Die „Demographischen Standards“ – Ansatzpunkt für einen Innovationsprozess der Operationalisierung diskriminierungsrelevanter Variablen in der quantitativen Datenerhebung in Deutschland?

Was sind die „Demographischen Standards“?

Seit 1986 gibt es eine Arbeitsgruppe, die zum Ziel hat, Standards für die Erhebung von soziodemographischen Variablen im Rahmen der empirischen Sozialforschung sowie der amtlichen Statistik in Deutschland zu erarbeiten – die „Demographischen Standards“. Beteiligt sind:

Ziele:

  • Vergleichbarkeit zwischen Studien herstellen
  • Vergleichbarkeit zwischen sozialwissenschaftlichen Studien und der amtlichen Statistik ermöglichen (z.B. zur Evaluation der Stichprobe)
    • Der Mikrozensus dient dabei als wichtigste Referenzdatei

Kriterien: Im Standard aufgenommene soziodemographische Merkmale sollen ..

  • .. „bei sozialstrukturellen Erklärungen eine zentrale Rolle spielen“ (StBA, 2016:5)1),
  • .. bestmöglich mit der amtlichen Statistik vergleichbar sein (v.a. Mikrozensus, aber z.B. auch europäische Statistik,)
  • .. den aktuellen Stand der gesellschaftlichen Entwicklung berücksichtigen

Die Standards werden entsprechend der Kriterien in regelmäßigen Abständen überarbeitet (zuletzt 2016), wobei der Spannung zwischen einer sich dynamisch verändernden gesellschaftlichen (und juristischen) Wirklichkeit und der Notwendigkeit der Vergleichbarkeit von Daten über die Zeit durch geeignete Instrumente der Recodierung und Harmonisierung begegnet werden muss. An dieser Stelle soll untersucht werden, inwieweit ein Weiterentwicklungsbedarf besteht, um die mit Hilfe der Demographischen Standards generierten Daten für Fragestellungen im Themenbereich Diskriminierung, Gleichstellung und Vielfalt fruchtbar zu machen. (StBA, 2016:3-6)2)

Die Demographischen Standards sind kein starres Regelwerk, sondern geben eine Richtlinie, die themenspezifisch und entsprechend des Studienziels angepasst werden muss:
  • Berücksichtigte Merkmale/Dimensionen: Ergänzung weiterer soziodemographischer Merkmale bzw. Verzichten auf einzelne Fragen
  • Auflösung der Variablen: Stärkere Differenzierung in der Variablen-Operationalisierung bzw. Zusammenfassen, indem die Zahl der Ausprägungen reduziert wird „von feineren auf gröbere (nicht aber auf andere!) Kategorien“ (StBA, 2016:6)3)

Soziodemographische Variablen als Indizes für die Position in Machtstrukturen und die Betroffenheit von Diskriminierung

Die Relevanz der Demographischen Standards für die Erhebung von Diskriminierungs-, Gleichstellungs- und Diversitäts-Daten ergibt sich daraus, dass soziodemographische Variablen als Indizes für die Position in Machtstrukturen und damit die Betroffenheit von Diskriminierung verwendet werden.

Hinweis: Der Fokus liegt hier auf quantitativen Forschungsmethoden. Die standardisierte Erhebung von soziodemographscihen Variablen ist jedoch auch für qualitativ Forschende bedeutsam, da besonders soziodemographische Information oft quantitativ in Form von standardisierten Kurzfragebögen erhoben wird (Döring & Bortz, 2016:406)4)

In der empirischen Sozialforschung soll mit Hilfe von Variablen im Allgemeinen „soziale Wirklichkeit auf standardisierte Weise zusammengefasst und beschrieben werden“ (Schirmer, 2009:118).5) Es findet also ein Operationalisierungsprozess statt, in dem mittels Übersetzungen, Zusammenfassungen, Beschreibungen und Standardisierungen Variablen konstruiert werden. Dabei wird je nach (scheinbarer) Komplexität des Übersetzungsprozesses von sozialer Wirklichkeit zu Messinstrument häufig zwischen latenten und manifesten Variablen unterschieden, wobei sozialdemografische Informationen zu letzteren gezählt werden. Diese seien unmittelbar beobachtbar und deshalb „nicht weiter erklärungsbedürftig“ (Döring & Bortz, 2016:165)6) – es wird von einer „Augenschein-Validität“ (ebd.)7) ausgegangen. Eine solche Unterscheidung kann jedoch dazu führen, dass aus dem Blick gerät, dass auch sogenannte manifeste Variablen „keine voraussetzungslosen Tatsachen, sondern immer Ergebnis eines theoretischen Konstruktionsprozesses sind“ (Döring & Bortz, 2016:232)8).

Im Folgenden wird anhand einiger Beispiele aus den Demographischen Standards deutlich, dass die Operationalisierung und Konstruktion von Messinstrumenten zur Erhebung von soziodemographischen Variablen alles andere als eindeutig und einfach ist, insbesondere da sie auf komplexe mehrdimensionale soziale Phänomene und Machtstrukturen verweisen. Konstruierte Daten – z.B. die Antwort einer Person auf eine Einzelindikatorfrage per Multiple-Choice – als reale, einfach zu beobachtende Tatsachen zu verstehen birgt die Gefahr, dass Forschungsergebnisse essentialisiert und naturalisiert werden. Für soziodemographische Variablen bieten solche essentialistischen Vorstellungen auch die Grundlage für einen Gruppismus (siehe Baer, 2010 für eine weitere Ausführung)9). Eine nicht ausreichende Reflexion der Messinstrumente verkennt außerdem die Gefahr der Reifizierung als Folge der Vorstrukturierung der Daten (Schirmer, 2009:69)10).

„Empirische Forschung, die gemessene Variablen als Tatsachen auffasst, mündet in einen naiven Empirismus bzw. Positivismus. Deswegen ist die theoretische Konstruiertheit aller wissenschaftlichen Messungen bei der Diskussion von empirischen Forschungsprozessen und ihren Ergebnissen stets zu berücksichtigen.“ (Döring & Bortz, 2016:232)11) Im Folgenden soll deshalb besonders die Konstruktion von Messinstrumenten zur Erhebung von soziodemographischen Informationen kritisch in den Blick genommen werden. Da die Demographischen Standards als Richtlinie für die Operationalisierung von demographischen Daten dienen soll, bieten sie sich als Gegenstand der Betrachtung an.

Für diese Analyse sollen die soziodemographischen Variablen als Indizes verstanden werden, die auf unterschiedliche Diskriminierungs-/Vielfalts-/Machtdimensionen verweisen. Sie sind ein konstruiertes Analyseinstrument, das auf eine Position in gesellschaftlichen Machtstrukturen hinweisen soll. Die Demographischen Standards beziehen sich auf „Merkmale“. Dieser Begriff wird im folgenden in Anführungszeichen gesetzt um die Konstruiertheit der Variablen zu verdeutlichen und sichtbar zu machen, dass es sich keineswegs um natürliche oder beobachtbare festgeschriebene Merkmale von Personen handelt, sondern um Messinstrumente.

