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Rechte Online-Medien (Felix Fink)

In der derzeit global zu verzeichnenden autoritären Wende des Politischen zielen konservativ bis rechtsextreme Parteien, Bewegungen und Organisationen auf den Abbau emanzipatorischer Errungenschaften sexueller und reproduktiver Selbstbestimmung: Im Mai 2019 wurden Abtreibungen im US-Bundesstaat Alabama komplett verboten, außer für die Schwangere bestehe eine konkrete Lebensgefahr; in Polen wurde bereits 2016 von der Bürgerinnenbewegung Stop Aborcji (Stoppt Abtreibungen) im Einklang mit der Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) versucht, ein solches Verbot durchzusetzen und in Deutschland löste die Causa Hänel1) eine hitzige Debatte über das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche (§ 219 a StGB) aus.
In Deutschland hat es die AfD (Alternative für Deutschland) geschafft, familien- und geschlechterpolitische Themen „aus ihrem Nischendasein zu befreien und für alle sichtbar auf die Agenda rechtspopulistischer Parteien und Bewegungen zu setzen“ (Lang 2017: 61): Diese machen bis zu zwei Drittel des Inhalts unterschiedlicher Wahlprogramme der AfD auf Bundes- und Landtagsebene aus (vgl. ebd. 2017: 63). In puncto Schwangerschaftsabbruch knüpft die AfD an das, seit den 90ern viral gegangene, Mantra der Abtreibungsgegnerinnen für den „Schutz des ungeborenen Lebens“ an und forderte in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017 eine „Meldepflicht für Abtreibungen“, deren Unterlassung durch die Ärztinnen „spürbare Sanktionen nach sich ziehen“ (AfD 2017: 39) soll.
Doch sind es nicht nur Rechtspopulistinnen2) wie die AfD, die sich bei Protesten gegen die „Homo-Ehe“, gendersensible Pädagogik, Gender-Forschung oder -Mainstreaming und eben gegen Abtreibung auf der Straße zusammenfindet. Vielmehr fungieren diese Themen als Bindeglied zwischen der sogenannten Mitte der Gesellschaft, Rechtsextremen, christlichen Fundamentalistinnen und Faschistinnen (vgl. Blum 2017).
Wie kommt es, dass auf globaler Ebene neben migrations- vor allem geschlechterpolitische Fragen die Gemüter erregen und rechte Parteien von Russland über Ungarn bis nach Deutschland und die USA Stimmen mit der Denunziation von Gleichstellungpolitik sowie Geschlechter- oder Gender-Forschung gewinnen? Und wieso sind es dabei ausgerechnet Abtreibungsgesetze, die im Zentrum realpolitischer Bemühungen der sogenannten Rechtspopulistinnen stehen? Das Forschungsprojekt versucht Antworten auf diese Fragen zu finden, indem es mit dem rechtspopulistischen Diskurs zu Schwangerschaftsabbruch einen Teildiskurs der gegenwärtigen Debatten um geschlechter- und familienpolitische Fragen untersucht.

