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„Wir sind ein Volk“ – ethnischer Nationalismus als Vereinigungsstrategie und Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern
Die Jahre nach der Wende wurden von einem deutlichen Wachstum rechtsextremistischen Gewalt überschattet, was sich besonders in östlichen Regionen beobachten ließ (vgl. Pfahl-Traughber 2002). Mau zufolge (2019: 147 ff.) sind Identitätsbezüge, die von der Regierung zur Zeit der Wiedervereinigung hergestellt wurden, um den Zusammenhalt zwischen den Bürger*innen in Ost und West zu fördern, teilweise für die Verstärkung fremdenfeindlicher Einstellungen in den neuen Bundesländern verantwortlich. Dieses Wiki befasst sich mit der Bedeutung deutscher Nationalität vor und während der Wende, beleuchtet die problematische Grundlage dieses Verständnisses und verdeutlicht die Verbindung zwischen den damaligen öffentlichen Diskurs zur deutschen Einheit und dem späteren Phänomen des Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern.
1989 und der Wandel der Debatte über die deutsche nationale Identität
Die nationale Frage in der BRD vor der Wende
Nach dem zweiten Weltkrieg und den Folgen des nationalsozialistischen Verständnisses des Deutsch-Seins war deutsche Identität in der BRD meistens von der Distanzierung von diesem Verständnis geprägt (vgl. Florian 2020: 181). Nationale Äußerungen wurden mit dem Nationalismus des Dritten Reichs verbunden; deshalb wurde Patriotismus eher durch regionale Identität geäußert (vgl. Götz 2011: 17).
Von einem rein republikanischen Konzept des Deutschseins in der BRD kann die Rede aber nicht sein. Die deutsche Staatsbürgerschaft wurde nach dem Prinzip ius sanguinis bestimmt, nach dem diejenigen Deutsche waren, die eine deutsche Abstammung hatten (Stender 2018: 50). Deutsche Staatsbürgerschaft wurde also ‚ethnisch‘ (ebd. 50) statt ‚politisch‘ (ebd. 50) definiert und diese Definition galt von 1913 bis zu der Reform der deutschen Staatsangehörigkeit im Jahr 2000. Wegen dieses Gesetzes wurde z.B. den Gastarbeiter*innen, die seit langem in der BRD gearbeitet hatten, die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert (ebd. 50). Hinter der antinationalistischen Fassade der BRD waren Deutschen also immer noch gesetzlich eine ethnisch homogene Gruppe.
Rückkehr des Nationalen in der politischen Sphäre
Im Westen wurde die Vereinigung von einem Wandel der Debatte im öffentlichen Diskurs begleitet. Die Ablehnung der offenen Identifikation als Deutsche wurde in Frage gestellt und jetzt wurde debattiert, wie eine neue deutsche Identität aussehen könnte (vgl. Götz 2012: 135f). Bei einem demokratischen deutschen Selbstverständnis, das sich auf den Stolz auf die Verfassung bezieht, wurde befürchtet, ‚dass die Nation im Zuge der Globalisierungsprozesse ihre Daseinsberechtigung verlieren‘ würde (Götz 2012: 135 f.). Eine ethnische Definition der Deutschen im öffentlichen Diskurs würde aber Einwanderer*innen ausgrenzen (ebd. 136). Die ethnische Definition schien aber zu gewinnen. Linke Politiker*innen, die sich gegen eine ethnisch-definierte Definition deutscher Identität positionierten, hatten wenig Rückhalt; konservative Politiker*innen mit ihrer Betonung einer auf der Ethnizität beruhenden Identität wurden zur beherrschenden Stimme der Vereinigung (vgl. Florian 2020: 213).
Nationale Mitgliedschaft statt demokratisches Selbstverständnis – die Vereinigungsstrategie der Wende
Die Debatte über die deutschen Identität wurde später in der Verfassung des vereinigten Deutschlands konkretisiert. Nach bundesrepublikanischer Verfassung gab es zwei Möglichkeiten einer Wiedervereinigung: Nach Art. 23 GG könnte könnte die DDR in das Gebiet des Grundgesetzs der BRD einbezogen werden. Nach Art. 146 GG wäre es aber auch möglich gewesen, eine neue Verfassung mit Mitbestimmung der DDR-Wähler*innen zu erstellen (vgl. Florian 2020: 172). In einer schon instabilen Zeit war die Regierung der BRD aber nicht dazu bereit. Zudem wurde eine schnelle Vereinigung vorgezogen (vgl. Mau 2018: 146). Vertreter*innen der DDR-Demokratiebewegung wurden unter Konservativen verdächtigt, mit der Friedensbewegung der frühen 80er Jahre verbunden zu sein und zudem keine einheitliche Interessengruppe zu bilden. Deswegen wurde eine Vereinigungsprozess nach Art. 23 gewählt und auf die Teilnahme der DDR-Bürger*innen (und die Vertreter*innen ihrer Demokratiebewegung (vgl. Florian 2020: S. 212)) an der Gestaltung eines neuen Grundgesetzes verzichtet (vgl. Mau 2019: 146).
