Biodiversität

 
 Schaubild der drei Bereiche von Biodiversität. | Titel: Schaubild Biodiversität | Grafik: Lara Wehler | Copyright: CC-NC-SA-4.0 Biodiversität setzt sich aus drei Bereichen zusammen:

  • der Vielfalt von Ökosystemen,
  • der Vielfalt der Arten,
  • der genetische Vielfalt innerhalb einer Art.1)

Der Begriff hat im Zusammenhang mit dem Klimawandel an Bedeutung gewonnen, denn: „[e]ine ausgewogene und funktionierende Umwelt gründet auf der Vielfalt der Ökosysteme, der genetischen Vielfalt und dem Reichtum an Arten.“2)

Diese Vielfalt ist durch den menschengemachten Klimawandel bedroht. Das Zentrum für Umweltforschung erklärt: „Der Klimawandel wird die Ökosysteme deutlich verändern und birgt vor allem zwei Risiken für die Artenvielfalt: Zum einen läuft er schneller ab, als sich viele Arten genetisch anpassen […] können. Zum anderen drohen vielfältige Interaktionen zwischen den Arten aus dem Rhythmus zu geraten.“3)

Rechtlich wurde die Biodiversität 1993 in dem Übereinkommen zum Schutz der Biodiversität, kurz Biodiversitätskonvention, geregelt. In diesem Dokument wurden die drei Bereiche definiert und Ziele zum Schutz der Biodiversität formuliert.4)
Bislang sind 196 Staaten dem Abkommen beigetreten.

Kritik an der Biodiversität

An der Konzeption der Biodiversität gibt es verschiedene Kritikpunkte.

Fehlende Wirkung

An der Konvention selbst wird kritisiert, dass sie ihre Ziele nicht erreicht.
Obwohl es das Übereinkommen seit fast 30 Jahren gibt, ist die Biodiversität weiterhin bedroht.5)

Uneindeutiger Begriff

Inhaltlich wird kritisiert, dass Biodiversität mit Artenvielfalt gleichgesetzt wird.
Zum einen ist Artenvielfalt laut der Biodiversitätskonvention nur ein Teil von Biodiversität. Zum anderen führt die Gleichsetzung zu einer Essentialisierung. Die Organisationswissenschaftlerin Deborah Litvin erklärt dies als die Tendenz: „alle Mitglieder einer Gattung oder Spezies als homogen zu betrachten und dadurch die Schlüsselrolle von individueller Variation in der Evolution und dem Überleben auszuklammern.“6) (Eigene Übersetzung.)
Andere Forschende kritisieren, dass der Begriff Biodiversität ungenau genutzt wird. So schreibt beispielsweise der Naturschutzökonom Bartosz Bartkowski, dass „der Begriff ‚Biodiversität‘ extrem unspezifisch verwendet [wird]. In Fachkreisen gibt es zwar auch keinen Konsens, was Biodiversität denn genau sei, der Begriff selbst legt aber schon einmal zwei Wesensmerkmale nahe: Zum einen geht es um Vielfalt, zum anderen um ‚Biologisches‘. Doch was vielleicht einfach klingt, ist keineswegs so. Denn der Begriff wird je nach Kontext meistens entweder recht eng oder extrem weit gefasst.“7)

Klima-Kolonialismus

Ein weiterer Kritikpunkt kann unter dem Stichwort Klima-Kolonialismus zusammengefasst werden.
Klima-Kolonialismus meint, dass Hauptverursachenden des Klimawandels, die Industrienationen, die Verantwortung für dessen Verhinderung in ärmere Länder verlagern.8)
So kritisiert Litvin, dass Biodiversität diskursiv vor allem in tropischen Regionen wie dem Regenwald verortet wird. Das führt dazu, dass: „die Existenz von Biodiversität – und die Bedrohung ihrer Existenz – in nahen, bekannten und alltäglichen Umgebungen heruntergespielt wird.“ 9) (Eigene Übersetzung.)

Siehe auch:Grafische Darstellung eines Buches. | Titel: Symbolbild Buch | Grafik: Lara Wehler | Copyright: CC-NC-SA-4.0
Kolonialismus und Klimakrise. Über 500 Jahre Widerstand
Broschüre von „Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.“ zu den Zusammenhängen von Klimawandel und Kolonialismus.

Merkmale des Diversitätsverständnisses

Aus diesen Ausführungen lassen sich folgende Merkmale des Biodiversitätsbegriffs ableiten:

  1. Biodiversität ist die Grundlage des Lebens.
  2. Biodiversität ist etwas Gutes und Schützenswertes.
  3. Der Begriff Biodiversität ist aufgrund seiner Uneindeutigkeit in Fachkreisen und seinem Potenzial Hierarchien zu reproduzieren diskussionswürdig.
Der Eintrag ‚Biodiversität‘ ist einer von vier Beiträgen, die sich mit den Definitionen von Diversität in unterschiedlichen Bereichen beschäftigen.
Eine Übersicht über alle Beiträge finden Sie hier: Was ist Diversität?

Quellen

1)
„Biologische Vielfalt“, Umweltbundesamt, letzter Abruf 18. August 2022, https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/b?tag=Biologische_Vielfalt#alphabar.
3)
„Klimawandel und Biodiversität“, Zentrum für Umweltforschung, letzter Abruf 18. August 2022, https://www.ufz.de/index.php?de=37140.
4)
„Biodiversitäts­konvention (Über­ein­kom­men über die bio­lo­gische Viel­falt)“, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, letzter Abruf 18. August 2022, https://www.bmz.de/de/service/lexikon/biodiversitaetskonvention-cbd-14108.
5)
Andrew Müller, „Kein einziges Ziel erreicht“, 16. September 2020, https://taz.de/UN-Bericht-zu-globaler-Biodiversitaet/!5709830/.
6)
„to view all members of a class or species as homogenous, eclipsing the key role of individual variation in the process of evolution and survival.“
Deborah Litvin, „The Discourse of Diversity: From Biology to Management,“ Organization 4, 2 (1997): 194f.
7)
Bartosz Bartkowski, „Der Wert von Biodiversität als Ausdruck unseres Unwissens“, 12. März 2015, https://scilogs.spektrum.de/umweltforsch/der-wert-biodiversitaet-ausdruck-unwissens/.
8)
Petra Schönhöfer, „Klima-Kolonialismus als neue Herrschaftsstruktur“, Oktober 2019, https://www.goethe.de/prj/zei/de/nac/21689473.html.
9)
„its [biodiversity] existence - and threats to its existence - in nearer, familiar an mundane environments tends to be downplayed.“
Deborah Litvin, „The Discourse of Diversity: From Biology to Management,“ Organization 4, 2 (1997): 195.
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