Forschungsstand und -desiderat

Zur Rolle von gender- und familienpolitischen Fragen innerhalb des Rechtsextremismus gibt es bereits zahlreiche Studien, von denen hier nur einige angeschnitten werden, die erstens aktuell sind und sich zweitens explizit auf die Spezifika rechtspopulistischer Strategien beziehen. Juliane Lang (2017) und Lynn Berg (2019) untersuchten in zwei Studien die Geschlechter- und Familienpolitik in der AfD und der extremen Rechten Deutschlands. Erstere stellt fest, dass sich die Familienpolitik der AfD „zunehmend in Richtung völkischer Entwürfe geschlechtlicher Ordnungen“ (Lang 2017: 64) entwickelt hat: Im Bundesparteiprogramm von 2014 wurden Familienentwürfe jenseits der heterosexuellen Ehe noch nominell toleriert, wohingegen das familienpolitische Programm von 2016 klar an der traditionellen Norm zweier Partnerinnen unterschiedlichen Geschlechts ausgerichtet ist und jede Abweichung davon als Bedrohung einer „ursprünglichen Gesellschaftsordnung“ abgelehnt wird (vgl. ebd. 2017: 68).
Dabei versucht die AfD wie andere Rechtspopulistinnen, „feministische Politiken zur Bedrohung einer liberalen und demokratischen Gesellschaft“ (ebd. 2017: 70) umzudeuten, jegliches männliches Gewalthandeln auf ein bedrohliches und fremdes Außen zu projizieren und sich dabei selbst als Beschützerin von Frauen zu inszenieren (vgl. Berg 2019). Am Beispiel von „Kandel ist überall“ und anderen rassistischen Mobilisierungen verdeutlicht Berg die Funktionalität der Externalisierung von männlicher Gewalt und Geschlechter-Ungleichheit: Indem männliche Gewalt gegen Frauen und Misogynie ausschließlich als Handlungen von (muslimischen) Migranten oder Flüchtlingen und andererseits Hijab-tragende Frauen als unterdrückt, nicht integriert und symbolisch für die Rückwärtsgewandtheit des Islam thematisiert werden, kann die „eigene, deutsche“ Gesellschaft als vermeintlich progressive und gendergerechte dargestellt werden (vgl. ebd. 2019: 85–87). Damit schaffen es die Rechtspopulistinnen antifeministische und sexistische Positionen zu vertreten, während sie sich zugleich als Retter- und Beschützerinnen von Frauen und Gleichberechtigung inszenieren können.
Das Thema Schwangerschaftsabbruch wurde in den Studien nicht explizit oder nur am Rande (vgl. ebd. 2019: 83) behandelt. Diese Forschungslücke versucht das vorliegende Projekt zu schließen, indem sie das Phänomen Schwangerschaftsabbruch im rechtspopulistischen Diskurs untersucht. Dahinter steht die Annahme, dass Schwangerschaft und Abtreibung eine zentrale Rolle im Weltbild des Rechtsextremismus und -populismus einnehmen, was sich bspw. in den realpolitischen Bemühungen rechter Parteien widerspiegelt, Abtreibungsgesetze restriktiver zu gestalten oder Abtreibung ganz zu verbieten. Forschungsleitende Fragen sind dabei: Welche Positionen oder Aussagen zu Schwangerschaftsabbruch finden sich in rechtspopulistischen Diskursen? Welche Bedeutung oder welche Funktion kommt dem Schwangerschaftsabbruch dabei zu? Inwiefern werden Schwangerschaftsabbruch mit anderen rechtspopulistischen Themen verknüpft?

Massenmediale Arena

Zur Kommunikation ihrer Inhalte setzen Rechtspopulistinnen verstärkt auf digitale Massenmedien, wie soziale Plattformen (Facebook, Twitter etc.) oder Nachrichtenportale (Russia Today, Compact Magazin etc.), und sind dabei durchaus erfolgreich: Laut einer aktuellen Studie des Medienwissenschaftlers Trevor Davis stammen 85 Prozent der auf Facebook geteilten Beiträge politischer Parteien von der AfD (vgl. Spiegel 2019). Auch weil die Algorithmen von Online-Diensten wie Facebook systematisch Inhalte bevorzugen, die für mehr Klicks oder Interaktionen sorgen – um den Betreiberinnen mehr Informationen über ihre Nutzerinnen zu liefern –, wirken diese katalysatorisch auf die Verbreitung rechtspopulistischer Inhalte, die besonders effekthaschend und emotionalisierend gestaltet sind.
Für die Untersuchung des Phänomens Schwangerschaftsabbruch im rechtspopulistischen Diskurs wähle ich deshalb die mediale Arena des Nachrichtenportals Politically Incorrect (PI). PI-News ist laut einer Analyse der Zeit neben Epoch Times Deutschland das meistgelesene rechtspopulistischen Medienorgan (vgl. Hamann 2017) und hatte im Juli 2019 laut Web-Statistiken knapp 7 Millionen Besucherinnen3). Mit einer Untersuchung dieses Nachrichtenportals kann auch eine Kontrastierung zu den bisherigen Studien zu geschlechterpolitischen Strategien im Rechtspopulismus erreicht werden, die sich hauptsächlich auf die AfD konzentrieren (vgl. Berg 2019; Lang 2017). Denn PI-News ist kein offizielles Presseorgan einer Partei oder Organisation, auch wenn der positive Bezug zur AfD und die grundlegend rechtspopulistische bzw. rechtsextreme Ausrichtung offensichtlich sind. So wird in den Leitlinien von PI bspw. befürchtet, dass die Einwohner Deutschlands „in zwei, drei Jahrzehnten in einer weitgehend islamisch geprägten Gesellschaftsordnung leben müssen, die sich an der Scharia und dem Koran orientiert“ (PI 2019). Die beliebtesten Kategorien auf der Seite sind unter anderem: Deutschland, Islam, Asyl-Irrsinn, Islamisierung Europas, Altmedien, Linksfaschismus und Migrantengewalt (vom 13.08.2019).
Damit werden auf PI so gut wie alle Themen des gegenwärtigen Rechtsextremismus aufgegriffen. Trotzdem kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass auf PI alle möglichen Aussagen des rechtspopulistischen Diskurses zu Schwangerschaftsabbruch getätigt werden. Inwiefern sich die Ergebnisse dieser Untersuchung für den rechtspopulistischen Diskurs insgesamt verallgemeinern lassen, müsste erst noch geklärt werden.

