Die Typenbildung der dokumentarischen Methode von Iris Nentwig-Gesemann

1 Einführung

Die Typenbildung gilt als Produkt der komparativen Analyse in der dokumentarischen Methode, die ihren Ursprung in einem Forschungsprojekt zur Interpretation von Gruppendiskussionen hat und der Artikulation von kollektiven Erfahrungen und Orientierungsrahmen (spezifische Orientierungen, Richtwerte) dient.
Mit der Typenbildung versucht man zu erreichen, dass die ForscherInnen ihren Fall nicht nur gut kennen, sondern auch eine Richtung zur Bildung der Typen zu identifizieren, indem man die in Form von Stichproben gefundene Elemente von einem Fall auswählt, um sie in anderen ähnlichen Fällen zu entdecken und zu gruppieren.

Definition
Nach Alfred Schütz ist die Typenbildung ein alltägliches Verfahren, in dem soziale Akteure ihre Erfahrungen und Erwartungen sammeln und dadurch ihren Alltag typisieren. Typisieren gilt also als gedankliches Schema. Im alltäglichen Leben zu typisieren bedeutet, Erfahrungen und Wissen zu sammeln, Neues und Altes zu erleben, wiederholte Handlungsabläufe zu machen.
In anderen Worten, Typenbildung ist ein Gruppierungsprozess. Das bedeutet, dass mit Hilfe eines oder mehrerer Merkmale ein Objektbereich in Gruppen/Typen eingeteilt wird, mit der Bedingung, dass eine Ähnlichkeit mit den ausgewählten Merkmalen existiert. Hat man Gruppen gebildet, entsteht daraus eine Typologie (Gesamtheit verschiedener Typen). Typenbildung ist also ein datenreduziertes Verfahren. Aufgrund von Ähnlichkeiten in ausgewählten Merkmalsausprägungen werden Objekte zu Typen zusammengefasst. Dabei sollen die Objekte eines selbigen Typs einander möglichst ähnlich sein, Typen anderer Objekte hingegen sind nicht ähneln.
Die Methoden der Typenbildung sind auf Fälle bezogene Auswertungsverfahren. Sie studieren Einzelfälle und unterscheiden sich deutlich von Auswertungsverfahren der quantitativen Forschung. Das Typische finden ist Ziel von vielen ForscherInnen, allerdings geschieht es häufig in Form des Common-sense (Anlehnung am Idealtypus von Max Weber). Auf der Suche nach Motiven beginnt man die Analyse durch Beobachtungen des Beobachters, indem man die Prozessstrukturen der Herstellung von Motivzuschreibungen selbst thematisiert (wie beobachten Beobachter andere Beobachter?).

2 Dokumentarische Methode und komparative Analyse

Bestandteile in der dokumentarischen Methode sind interpretative und dokumentarische Interviews. Es kann sich aber auch um Gruppendiskussionen, Tischgespräche, Videoaufnahmen usw. handeln. Ziel dieser Methode ist es, fallspezifische Orientierungsrahmen zu rekonstruieren. Begründer der dokumentarischen Methode bezüglich der Typenbildung war der Soziologe und Philosoph Karl Mannheim (1893-1947). Er betrachtete sie als Methode der ,,Weltanschauung“. Wegen seiner jüdischen Herkunft zur Zeit des Zweiten Weltkrieges fanden seine Grundgedanken zum damaligen Zeitpunkt keine Basis auf europäischem Boden, weswegen er nach Amerika emigrierte. Erst nach seinem Tod wurde seine Idee von Harold Garfinkel erweitert und fand unter anderem Einzug in die Wissensoziologie.

Bei der dokumentarischen Methode handelt es sich um eine Methode zur Auswertung qualitativer Daten, die vielfältig einsetzbar ist und sich zur Analyse unterschiedlicher qualitativer Daten eignet. Sie wird häufig in der Schul- oder Unterrichtsforschung angewendet. Analysieren von Texten und Bilder ngehören auch dazu und resultieren aus einem Orientierungsrahmen. Typen und Typologien werden auf der Basis eines Fallvergleich konstruiert, wobei man verschiedene sinnergebende Inhalte aus bereits angegebenen Dokumenten heraus wählen und miteinander vergleichen kann. Dieser Vergleich zwischen den Fälle kann man nur vornehmen, wenn diese sich auch mit demselben Thema befassen. Ein wichtiger Punkt ist, dass diese Fälle mehrdimensional sind. Das bedeutet, ein Fall hat nicht nur einen, sondern gleich mehrere Orientierungsrahmen.
In der dokumentarischen Methode ist der Vergleich entsprechend für das Fallverfahren, die der Typenbildung dienen soll. Dennoch hat es zwei Bedingungen: erstens hat es eine erkenntnisgenerierende Funktion, zweitens eine erkenntniskontrollierende Funktion, im Falle, wenn die ForscherInnen auf Reflexions- und Vergleichsmethoden angewiesen sind.
Mit der dokumentarischen Methode wurde die sogenannte zweite Ordnung der Typenbildung von Mannheim umfasst, die Typenbildung des Common Sense.