Ähnlich wie Baumann et al. (2018)12) in ihrer Analyse der Operationalisierung soziodemographischer Variablen in repräsentativen Wiederholungsbefragungen, soll im Folgenden zunächst die Abdeckung unterschiedlicher Dimensionen und im Anschluss die Differenzierbarkeit (anhand einiger ausgewählter „Merkmale“) überprüft werden.

Bauman et al. (2018)13)ziehen als Vergleichsrahmen für die Abdeckung der Dimensionen das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)14) heran und orientieren sich für die Differenzierbarkeit an der Unterscheidung zwischen „subjektiver Selbstauskunft“ und „selbst wahrgenommener Fremdzuschreibung“ (in Abgrenzung zur „Fremdzuschreibung“) (Bauman et al., 2018:82)15). Aufbauend auf diesen Ansatz soll der Analyserahmen im Folgenden durch weitere Perspektiven und Kriterien ergänzt werden (s.u.).

Auf welche Diskriminierungs-/Vielfalts-/Machtdimensionen nehmen die „Merkmale“ der Demographischen Standards Bezug?

Zur Beantwortung der Frage, wie vollständig die Demographischen Standards bereits auf die unterschiedlichen Diskriminierung-/Vielfalts-/Macht-Dimensionen verweisen und somit anschlussfähige Ansatzpunkte für einen Innovationsprozess bieten, tut sich zunächst die Herausforderung auf, dass jede Liste dieser Dimensionen prinzipiell unabgeschlossen bleibt. Judith Butler bringt dies in Bezug auf die intersektionalen Bemühungen feministischer Theorien auf den Punkt:

„[a]uch Theorien […], die eine Reihe von Prädikaten wie Farbe, Sexualität, Ethnie, Klasse und Gesundheit ausarbeiten, setzen stets ein verlegenes ‚usw.‘ an das Ende ihrer Liste […] doch gelingt es ihnen niemals, vollständig zu sein.“ (Butler, 1991:210)16)

An dieser Stelle wird dem Problem der Unabgeschlossenheit begegnet, indem drei verschiedene solcher „Listen“ aus unterschiedlichen Traditionen, Disziplinen und Blickpunkten zum Vergleich mit den „Merkmalen“ der Demographischen Standards herangezogen werden:

  1. Diskriminierungsdimensionen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)17): juristische Perspektive mit Fokus auf (Anti-)Diskriminierung
  2. Vielfaltsdimensionen der Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) e.V18): Diversityansatz zur Umsetzung in betriebswirtschaftlichen Kontexten
  3. Strukturkategorien/Herrschaftsverhältnisse der intersektionalen Analyse nach Degele & Winker (2009)19) : soziologische Theorie, welche Herrschaftsverhältnisse als Analyse Einheit verwendet
Die Hinzunahme der dritten Perspektive, die statt auf Gruppen- oder Identitätsmerkmalen auf Machtstrukturen fokussiert, ist durch den postkategorialen Ansatz von Lembke & Liebscher (2014)20) inspiriert.

Fragestellungen:

  • Inwieweit besteht an den Status Quo der Demographischen Standards Anschlussfähigkeit für eine Erhebung von Diskriminierungs-/Gleichstellungs- und Vielfaltsdaten?
  • Lassen sich thematische Schwerpunkte in den aktuellen Empfehlungen finden?
  • Gibt es Diskriminierungs-/Vielfalts-/Machtdimensionen, die durch die Demographischen Standards bisher nicht abgedeckt sind?
Berücksichtigte „Merkmale“ in den soziodemographischen Standards AGG-Diskriminierungsdimensionen Diversity-Dimensionen der RAA Herrschaftsverhältnisse nach Degele/Winker
Klassenv. /
Klassismen
Geschlechterv. /
Heteronormativismen
Rassenv. /
Rassismen
Körperv. /
Bodyismen
1 Geschlecht Geschlecht Geschlechtliche Idenität X
2 Alter Alter Alter X
Seniorität
3 Staatsangehörigkeit (+ optional Migrationshintergrund) „Rasse“/„ethnische Herkunft“ Staatsbürgerschaftsstatus X
Nationale Herkunft
Kulturelle Identität
Rassistische Zuschreibungen
Sprache/Dialekt/Akzent
4 Familienstand (incl. Lebenspartnerschaft) + nicht rechtsverbindliche Partnerschaft sexuelle Identität Familienstand X
sexuelle Identiät
5 höchster allgemeinbildender Schulabschluss (bzw. angestrebte Schulabschluss) - Ausbildung X
6 beruflichen Ausbildungsabschlüsse X
7 Erwerbssituation - Art des Arbeitsverhältnisses X
8 Anzahl und Art der Beschäftigungsverhältnisse - X
9 Arbeitsstunden pro Woche - X
10 Status, wenn nicht erwerbstätig Behinderung geistige und körperliche Fähigkeiten X (X)
11 hauptsächlich ausgeübte berufliche Tätigkeit - Arbeitsinhalt/-feld X
12 Stellung im Beruf und deren Einordnung - Managementstatus X
Funktion/Einstufung
13 Telekommunikationsmöglichkeiten des Haushalts - -
14 Haushaltsgröße (insgesamt + mit Blick auf die Einkommensbezieher) Elternschaft X (X) (X)
15 Haushaltsnettoeinkommen - Einkommen X
16 Nettoeinkommen der befragten Person - X
Religion oder Weltanschauung Religion/Weltanschauung
Gewerkschaftszugehörigkeit
Netzwerke
Soziale Herkunft
Auftreten
Aussehen
Parteizugehörigkeit
Freizeitverhalten
Gewohnheit
Geografische Lage/Wohnort
Arbeitsort

Ergebnisse:

