepertoire und Deutungsmuster/Rahmen. ((Hierbei orientiere ich mich an: Keller (2010): Kapitel 7.)) Story line meint die Verknüpfung der verschiedenen Bestandteile des Interpretationsrepertoires. Interpretationsrepertoire wiederum meint das „typisierte Ensemble von Deutungsbausteinen“ wie etwa in einer Aussage genannte Probleme/Themen, Kausalbeziehungen (Ursache-Wirkung), Fremd- und Selbstpositionierungen etc. ((Keller (2011): S. 68; Keller (2010): S. 248)) Mit Deutungsmustern (auch als Rahmen übersetzt) werden „meist latent bzw. implizit bleibende Muster kultureller Sinnstrukturen verstanden, die manifesten Deutungsakten zugrunde liegen.“ ((Keller (2010): S. 48. Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Deutungsmustern und Rahmen, siehe genauer: Keller (2010): S. 47ff.)) Diese drei Konzepte hängen folgendermaßen zusammen: Der diskursspezifische Zusammenhang der Deutungsmuster/Frames wird in der story line hergestellt und die Deutungsmuster/Frames bilden den Bedeutungshorizont des Interpretationsrepertoires eines Diskurses. ((Keller (2010): S. 47f.)) In den Unterkapiteln, die sich den Deutungsmustern widmen, werde ich nicht nur auf die Ausführung der Deutungsmuster eingehen, sondern ebenfalls einen Rückbezug zum soziohistorischen Kontext schaffen, wie es von der Diskursforschung, im Unterschied zur reinen Textanalyse, gefordert wird. ((Keller (2011): S. 118)) Außerdem werden AkteurInnen und Ereignisse herausgearbeitet. ((Keller (2011): S. 115)) === 5.1 Liberaler Diskurs === Der liberale Diskurs lässt sich durch folgende story line zusammenfassen, die Thema/Probleme, Kausalzuschreibungen und Verantwortung bzw. Handlungsmöglichkeiten umfasst: \\ >> Die Verurteilungen von ÄrztInnen, die über Schwangerschaftsabbrüche informieren, führen dazu, dass ÄrztInnen sich in Ausnahmezuständen befinden, weil sie Termine mit AnwältInnen und Gerichten wahrnehmen müssen. Die Gerichtsprozesse, die gesamtgesellschaftliche Aufmerksamkeit bekommen, führen dazu, dass angeklagte ÄrztInnen ihr Ansehen in der ÄrztInnenschaft verlieren und dazu, dass auch nicht verurteilte ÄrztInnen resignieren und Informationen von ihrer Webseite nehmen. Auch die Solidarisierung mit den verurteilen ÄrztInnen führt zu Verdächtigungen und Anschuldigungen von AbtreibungskritikerInnen. Die Ursache für diese Situation ist der § 219a, der nicht zwischen Information und Werbung unterscheidet und der von den AbtreibungsgegnerInnen genutzt wird, um ÄrztInnen anzuzeigen und einzuschüchtern. Das größte Ziel ist folglich die Abschaffung des Paragrafen. Verantwortlich ist auf der einen Seite die Exekutive, die insbesondere auf den Fall Hänel grundsätzliche juristische Fragen klären soll, auf der anderen Seite die Politik, die die Abschaffung des Paragrafen erwirken soll. Unterstützung durch Berufsverbände und Landesärztekammern haben das Potential, die notwendige politische Aufmerksamkeit zu schaffen. Die Neufassung des § 219a im Februar 2019 ist, entsprechend dem § 218, nur ein Kompromiss. Es gilt weiterhin eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über das Abtreibungsrecht zu führen, bis das Informations- und Selbstbestimmungsrecht der Frauen und die Rechtssicherheit der ÄrztInnen gewährleistet sind. \\ In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Bausteine des liberalen Diskurses zusammengefasst: {{tabelle_interpretationsrepertoires_liberaler_teildiskurs.pdf}} \\ Der liberale Teildiskurs ist geprägt von einer Rhetorik der Vernunft und der justiziell-politischen Verantwortung. Der Bezug zum restriktiven Diskurs ist nicht strukturgebend. Darauf Bezug genommen wird durch vereinzelten Nennung der Meinung der AbtreibungskritikerInnen, dass Werbung zur Normalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen führt. \\ Für den liberalen Teildiskurs konnten drei Deutungsmuster/Rahmen ausgemacht werden: * Rechtssicherheit für ÄrztInnen * Informationsrecht * Selbstbestimmungsrecht der Frau In der folgenden Tabelle sind die Deutungsmuster noch ohne Bezug auf Ereignisse oder AkteurInnen ausformuliert: {{tabelle_deutungsmuster_liberaler_teilsdiskurs.pdf}} == Rechtssicherheit von ÄrztInnen == Das Deutungsmuster „Rechtssicherheit von ÄrztInnen“ verweist darauf, dass sich die Diskurse in einer medizinisch-politischen Spezialarena abspielen, dass es also nicht nur um die Diskussion über Schwangerschaftsabbrüche im Allgemeinen oder um die Situation der Frau geht, sondern ebenfalls die Rolle von ÄrztInnen eine eminente Rolle spielt. Die Diskussion über die Rechtssicherheit wird in der medizinisch-politischen Spezialarena als notwendige Folge der Diskussion über den § 219a wahrgenommen: Der Paragraf schafft nicht die Grundlage dafür, dass die Bereitstellung von Informationen (durch ÄrztInnen) und die Rechtssicherheit von ÄrztInnen gleichzeitig gewährleistet ist. Aus diesem Grund ist das Deutungsmuster „Rechtssicherheit für ÄrztInnen“ eng mit dem Deutungsmuster „Informationsrecht“ verknüpft. Betont wird, dass die Gerichte nach der Causa Hänel „erst einmal ein paar grundsätzliche juristische Fragen“ (({{dä_schweigen_soll_keine_option_sein_8_2018.pdf}})) klären müssen. Denn nicht nur Anklagen und Verurteilungen, sondern bereits die Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen führt dazu, dass ÄrztInnen eingeschüchtert sind und (strafrechtlich relevante) Informationen von ihrer Webseite nehmen und damit das Informationsrecht für Frauen wiederum eingeschränkt ist. ÄrztInnen, die auf die Situation der angeklagten und/oder eingeschüchterten ÄrztInnen aufmerksam machen, verstehen dies als ihren „gesellschaftlichen und politischen Auftrag“ (({{dä_schweigen_soll_keine_option_sein_8_2018.pdf}})). Sie sehen sich durch die Solidarisierung auch von AbtreibungskritikerInnen in ihren Forderungen bestätigt. \\ Änderung versus Abschaffung des § 219a \\ Das Deutungsmuster „Rechtssicherheit für ÄrztInnen“ ist für den liberalen Teildiskurs ausschlaggebend. Zu der Frage, wie diese Rechtssicherheit gewährleistet werden soll, bilden sich jedoch zwei zu unterscheidende Subdiskurse ab: Erstens der teilstrukturkonservative Subdiskurs (nur bzgl. der Beibehaltung des § 219a konservativ), der eine Änderung, aber keine Abschaffung des § 219a fordert und zweitens der liberalistische Subdiskurs (im Sinne von extrem liberal), der eine Abschaffung des § 219a fordert. Dem liberalistischen Subdiskurses zugeordnet werden die Aussagen, Diskursstrategien (symbolische Überreichung von Unterschriften für die Abschaffung des § 219a vor dem Deutschen Bundestag) der politisch engagierten ÄrztInnen sowie der sie unterstützenden PolitikerInnen. Der teilstrukturkonservativen Subdiskurs setzt sich aus der Mehrheit der stimmberechtigten Abgeordneten des Deutschen Ärztetages zusammen. „Nach einer intensiven Diskussion hat sich der Deutsche Ärztetag [die Mehrheit der stimmberechtigten Abgeordneten] [...] gegen eine Streichung oder Einschränkung des Paragrafen 219 Strafgesetzbuch ausgesprochen. Er mahnte aber maßvolle Änderungen an, damit sichergestellt wird, dass ÄrztInnen und Ärzte, die sich innerhalb eines gesetzten Rahmens über ihre Bereitschaft informieren, gesetzlich zulässige Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, nicht bestraft werden.“ (({{dä_werbeverbot_soll_bestehen_bleiben_20-21_2018.pdf}} Eine Begründung für die Entscheidung kann leider nicht eingesehen werden.)) Die in die Artikel integrierten Bilder bilden beide Subdiskurse ab: In zwei Artikeln ist jeweils ein Bild integriert (({{dä_unterstützung_aus_der_politik_51-52_2017.pdf}}, {{dä_schweigen_soll_keine_option_sein_8_2018.pdf}})), auf denen PolitikerInnen sowie ÄrztInnen abgebildet sind, die ein Transparent hochhalten, auf dem der § 219a durchgestrichen ist bzw. „Weg mit §219a!“ zu lesen ist. Ein weiterer Artikel zeigt ein Bild des Präsidenten der Sächsischen Landesärztekammer Erik Bodendieck an einem Rednerpult auf dem 121. Deutschen Ärztetag. Die Bildunterschrift kommentiert: „Erik Bodendieck warb für die Beibehaltung des Werbeverbots und für die Stärkung der Beratung.“ (({{dä_werbeverbot_soll_bestehen_bleiben_20-21_2018.pdf}})) == Informationsrecht == Das Deutungsmuster „Informationsrecht“ ist soziokulturell an den Gedanken der Aufklärung und Emanzipation des Individuums geknüpft. In Bezug auf das Abtreibungsrecht wird das Informationsrecht aus der gesetzlich vorgeschriebenen Beratungspflicht abgeleitet. „Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Beratung zu Schwangerschaftsnotlagen hätten Frauen das Recht zu erfahren, welche Hilfen zur Verfügung ständen und welche Ärzte ihnen helfen könnten.