Die komparative Analyse der dokumentarische Methode eröffnet eine Möglichkeit zum handlungsleitenden Wissen von Individuen und somit zur Handlungspraxis. Dies liegt am zugrundeliegenden habitualisierten Orientierungswissen, welches dieses Handeln relativ unabhängig vom subjektiv gemeinten Sinn strukturiert. In der Chicagoer Schule in den Studien des Golden Age, in der Grounded Theory von Glaser & Strauss angelegt, ist sie eine Haltung des Vergleichen im Stil einer ,,constant comparative method“. 

3 Zwei Arten von Typenbildung

Um eine Typenbildung empirisch durchzuführen bedarf es verschiedener Etappen. Hier in diesem Fall soll es um zwei Stufen gehen.

Sinngenetische Typenbildung
Verschiedene Fälle können in einem Orientierungsrahmen abstrahiert und zu Typen bearbeitet werden mit dem Ziel, ein bereits bearbeitendes Problem zu identifizieren, wenn der Orientierungsrahmen sich von einem anderen kontrastierenden Orientierungsrahmen unterscheidet. Besonders wichtig ist zu beachten, dass man verschiedene Fälle mit dem demselben Orientierungsrahmen betrachten soll. Fälle muss man nicht unbedingt in einem gesamten Typus legen, sondern man kann sie auch zu Typiken generieren. Ein Typus entsteht erst dann, wenn der rekonstruierte Orientierungsrahmen nicht mehr auf einer fallinternen komparativen Analyse basiert, sondern auf einer fallübergreifenden Analyse. Das ist die erste Stufe der sinngenetischen Typenbildung. Die zweite Stufe besteht darin, den Typus zum sogenannten tertium comparationis ('das Dritte Vergleichbare') zu machen. Dies ist erst möglich durch angereicherte Erfahrungskenntnisse. Nehmen wir das Beispiel einer Flüchtlingsfamilie während des Balkankrieges. Die Erzählung der Flucht der Ur-Großeltern aus ihrer Heimat ist eine lebenswichtige Erfahrung, die den nächsten Generationen erzählt wird. Daraus könnte man schlussfolgern, dass es sich entweder um eine Erfahrungs- oder eine Geschichtsstypik handelt. Sie kann auch als Herkunftstypik bezeichnet werden. 

Soziogenetische Typenbildung
Die zweite Typenbildung ist die nächste Stufe der komparativen Analyse. Man sucht nach Kontrasten in der Gemeinsamkeit, nach weiteren Themen in den Interviews, um weitere Orientierungsrahmen zu rekonstruieren, mit dem Ziel, einen Zusammenhang zwischen Orientierungsrahmen und Erfahrungsdimensionen zu bilden und in einer Typologie zusammenzufassen. Es gilt darum, die spezifischen Erfahrungshintergründe und die Entstehungsgeschichte (Soziogenese) des Orientierungsrahmen zu analysieren. Typiken werden in Mehrdimensionalität konjunktiver Erfahrungen und Orientierungsrahmen entwickelt. Eine bestimmte Problemherstellung rekonstruiert einen herausgearbeiteten Typus mit einem zweitem Typus. Man bestimmt also in erster Linie Grenzen und Reichweite von Typiken.