  • Fast alle „Merkmale“ verweisen auf Diskriminierungs- oder Vielfaltsdimensionen. Die einzige Ausnahme stellt die „Telekommunikationsmöglichkeiten des Haushalts“ dar. In den Demographischen Standards ist dazu festgehalten, dass „dieser Frageblock […] nur von Statistikern/-innen und Stichprobenexperten/-innen benötigt [wird], um die zur Konstruktion von Telefon- und Internetstichproben sowie deren Gewichtung notwendigen Informationen zu erhalten.“ (StBa, 2016:20)21) Ggf. ließe sich auch diese Variable als Mediator für die (Unter-)Repräsentation bestimmter Menschen auf Grund von Klassismen oder Bodyismen (z.B. Ageism, Ableismus) verstehen, dieser Gedanke soll an dieser Stelle jedoch nicht weiter verfolgt werden.
  • Die meisten der Diskriminierungs- & Vielfaltsdimensionen können an bereits bestehende „Merkmale“ in den Demographischen Standards angeschlossen werden.
  • Es wird ein Schwerpunkt sichtbar: Die Demographischen Standards bieten viele Anschlusspunkte um Diskriminierung entlang von Klassismen zu fokussieren. Dies steht im Kontrast zum AGG, dass keine Diskriminierung nach Klassenverhältnissen berücksichtigt (siehe dazu auch Degele & Winker, 2009:4122)).
  • Es fällt außerdem auf, dass die sowohl im AGG, als auch im Diversitätskonzept der RAA aufgeführte Dimension der Weltanschauung und Religion bisher kein Pendant in den Demographischen Standards hat. Degele & Winker verhandeln diesen Aspekt unter der Strukturkategorie der Rassismen (ebd.:47)23). Die einzigen an diese Herrschaftsverhältnisse anschlussfähigen „Merkmale“ – „Staatsangehörigkeit“ + „Migrationshintergrund“ - sind jedoch nur schwer als Index für Religion und Weltanschauung denkbar.
  • Einige der Vielfaltsdimensionen des (sehr umfassendem) RAA Diversitätskonzepts sind ebenfalls nicht an die bestehenden „Merkmale“ angeschlossen. Diese stehen zum größten Teil ebenfalls im Zusammenhang mit (bereits durch viele bestehende „Merkmale“ anschlussfähigen) Klassismen (Gewerkschaftszugehörigkeit, Netzwerke, Soziale Herkunft, Auftreten, Gewohnheiten, Freizeitverhalten). Aber auch weitere Dimensionen die sich auf Bodyismen (Aussehen, Auftreten) beziehen werden bisher nicht durch die Demographischen Standards abgedeckt. Genauso wenig wie die Parteizugehörigkeit und die Geografische Lage/Wohnort/Arbeitsort (die keiner Herrschaftsform nach Degele/Winker eindeutig zuzuordnen sind).
Fazit: Die berücksichtigten „Merkmale“ der Demographischen Standards bieten viele Anschlussmöglichkeiten für eine Nutzung als Indizes für die Position in Machtstrukturen und die Betroffenheit von Diskriminierung. Der Grad der Differenziertheit und die Menge der Information, die gewonnen wird, unterscheidet sich je nach Machtdimension jedoch deutlich, wobei Verweise auf Klassismen dominieren. Aus dem Anspruch heraus, dass die Demographischen Standards eine Richtlinie für die gesamte Umfrageforschung in Deutschland unabhängig vom Thema der Erhebung sein sollen und zudem „Merkmale“ aufgenommen werden sollen, „die bei sozialstrukturellen Erklärungen eine zentrale Rolle spielen“ (StBa, 2016:5)24), sollte in einem Überarbeitungsprozess ein ausgewogeneres Verhältnis in der Auswahl der berücksichtigten Variablen angestrebt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Standards für die empirische Sozialforschung in unterschiedlichen Themenbereichen ein anschlussfähiges Instrument sind und dabei ein möglichst breites Spektrum an Einflussfaktoren für die „sozialstrukturelle Erklärung“ (ebd.)25) gesellschaftlicher Phänomene berücksichtigt werden kann (dass eine Vielzahl von Dimensionen relevant ist, zeigt sich z.B. in Iherer historischen Bedeutung zur Erklärung ungleicher Ressourcenverteilung (Degele & Winker, 2009:39)26) und in der Berücksichtigung im AGG). Zudem werden einige Dimensionen in den Demographischen Standards bisher nicht berücksichtigt und könnten in einem Innovationsprozess ggf. ergänzt werden. Besonders für die durch die Festschreibung im AGG juristisch relevante Diskriminierung nach Religion und Weltanschauung sollte dies in Erwägung gezogen werden.

Voraussetzungen für die Operationalisierung von soziodemographischen Informationen zur Erhebung von Diskriminierungs-, Gleichstellungs- und Diversitätsdaten

„In der Diskriminierungsmessung geht es nicht lediglich um die vollständige Abfrage der demografischen Daten, sondern um eine Ausdifferenzierung dieser Identitätsdimensionen.“ (Baumann et al., 2018:82)27)

Deshalb soll im Folgenden für eine Auswahl der anschlussfähigen „Merkmale“ untersucht werden, inwieweit die aktuellen Operationalisierungs-Richtlinien der Demographischen Standards die Voraussetzungen für die Erhebung von Diskriminierungs-, Gleichstellungs- und Diversitätsdaten erfüllen. Der Fokus liegt dabei auf den „Merkmalen“, welche (hauptsächlich) auf die von den Demographischen Standards weniger fokussierten Herrschaftsverhältnisse (Geschlechterverhältnisse/Heteronormativismen, Rassenverhältnisse/Rassismen und Körperverhältnisse/Bodyismen) verweisen, da an diesen Stellen der höchste Bedarf für einen Innovationsprozess besteht („Merkmale“ 1-4).

Ahyoud et al. (2018:33)28)definieren sieben Kriterien für eine differenzierte Operationalisierung:

  1. Selbstidentifikation (Befragte können selbst angeben, als was sie sich identifizieren)
  2. Freiwillige Teilnahme
  3. Aufklärung über Sinn und Zweck der Datenerhebung
  4. Anonymität der Befragten
  5. Beteiligung von Vertreter*innen von diskriminierten Gruppen am Prozess der Datenerhebung, -analyse und -verbreitung
  6. Möglichkeit, mehrere Identitäten, Diskriminierungsgründe und Fremdzuschreibungen anzugeben sowie eine intersektionale Auswertung
  7. Prinzip der Nichtschädigung (Daten dürfen nicht missbraucht werden)

Die Kriterien 1, 5 und 6 liegen im Bestimmungsrahmen der Demographischen Standards und werden im Folgenden am Status Quo der Empfehlungen überprüft. Die Kriterien 2, 3, 4 und 7 werden an anderer Stelle (z.B. im internationalen Kodex der ICC/ESOMAR) geregelt und deshalb an dieser Stelle nicht weiter betrachtet.

Daraus ergeben sich für die Analyse vier Fragen an die Operationalisierungs-Vorschläge der Demographischen Standards, die im Folgenden beantwortet werden sollen:

A) Können die befragten Personen eine subjektive Selbstauskunft zu ihrem Identitätsverständnis in Bezug auf das erhobene „Merkmal“ geben?
B) Werden Informationen zu Fremdzuschreibung erhoben? (aus der „Auto-Hetero-Perspektive“)
C) Gibt es für die Befragten die Möglichkeit mehrere Identitäten anzugeben? (z.B. durch Mehrfachauswahl)
D) Findet die Auswahl der berücksichtigten Dimensionen sowie die Auswahl der vorgeschlagenen Erhebungsinstrumente in einem partizipativen Prozess mit von Diskriminierung betroffenen Menschen statt?

Die Auto-Heteroperspektive beschreibt eine Positionierungsperspektive zur Erhebung von diskriminierungsrelevanter Fremdzuschreibung. Sie ermöglicht es, Fremdzuschreibungen und die Wahrnehmung anderer zu erheben, ohne das Prinzip der Selbstidentifikation zu verletzen. Dabei werden die befragten Personen gebeten, selbst einzuschätzen, wie andere Menschen sie wahrnehmen (Ahyoud et al., 2018:26-27)29). Diese alltäglichen Fremdzuschreibungen sind insbesondere relevant für Diskriminierungsmechanismen (Baumann et al., 2018:20)30).