“ (({{dä_unterstützung_aus_der_politik_51-52_2017.pdf}})) Diese Äußerung der Bundesärztekammer zeigt nochmals, dass ihre Äußerungen bzw. die des Deutschen Ärztetages dem liberalen Teildiskurs zugeordnet werden können, da sie dem Teildiskurs entsprechend, neben der Rechtssicherheit für ÄrztInnen, das Informationsrecht thematisieren und fordern. Der Deutsche Ärztetag begründet seine Forderung der „Abschaffung der Strafbarkeit einer sachlichen Information“ folgendermaßen: „Das Verbot für eine Arztpraxis oder eine andere ärztliche Einrichtung, sachlich über das eigenen Leistungsspektrum auch in Bezug auf die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen zu informieren, kollidiert mit dem Informationsanspruch der betroffenen Frau. […] Betroffene Frauen haben nicht nur das Bedürfnis, sondern es wird von ihnen erwartet, eine durchdachte, abgewogene und informierte Entscheidung zu treffen. Sie haben daher ein Recht darauf, sich zu jeder Zeit und umfassend über den Eingriff und über Arztpraxen […] informieren zu können. […] Die Beschränkung des Zugangs zu sachlichen Informationen ist mit dem gesetzgeberischen Ziel nicht begründbar. Denn eine sachliche Information birgt nicht die vom Gesetzgeber seinerseits in den Blick genommene Gefahr, dass dadurch der Entschluss der Frau zum Schwangerschaftsabbruch erst hervorgebracht oder gefestigt wird.“ ((Deutscher Ärztetag. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/121.DAET/121_Beschlussprotokoll.pdf)) Laut Berufsordnung der ÄrztInnen wäre es, so die Argumentation, ohnehin auch nach der Abschaffung des § 219a verboten, „für ärztliche Leistungen zu werben.“ (({{dä_werbeverbot_soll_bestehen_bleiben_20-21_2018.pdf}})) In den Aussagen zum Informationsrecht lassen sich auch Argumentationen finden, die Informationen von Werbung abgrenzen und sich damit einerseits vom § 219a distanzieren und sich damit andererseits von AbtreibungskritikerInnen distanzieren, die Information über Schwangerschaftsabbrüche mit Werbung gleichsetzen ((siehe Deutungsmuster „Information ist Werbung“ des restriktiven Diskurs.)) Dabei wird, wie in der Erläuterung der BÄK, auf Sachlichkeit der Informationen verwiesen und des Weiteren auf die „inneren Not“ der Frau: „Man kann für einen Schwangerschaftsabbruch nicht werben, denn die Entscheidung dafür entsteht aus einer inneren Not – sie ist sehr überlegt.“ D. h. weiter ausformuliert, dass die aus der inneren Not resultierende Entscheidung für eine Abtreibung nicht durch Werbung hervorgerufen werden kann. == Selbstbestimmungsrecht der Frau == Das Deutungsmuster „Selbstbestimmungsrecht der Frau“ verweist auf den sozialhistorischen Kontext der Frauenbewegung insbesondere der 1970er Jahre. Die Kampagne „Mein Bauch gehört mir“ bspw. forderte eine Änderung des Abtreibungsrechts, die 1995 in Kraft trat: Mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz und der „modifizierten Fristenlösung“ ist ein Schwangerschaftsabbruch ohne Indikation in den ersten 12 Wochen zwar rechtswidrig, aber straffrei. ((Steinbauer. https://www.deutschlandfunk.de/mein-bauch-gehoert-mir.871.de.html?dram:article_id=209837)) Das bedeutet, dass ÄrztInnen nicht mehr die letzte Entscheidungsmacht darüber haben, ob eine Frau abtreiben darf, bzw. ob eine Frau rechtsfrei abtreiben kann (indem ÄrztInnen eine Indikation „vergeben“ oder „verweigern“). Diese Änderung führt auch zu einer Veränderung des ÄrztInnen-PatientInnen-Verhältnis. In der Äußerung der Bundesärztekammer wird die Emanzipation der Patientin gegenüber den ÄrztInnen deutlich: „Diese [die Berufsordnung] enthält unter anderem Regelungen zur Achtung des Lebens und der Selbstbestimmung ihrer Patienten sowie zur zulässigen Werbung im Sinne einer sachgerechten und angemessenen Information.