Diskursanalyse nach Keller

Mit der Wahl der massenmedialen Arena als Feld der Untersuchung steht eine Spezialarena im Fokus, die sich dadurch auszeichnet, dass sie an institutionelle und kollektive Praktiken (Proteste, Gesetzgebungsprozesse etc.) gekoppelt ist und einen Raum für die öffentliche Debatte bietet, in der es um die „Distinktion, Vermittlung und Transformation konkurrierender Erzählungen“ (Viehöver 2004: 243) geht. Insofern speisen sich massenmediale Diskurse weniger aus individuellen Positionen oder Intentionen, sondern aus den politischen Zielen verschiedener Akteure einer Diskurskoalitionen, die um die Deutungshoheit kämpfen, indem sie sich auf dieselbe story line bezüglich eines Themas beziehen (vgl. Keller 2011: 68, 110).
Die diskursanalytische Methode eignet sich für die Untersuchung des Phänomens Schwangerschaftsabbruch im Rechtspopulismus, weil nicht davon ausgegangen wird, dass sich die Bedeutung von Schwangerschaftsabbruch einfach in den medizintechnischen Verfahren, den rechtlichen Institutionen oder in der aggregierten Akkumulation individueller Aussagen zu diesem Thema erschöpft. Vielmehr wird hier davon ausgegangen, dass die Bedeutung von Schwangerschaftsabbruch im Rechtspopulismus als Effekt von Zusammenhängen, Strukturen und Regeln, die den „in Zeit und Raum verstreute[n] Ereignisse[n]“ (ebd. 2011: 83) unterliegen, zu verstehen ist. Auf Grundlage der natürlichen Daten bedarf es dafür eines rekonstruktiven Verfahrens.
Dazu orientiere ich mich im Folgenden an den methodischen Vorschlägen Reiner Kellers zu einer wissenssoziologischen Diskursanalyse (2001, 2011). Für diesen ist es die Aufgabe der Wissenssoziologie, „die kollektiven und institutionellen Prozesse, in denen spezifisches Wissen zur gesellschaftlichen Wirklichkeit wird“ (Keller 2001: 114), zu analysieren. Diskurse sind für Keller ein wissenssoziologischer „Spezialfall“, da sie als analytische Konstrukte dienen, mit denen auf einen Teilbereich des gesellschaftlich verfügbaren Wissensvorrats fokussiert werden kann, um die Verbindungen zwischen Wissensproduktion, -objektivation, praktischen Handlungen, Deutungen und gesellschaftlichen Wirkungen zu untersuchen. Subjekte werden durch diese Diskurse mitkonstituiert und bleiben dabei „deutungs- und handlungsfähig“, indem sie „die Diskurse aktualisieren, mit Leben füllen, herausfordern, überschreiten“ (ebd. 2001: 126).
Die Vorteile Kellers diskursanalytischem Forschungsprogramm liegen für das vorliegende Forschungsprojekt vor allem in den methodischen Vorschlägen für die Schritte der Auswahl, Eingrenzung und des Samplings der zu untersuchenden Daten, welche insbesondere bei dem großen Datenvolumen digitaler Massenmedien zentral für eine gelingende Analyse sind. Außerdem bietet Kellers Programm einen flexiblen Rahmen, innerhalb dessen sich verschiedene Analysemethoden kombinieren lassen und der explizit auf interpretative Analysemethoden auslegt ist. Ziel der vorliegenden Diskursanalyse ist es dann, den „Bedeutungshorizont oder -kontext“ (ebd. 2011: 82) zu erschließen, innerhalb dessen die – ihn zugleich konstituierenden – Aussagen über Schwangerschaftsabbruch im Rechtspopulismus Sinn machen.