4 Verschiedene Typen

1. Realtypus 

Begriff, der von Walter Eucken aufgegriffen wurde. Ihm zufolge ist ein Kopieren der Wirklichkeit durch generalisierende Abstraktion sehr wichtig. Realtypen werden in seiner Theorie als Faktor- und Diskriminierungsanalyse bezeichnet. Als Beispiele nennt er Wirtschaftsstile und Wirtschaftsstufen. Der Wirtschaftsfaktor erweist sich also als brauchbar für den wirtschaftspolitischen Faktor.
Weber zufolge führt die Realtypenbildung zu einer Erkenntnis, wenn die Fälle einem Typus angehören, je nachdem, welchem Merkmal sie angehören. Sie beruhen also nicht auf einer rationalen Ebene, sondern auf einer abgebildeten Realität, anders gesagt als bloße Fiktion.
Empirische Gruppierung, die sich als falsch erweisen könnte oder eine Kombination von Merkmalen, die empirisch in der Realität nachweisbar sind.
In anderen Worten, es geht darum, die Realität nicht nur ,,möglichst originalgetreu“ ab(zu)bilden, sondern empirische Zusammenhänge und Häufigkeiten aufzudecken. Man reflektiert die Gruppierung von Fällen bzw. die Ermittlung von statistischen Korrelationen. Des weiteren sind Realtypen zeit- und raumgebunden und spezifisch. Basierend auf der Messung von Korrelation, sofern er quantitativ bearbeitet wird, kann er auch durch quantitative empirische Analysen den Zusammenhang von Merkmalen in der empirischen Wirklichkeit rekonstruieren. Realtypen sind induktive selbstgewonnene aus dem empirischen Material entstandene Typen.
Empirisch orientierte ForscherInnen wie KRETSCHMER, WINCH und GERKEN bevorzugten schon immer die realistische Typenvariante mit dem Ziel, komplizierte Zusammenhänge und vielfältige (sozial, historisch usw.) Phänomene zu entdecken und zu explizieren. Häufig ist bei Realtypenbildung auch Cluster- oder Gruppenanalyse die Rede.
Einzige Kritik daran, dass selbst diese Form von Typus die Realität nicht wirklich abbilde, da die Typenbildung auch einen gewissen Hang zur Abstraktion hat. Realtypen basieren grundlegend auf den theoretisch geformten Wissensbereichen der Forschenden und scheinen also nicht induktiv entstanden zu sein.



2. Idealtypus 

Bei den Idealtypen handelt es sich um Konstruktionen von Forschenden; sie konzentrieren sich häufig auf die Suche nach Motiven (ähnlich wie bei der Typenbildung des Common Sense).
Dieser Typus der dokumentarischen Methode knüpft an den Typus von Max Weber an mit dem Ziel, soziale Phänomene und ihre Zusammenhänge zu erkennen und zu erklären. Es handelt sich um eine Abstraktion von vorhandenen, real existierenden Einzelerscheinungen. Nach Weber hat der Idealtypus eine theoretischen Charakter, anders gesagt, sein Typus ist ein Gedankenbild oder eine Konstruktion, dessen Ziel nicht unbedingt die Forschung ist, sondern die Entdeckung sozialer Phänomene, indem er als Vergleichsmaßstab funktioniert. Dennoch sind Idealtypen nach Max Weber nicht mit anderen Idealen und Maximen zu verwechseln. Die Forderung von Weber ist ein zweckrationales Prinzip. Seiner Meinung nach handeln die sozialen Akteure also nicht immer zweckrational, sondern auch lassen sich auch von gefühlvollen Affekten leiten. Solches Verhalten wird auch als irrationale Reaktion verstanden. Da der Idealtyp als Vergleichsmaßstab gilt, geht man von der Tatsache aus, dass man das Irrationale im Rationalem herausnehmen könnte. Das Zweckrationale gilt für Weber als methodisches Deutungsschema, um die sozialen Akteure in ihren Orientierungen zu helfen. Das rationale deutbare Sichverhalten für den geeignetsten Idealtypus ist Webers Standpunkt. Es geht darum, nicht das Handeln des Menschen mithilfe eines Maßstabes zu bewerten, sondern deren Hintergründe. Theoretisch orientierte WissenschaftlerInnen bevorzugen diese Form von Typus, weil sie ihre typische Bildung durch die Um-zu- und Weil-Motiven rekonstruieren.
Ein Handeln git als sinnhaft, wenn es sich an einem vorausschauenden Entwurf orientiert und daraus motiviert wird. Der Entwurf gleicht bereits einer idealtypischen Handlungspraxis im Sinne Webers.

Fazit: So unterschiedlich die beiden Typen auch sind, so ähnlich sind sie. Da es durchaus fraglich ist, ob es eine klare Trennungslinie zwischen ihnen gibt, gibt es auch vermutlich eindeutige Parallelen wie zum Beispiel die Funktion der beiden Typen. Sie können mehrere Einzeltypen konstruieren und streben eine Reduzierung der Information und des Wissens. Die Funktion ist teilweise heuristisch, teilweise theoriebildend.
Man kommt zu dem Schluss, dass Ideal- und Realtypen keine kontradiktorische Beziehung zueinander führen, sondern sich gut ergänzen können. 