1. Geschlecht

Vergleiche dazu: Statistisches Bundesamt 2016: 8–931)

A) Es wird eine Abfrage des personenstandsrechtlichen Geschlechts empfohlen. Das personenstandsrechtliche Geschlecht ist eine Fremdzuschreibung, die durch Mediziner*innen bzw. Sachverständige (im Fall einer Änderung des Personenstands nach Transsexuellengesetz (TSG)32)) legitimiert werden muss. Dieses entspricht nicht zwingend der subjektiven Geschlechtsidentität, es handelt sich lediglich um eine Annäherungsvariable (Proxyvariable) für die Selbstidentifikation.

B) Abhängig von einer vergeschlechtlichen Wahrnehmung von Körper, Ausdruck und Verhalten kann es sein, dass der Person in Alltagssituationen ein anderes Geschlecht zugeschrieben wird als das personenstandrechtliche Geschlecht. Eine Erhebung dieser alltägliche Fremdzuschreibung wird in den Empfehlungen nicht berücksichtigt, ist jedoch für Diskriminierungssituationen besonders relevant und wirksam (Baumann et al., 2018:20)33). Deshalb sollte eine Empfehlung für die Erhebung der selbstwahrgenommenen Fremdzuschreibung aus Auto-Hetero Perspektive ergänzt werden.

Da eine Inkongruenz von Geschlechtsidentität und personenstandsrechtlichem Geschlechtseintrag einen bedeutenden Einfluss auf das Leben der Betroffenen Menschen (v.a. von inter und trans Personen) und ihre Diskriminierungserfahrungen hat, ist die hier vorgeschlagene juristische Kategorie zusätzlich zur Selbstidentifikation und der subjektiv wahrgenommenen Fremdzuschreibung (in Alltagssituationen) von großer Relevanz für die Erhebung von Diskriminierungs- und Gleichstellungsdaten.

C) Die Empfehlungen berücksichtigen keine Möglichkeit, die subjektive Geschlechtsidentität anzugeben (siehe A). Für die Fremdzuschreibung des personenstandrechtlichen Geschlechts wird nur die Möglichkeit vorgesehen, „weiblich“ oder „männlich“ anzugeben. Eine Mehrfachantwort ist nicht möglich. Die Möglichkeit, keinen Geschlechtseintrag anzugeben, gibt es nur für Kinder, die nach 2013 geboren sind. Darüber hinaus ist eine Angabe anderer Geschlechter nicht vorgesehen (und personenstandsrechtlich nach aktueller juristischer Lage nur unter dem Sammelbegriff „divers“ als Geschlechtseintrag möglich – s.u.). Deshalb ist die Verwendung des personenstandsrechtlichen Geschlechts als Proxy-Variable für die subjektive Geschlechtsidentität nur sehr eingeschränkt sinnvoll und insbesondere eine Anschlussfähigkeit für die Lebensrealitäten von trans (inkl. nicht-binären), gender-fluiden, agender und inter Personen in Bezug auf Heteronormativismen meistens nicht möglich. Im Kontext von Diskriminierungsdaten ist ihre Unsichtbarkeit besonders fatal, da sie potenziell vulnerabel für Diskriminierungserfahrungen sind (Beigang et al., 2017: 100)34)

Nach Veröffentlichung der aktuellsten Version der Demographischen Standards 2016 haben sich einige Neuerungen des Personenstandsrechts in Bezug auf den Geschlechtseintrag ergeben: Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 201735) ist zusätzlich zu „männlich“ und „weiblich“ auch der Geschlechtseintrag „divers“ oder kein Geschlechtseintrag juristisch möglich. Diese Regelungen findet nicht nur für Neugeborene Anwendung. Auch eine Änderung des Personenstandes zu „divers“ oder eine Löschung des Eintrags ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich (Legitimierung durch zwei Gutachten von Sachverständigen für Verfahren nach TSG36) bzw. durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung für inter Personen (seit 2018 geregelt nach §45b + §22 PStG37)))

Im Zuge des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes sind weitere gesetzliche Änderungen, u.a. eine vereinfachte Änderung des Personenstandes geplant (BMFFSJ, 2022).38)

Als Reaktion auf diese juristischen Neuerungen wurde auch die Operationalisierung von Geschlecht im Mikrozensus angepasst. Es wurden die Optionen ergänzt als personenstandsrechtliches Geschlecht „divers“ oder „kein Eintrag im Personenstandsregister“ auszuwählen. Eine Veröffentlichung der ersten Daten ist erstmals mit Abschluss der Kohorte von 2022 geplant (StBa, 2021:9)39)

Aus dem selbstdefinierten Anspruch der Demographischen Standards die aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten abbilden zu wollen ergibt sich die Schlussfolgerung, dass eine Erneuerung der Empfehlungen als Reaktion auf die veränderten juristischen Gegebenheiten dringend notwendig ist. Gleiches gilt für das Kriterium einer bestmögliche Vergleichbarkeit mit der amtlichen Statistik. In der Version von 2016 findet sich bereits der Verweis auf eine mögliche Anpassung des Standards, falls der Mikrozensus eine Erhebung jenseits des binären Geschlechterkonzepts einführt (StBa, 2016:8-9).40)

Als geänderte Gesellschaftliche Gegebenheit ist hier die juristische Situation sowie die amtliche Statistik gemeint, nicht etwa eine Veränderung des Geschlechterverhältnis von binär zu divers. An dieser Stelle wird besonders deutlich, dass das personenstandrechtliche Geschlecht ein konstruiertes Messinstrument darstellt, das lediglich als Proxyvariable dient. Durch die geänderte juristische Regelung „gibt es“ jetzt nicht-binäre Geschlechtseinträge. Trans, inter & nicht-binäre Menschen existierten davor jedoch unabhängig vom Personenstand. Die juristische Berücksichtigung von Geschlechtervielfalt jenseits der binären Geschlechterordnung ist lediglich ein Hinweis auf eine gestiegene gesellschaftliche Sichtbarkeit von Geschlechtervielfalt. Die Annahme der Zweigeschlechtlichkeit war jedoch schon immer unvollständig, um Geschlechtervielfalt zu erfassen.
Nicht nur in Bezug auf Kriterien zur Erfassung von Diskriminierungsdaten oder die Kompatibilität von Variablen mit juristischen Rahmenbedingungen ist eine undifferenzierte Erhebung von Geschlecht und eine fehlende Möglichkeit der Mehrfachauswahl problematisch. Es ergeben sich außerdem messtheoretische Probleme: Döring (2013) stellt in ihrer Analyse der Operationalisierung von Geschlecht heraus, dass eine Operationalisierung von Geschlecht wie oben beschrieben, nicht die Validitäts-Kriterien für kategoriale Variablen (Eindeutigkeit, Exklusivität und Exhaustivität) erfüllt41). Später nutzt sie in einem Methodenlehrbuch die Operationalisierung von Geschlecht als Beispiel, um die Fehleranfälligkeit von Augenschein-Validität und das fehlende Bewusstsein für die Konstruiertheit von soziodemographischen Variablen aufzuzeigen (Döring & Bortz, 2016:267).42)

D) Das vorgeschlagene Erhebungsinstrument orientiert sich an den gesetzlichen Regelungen zum Personenstand (aktuell TSG, PstG) sowie am Mikrozensus. Eine Partizipation von Menschen, die durch Geschlechterverhältnissen/ Heteronormativismen diskriminiert werden, ist nur indirekt durch deren Beteiligung an der Gesetzgebung (Interessenvertretung, Beratung) gegeben.