Erstellung des Datenkorpus

Der Datenkorpus richtet sich nach den Untersuchungszielen und muss also so beschaffen sein, dass er Antworten auf die forschungsleitenden Fragen liefern kann (vgl. ebd. 2011: 83). Für die Auswahl der Daten orientiere ich mich deswegen an der Methode des theoretischen Samplings der Grounded Theory, was bedeutet dass der „process of data collection is controlled by the emerging theory“ (Glaser/Strauss 2009: 45). Der Prozess der Datenauswahl erfolgt nach theoriegeleiteten, reflektierten Kriterien und baut auf bereits gewonnenem Wissen zum Thema sowie über den zeithistorischen Kontext auf (vgl. Keller 2011: 90). Welche Daten könnten in Bezug auf Schwangerschaftsabbruch im rechtspopulistischen Diskurs relevant sein? Welcher Zeitraum muss oder sollte abgedeckt werden? Sinnvoll ist es auch, sich die Frage zu stellen, welche der, anfangs vielleicht plausibel erscheinenden, Daten vermutlich nichts zur Beantwortung der Forschungsfragen beitragen werden.
Es bedarf also, neben den oben bereits genannten Gründen für die Wahl des Nachrichtenportals PI, weiterer inhaltlicher und zeitlicher Einschränkungen für die Erstellung des Korpus. Zunächst wurden über die Such-Funktion auf der Webseite alle Artikel abgefragt, die folgende Wörter enthalten: „Schwangerschaftsabbruch/s“, „Abtreibung“, „Werbeverbot/s“ und „Hänel“ (am 22.05.2019). Die umfangreichen Suchergebnisse wurden dann auf den Zeitraum der Jahre 2018 und 2019 begrenzt. Das hat einerseits forschungspragmatische Gründe: In den beiden Jahren scheint es mit 67 Artikeln mit jeweils ungefähr zwei Seiten Text vorerst genügend Datenmaterial zu geben, um eine qualitative Sättigung in der Analyse erwarten zu können.
Außerdem gibt es auf PI eine Zeit des Schweigens zwischen 2015 und 2018, in denen keine Artikel zu den Themen Schwangerschaftsabbruch oder Werbeverbot erschienen sind. Dies lässt vermuten, dass es Anfang 2018 (der erste Artikel ist vom Januar 2018) ein (diskursives) Ereignis gab, durch das die Themen wieder aufgegriffen wurden, und dass es sich ab dann möglicherweise um eine kohärente Diskursformation handelt. Der erstellte Korpus bleibt vorläufig und kann, je nach Entwicklung der Fragestellung und Forschungshypothesen, erweitert oder beschränkt werden.