3.  Howard Beckers constructed Typus

Becker nutzt diesen Begriff, um dessen konventionalen Charakter fester zu betonen. Als erstens müssten die Merkmalskombination ausreichend beschrieben werden.
Dann müsste aus methodologischer Sicht die Konstruktion der Typen in dem Sinne berechtigt werden, dass sie Vergleiche ermöglichen und der Typus überprüft werden solle. Merkmale sollten abweichen, um die Gültigkeit des Typus zu garantieren. Für Becker bedeutet, dass jeder Typus auf logischer Weise mit einer Hypothese verbunden werden sollte. Diese Hypothese sollte bestimmte Merkmale verschiedener Merkmalskombinationen auslegen können.
Im Gegensatz zu Webers Idealtyp ist der konstruierte Typ von Becker ein Instrument, der einen Sachverhalt mit wenigen Fakten verdeutlichen kann. Für ihn ist die Bildung von Typen ein nützliches Werkzeug, das ermöglichen soll, mit verschiedenen Gegenstände zu experimentieren. Was gilt, ist die gewünschte Aufstellung einer Prognose, um eine Reihe empirischer Fälle zu analysieren, so dass am Ende das Ergebnis gut erkennbar ist. Wie in der Typenbildung bereits angedeutet, werden Typen anhand empirischer Merkmale und Hypothesen errichtet. Becker zufolge stimmt der Typus nicht immer mit jedem empirischem Fall überein, da er eine wissenschaftliche Idee darstellt. In einer Typenbildung hat der konstruierte Typus eine umfangreiche Grenze, in einer Theoriebildung nicht. Letztere ist nur ein Mittel zur Erfassung empirischer Ergebnisse.
Sollte eine Typenbildung erfolgreich verlaufen sein, so ist es Becker zufolge ein Mittel zur Verbesserung einer Forschungsstudie.

5 Typus, Typik, Typologien

Basiert der rekonstruierte Orientierungsrahmen auf einer fallübergreifenden Analyse, spricht man von Typus. Es handelt sich um gebildete Teil- oder Untergruppen, die entweder gemeinsame Eigenschaften aufweisen, beschrieben und charakterisiert werden. Eine Merkmalskombination aus Eigenschaften, die die jeweiligen Merkmalsräumen definieren, die der Typologie zugrunde liegen.

Typiken sind generierende Erfahrungsdimensionen, die man voneinander unterscheiden kann. Die komparative Analyse erlaubt es, andere Fälle mit einzelnen Fällen zu kombinieren, um valide generalisierungsfähige Typiken zu bilden und danach in eine mehrdimensionale Typologie zu verwandeln. Ermittelnde Typen, die Teil einer Typologie darstellen, funktionieren doppelseitig. Sie sind analytische methodische Instrumente, die Gegenstandsbereiche strukturieren können und Gruppen identifizieren.
Die Validität einer einzelnen Typik ist abhängig davon, ob die auf der Grundlage der fallspezifischen Analyse möglichen Fälle da sind, um unterscheiden zu können. Das Niveau der Generalisierung hat auch eine Abhängigkeit, nämlich ob die fallspezifische Methode die Gültigkeit konjunktiver Erfahrungsräume und Typiken behält, und unter welchen Beziehungen dies nicht der Fall ist.
Wie hoch das Generierungsniveau eines Typus ist, hängt von der Vielfältigkeit und seiner Reproduzierbarkeit ab. Des weiteren ist sie abhängig in der Kombination mit anderen Typiken und deren soziogenetischen Prinzipien. Diese Kombination oder Mehrdimensionalität einer Typik bestimmt also das Niveau der Gültigkeit und das der Generalisierung, um einen einzelnen oder mehrere verschiedene Typiken in eine Typologie zu formieren.
Ein Typus ist also ein Orientierungsrahmen und eine Typologie repräsentiert die Gesamtheit verschiedener Typiken. Die Typologie ist da, um Fälle zu ordnen und miteinander in Kombination zu setzen. Um eine Typik zu bilden, rekonstruiert man übereinstimmende Orientierungsrahmen mit gesammeltem empirischen Material basierend auf Erfahrungsdimension diverser Fälle, die zu einem Typus formiert werden.