Die Interessenverbände kritisieren die aktuelle rechtliche Regelung jedoch scharf und fordern eine schnelle Umsetzung des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes (z.B. der Bundesverband trans*, 2016)43). Daher ist eine solche indirekte Partizipation – wenn überhaupt – nur perspektivisch bei einer Orientierung an den neuen juristischen Gegebenheiten seit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht 2017 bzw. im Falle einer Einführung des Selbstbestimmungsgesetz als solche zu werten.

In einem Innovationsprozess sollte eine direkte Partizipation ermöglicht werden. Ein erster Schritt wäre, die Ergebnisse von partizipativen Forschungungsprojekten in die Empfehlungen einzubeziehen (z.B.: LesMigraS, 201244))

Weitere Vorschläge für die Operationalisierung von Geschlecht:

  • Bauman et al. (2018:92ff) 45)
  • Döring (2013)46)

2. Alter

Vergleiche dazu: Statistisches Bundesamt 2016: 9)47)

A) Es wird eine Erfassung des kalendarischen Alters mittels Geburtsmonat und -jahr empfohlen (aus Datenschutzgründen keine Erfassung des Tages). Die Selbstwahrnehmung als jung oder alt ist nicht vorgesehen.

B) Die selbstwahrgenommene Fremdzuschreibung als (zu) jung oder (zu) alt oder ggf. die Abweichung von Selbst- und Fremdwahrnehmung wird nicht in den Empfehlungen berücksichtigt.

C) Eine Mehrfachantwort ist entsprechend der Operationalisierungs-Empfehlungen nicht möglich. Für die Dimension Alter ist eine Mehrfachidentität jedoch auch nur schwierig theoretisch fassbar (ggf. wäre eine situationsabhängige Wahrnehmung von Alter denkbar, jedoch schwierig operationalisierbar).

D) Es hat keine partizipative Entwicklung/Auswahl des Erhebungsinstruments stattgefunden. Ergebnisse von partizipativen Forschungsprozessen geben jedoch Hinweise darauf, dass die aktuelle Erhebung des Alters von Betroffenen nicht als problematisch bewertet wird: Baumann et al. (2018)48) finden in ihrer Analyse der Erhebung von Antidiskriminierungsdaten in repräsentativen Wiederholungsbefragungen zum Teil die gleiche Operationalisierung wie in den Demographischen Standards. In der Studie wurde mittels Gruppendiskussion mit Expert*innen eine Partizipation von Menschen ermöglicht, die aufgrund von Ageism (als eine Form von Körperverhältnis/Bodyism) Diskriminierung erfahren. In der Diskussion „wurden zur Erfassungsmethode des Alters in Befragungen keine Probleme deutlich“ und „daher keine Notwendigkeit gesehen, Entwicklungsperspektiven zu entwickeln.“ In der Konsequenz schätzen Baumann et al. die aktuelle Operationalisierung als „gänzlich problemlos“ (ebd.:101)49) ein, weisen jedoch auch auf die Relevanz von Selbst- und Fremdzuschreibung in Diskriminierungssituationen entlang von Körperverhältnissen/Bodyismen (v.a. Ageism) hin. Außerdem muss bedacht werden, dass im partizipativen Prozess die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) vertreten war, jedoch kein Jugendverband o.ä. (ebd.: 101)50) Dabei handelt es sich um eine relevante Limitation des partizipativen Prozesses, insbesondere mit Blick auf die Ergebnisse von Beigang et al. (2017:99)51): Sie konnten zeigen, dass unter 14- bis 29-Jährigen ein Fünftel der Befragten Diskriminierung anhand des Alters erlebt (die Altersgruppe mit dem prozentual höchsten Anteil!).

3a. Staatsangehörigkeit

Vergleiche dazu: Statistisches Bundesamt 2016: 9-11)52)

Empfehlung bei Fokus auf „rechtliche Aspekte“ (ebd.:10)53)

A) Es wird die Abfrage der Staatsangehörigkeit empfohlen. Diese entspricht nicht zwingend der subjektiven nationalen Identität, es handelt sich lediglich um eine Annäherungsvariable (Proxyvariable) für die Selbstidentifikation.

B) Die Staatsangehörigkeit ist eine juristische Fremdzuschreibung. Es kann jedoch sein, dass der Person in Alltagssituationen eine andere Staatszugehörigkeit /nationale Identität zugewiesen wird als die tatsächliche juristische Staatsangehörigkeit (z.B. Fremdzuschreibungen von nicht-weißen Deutschen als „nicht-deutsch“ oder Fremdzuschreibung von asiatisch gelesenen Menschen aller Nationalitäten als „chinesisch“). Diese alltägliche Fremdzuschreibung ist für Diskriminierungssituationen besonders relevant und wirksam. Deshalb sollte die selbstwahrgenommene Fremdzuschreibung aus Auto-hetero Perspektive abgefragt werden. (Baumann et al., 2018:20)54)

Da die Staatsangehörigkeit als juristische Kategorie darüber bestimmt, welche Rechte einer Person zustehen (z.B. Wahlrecht, Visa-Bestimmungen etc.) ist die hier vorgeschlagene juristische Kategorie zusätzlich zur Selbstidentifikation und der subjektiv wahrgenommenen Fremdzuschreibung (in Alltagssituationen), ebenfalls von Relevanz für die Erhebung von Diskriminierungs- und Gleichstellungsdaten. (siehe auch Baumann 2018:85)55)

C) Es gibt entsprechend der Operationalisierungs-Empfehlungen keine Möglichkeit die subjektive nationale Identität anzugeben (siehe A). Für die Fremdzuschreibung der Staatsangehörigkeit werden unterschiedliche Differenzierungsgrade als Optionen vorgeschlagen:

  1. deutsch vs. nicht-deutsch
  2. Differenzierung von nicht-deutschen Staatsangehörigkeiten nach Mitgliedsstaaten der EU vs. Staaten, die nicht Teil der EU sind

Von einer offenen Abfrage wird auf Grund der „kostenintensive Vercodung“ (StBA, 2016:10)56) abgeraten.

Eine Mehrfacherfassung von mehr als einer Staatsangehörigkeit ist nur für deutsche Staatsangehörige berücksichtigt. Darin kommt wiederum die binären Logik deutsch/nicht-deutsch zum Ausdruck. Für deutsche Staatsangehörige ist es demnach relevant, ob diese nicht doch ein bisschen „nicht-deutsch“ sind. Eine mehrfache Staatszugehörigkeit von Menschen, die von vornherein schon als nicht-deutsch kategorisiert werden, scheint demgegenüber nicht relevant, da die Information die Zuordnung zu „deutsch“ oder „nicht-deutsch“ nicht verändert. Hierin wird deutlich, dass der Fokus nicht auf einer Erfassung von mehrfach- und hybriden Identitäten liegt.

