Partikularismus

Ein Partikel bezeichnet einen 'kleinen Bestandteil' (vgl. DWDS-Eintrag zu Partikularismus) und damit immer einen Teil eines Ganzen, zu dem er in einem Spannungsverhältnis besteht. Im Politischen ist der Partikularismus entsprechend immer eine Betonung eines Teilsystems gegen das übergeordnete System, sodass er etwa im 18. Jahrhundert das Streben von deutschen Kleinstaaten zu größerer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit vom Reich (als übergeordnetes System) oder von anderen größeren Staaten bezeichnete (vgl. ebd.).

In derselben Weise kann er auch die Bestrebung einer ethnischen oder sozialen Gruppe nach mehr Selbstständigkeit und Unabhängigkeit gegenüber der Gesellschaft (als übergeordnetes System) oder von anderen gesellschaftlichen Gruppen bezeichnen.

Partikularistische Politik heute legt also entweder den Fokus auf eine gesellschaftliche Teilgruppe (in der Regel Minderheiten) und fordert bestimmte Rechte für diese. Sie kann aber auch die Welt als Sammlung von Partikularitäten auslegen, die es in toto zu schützen und voneinander abzugrenzen gelte, wie es im rechtsextremen Ethnopluralismus der Fall ist. Der Ethnopluralismus legt die Welt als Sammlung von in sich homogenen Völkern oder Kulturen aus, die sich durch Vermischung gegenseitig schwächen würden, weshalb sie womöglich zu trennen sind (vgl. Transkript der BpB zu Ethnopluralismus).

Da sie den Fokus auf eine Identitätsgruppe bzw. deren systematische Ungleichbehandlung legt, wird Identitätspolitik oft als partikularistische Politik verstanden, vor allem von Kritiker_innen. Silke van Dyk verteidigt die Identitätspolitik gegen diesen Vorwurf: Sie zeige auf unbequeme Weise auf, wenn universalistische Versprechungen von Gleichbehandlung eben nicht realisiert seien. Da sie damit aber auf eine Realisierung ebendieser Versprechungen abziele, sei Identitätspolitik im Grunde einem rebellischen Universalismus verhaftet (vgl. van Dyk). Van Dyk räumt jedoch ein, dass es durchaus identitätspolitische Bewegungen gab und gibt, „die sich für den Horizont des 'Gemeinsamen' nicht (mehr) interessieren“.

Der Partikularismus wird oft in ein Spannungsverhältnis zum Universalismus gebracht. Über dieses Spannungsverhältnis steht hier noch einiges.

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