Bei Kluge unterscheidet man zuerst zwischen zwei Ebenen, um eine Typologie zu ermöglichen: Ebene des Typus und Ebene der Typologie. Auf der ersten Ebene betrachtet man die Typen getrennt und sucht nach deren elementaren Gemeinsamkeiten, was man auch interne Homogenität nennt. Charakteristische und wesentliche Züge des Typus werden bemerkbar. Bei gefundenen Differenzen in getrennt analysierten Typen spricht man von externer Homogenität. Sind diese Differenzen groß, spricht man von starken Unterschieden zwischen den Typen. Um es einfacher auszudrücken, Typen werden also nicht nur aufgrund ihrer Ähnlichkeit, sondern auch aufgrund ihrer Unterschiede ausgewählt und analysiert.
Auf der zweiten Ebene werden die einzelnen Typen zu einer Typologie formiert, indem sie sich auf eine gleiche Untersuchungsgruppe beziehen. Trotz Unterschieden zwischen ihnen findet man auch Gemeinsamkeiten. Mehrere Typen können dann eine Typologie bilden, wenn sie sich auf den gleichen Merkmalsraum beziehen. Diese Räume charakterisieren die verschiedenen Typen. Wie bei einer externen Homogenität existiert auch hier eine Differenz zwischen den Typen, resultierend aus den Merkmalsausprägungen. Was also als Bedingung gilt, ist die Präsenz von merkbar unterschiedlichen Typen. Sie müssen über Eigenschaften verfügen, die eine gewissene Vergleichbarkeit ermöglichen. Die Objekte eines Typus muss man dann untersuchen, die einen Bezug zur Eigenschaften haben und homogen sein müssen. Gleichzeitig müssen sie sich von anderen untersuchten Objekten, die einem anderen Typus gehören, unterscheiden lassen. Am Ende der Untersuchung beeinhaltet eine formierte Typologie entweder eine interne und externe Homogenität.

Somit strukturieren Typologien Phänomene und funktionieren sowohl heuristisch als auch theoretisch. Begriffe wie Typisierung oder Klassifikation werden häufig als Synonyme benutzt. Sie ist erst möglich durch die Nutzung des Idealtypus und die Trennung des Realtypus. Heuristische und künstliche Typologien sind Produkte des Idealtypus. Empirische und natürliche Typologien resultieren aus dem Realtypus (wenn sich 'Cluster'-Beispiele ergeben). Beide Formen von Typus gehören zu den besonderen Merkmalen für die Formierung einer Typologie.
Typologien dienen zum Schluss als Aufbewahrung von erlangtem Wissen, als Inspiration für weiterleitende Forschungsfrage oder als Spitzenrolle für forschungsleitende Theorie.
Der Nachteil, eine Typologie zu formen, ist dass die Typen unterschiedlich charakterisiert werden. In diesem Sinne werden sie einfach nur gebildet, aber nicht miteinander verbunden sind.
Die Bedeutung von Typen und Typologien ist unter den sozialwissenschaftlichen ForscherInnen eindeutig. Es handelt sich dabei um reflexive Konstruktionen sozialer und realistischer Phänomene anhand diverser Merkmale, mit dem Ziel, einen Forschungsgegenstand zu ordnen.

6 Empirisches Verfahren

Das Vorwissen bei der Typenbildung spielt eine wichtige Rolle. Bereits vorhandene verschiedene Fälle sollen verglichen und kontrastiert werden mit dem Ziel ,Fälle, die sich ähneln, von Fällen, die verschieden sind, zu trennen. Dazu benötigt man das Konzept des Merkmalsraumes (Lazarsfeld) und deren Identifikation. Laut Kelle/Kluge beruhen Typiken auf mehreren Merkmalsräumen. Ein einziger Merkmalsraum konstituiert einen x-dimensionalen Merkmalsraum. Beispiele sind das Geschlecht, Alter, Nationalität usw. . Der Prozess wird durch Charakterisierung oder Definierung der gebildeten Typen abgeschlossen.