“ (({{dä_werbeverbot_soll_bestehen_bleiben_20-21_2018.pdf}})) == Prägnante Diskursstrategie == Innerhalb des liberalen Teildiskurses fällt insbesondere anhand der Deutungsmuster auf, dass der Verweis auf geltendes Recht eine ihrer Diskursstrategien ist. Dies ist zum einen damit zu erklären, dass sich die AkteurInnen und Subjektpositionen innerhalb dieses Diskurses aufgrund von Anklagen und Verurteilungen mit Gesetzen auseinandersetzen müssen. Zum anderen ist die Orientierung an Dispositiven wie dem geltenden Recht durch die institutionelle Zugehörigkeit des Deutschen Ärzteblattes zur Bundesärztekammer als politischer Sprecher der ÄrztInnenschaft gegeben, deren Aussagen Teile des liberalen Diskurses sind. === 5.2 Restriktiver Diskurs === Der restriktive Diskurs lässt sich durch folgende story line zusammenfassen, die Thema/Probleme, Kausalzuschreibungen und Verantwortung bzw. Handlungsmöglichkeiten umfasst: >> Bei den Artikeln des Deutschen Ärzteblattes handelt es sich nicht um neutrale Berichterstattung. Allgemein ist ein Verlust der moralischen Diskussionswürdigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen zu beobachten sowie die Gleichsetzung restriktiver mit radikalen Haltungen in Bezug auf das Abtreibungsrecht. Dies hat zur Folge, dass Argumente, die nicht der Haltung des DÄB entsprechen, nicht erwähnt und diskutiert werden. Das DÄB ist dafür verantwortlich, auch Meinungen, Ansichten und Argumente von AbtreibungskritikerInnen und BefürworterInnen der Beibehaltung des § 219a abzubilden. >> Gegenüber Bestrebungen, den § 219a zu ändern oder abzuschaffen, ist das geltende Abtreibungsrecht zu betonen. Der von Teilen der Öffentlichkeit kritisierte Informationsmangel wird mit Verweis auf das Internet zurückgewiesen und die Bestrebungen zu einem besseren Zugang zu Informationen als Bestrebung zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gedeutet. Des Weiteren wird die Neutralität der Beratung in Zweifel gestellt. Außerdem ist zu beobachten, dass bei einer Vielzahl durchgeführter Schwangerschaftsabbrüchen keine medizinische oder kriminologische Indikationen zu Grunde liegt. Des Weiteren wird die fehlende Rechtssicherheit von ÄrztInnen bemängelt. Vielen Argumentationen liegt die Position zugrunde, dass die Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens mit der Befruchtung beginnt. Die Diskussion über den § 219a führt somit zur Aktualisierung der Debatte über den moralischen Status des Embryos und über den § 218. Das aktuelle Abtreibungsrecht ist der Grund dafür, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr moralisch-ethisch, sondern technisch diskutiert werden. In der Argumentation gegen eine Veränderung oder Abschaffung des § 219a wird Werbung als Ursache für die Normalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen genannt. Die Gesellschaft sowie gynäkologische Arztpraxen sind dafür verantwortlich, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht normal werden: Daran schließen sich die Forderungen an, dass deviante Meinungen in der öffentlichen Diskussion nicht verdrängt werden und Praxen nicht für Schwangerschaftsabbrüche werben. \\ In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Bausteine des restriktiven Diskurses zusammengefasst: {{tabelle_interpretationsrepertoires_restriktiver_teildiskurs.pdf}} \\ Der Diskurs ist geprägt von einer Rhetorik der Verantwortung, Belehrung, Verallgemeinerung und Ironie. Dies ist u.a. der Tatsache geschuldet, dass es sich bei den dem restriktiven Diskurs zuordenbaren Texten erstens um Leserbriefe handelt, die sich als Textgattung durch (starke) Meinungsäußerung auszeichnen, und die Briefe zweitens immer eine Antwort oder Erwiderung auf einen bestimmten Bezugsartikel sind. Die Abwertung des liberalen Diskurses durch den restriktiven Diskurs funktioniert über den Verweis auf Vertretung der Interessen der Gesellschaft und zukünftiger Generationen. Für den restriktiven Diskurs konnten drei Deutungsmuster/Rahmen ausgemacht werden. * Lebensrecht und die Würde des Menschen * Normalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen * Information ist Werbung In der folgenden Tabelle sind die Deutungsmuster noch ohne Bezug auf Ereignisse oder AkteurInnen ausformuliert: {{tabelle_deutungsmuster_restriktiver_teildiskurs.pdf}} == Lebensrecht und die Würde