D) Es gab keine partizipative Entwicklung/Auswahl des Erhebungsinstruments. In einem Innovationsprozess sollte eine direkte Partizipation von Menschen, die auf Grund von Rassismen Diskriminierung erfahren ermöglicht werden. Ein erster Schritt wäre es die Ergebnisse von partizipativen Forschungsprojekten in die Empfehlungen einzubeziehen (z.B. der Afrozensus)57)

Weitere Vorschläge für die Operationalisierung von nationaler Identität/Zuschreibung: (Baumann et al., 2018:83ff)58)

3b. Migrationshintergrund (optional)

Vergleiche dazu: Statistisches Bundesamt 2016: 9-1159)

Empfehlung bei Fokus auf „sprachlich-kulturelle Aspekte und mögliche Benachteiligungen“ (ebd.:10)60)

A) Der Migrationshintergrund wird im Nachhinein aus der Abfrage anderer Variablen generiert und nicht direkt abgefragt. Es wird stattdessen erhoben, ob die befragte Person oder ein Elternteil nach 1955 bzw. 1950 (optional Orientierung an Zensus oder Mikrozensus) zugewandert ist. Ist dies der Fall wird der Person ein Migrationshintergrund durch die Forschenden zugeschrieben (Fremdzuschreibung). Der so generierte Migrationshintergrund entspricht nicht zwingend der subjektiv empfundenen migrantischen Identität (also der subjektiven Relevanz einer eigenen Migrationserfahrung, oder einer Migrationserfahrung früherer Familiengenerationen für die eigene Identität).

Als Option zur weiteren Differenzierung wird empfohlen, das Geburtsland der befragten Person und ihrer Eltern abzufragen. Ähnlich wie die Staatsangehörigkeit entspricht auch das Geburtsland (bzw. das Geburtsland der Eltern) nicht zwingend der nationalen Identität (s.o.).

Dieser Differenzierung nach Geburtsländern liegt die Annahme zugrunde, dass „sich die soziokulturelle Integration von Zuwanderern/-innen nach ihrer Herkunft [unterscheidet]“ (StBa, 2016:10). Diese starke Vereinfachung führt zu einer Homogenisierung von Menschen, die (bzw. deren Eltern) im gleichen Land geboren sind und birgt die Gefahr kulturalistischer Interpretationen von Daten. Diese wird noch verschärft, wenn ganze Regionen oder Kontinente, wie in den Demographischen Standards vorgeschlagen, aggregiert werden und es so z.B. zu einer Homogenisierung aller auf dem afrikanischen Kontinent geborener Menschen kommt. Lembke und Liebscher (2014)61) zeigen auf, wie dadurch auch intersektionale Erfahrungen unsichtbar gemacht werden.

B) Der Migrationshintergrund ist eine fremdzugeschriebene Verwaltungskategorie. Es kann jedoch sein, dass Person in Alltagssituationen als migrantisch wahrgenommen werden, obwohl sie nach der oberen genannten Definitionen keinen Migrationshintergrund haben (z.B. die Enkelkinder türkeistämmiger Gastarbeiter*innen oder Afrodeutsche mit (Afro-)deutschen Eltern). Auch andersrum kann es sein, dass Menschen mit Migrationshintergrund (nach obiger Definition) im Alltag nicht als migrantisch gelesen werden (insbesondere weiß gelesene Menschen). Diese alltäglichen Fremdzuschreibungen sind für Diskriminierungssituationen besonders relevant und wirksam. Deshalb sollte die selbstwahrgenommene Fremdzuschreibung aus Auto-hetero Perspektive abgefragt werden. (Baumann et al., 2018:20)62)

C) Es gibt entsprechend der Richtlinien keine Möglichkeit, die subjektive migrantische Identität anzugeben. Die Fremdzuschreibung des Migrationshintergrunds ist eine binäre Entweder-oder-Kategorie und sieht keine Mehrfachnennung vor. Es wird jedoch als Option vorgeschlagen, zwischen „Personen mit eigener Migrationserfahrung und [solchen] ohne eigene Migrationserfahrung, bei denen die Eltern (Vater oder Mutter oder beide) [Migrationserfahrungen] haben“ (StBa, 2016:10)63) zu unterscheiden. Diese Differenzierung könnte als Index auf hybride Identitäten verweisen (Personen für die migrantisch sein oder nicht-migrantisch sein keine klare Entweder-oder-Entscheidung ist, die sich als post-migrantisch identifizieren, die sowohl von einem migrantischen Elternteil, als auch von einem nicht-migrantischen Elternteil geprägt wurden oder auch nur von dem nicht-migrantischen Elternteil oder Personen, die selbst keine Migrationserfahrung haben, jedoch durch Fremdzuschreibung und migrantische Eltern geprägt sind etc.)

D) Es findet keine partizipative Entwicklung/Auswahl des Erhebungsinstruments statt. In einem Innovationsprozess sollte eine direkte Partizipation von Menschen, die aufgrund von Rassismen Diskriminierung erfahren, ermöglicht werden. Ein erster Schritt wäre der Einbezug von Ergebnisse aus partizipativen Forschungungsprojekten in die Empfehlungen (z.B. der Afrozensus)64)

Weitere Vorschläge für die Operationalisierung von migrantischer Identität/Fremdzuschreibung: (Baumann et al., 2018:83ff)65)

Bei Untersuchungen mit einem Fokus auf Sprache, kulturelle Identität oder Diskriminierungserfahrungen sollten diese besser direkt mit eigenen Messinstrumenten erfasst werden. Beispiele finden sich bei Baumann et al. (2017:83ff)66). Die Probleme, die durch die Unschärfe der Proxy-Variablen „Migrationshintergrund“ für die Erhebung von rassistischer Diskriminierung entstehen, sind ausführlich bei Ahyoud et al. (2018)67) erläutert

4a. Familienstand (inkl. Lebenspartnerschaft)

Vergleiche dazu: Statistisches Bundesamt 2016: 11+4168)

A) Es wird eine Erhebung des Familienstand als juristische Kategorie empfohlen. Dort wird zwischen ledig, verheiratet zusammen-lebend, in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (eLp) zusammen-lebend, getrennt-lebend (Ehe + eLp), geschieden (bzw. eLp aufgehoben) und verwitwet (bzw. eLp verstorben) unterschieden. Der Familienstand ist eine Verwaltungskategorie und kann durch die Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft lediglich einen Hinweis auf das Geschlechterverhältnis in aktuellen oder ehemaligen rechtsverbindlichen Partnerschaften geben. Da sich die Einordnung des Geschlechterverhältnisses als verschieden oder gleichgeschlechtlich auf das personenstandsrechtliche Geschlecht bezieht, deckt sich das Geschlechterverhältnis nicht zwingend mit dem Verhältnis zwischen den subjektiven Geschlechtsidentitäten der Partner*innen. Außerdem lässt sich aus dem Geschlechterverhältnis in der aktuellen Partnerschaft nicht zwingend die sexuelle Orientierung/Identität ableiten: Menschen gehen aus unterschiedlichen Gründen mit Menschen eines Geschlechts rechtsverbindliche Partnerschaften ein, zu denen sie sich nicht unbedingt entsprechend ihrer subjektiven sexuellen Orientierung/Identität hingezogen fühlen (steuerliche, sorgerechtliche oder aufenthaltsrechtliche Vorteile, aus Angst vor Diskriminierung, aufgrund von internalisierten Heteronormativismen oder romantischer nicht-sexuelle Anziehung usw.).