Verschiedene Sozialforscher/Soziologen beschreiben das Verfahren der Typenbildung anders, so auch Honer und Wohlrab-Sahr. Ihnen zufolge gelangt der Einzelfall direkt zum Typus um erst dann die verschiedenen ausgewählten Typen miteinander zu vergleichen. Bei Nagel handelt es sich um eine Einzelfallanalyse. Das bedeutet, der Typus wird erst nach einem Fallvergleich gebildet. Uta Gerhardt dagegen kommt zu dem Schluss, das man die einzelnen Fälle zunächst getrennt rekonstruiert, um sie danach wieder miteinander zu konstrastieren. 
Einziger Nachteil der Typenbildung ist, dass es immer Einzelfälle sind, die unterschiedlich sind und dass der Typus, der aus den diesen einzelnen Fällen entsteht, als mehrdimensional beschrieben wird. Aus der Analyse geht dann hervor, dass es sich hier lediglich um einen Typus handelt, der repräsentiert wird. Allerdings hat es zur Folge, dass Realität und Sinnzusammenhänge nicht ausreichend erklärt werden. Bereits ausgewählte Typen zu charakterisieren liegt dann meistens auf dem Zurückgreifen der verschiedenen Typensarten.Das von Kelle und Kluge angewandte Modell der Typenbildung ist die banalste Erklärung. Sie beschreiben die Typenbildung anhand von vier Schritten: 1, Fälle suchen und bearbeiten, indem man sie vergleicht und unterscheidet. 2, Daraus entstehen die Merkmalsräume, auf die sich die zweite Stufe ausweitet. Fälle werden gruppiert, um Regelmäßigkeiten und Unregelmäßigkeiten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszunehmen, zu analysieren und in Merkmalsräume zu legen.  3, sobald dieses Vorgehen abgeschlossen ist werden sie als Sinnzusammenhänge theoretisch oder empirisch erklärt. 4, die Typenbildung wird anhand der Sinnzusammenhänge definiert und charaktisiert.

–Das Konzept des Tertium Comparationis
–Merkmalsraum und Mehrdimensionalität
Schaubild "Stufenmodell empirisch begründeter Typenbildung" aus Kelle/Kluge 2010: 92.
Das Konzept des Tertium Comparationis

Wenn man zwei Dinge miteinander vergleicht, so tut man das im Hinblick auf eine Eigenschaft, für welche man wiederum einen Maßstab benötigt. Dieser ist das Tertium Comparationis (“das Dritte im Vergleich, Produkt des Vergleichs”). Einfach gesagt, man findet bei zwei Fällen einer Gemeinsamkeit, ein Drittes (Denkraum) auf dessen Vergleich Differenzen deutlich werden. In jeder vergleichender Interpretation findet man es. Die komparative Analyse der dokumentarischen Methode umfasst die Bildung von Theorien und Typiken, was ein langdauernder Prozess ist. Sie beginnt damit, dass in zwei unterschiedlichen Fällen ein Orientierungsrahmen entdeckt wird, der möglicherweise Parallelen zwischen den Fällen findet. Nicht nur sind es diese Parallelen, die man erfasst, sondern auch kontrastierte Orientierungsrahmen, der man diversen Erfahrungsdimensionen zuzuordnen kann. Hinweise zu diesen Begriffen hat man am Anfang erst nicht. Vieles lässt darauf deuten, dass bestimmte Indizien wie die Beschreibung eines Gegenstandes oder einer Person nützlich sein können. Sie kennzeichnen rekonstruierte Erfahrungshintergründe des Orientierungsrahmens. Die Definition beider Begriffe lassen sich erst im Kontext der Mehrdimensionalität erklären. In ihr lässt sich eine Abstrahierung des tertium comparationis finden und bewirkt auch, dass Letztere komplexer und abstrakter wird. Allerdings stellt es auch sicher, dass entwickelte und generierende Theorien begründet werden.
Das tertium comparationis variert von Vergleich zu Vergleich. Jedoch muss die jederzeit neu rekonstruiert und zudem kontrolliert werden.
Merkmalsraum und Mehrdimensionalität