Auswahl der Daten zur ersten Feinanalyse

Nach der Erstellung eines Datenkorpus mit insgesamt 67 Artikeln im Zeitraum 2018/19 werden diese in einer Daten-Tabelle mit den folgenden Attributen eingetragen: Datum, Autor, Titel, Such-Index und Daten-Kürzel (für die Verweise im Text). Im Anschluss erfolgt eine erste Sichtung der Dokumente, die in diesem Zuge grob inhaltsanalytisch ausgewertet und nach Themen sortiert werden. Dabei zeigt sich zunächst, dass im Kontext „Schwangerschaftsabbruch“ eine große Vielfalt an anderen Themen jeweils mitverhandelt werden, die auch ansonsten prominent auf PI vorkommen: Deutschland, Medien, Migration, Asyl, usw.
Für die erste Feinanalyse wähle ich nun ein Dokument (#4) aus, das typisch für den Diskurs zu sein scheint, weil in ihm viele der, bei der Inhaltsanalyse aufgetretenen, Themen vereint sind (vgl. ebd. 2011: 92): Schwangerschaftsabbruch als Gewalttat, Migration, Flüchtlinge, Bundeskanzlerin/-regierung und Sozialdemokratie. Weil der einzelne Artikel erstens sehr kurz ist und es zweitens aufgrund der Vielfältigkeit angeschnittener Themen schwierig ist, überhaupt zu erkennen, welche Aussagen in Bezug auf Schwangerschaftsabbruch relevant sind, suche ich nach dem Prinzip minimaler Kontrastierung zuerst nach weiteren, ähnlichen Dokumenten (#7, #9). Damit konstruiere ich einen inhaltlich möglichst dichten Fall als Teilbereich des rechtspopulistischen Diskurses zu Schwangerschaftsabbruch auf PI, innerhalb dessen dieselben oder sehr ähnliche Erzählungen und Argumentationsmuster auftreten könnten (vgl. Keller 2011: 91f.). Dabei wird vorerst ignoriert, dass es sich Artikel unterschiedlicher Autorinnen handelt. Da es mir aber weniger um die Analyse individueller Diskurspositionen, als um die Wirkung und die Aussagen des Diskurses insgesamt geht, scheint dieses Verfahren angemessen.