des Menschen == Mit der Bezeichnungen „Würde des Menschen“ ist ein soziokulturelles Deutungsmuster angesprochen, das auf Artikel 1 des Grundgesetzes - „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ ((Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. https://www.gesetze-im-internet.de/gg/GG.pdf)) - verweist. Das Muster basiert auf der Position, dass die Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens ab der Befruchtung beginnt. ((Siehe zu den zwei Positionen und den verschiedenen Argumenten zum moralischen Status des Embryos: Kapitel 2.3.)) „Es ist unumstritten, dass das menschliche Leben mit der Empfängnis beginnt. Trotzdem wird dem Embryo in der aktuellen Debatte wieder einmal jegliches Lebensrecht und damit auch die Menschenwürde abgesprochen.“ (({{dä__lebensrecht_13_2019.pdf}})) Diese Aussage basiert auf dem Speziesargument, also der Annahme, dass jedem Mitglied der Spezies Mensch Lebensschutz durch die Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung zukommt. Folgende Aussage führt das Potenzialitätsargument an, dass als ausschlaggebend ansieht, dass der Embryo das Potenzial zur Entwicklung von Eigenschaften hat und ihm deshalb Schutz zusteht. „Es geht immer – egal, welchen moralischen Standpunkt man dazu einnehmen möchte – um die Beendigung einer potenziellen Biografie.“ (({{dä_ehrlich_diskutieren_49_2018.pdf}})) In vielen Aussagen tritt der Verweis auf die Würde des Menschen mit der Bezeichnung „Lebensrecht“ zusammen auf. Diese Bezeichnung lässt sich im § 219 wiederfinden: „Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. […] Dabei muss der Frau bewusst sein, dass das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat […].“ ((Strafgesetzbuch. https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/StGB.pdf)) In diesem Zusammenhang findet eine Verknüpfung zur „Deklaration von Genf“, also zur Neufassung des Hippokratischen Eids ((Österreichische Ärztezeitung https://www.aerztezeitung.at/archiv/oeaez-2018/oeaez-5-10032018/deklaration-von-genf-hippokrates-und-das-aerztliche-geloebnis.html)), bzw. zur Aufgabe von und Erwartungen an ÄrztInnen statt. „Die 68ste Generalversammlung des Weltärztebundes in Chicago im Oktober 2017 verabschiedet eine Neufassung der Deklaration von Genf. Seit dem 04. Dezember liegt eine offizielle deutsche Übersetzung vor, die auch im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde. Hier heißt es: 'Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren.'“ (({{dä_§219a_keine_normale_dienstleistung_4_2018.pdf}})) Verbunden wird der Bezug auf die Aufgaben von und Erwartungen an ÄrztInnen mit der Äußerung, sich mit seinem Verhalten späteren Generationen gegenüber rechtfertigen zu müssen: „Ich möchte in 50 Jahren nicht von meinen Enkeln gefragt werden: Warum habt Ihr nichts unternommen? Sag nicht, Du hättest es nicht gewusst, dass Millionen Kinder im Mutterleib getötet worden sind!“ Es gilt der Vorwurf, dass das Selbstbestimmungsrecht der Frau oft vor das Lebensrecht des Kindes gestellt wird oder das Lebensrecht des Kindes gar nicht erwähnt wird. Diese Kritik wird mit der Kritik an Berichterstattungen allgemein und spezifisch des DÄBs verknüpft: „Unabhängig davon, wird sowohl im Artikel des Deutschen Ärzteblattes wie auch in einer Vielzahl von Veröffentlichungen der Laienpresse auf das Informationsrecht und auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau hingewiesen. Kein einziger Hinweis erfolgt zum Lebensrecht des ungeborenen Kindes, das Recht, das die Wahrnehmung aller weiteren Rechte voraussetzt.“ (({{dä_§219a_schlichtweg_falsch_4_2018.pdf}})) == Normalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen == Das Deutungsmuster „Normalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen“ basiert auf der Vorstellung, dass Schwangerschaftsabbrüche nur eine Ausnahme sein sollten. Mithilfe der Werbung für Schwangerschaften würden diese jedoch zur Normalität: „Abtreibung ist keine normale medizinische Dienstleistung, sondern bestenfalls eine menschliche Tragödie. Wollen wir sie durch Werbung wirklich normalisieren?