Die DDR- und BRD-Bürger*innen erlebten infolgedessen keine Vereinigung als gemeinsames demokratisches Projekt; die Hoffnung linker Politiker*innen auf ein demokratisch basiertes deutsches Selbstverständnis zerschlugen sich (Götz 2011: 143 f.). Vielmehr wurde ein Zusammengehörigkeitsgefühl generiert, indem die sprachlichen, kulturellen und historischen Gemeinsamkeiten im politischen Diskurs unterstrichen wurden. Die Einheit wurde infolgedessen von einer ‚Aufwertung von Herkunft und Zugehörigkeit‘ (Mau 2018: 148) begleitet. Eine solche Vereinigungsstrategie wird z.B. in manchen Reden zur Zeit des Mauerfalls deutlich, mit der Rede von ‚unsere[m] Volk‘ (Kohl 1989, zit. n. Kirchner 2022: 17:09), oder den ‚Landsleuten‘ (15:49) aus der DDR (auch Mau 2018: 148). Der Berliner Bürgermeister Walter Momper äußerte 1989 den ‚Wunsch nach nationaler Kollektivierung‘ (Florian 2020: 174) und sagte: „Wir Deutschen sind jetzt das glücklichste Volk auf der Welt“ (Momper 1989, zit. n. Footage Berlin 2017: 1:05-1:07).
Die rassistischen Grundlagen der „deutschen Nation“
Warum wird die Betonung einer gesamtdeutschen Nation aber als mögliche Ursache oder mindestens Katalyse rassistischer / rechtsextremistischer Gewalt zur Zeit der Wende gesehen? Nach Wehler (vgl. 1994: 78f.) fungiert die Nation nicht nur als eine große Gemeinschaft, die ‚ein Zugehörigkeits- und Loyalitätsgefühl‘ (ebd. 75) unter seinen Mitgliedern propagiert, sondern die auch immer auf einem Feindbild basiert. Nationale Gemeinschaften, die Außenseiter hatten, gegen die sie kämpfen könnten, haben weniger Konflikte unter denen, die dazugehören. Deshalb wurde zum Beispiel der englische Nationalismus historisch mit Hass gegen das katholische Spanien verbunden, der amerikanische Nationalismus mit einer Ablehnung der Engländer usw. (vgl. 1994: 78f).
Der ‚Ethnonationalismus‘ (Stender, 2018: 58), der sich während der Wende und danach entwickelte, funktioniert auf diese Weise. Ethnonationalismus versteht die Nation als politische Manifestierung einer ethnischen Gruppe (vgl. ebd.: 63). Diese ethnische Gruppe ist eine Konstruktion. Ihre Mitglieder werden zu einer imaginären gemeinsamen Herkunft verknüpft, die sie mit anderen vermeintlichen Nachfahr*innen dieser Völker des Altertums durch Blutsbande verbindet und die ihnen einen angeblich ‚natürlich[en]‘ (ebd.: 61), überlegenen Status als Eingeweihte verleiht. Eine solche gemeinsame Identität basiert infolgedessen auf der Idee einer ethnisch homogenen ‚Reinheit‘ (ebd.: 61), wobei Unterschiede ausgelöscht und andere ethnisierte Gruppen abgewertet werden. Die Ergebenheit in Bezug auf die eigene ethnische Gruppe wird, wie bei anderen Formen des Nationalismus, mit Hass gegen die Außenseiter*innen verknüft, der sich in einer gewalttätigen Praxis äußern kann (vgl. ebd.: 63).
