Gegenstand des Seminars


Dass die soziale Position einer Person (ihre Herkunft, Schicht, Geschlecht, Alter, Beruf usw.) eine wesentliche Rolle dabei spielt, wie diese Person die Welt sieht, wie sie also Sachverhalte wahrnimmt und einschätzt, welche Positionalität sie innehat, ist eine Annahme, die gerade in den Geisteswissenschaften verbreitet und zudem aus soziologischer Perspektive naheliegend ist. So ist zum Beispiel die Frage, welchen Einfluss die Position der Forschenden auf Theorie und Forschung hat und wie damit umzugehen ist, in konstruktivistischen Ansätzen zentral – aber nicht nur dort. (Zur Positionalität gehört übrigens auch die einer Person zugeschriebene Position, die wiederum eng an ihre soziale Position geknüpft ist.)

Entsprechend haben sich sowohl wissenschaftstheoretische als auch Methodendebatten immer wieder mit diesem Thema befasst. Bei den Forschungsmethoden sind dies Diskurse zur Rolle von Forschungssubjekten und zu Objektivität. Erkenntnis- und Wissen(schaft)stheorien behandeln Fragen von Objektivität, Standpunkt, Situiertheit oder – vor 100 Jahren – Seinsverbundenheit. Gleichzeitig sind Wissenschaft und Forschung geprägt von vielen blinken Flecken. Feministische sowie Schwarze und queere feministische Kritik, Theorien und Methoden befassen sich schon lange (und jeweils mit ihren blinden Flecken) mit diesen Fragen und haben dazu zentrale Theorien und Ansätze, wie Parteilichkeit (Mies), Standpunkttheorie (Harding), Situiertheit (Haraway) oder Intersektionalität (Crenshaw) entwickelt.


Ausgehend von Donna Haraways feministischer Theorie des ›situierten Wissens‹ beschäftigen wir uns im Seminar mit dieser und weiteren Theorien und Arbeiten zu Positionalität anhand von aktuellen und klassischen Texten.