“ (({{dä_§219a_keine_normale_dienstleistung_4_2018.pdf}})) Wie sich bereits beim Deutungsmuster „Lebensrecht und die Würde des Menschen“ abzeichnete, wird neben dem § 219a auch der § 218 in Zweifel gestellt: „Aber die gegenwärtige gesetzliche Regelung [das Abtreibungsrecht] hat durch ihre normative Wirkung dazu geführt, dass Abtreibung heute eben nicht mehr moralisch-ethisch diskutiert wird, sondern nur noch technisch. [...] Eine Liberalisierung auch des Werbeverbotes wird genau den gleichen Effekt haben: Irgendwann ist Abtreibung nur noch eine 'ganz normale' Dienstleistung.“ (({{dä_ehrlich_diskutieren_49_2018.pdf}})) Des Weiteren, so die Argumentation, werden, im Falle, dass für Schwangerschaftsabbrüche geworben wird, Frauen eine Schwangerschaft nicht mehr als ernstes Thema begreifen und den Eindruck erhalten, dass es „normal“ sei, das Kind abzutreiben, „wenn es dem Leben der Mutter Probleme macht.“ (({{dä_schwerwiegendes_ereignis_15_2018.pdf}})) == Information ist Werbung == Das Deutungsmuster basiert auf der Formulierung des § 219a „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Der Debatte um die Abschaffung des § 219a wird vorgeworfen, dass es in Wirklichkeit nicht um die Bereitstellung von Informationen geht, sondern um die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen: „Die zitierte und auf dem Foto abgebildete 'Politik' will aber weit mehr. Darüber steht in dem Artikel nichts. [...] Es geht also nicht um die korrekte Form der Information über den Schwangerschaftsabbruch, sondern um die Legalisierung der Abtreibung.“ (({{dä_es_geht_nicht_um_information11_2018.pdf}})) Zur Unterstützung der These wird eingewandt, dass es in Zeiten des Internets kein Problem ist, gewünschte Informationen zu finden. Auf die Forderung von BefürworterInnen der Abschaffung des § 219a, neutrale Informationen bereitzustellen, wird ironisch erwidert: „Es ist also wichtig, dass uns der Unterschied zwischen Information und Werbung erklärt wird und 'die Frauen auf dem Land' laut Pro ? Familia in Zeiten von Internet herausfinden, wo sie abtreiben können.“ (({{dä_es_geht_nicht_um_information11_2018.pdf}})) Innerhalb dieses Deutungsmusters wird außerdem argumentiert, dass das aktuelle Beratungsangebot nicht neutral ist. Darüber hinaus wird Werbung für Nicht-Abtreibung gefordert: Die Begründung dafür lautet, dass der Staat dazu verpflichtet ist, weil Schwangerschaftsabbrüche rechtswidrig sind. (({{dä_ehrlich_diskutieren_49_2018.pdf}})) == Exemplarische Diskursstrategie == Innerhalb des liberalen Teildiskurs wird in der Darstellung des § 219a auf die Entstehung des Paragrafen in der Zeit der Nationalsozialisten verwiesen. Der Frage, ob der § 219a im Zusammenhang mit der Politik der Nationalsozialisten steht, wird nicht nachgegangen. Innerhalb des restriktiven Teildiskurses wird diese Darstellungspraktik kritisiert und mit der Kritik verknüpft, dass keine ausgewogene Berichterstattung vorherrscht: „Es hätte dem Deutschen Ärzteblatt gut angestanden, auch die Argumente für den Erhalt des § 219 der sogenannten Abtreibungsgegner zu nennen. Zumal man es sich nicht verkneifen konnte [...], auf die angebliche Entstehung des Paragrafen in der Zeit des Nationalsozialismus hinzuweisen. Ein sehr zweischneidiges Schwert, wenn man die Einstellung in dieser Zeit zur Eugenetik und anderen Formen nicht gewünschten menschlichen Lebens kennt.“ (({{dä_§219a_schlichtweg_falsch_4_2018.pdf}})) Im Anschluss an diese Aussage wird weiterhin behauptet, dass der § 219a seinen Ursprung nicht im Nationalsozialismus hat. Der Deutungshorizont Nationalsozialismus dient innerhalb des restriktiven Diskurses außerdem als Diskursstrategie zur Abwertung des liberalen Teildiskurses: „Nebenbei bemerkt scheinen gerade die Befürworter der Abschaffung des Abtreibungsverbots kein Problem mit anderen Regelungen im Gesundheitssektor zu haben, die im Gegensatz zu § 219 a originär von den Nationalsozialisten stammen, so etwa die Steuerbefreiung für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge in der Pflege, die 1940 primär eingeführt wurde, um einen finanziellen Anreiz für Arbeiter in der Waffenproduktion zu schaffen.