Im Fall der Wendezeit galt also das deutsche Volk als eine vorgestellte ethnische Gruppe, während Migrant*innen zur ethnisierten Feindgruppe wurden. Diese Entwicklung zeigt sich auch im Wandel der Slogans, die auf Demonstrationen genutzt wurden. Während der Ausspruch, ‚Wir sind das Volk‘ eine demokratische DDR forderte, forderte das spätere Mantra ‚Wir sind ein Volk‘ die Einheit einer ethnisch-definierten deutschen Nation, die damit die als nicht-deutsch Wahrgenommenen ausschließt (vgl. Cash Hauke 2022: 303ff). Für viele Migrant*innen und andere marginalisierte Gruppen wie Jüd*innen und Roma und Sinti war die Wende deshalb eine Zeit, die von Rassismus geprägt war (vgl. ebd.: 305).
Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern nach der Wende
Die Schattenseiten der Wende zeigen sich in den Statistiken: Zwischen 1990 und 1992 ist einen Anstieg von 1.307 rechtsextremistischen Gewalttaten zu beobachten (178 → 1.485). Die Angriffe der 90er Jahren fanden mehrheitlich in den neuen Bundesländern statt. So gab es im Jahr 1999 2,19 rechtsextremistische gewaltsame Delikte pro 100.000 Menschen in den undesländern und 0,68 in den alten Bundesländern (vgl. Pfahl-Traughber 2002). Mit dem Angriff auf das Wohnhaus für DDR-Vertragsarbeiter*innen und Zentrum für Asylbewerber*innen in Rostock-Lichtenhagen im Jahr 1992 wurde in internationalen Medien gar eine Rückkehr des deutschen Nationalismus des Dritten Reichs befürchtet (Schnieder 2001: 277 f.).
Die Jahrzehnte nach der Wende wurden auch von der Erscheinung mehrerer rechtsextremistischer Parteien in östlichen Landtagswahlen begleitet, wie der DVU (Deutsche Volksunion) in Brandenburg 1999-2008 und Sachsen-Anhalt 1998-2002 und der NDP (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) (Mecklenberg-Vorpommern 2006-2016 und Sachsen 2004-2014), die sich allerdings nicht fest etablieren konnten. Erfolgreicher war aber die Alternative für Deutschland (AfD). Zwar ist sie eine aus den alten Bundesländern stammende Partei, aber ihre Wähler*innenschaft wohnt mehrheitlich in den neuen Bundesländern. 2017, ein erfolgreiches Jahr für die Partei mit 12,6% der gesamtdeutschen Wahl, gewann sie 21,9% der Stimmen im Osten gegen 10,7% im Westen. In den Landtagswahlen für Brandenburg, Sachsen und Thüringen wurde sie zur zweitstärksten Partei, mit mehr als ein Fünftel der Stimmen. (Weisskircher 2020: 614 f.)
Neben rechtsextremen Parteien wurde die rechtsextremistische Bewegung PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) in Dresden, Sachsen geboren. Ihre Demonstrationen hatte zum Beispiel im Winter 2014-2015 20.000 Teilnehmer*innen, kurz vor der stärken Zunahme von Flüchtlingen in Deutschland 2015 (vgl. Weisskircher 2020: 616).
Ein Erbe der DDR-Regime oder der nationalistischen Vereinigungsstrategie?
Die Ursache der rechtsextremistischen Einstellungen in den Bundesländern der ehemaligen DDR ist umstritten. Einige führen die Vergesellschaftung in der DDR an. Während in der BRD ein ethnonationalistisch geprägtes Selbstbild im offiziellen Diskurs angesichts der deutschen Geschichte abgelehnt wurde, wurde in der DDR das Deutschsein als wesentliches Element der DDR-Selbstverständnis behauptet. Die DDR hat sich als sogenannter antifaschistischer Staat dargestellt und ‚als Erbin der guten Seiten der deutschen Nation‘ (Mau 2019: 94); Rassismus, Antisemitismus usw. dagegen als rein westliches Phänomen (vgl. Michelsen et al. 2017: 63). DDR-Bürger*innenschaft konnte also ohne eine Verbindung mit Faschismus mit einer ethnisch-deutschen Nationalität verknüpft werden (vgl. ebd. 93).
Den Behauptungen der SED zum Trotz gehörten rassistische Einstellungen und Angriffe zum Alltag in der DDR. Gewalt gegen Ausländer*innen wurde oft entweder nicht offiziell bestätigt (vgl. Mau 2019: 98) oder bagatellisiert, was eine sich entwickelnde Neonazi-Kultur und die steigende Zahl fremdenfeindlicher Angriffe in den 70er Jahren verschleierte (Michelsen et al., 2017: 36). Dazu wurden die Vertragsarbeiter*innen, die in die DDR aus anderen kommunistischen Ländern zogen, vom Rest der Bevölkerung abgeschottet und vom Wettbewerb um materielle Güter ausgeschlossen, weil sie schon ‚priviliegert‘ (vgl. Bergmann/Erb 1994: 89 zit. n. Michelsen et al., 2017: 39) seien. Ihre Rückkehr ins Heimatland nach Ablauf ihres Vertrags wurde rwartet, so dass sie immer nur als temporäre Besucher des Landes galten (ebd.).