Ein Merkmal im Falle der Typenbildung charakterisiert sich durch eine Abgrenzung einer Typik von anderen Typiken und der Aufweis ihrer Verschränkung mit diesem, also die Ortung einer Typik innerhalb einer Typologie. Deren Validität ist nicht Voraussetzung, sondern das Generalisieren des Typus. Dessen Geheimnis liegt also in der Mehrdimensionalität der Typologie.
Das Konzept des Merkmalsraum besteht darin, diese zuerst zu erstellen, indem man die bereits untersuchten und aufgelesenen Fälle ordnet. Diese werden dann zu verschiedenen Merkmalen geführt die entweder homogen oder heterogen sind. Das lässt sich am einfachsten anhand einer Merkmalstabelle erklären.
Die Konstruktion von Merkmalsräumen und der Identifikation von Merkmalskombinationen'' (basierend auf mehreren Merkmalen) als merkmalsdimensional bezeichnete Grundtypen, denen die Einzelfälle zugeordnet sind ist entscheidend für die Definierung einer Typenbildung. Ziel dieser Konstruktion ist es den ,,Sinn'' und die ,,Bedeutung'' zu verstehen und erklären.
Im Falle von weiteren entdeckten Merkmalen, steht eine Neugruppierung bevor. Jeder Fall geht von einem Typ oder bzw. fungiert als Repräsentant dieses Typs. Die Merkmale, deren Charaktere die Typen sind, leiten zu Beginn des Prozesses den Fallauswahl. Mehrere zusammengelegte Merkmale formieren eine Typologie. Das bedeutet, die ersten gefundenen Fälle darin verteilen sich und bilden irgendwann ein Muster. Diese Muster nennt man dann Typologie. Diese Vielfalt der Typen nennt man auch Mehrdimensionalität. In anderen Worten, die typologische Formierung ist ein mehrdimensionaler Merkmalsraum. Es existiert also eine proportionale Verbindung zwischen diesen beiden Begriffen.
Ein Nachteil besteht dennoch. Trotz Mehrdimensionalität bleiben die Fälle einzeln (eindimensionaler Typus).

7 Typenbildung in der Grounded Theory?

Kelle schlussfolgert, dass die typische Bildung theoretischen Status haben könnte. In der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik wird gesagt, dass die Konstruktion von Typen anhand Abstraktion und Generalisierung von Beobachtungen, Bestandteil im Sinne der Regelmäßigkeiten und Strukuren des alltäglichen Handeln zur Eignung einer Theorie führt. Sowohl Durkheim als auch Levi-Strauss bevorzugten dieses Verfahren.
Die beiden amerikanischen Soziologen Peter L. Berger und Thomas Luckmann erklären dieses Prinzip indem sie die Typenbildung anhand drei Ebenen explizieren. Erstens, die nachdenkliche (Re)-Konstruktion durch die sozialen Wirklichkeit, zweitens, wichtige sinnvolle und brauchbare Ergebnistypen und drittens, die Untersuchung unterschiedlicher Typen in konstruktiver Methodik.
Aus Lazarsfeld Sicht wird auf die Methodik der Grounded Theory als einen möglichen Einzug in die Bildung von Typologien. Sie sollen einen direkten Bezug zur Auswahl der Fälle im Forschungsprozess der GT haben. Für die Gruppierung der Fälle zur Typologie benötigt man die sogenannten Merkmale. Lazarsfeld zählt drei auf: Klassizifierung (Bsp. Weiblich/männlich), Abstufung (Bsp. Vergleich: größer als) und Variabel. Aus diesen Merkmalskombinationen entstehen Typen für die Rekonstruktion einer Typologie. Es kann schon mal vorkommen, dass die Zahl der Merkmale kürzer auftreten. In diesem Fall spricht man von Reduktion oder Substruktion, so Lazarsfeld. Was fehlt, ist eine klärende Gültigkeit der formierenden Typologie.
Die von Glaser und Strauss angewandte Grounded Theory steht für die Gewinnung von Theorien und könnte auch für die Generierung von Typologien stehen. Deren Gestaltung ähnelt dem Verfahren der Typologie-Konstruktion in der dokumentarischen Typenbildung. Allerdings besteht ein ähnliches Problem bei der Bildung gehaltvoller Kategorien und Eigenschaften, die sich auch bei der Auswahl von inhaltlichen Merkmalen wiederfindet, auf deren Grundlage eine Typenbildung vorgenommen werden soll.
Dennoch das Ziel der GT ist die Generierung einer Theorie und nicht die Konstruktion einer Typologie. Letztere gilt als Ausgangsprozess der Typenbildung. Damit eine Typologie sich bildet, müssen die zuerst ausgewählten Fälle in angemessener Weise geordnet und analysiert werden während eine GT die Sinnzusammenhänge zwischen diversen Kategorien und inhaltliche Merkmale bevorzugt.
Da die Merkmale entsprechend für die Konstruktion einer Typologie sind, scheint dieses Konzept aber durchaus Anklangin der Grounded Theory zu finden.