Insbesondere für Menschen, die sich aktuell nicht in einer Partnerschaft befinden, und Menschen in nicht-rechtsverbindlichen Partnerschaften bietet die Variable „Familienstand“ keinen Verweis für die subjektive sexuelle Orientierung/Identität im Sinne einer Proxy-Variablen.

Da der Familienstand darüber bestimmt, welche Rechte einer Person zustehen (z.B. Adoptionsrecht, Steuerprivilegien für verheiratete Paare, Rentenregelungen für verwitwete Menschen etc.) ist die hier vorgeschlagene juristische Kategorie zusätzlich zur Selbstidentifikation und der subjektiv wahrgenommenen Fremdzuschreibung (in Alltagssituationen) von großer Relevanz für die Erhebung von Diskriminierungs- und Gleichstellungsdaten. Die mit dem Familienstand verbundenen Rechte, Privilegien und gesellschaftliche Anerkennung sind wiederum Ausdruck von Heteronormativismen, auf die der Familienstand verweisen kann.
Baumann et al. (2018:101)69) weisen darauf hin, dass die hier beschriebene Operationalisierung der juristischen Kategorie Familienstand nicht mehr der aktuellen juristischen Situation entspricht: Seit der Einführung des „Gesetz[es] zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“70), kann nicht mehr (in dem wie oben erläutert begrenzten Umfang) anhand von „eingetragener Lebenspartnerschaft“ vs. „Ehe“ zwischen gleichgeschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen Partnerschaften unterschieden werden, da auch verschiedengeschlechtliche Paare eine „Ehe“ schließen können. Eine „eingetragene Lebenspartnerschaft“ einzugehen ist seit Inkrafttreten des Gesetzes nicht mehr möglich. Vor 2017 geschlossene „eingetragene Lebenspartnerschaften“ bleiben bestehen, können jedoch auf Wunsch in eine Ehe umgewandelt werden. Die Anzahl der eingetragenen Lebenspartnerschaften wird also mit der Zeit abnehmen. Die Variable „Familienstand“ eignet sich deshalb zunehmend (noch) weniger als Proxy-Index für die Betroffenheit von Diskriminierung anhand von Heteronormativismen, insbesondere aufgrund von sexueller Identität. Wie auch schon bei der Erfassung des  Personenstandes gilt auch für die Erhebung des Familienstandes, dass sich durch den Anspruch der Demographischen Standards, sich an Veränderungen sowohl in der amtliche Statistik als auch der gesellschaftliche Realität anzupassen, der dringende Bedarf für eine Erneuerung der Operationalisierungsrichtlinien ergibt.

B) Der Familienstand ist eine fremdzugeschriebene Verwaltungskategorie. Aus dem Familienstand lässt sich nicht zwingend ableiten, ob Menschen in alltäglichen Situationen als Paar wahrgenommen werden (insbesondere da nur rechtsverbindliche Partnerschaften berücksichtigt werden). In den Empfehlungen wird keine Abfrage der besonders diskriminierungsrelevanten alltäglichen Fremdwahrnehmung der sexuellen Identität aus Auto-Heteroperspektive berücksichtigt.

C) Eine Angabe mehrerer Personenstände ist nicht vorgesehen (und juristisch nicht möglich). Gleichzeitig bestehende nicht-rechtsverbindliche Partnerschaften (mehrere Partnerschaften, nicht monogame Partnerschaften) sind somit nicht sichtbar. Da keine Informationen zur sexuellen Identität direkt abgefragt werden, gibt es dementsprechend auch in Bezug auf diese Dimension keine Möglichkeit der Mehrfachidentifikation. Auch für Beziehungen, deren Geschlechterverhältnis der subjektiven sexuellen Orientierung/Identität entspricht, lässt sich nicht ableiten, ob dieses das einzige entsprechend der subjektiven sexuellen Orientierung/Identität „mögliche“ Geschlechterverhältnis ist (z.B. bi oder, pansexuelle Personen).

D) Es findet keine partizipative Entwicklung/Auswahl des Erhebungsinstruments statt. In einem Innovationsprozess sollte eine direkte Partizipation von Menschen ermöglicht werden, die in Bezug auf Heteronormativismen, insbesondere in Bezug auf sexuelle Identität Diskriminierung erfahren. Ein erster Schritt wäre der Einbegzug der Ergebnisse partizipativer Forschungungsprojekte in die Empfehlungen (z.B.: LesMigraS, 201271))

Weitere Vorschläge für die Operationalisierung von sexueller Orientierung: Bauman et al. (2018:101ff)72)

4b. nicht rechtsverbindliche Partnerschaft

Vergleiche dazu: Statistisches Bundesamt 2016: 11+4173)

A) Es wird empfohlen, zusätzlich zum Familienstand abzufragen, ob eine nicht rechtsverbindliche Partnerschaft besteht. Dabei handelt es sich um eine subjektive Selbst-Definition des aktuellen Beziehungsstatus. Es werden jedoch nur Partnerschaften zu im Haushalt lebenden Personen berücksichtigt. Aufgehobene nicht rechtsverbindliche Partnerschaften (auf Grund von Trennung oder Tod) werden ebenfalls nicht erfasst.

Es liegen keinerlei Informationen über das Geschlechterverhältnis vor, die als Index für die subjektive sexuelle Identität genutzt werden können.

B) In den Empfehlungen ist keine Abfrage der alltäglichen Fremdwahrnehmung des Beziehungsstatus oder der sexuellen Identität aus Auto-Heteroperspektive vorgesehen.

C) Die Fragestellung impliziert nur eine einzelne Beziehung zu einer einzelnen Person. Nicht-monogame Partnerschaftskonzepte können nicht angegeben werden. Eine Mehrfachangabe ist nicht möglich. Da keine Informationen zur sexuellen Identität abgefragt werden, gibt es dementsprechend auch in Bezug auf diese Dimension keine Möglichkeit der Mehrfachidentifikation.