Das ethnisch und kulturell definierte nationale Selbstverständnis wurde auch von Antiamerikanismus begleitet und verstärkt (vgl. Michelsen, 2017: 39). Wenn jede Nation ihren Feind hat, wie Wecker (1994: 78f) behauptet, galten die vereinigten Staaten als Feind der DDR-Nation. Die USA wurde als Hauptvertreterin des ‚westlichen Imperialismus‘ (Michelsen et al. 2017: 39) dargestellt, ihre Kultur als unterlegen angesehen. Amerikafeindliche Parolen im öffentlichen Bereich waren sowohl von rassistischen Begriffen gegen schwarze Amerikaner*innen (ebd. 40) wie auch von antisemitischen Kommentaren geprägt (vgl. Poigner 2000: 29, 58ff zit. n. Michelsen et al. 2017: 40). Rassistische und ethnische Definitionen einer (DDR-)Deutschen Identität waren schon in der DDR eine Strategie, um das ‚Volk‘ der DDR zu vereinen.
Die DDR hat ihren Bürger*innen beigebracht, sich als ethnisch homogene Gruppe zu verstehen, doch die Verantwortung für den Anstieg rechtsextremistischer Gewalttaten nach der Wende kann aber nicht nur der SED gegeben werden. Mit der mangelnden Unterstützung für ein demokratisch bestimmtes Verständnis des neuen Deutschlands unter westdeutschen Politiker*innen zur Zeit der Vereinigung wurde der alte Ethnonationalismus der DDR noch verstärkt (vgl. Mau 2019: 149). „Den nun ehemaligen DDR-Bürgern wurde zu verstehen gegeben, dass sich ihre Stellung und ihr Status vor allem vom Deutsch-Sein ableitet und nicht auf ein republikanisches Verständnis der Mitgliedschaft zurückgeht“ (Mau 2019: 140).
Dies bedeutete auch, dass die hohe Arbeitslosigkeit sowie finanzielle Schwierigkeiten der Ostdeutschen nach der Wende, die als wichtige Faktoren beim Aufstieg des Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern gilt (vgl. Weisskircher 2020:,619) mit der Betonung eines ethnischen Selbstverständnisses verknüpft werden kann. Götz (2011: 145) spricht von einer ‚Instrumentalisierung ethnischer und nationaler Identifizierung in Verteilungskämpfen um staatliche Leistungen‘. Da die Ostdeutschen zum Teil eines privilegierten Volkes gemacht wurden, kann diese Mitgliederschaft jetzt benutzt werden, um bevorzugte Hilfe unter den Benachteiligten zu verlangen und um Fremdenfeindlichkeit zu rechtfertigen, wenn solche Erwartungen nicht erfüllt werden (vgl. Mau 2019: 232 ff.).
Rechtsextreme Vereinigungsstrategien heute und ihre Verbindung mit der Wende
Der heutige Erfolg der AfD in den östlichen Bundesländern und der Erfolg der PEGIDA-Bewegung in Dresden zwischen 2014 und 2015 ist auch mit der ethnischen / kulturellen Homogenisierung der deutschen Identität und der Ausgrenzung von Migrant*innen verknüpft.