“ ==== 6. Abschluss ==== === 6.1 Zusammenfassung === Innerhalb des liberalen Teildiskurses konnte eine story line ausgemacht werden, die im § 219a den Ursprung für die rechtlich unsichere Situation von ÄrztInnen sieht. Das größte Handlungsziel liegt somit in der Abschaffung des § 219a. Folglich wird die Neufassung des Paragrafen im Februar 2019 als Kompromiss, nicht aber als Lösung wahrgenommen. Innerhalb des Teildiskurses zeichneten sich drei Deutungsmuster ab. Das Deutungsmuster „Rechtssicherheit für ÄrztInnen“ verdeutlicht, dass der § 219a die Rechtssicherheit für ÄrztInnen und das Informationsrecht für Frauen nicht gleichzeitig gewährleisten kann. Innerhalb der Ausformulierung des Deutungsmuster zeichneten sich in Bezug auf die Umsetzung der Rechtssicherheit zwei Subdiskurse ab: der teilstrukturkonservative und der liberalistische Subdiskurs. Die beiden Subdiskurse unterscheiden sich in der Ansicht darüber, ob der § 219a verändert oder abgeschafft gehört. Die direkte Zuordnung der Bundesärztekammer in den teilstrukturkonservativen Subdiskurs lässt den Schluss zu, dass die Bundesärztekammer als Oberorganisation aller Landesärztekammern die demokratische Meinung zu vertreten hat und gleichzeitig in einer Rechtfertigungsposition gegenüber Politik und Justiz steht. Das Deutungsmuster „Informationsrecht“ machte wiederum deutlich, dass die Aussagen der BÄK dem liberalen Teildiskurs zuzuordnen sind, da sie, im Gegenteil zum restriktiven Teildiskurs, Themen wie das Informationsrecht überhaupt anspricht. Das Deutungsmuster „Selbstbestimmungsrecht der Frau“ konnte zeigen, dass der liberale Teildiskurs in der Tradition der Frauenbewegung steht. \\ Der restriktive Teildiskurs weist eine story line auf, die sich in zwei Teilbereiche aufteilen lässt. Zum einen bezieht sich die story line auf das DÄB, dem eine fehlende Neutralität in der Berichterstattung vorgeworfen wird. Zum anderen bezieht sich die story line auf das Abtreibungsrecht. Unter anderem auch dem Fakt geschuldet, dass es sich bei den Leserbriefen um (Gegen-)Reaktionen auf Artikel handelt, die eine liberale Haltung gegenüber dem Abtreibungsrecht äußert, ist ein Hauptnarrativ der Hinweis auf das geltende Abtreibungsrecht. Gleichzeitig wird das Abtreibungsrecht dafür verantwortlich gezeichnet, dass über Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr moralisch-ethisch, sondern nur noch technisch diskutiert wird. Eine Möglichkeit wird in der Beibehaltung es § 219a gesehen, nicht nur, damit nicht für Schwangerschaftsabbrüche geworben werden kann, sondern auch, damit Schwangerschaftsabbrüche nicht zur Normalität werden. Das Deutungsmuster „Lebensrecht und die Würde des Menschen“ verdeutlichte, dass in diesem Teildiskurs die Auffassung herrscht, dass der Schutz des heranwachsenden Embryos bereits mit der Befruchtung zu schützen gilt. Die Deutungsmuster „Normalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen“ und „Information ist Werbung“ konnten zeigen, dass der restriktive Teildiskurs gegenüber einer Liberalisierung des § 219a erhebliche Einwände hegt. \\ Die Definition vom Beginn des Lebens spielen innerhalb des restriktiven Diskurses eine große Rolle. Die Position, dass Lebensschutz ab der Befruchtung besteht, dient dazu, nicht nur den § 219a, sondern auch den § 218 zu kritisieren. Die Definition der Aufgabe und Verpflichtung von ÄrztInnen spielt im liberalen sowie im restriktiven Teildiskurs eine bedeutende Rolle. Während der liberale Teildiskurs unter dem Aspekt des Informationsrechts der Frau die Aufgabe von ÄrztInnen darin sieht, dass sie neutrale, allgemeine und sachliche Informationen zur Verfügung stellen und der Frau in Konfliktsituationen helfen, sieht der restriktive Teildiskurs den Schutz des Embryos als ihre Aufgabe an. Die Definition von Aufgaben und Verpflichtungen von RedakteurInnen spielt innerhalb der Leserbriefe aufgrund ihrer Entstehungsgrundes eine große Rolle. Es wird von RedakteurInnen erwartet, neutral und ausgewogen über verschiedene Meinungen über das Abtreibungsrecht zu berichten. Neben den bereits genannten ÄrztInnen und RedakteurInnen werden PolitikerInnen, die Justiz sowie die Gesellschaft in die Verantwortung genommen, Schwangerschaftsabbrüche nicht zu verschweigen und sich für die Abschaffung des § 219a einzusetzen (liberaler Teildiskurs) bzw. Schwangerschaftsabbrüche nicht zur Normalität werden zu lassen und sich für die Beibehaltung des § 219a einzusetzen (restriktiver Teildiskurs). Wie durch die Diskursanalyse sichtbar geworden, gibt es innerhalb der medizinisch-politischen Spezialarena unterschiedliche Positionen zum Abtreibungsrecht. Somit stehen die diskursiven sowie nicht-diskursiven Praktiken von ÄrztInnen stets unter gesellschaftlicher und medizinisch-politischer Beobachtung.