Bsp: Flüchtlingsproblematik ab 2015
Der Begriff „Flüchtling“ gilt als nicht geschlechtsneutral weil, es zur der damaligen Definitionsfeststellung keine Geschlechtsbezüge gab. Als Flüchtling gilt ein als männlicher aktiver Verfolger aus politischen Gründen. Die Einführung von weiblicher Präsenz wird bemängelt. Dennoch kann man in diesem polemiken Begriff verschieden Merkmale heraus nehmen. Zum Beispeil, Fall: Gründe für die Flucht, Merkmal: Krieg, Umweltkatastrophe, Wirtschaftsdefizit usw.. Hier spricht man von Regelmäßigkeiten des Merkmalsraumes, da sie der Realität entsprechen und häufig vorkommen. Andere Beispiele, die man nennen kann, wäre die Aktivität/Passivität der Flüchtlinge (Wer beantragt am meisten Asyl? Mann oder Frau?).

8 Ist die Typenbildung repräsentativ?

Eine Typenbildung der dokumentarische Methode kann man als repräsentativ bezeichnen, weil sie verschiedene Formen von Typen (Durchschnittstypen, Extremtypen, Prototypen „concstucted“ Typen usw.) hervorbringen kann, insbesondere die zwei allseits bekannten Typen : Realtypus und Idealtypus. Da sich solche Typen häufig im Alltag wieder finden. Bei einer Typenbildung kann man auch von Theoriebildung reden, die etwa der methodischen Sichtweise der Grounded Theory von Glaser & Strauss ähnelt.
Ziel der Typenbildung ist es zwar das Finden des allgemeinem Handeln in Außergewöhnlichem Handeln wobei sie zwischen Wesentlichen und Unwesentlichen unterscheiden soll, was man als repräsentativ bezeichnen kann. Kelle und Klug verstehen sie als abduktives Verfahren, das bedeutet, dass die verschiedenen Schritte im Prozess mit der jeder Stufe/Etape verschränkt wird. Deren Methode scheint die einfachste und banalste zu sein, dennoch gibt es noch andere Verfahrensmethode, die man in Betracht ziehen kann. BARTON und LAZARSFELD bevorzugen eine typologische Reduktion der Typenbildung während GERHARDT sich einer analytischen Prozessstruktur widmet. KUCKARTZ dagegen wendet sich eher an eine typologische Analyse.

Die Typenbildung gilt also je nach welcher anwendenden Methode als Ausgangspunkt des Verstehen und zur alltäglichem Praxis der sozialwissenschaftlichen Forschung. Sie dient der re-konstruktiven Beschreibung und Erkenntnis der Erklärung, und der Zusammenhang von Sinn und Kausalität. Eine empirisch begründete Typenbildung lässt sich anhand von vier Stufen (so Kelle und Klug) erklären, dennoch kann sie auch mehrere Stufen benötigen um eine Typologie zu konstruieren.
Um das Typische und das Ordnungskriterium geht es bei diesem Anwendungsinstrument der dokumentarischen Methode. Was man als repräsentativ bezeichnen könnte, wäre die Nutzung einer Kombination von Merkmalsräumen und den Idealtyp von Weber. Die Forschungsfragen, die man sich stellt, ist was man eigentlich bildet oder wie der Begriff Typus, Typ, Typologie nach einem wissenschaftlichem Verfahren genau definiert wird.

9 Literaturverzeichnis

Jutta Ecarius, Burkhard Schäffer 2011 : Typenbildung und Theoriegenerierung – Methoden und Methologien qualitativer Bildungs- und Biographieforschung, Verlag Barbara Budrich

Barny G. Glaser, Anselm L. Strauss 2008: Grounded Theory - Strategien qualitativer Forschung, Verlag Huber, Bern

Empirisch begründete Typenbildung / Susann Kluge – Opladen : Leske Budrich, 1999

Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis – Grundlagen qualitativer Sozialforschung, Ralf Bohnsack, Iris Nentwig-Gesemann, Arnd-Michael Nohl (Hg.), Leske & Budrich, Opladen 2001

Gabriele Cappai, Shingo Shimada, Jürgen Straub 2010: Komparative Analyse und Typenbildung in der dokumentarischen Methode in Interpretative Sozialforschung und Kulturanalyse – Hermeneutik und die komparative Analyse kulturellen Handelns. Bielefeld, Verlag transcript

10 Quellenverzeichnis

http://www.christianlehmann.eu/ling/typ/index.html?
http://www.christianlehmann.eu/ling/typ/typ_und_typologie.php