Cash Haukes (2022) Analyse des Landtagswahlkampfs der AfD in Brandenburg 2019 unterstreicht, wie der Kandidat Slogans wie ‚Damals wie heute: Wir sind das Volk!‘, ‚Wende 2.0‘ und ‚1989|2019 Vollende die Wende‘ (ebd. 298) als Teil der Kampagne benutzt wurden. PEGIDA benutzt auch den aus der Wende stammenden Slogan ‚Wir sind das Volk‘, um Bezug auf die Demonstrationen von 1989 zu nehmen. (vgl. Vees-Gulani 2021: 60). Obwohl ‚Wir sind das Volk‘ der Slogan der frühen Demonstrationen war, deren Ziel die Demokratisierung der DDR war, wird er eher mit dem ethnonationalistischen Hintergrund des späteren Slogans ‚Wir sind ein Volk‘, verbunden (vgl. Cash Haukes 2022: 303 f.). Mit Bezug auf diese Slogans versuchen die Vertreter*innen dieser Partei und dieser Bewegung die heutige, multikulturelle BRD sowie politische Befürworter*innen einer für Migration offenen Gesellschaft mit der autoritären Unterdrückung der DDR zu verknüpfen. Der AfD zufolge sind kritische Meinungen in Deutschland heute (z.B. gegen Einwanderung) genauso unterdrückt, wie zu Zeiten der politischen Zensur in der DDR. ‚Das Volk‘, ein Begriff, der damals wie heute Migrant*innen und Ausländer*innen ausschließt (vgl. ebd.: 308), müsse deshalb ihre revolutionären Kräfte noch einmal nutzen, um den Willen des deutschen Volkes (eines ethnisch und kulturell homogenen Deutschlands) zu verwirklichen (vgl. ebd. 300 f.) Die Bezüge zu den Demonstrationen der Wendezeit werden bei den PEGIDA-Protesten auf gleiche Weise verwendet (vgl. Vees-Gulani 2021: 59 f.).
Diese Verknüpfungen rufen bei den ehemaligen Bürger*innen der DDR noch einmal die Identifikation als eine homogene, ethnisierte Gruppe hervor. Wie diejenigen, die sich über die Idee einer gesamtdeutschen Nation zur Zeit der Wende freuten und an der nationalen Freude teilnahmen und sich als Teil der Gruppe von ‚wir Deutschen‘ (Momper 1989: zit. n. Footage Berlin 2017: 1:05) sehen konnten (die Kritiker*innen anscheinend aber nicht), werden die heutigen Ostdeutschen, die ethnische Homogenität als positiv betrachten und aktiv befürworten, als Vorbild des Deutsch-Seins dargestellt. (Cash Haukes 2022: 300 f.). Diese Diskurse suggerieren, dass es nur eine Meinung zur Einwanderung unter vermeintlichen echten Deutschen geben darf, so, wie es zur Zeit der Wende und danach im offiziellen Diskurs nur eine Meinung / Erfahrung der Vereinigung geben durfte. Dabei wird den Mitglieder der ethnisierten Gruppe ‚Ostdeutsche‘ ein überlegener Status gegeben, der auf ihrer größeren Neigung zu Fremdenfeindlichkeit und Rassismus (und der Bereitschaft, solche Einstellungen in die Praxis umzusetzen) basiert. Wie zur Wendezeit wird also suggeriert, dass Privilegierung nur mit einer deutschen Ethnizität (Mau 2019: 140 sehen) und der damit verbundenen Distanz zu den Außenseiter*innen zu erwerben ist.
Fazit
Die Vereinigung der DDR und der BRD wurde von der Frage begleitet, wie die deutsche Identität definiert werden sollte. Der Ausschluss der DDR-Bürger*innen von der Gestaltung der Verfassung hat die Möglichkeit einer Identität, die auf Verfassungsstolz basiert, geschwächt. Stattdessen wurde eine ethnonationale Definition von deutscher Identität benutzt, um die Bürger der zwei Staaten zu vereinen und Solidaritätsgefühle zwischen ihnen zu fördern. Diese Entscheidung führte dazu, dass Migrant*innen aus der neuen deutschen Nation ausgeschlossen wurden, weil sie nicht als Teil dieser deutschen Abstammungsgruppe galten. Obwohl die DDR schon rechtsextremistische Strömungen hatte und sich als ethnische Nation verstand, wurde die Illusion eines deutschen Volks durch diese Entscheidung nur verstärkt. Wenn viele ehemalige DDR-Bürger*innen unter Arbeitslosigkeit und finanziellen Schwierigkeiten nach der Vereinigung litten, konnte ihre Mitgliedschaft zu diesem Volk von manchen als Rechtfertigung genutzt werden, die Rechte anderer Gruppe zu entwerten und die eigenen Rechte aufzuwerten. Heute versuchen die AfD und andere rechtsextremistische Gruppen, die Unterstützung unter ‚Ostdeutschen‘ zu fördern, indem sie auf die alten Strukturen von Inklusion und Exklusion nach ethnischen Linien Bezug nehmen. Die ethnonationale Ideologien der Wendezeit wird in den neuen Bundesländern erneut betont, um Hass gegen die als nicht-deutsch Betrachteten zu legitimieren und zu verstärken.
Literaturverzeichnis
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Zitierte Externe Links
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