\\ Zum Schluss soll in Bezug auf die medizinisch-politische Spezialarena betont werden, dass nicht nur der § 218 und die Neufassung des § 219a als gesellschaftliche Kompromisse die Diskurse über das Schwangerschaftsabbrüche nicht enden. Innerhalb der medizinisch-politischen Spezialarena führt zusätzlich die moralische Eigenverantwortlichkeit von ÄrztInnen dazu, dass die Diskurse über Schwangerschaftsabbrüche nicht enden. === 6.2 Methodische Reflexion === Bereits bei der Sichtung des Datenkorpus wurde deutlich, dass eine starke Zweiteilung vorliegt: Auf der einen Seite journalistische Artikel der Redaktion des DÄB, auf der anderen Seite Leserbriefe, die sich auf bestimmte Artikel einer vorherigen Ausgabe beziehen. Zu betonen ist, dass alle Leserbriefe innerhalb meines Datenkorpus eine Gegenposition zu dem jeweiligen Bezugsartikel aufmachen und nicht etwa eine Affirmation des Bezugsartikel darstellen. ((Ob dieser Umstand zustande kommt, weil keine affirmierenden Leserbriefe verfasst und eingesendet werden oder ob die Redaktion solche Briefe nicht abdruckt, ist nicht einsehbar.)) Ist der Anspruch sich während der Analyse der Dokumente nicht von äußerlichen Auffälligkeiten inhaltlich leiten zu lassen, fiel diese Struktur bei Verwendung des Konzepts der minimalen und maximalen Kontrastierung in Bezug auf die diskutierten Themen/Probleme, Darstellungsweisen, Verantwortungszuweisungen etc. stark auf. Nach Abschluss der Feinanalyse aller hierzu ausgewählten Dokumente ging ich zur Erstellung der Interpretationsrepertoire-Tabellen und der Analyse der Deutungsmuster mithilfe der sequenzanalytischen Feinanalyse über. Diese Methoden ermöglichen es, die mit einem gleichen Kode kodierten Aussagen aus ihrem Textkontext herauszulösen und inhaltlich mit den anderen Aussagen des gleichen Kodes zu vergleichen und zu verbinden. Besonders in der Herausarbeitung der Deutungsmuster fiel die Zweiteilung meines Datenkorpus in redaktionelle Artikel und contra-argumentierende Leserbriefe erneut auf. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die Unterscheidung zwischen liberalem und restriktivem Teildiskurs innerhalb meiner Diskursanalyse der Analyse des Materials entspringt und keinem externen Konzept. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Zweiteilung auch innerhalb meines Diskurses Bestandteil von Selbst- und Fremdpositionierungen ist. Aus der Perspektive der Diskursanalyse wird deutlich, dass die Einteilung in diese zwei Diskurskoalitionen auch innerhalb der Öffentlichkeit einen Einfluss auf die Selbstpositionierung und Diskursstrategien der AkteurInnen und Subjektpositionen hat. Des Weiteren kann man eine inhaltliche Begründung anführen: Innerhalb der Debatte um den moralischen Status des Embryos wurde deutlich, dass sich eine Zweiteilung herausbildet, wenn es darum geht, ob nach der Befruchtung bereits Schutzwürdigkeit besteht. Innerhalb des liberalen Diskurses habe ich schließlich eine erneute Aufteilung in den teilstrukturkonservativen und den liberalistischen Subdiskurs gemacht, um den unterschiedlichen Haltung im Umgang mit den § 219a analytisch gerecht zu werden. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es stets wichtig ist, sich den Datenkorpus reflektiert und nicht Vorurteilsbehaftet zu erschließen. ==== Literaturverzeichnis ==== **Literatur zur Diskursanalyse als Methode** \\ Clarke, Adele E. (2012 [2005]): Situationsanalyse. Wiesbaden: VS. Keller, Reiner (2010): Müll – Die Gesellschaftliche Konstruktion des Wertvollen. Die öffentliche Diskussion über Abfall in Deutschland und Frankreich. 2. Aufl., Wiesbaden: VS. 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