D) Es findet keine partizipative Entwicklung/Auswahl des Erhebungsinstruments statt. In einem Innovationsprozess sollte eine direkte Partizipation von Menschen ermöglicht werden, die in Bezug auf Heteronormativismen, insbesondere in Bezug auf sexuelle Identität, Diskriminierung erfahren. Ein erster Schritt wäre der Einbezug der Ergebnisse partizipativer Forschungsprojekte in die Empfehlungen (s.o. zu Familienstand)

Standards und Macht

„Die Abfrage soziodemografischer Merkmale ist durch ihre historische Tradition leider nicht immer diskriminierungsfrei.“ (Döring & Bortz, 2016:266)74)

Worauf Döring und Bortz in ihrem Methodenhandbuch als Teil ihrer „praktischen Hinweisen zur Messung soziodemografischer Merkmale“ hinweisen, lässt sich auch aus der hier vorliegenden Analyse der Demographischen Standards ableiten: Obwohl praktisch alle in den Standards aufgenommenen Variablen auf Diskriminierungs- und Vielfaltsdimensionen und die zugrundeliegenden Herrschaftsverhältnisse verweisen und damit als Indizes für Diskriminierungs-/Vielfalts- und Gleichstellungsdaten in Frage kommen, erfüllen sie nur sehr begrenzt die Kriterien, die für eine differenzierte Operationalisierung diskriminierungsrelevanter Variablen nötig wären. Darüber hinaus wird deutlich, dass in die Operationalisierung der Soziodemographischen Variablen selbst die Logiken der Herrschaftsverhältnisse eingeschrieben sind (Homogenisierung von Menschen die im gleichen Land (außerhalb Deutschlands) geboren sind, Unsichtbarmachung von Geschlechtsidentitäten außerhalb der binären Geschlechtsvorstellung etc.). Als Instrument der Wissenschaft und amtlichen Statistik spielen sie so nicht nur eine Rolle in der Analyse von Diskriminierung und Ungleichheit, sondern sind selbst auch ein Teil der Herrschaftsverhältnisse (Heteronormativismen, Rassismen, Bodyismen, Klassismen). Durch die Standardisierung werden die Logiken der Herrschaftsverhältnisse immer wieder reproduziert und dadurch stabilisiert, und in die durch sie strukturierten Daten sowie das in der Folge produzierte Wissen eingeschrieben. Das häufignicht ausreichende Bewusstsein für die Konstruiertheit sozialdemographischer Variablen führt dazu, dass diese reifizierenden Effekte der Messinstrumente noch weniger einem Reflexionsprozess zugeführt werden.

Darin wird umso mehr die Relevanz deutlich, die den Demographischen Standards als Ansatzpunkt für einen Innovationsprozess zukommt. Dieser bewegt sich grundsätzlich in der Spannung zwischen der Chance, die in den bereits vorhandenen Verweisen auf Diskriminierungsdimensionen/Herrschaftsverhältnissen steckt, den forschungspraktischen Herausforderungen, die mit einer differenzierteren Erhebung von Variablen einhergehen und dem Wissen um die Macht von Standardisierungen in der (Re-)Produktion von Herrschaftsverhältnissen.

Je nach Funktion der soziodemographischen Variablen im Forschungsprozess ist eine maximal differenzierte Erhebung aus forschungspraktischen Gründen nicht immer möglich und sinnvoll. Da die Demographischen Standards jedoch kein starres Regelwerk sind, könnte auch eine erneuerte, differenziertere Version der Demographischen Standards je nach Bedarf angepasst werden:
  • Handelt es sich, wie z.B. in der klassischen Ungleichheits- oder Diskriminierungsforschung, um theoretisch relevante Variablen zur Hypothesenbildung (unabhängige, abhängige, Mediator- oder Moderator-Variablen), ist eine differenzierte Erhebung besonders wichtig. Die alleinige Erhebung von Proxyvariablen sollte möglichst vermieden werden. Durch den Inhaltlichen Fokus auf die entsprechende Dimension ist es möglich, entsprechende Zeit- und Fragebogen-Kapazitäten aufzuwenden, um möglichst aussagekräftige Daten zu erhalten.
  • Im Fall einer hypothesenredundanten Erhebung – z.B. zur Stichprobenbeschreibung oder als Kriterium zur Stichprobenauswahl (Quotenstichprobe, Qualitativer Stichprobenplan, Geschichtete Stichprobe) oder als Filtervariable – muss aus Ressourcen und Zeitgründen häufig strenger abgewogen werden, wie ausführlich und differenziert die soziodemographischen Variablen erhoben werden (Döring & Bortz, 2016:410)75). Deshalb ist es in diesem Fall besonders wichtig, dass die Konstruiertheit von wenig differenzierten Messinstrumenten (z.B. Einzelatem-Abfragen) bewusst reflektiert wird. Wenn Analysen mit hypothesenredudanten Variablen nachträglich durchgeführt werden, sollten die Limitationen eines stark vereinfachten Messinstruments und die darauffolgende Aussagekraft der Daten transparent diskutiert werden (z.B. Proxyvariablen klar als solche benennen + Limitationen aufzeigen). In der Beurteilung von Repräsentativität anhand von soziodemographischen Variablen sollte immer transparent gemacht werden, dass die Repräsentation nur für diejenigen Dimensionen beurteilt werden kann, die in der Studie, sowie in der Referenzdatei erfasst werden (z.B. kann nicht beurteilt werden, ob innerhalb der Gruppe von „Menschen mit Migrationshintergrund“ diejenigen, die rassistische Diskriminierung erleben oder Menschen, die kein deutsch sprechen, unterrepräsentiert sind, wenn dies nicht erfasst wird). (Schirmer, 2009:109)76)
Es handelt sich um „hypothesenredundante Informationen“ wenn die Variable – wie für soziodemographische Variablen häufig der Fall – nicht vorab theoriegeleitet in einen Zusammenhang mit den zu prüfenden Hypothesen oder der Forschungsfrage gebracht wird, sondern routinemäßig erhoben und ausgewertet wird (Schirmer 2009:27). Diese zusätzlichen Informationen werden dann oft im Sinne einer explorativen Analyse in die Auswertung einbezogen und wirken hypothesengenerierend, sie können „zu interessanten Vermutungen anregen.“ (Schirmer), z.B. Hinweise auf eine mögliche Relevanz des entsprechenden Merkmals im Zusammenhang mit der Forschungsfrage geben. Für die Diskriminierungs- und Ungleichheitsforschung ist dies besonders interessant, da quantitative Daten zu einem breiten Spektrum an Themen so bereits Informationen z.B. zu fehlender Repräsentation oder einer ungleichen Verteilung von Ressourcen als Indiz für (strukturelle) Diskriminierung enthalten, ohne dass dies den eigentlichen Fokus der Untersuchung darstellt (Ahyoud et al. 2018:26). Diese Informationen können z.B. auch für Sekundäranalysen (gerade von großen Datensätzen aus Surveys o.ä.) genutzt werden.

Durch den vielfältigen Einsatz soziodemographischer Variablen in der empirischen Sozialforschung könnte eine verbesserte Operationalisierung weitreichende Folgen haben, die im besten Fall dazu beitragen, bestehende Diskriminierung und dahinterliegende Machtstrukturen sichtbar zu machen und durch umfassendere Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten „auf eine tatsächliche Gleichstellung von Menschen […] hinzuarbeiten.“ (Ahyoud et al., 2018:29)77)

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