Analyse Fall I: „(Versuchter) Schwangerschaftsabbruch durch Körperverletzung“

Zu diesem Fall gehören vorerst 3 Artikel auf PI zwischen März 2018 und Januar 2019 – verfasst von drei Autoren: Max Thoma, David Deimer und Johannes Daniels – die ich unter dem Arbeitstitel „(Versuchter) Schwangerschaftsabbruch durch Körperverletzung“4) zusammenfasse. Denn gemeinsames Thema dieser Artikel sind gewalttätige Angriffe auf (migrantische) Schwangere mit einem Messer durch männliche Flüchtlinge, die entweder (Ex-)Partner oder Verwandte des Opfers sind. Die Gewalttaten sind strafrechtlich verfolgt worden, es handelt sich also nicht etwa um investigative Recherchen oder das Aufdecken bislang nicht von der Polizei verfolgter Straftaten. In den Artikel wird jeweils der Tathergang beschrieben, es werden genau der Ort der Verbrechen, die Tatwaffe und die Nationalitäten benannt (insofern es sich um nicht-deutsche handelt). Alle Artikel ziehen einen Zusammenhang zwischen den Gewalttaten und der Migrationspolitik des Bundes bzw. „der Bundeskanzlerin“ in Folge des sogenannten Sommers der Migration.
In Anlehnung an die Grounded Theory werden die Dokumente offen bzw. induktiv mithilfe des Programms MAXQDA 10 auf drei Ebenen codiert (vgl. ebd. 2011: 106): Nachdem der Text detailliert gelesen wurde, werden rein deskriptive Codes angelegt, die beschreiben, was in voneinander abgegrenzten Passagen passiert oder wie diese paraphrasiert werden könnten (z.B. die Codes: „Angriff“ oder „Bundeskanzlerin“). Auf einer zweiten Ebene wird der gesamte Text detailliert und wiederum offen codiert, wobei sowohl Invivo-Codes (Wörter oder Abschnitte im Text werden wörtlich übernommen) als auch stärker interpretative Codes verwendet werden. Diese Ebene von Codes ist für die Analyse interessant, weil mit ihr einerseits die Semantik oder rhetorische Mittel (bspw. „Beziehungstat“ oder „Merkel-Gäste“) und andererseits wiederkehrende erzählerische Motive (bspw. „Regionalität“) festgehalten werden. Für die letzte Ebene werden Codes angelegt, die sich stärker auf den roten Faden der Dokumente konzentrieren: Welches Problem wird hier verhandelt? Was sind die Argumente? Dafür werden auch einige bereits angelegte Codes zu Codegruppen zusammengefasst, wie z.B. „Gewalttat“. In dieser Gruppe werden dann alle Sub-Codes von Textpassagen zusammengefasst, die irgendetwas mit Gewalt (gegen Menschen) zu tun hat, denn Gewalt scheint in allen Dokumenten eine zentrale Rolle zu spielen. Zu einigen der Codes oder Codegruppen sowie zu den analysierten Dokumenten selbst erstelle ich eine Reihe von Memos, die bspw. Interpretationsschritte oder offene Fragen festhalten. So lautet mein Memo zum Code „Opferbeschreibung“ bspw.: „Wie wird das Opfer des Angriffs umschrieben/beschrieben?“
Im Anschluss folgt die Tiefenanalyse des ersten Falls, wobei ich zunächst feststelle, dass sich die codierten Diskursfragmente nur bedingt für eine wissenssoziologische Diskursanalyse nach Keller eignen. Der Diskurs auf PI scheint auf die Polarisierung einer Debatte abzuzielen und weniger auf die rationale Argumentation oder Darstellung verschiedener Positionen als auf die emotionale und affektive Mobilisierung des Publikums zu setzen. Die Annahme Kellers, in Diskursen würden sich in gesellschaftlich vorhandene und intersubjektiv geteilte Wissensvorräte manifestieren (vgl. ebd. 2011: 69), scheint unter diesen Bedingungen gewissermaßen zu rationalistisch, um Erkenntnisse über den Untersuchungsgegenstand gewinnen zu können.
Die Narrationsanalyse nach Willy Viehöver (2001, 2004) eignet sich hingegen aus mehreren Gründen für das Forschungsvorhaben: Erstens geht sie davon aus, dass in Diskursen Narrationen auf selektive Weise und mit spezifischen (politischen) Intentionen aktualisiert werden, was mit einer (intendierten) Innovation des Diskurses und damit der Welterfahrung einhergehen kann (vgl. Viehöver 2001: 198). Es lässt sich annehmen, dass das dem Vorgehen populistischer Diskurse entspricht, die sich politische Diskurse auf selektive Weise aneignen, um sie auf polarisierende Weise zu beeinflussen. Zweitens lässt die Narrationsanalyse die epistemologische Annahme zu, dass (kollektive) Akteure sich „bewußt oder unbewußt“ (ebd. 2001: 178) auf narrative Schemata beziehen und aktualisieren, wie z.B. auf völkische oder nationalistische Meta-Narrationen. Damit ist für die Analyse der Narrativisierung im besonderen Maße auch eine Interpretation dessen ermöglicht, was zwischen den Zeilen oder zumindest nicht explizit geschrieben steht.

Narrationsanalyse

Bei der Narrationsanalyse handelt es sich um ein methodisches Instrument zur Untersuchung von Narrationen, bei denen es sich, so Willy Viehöver, um „zentrale[] diskursstrukturierende[] Regelsystem[e] handelt“ (2001: 178). Diese Narrationen oder narrativen Schemata, sie könnten auch als Erzählungen oder Mythen bezeichnet werden, gehen insofern nicht im Begriff des Diskurses auf, als dass sie in verschiedenen Diskursen selektiv angeeignet und kommuniziert werden können. Dabei können sie aus relativ einfachen kommunikativen Akten und banalen Aussagen bestehen (vgl. ebd. 2001: 182). Mittels der Aneignung dieser Narrationen in (kollektiven und sprachlichen) Praktiken können „Akteure Bedeutung konstruieren und verändern, Sinn verstehen und ihre (individuelle) Identität konstituieren“ (ebd. 2001: 179). Zentral ist dabei nicht nur der Inhalt des Erzählten, sondern vor allem die Art und Weise der Narrativisierung, also wie die Objekte, Personen, Ereignisse der Narrationen in selektiver und sozial-historisch spezifischer Weise miteinander in Verbindung gebracht und welche Eigen- und Fremdpositionierungen dabei vorgenommen werden. Mit der Analyse dieser Narrativisierungen kann damit nicht nur festgestellt werden, welche soziale Ordnung mit einer Erzählung reproduziert wird, sondern auch, welche dynamischen Effekte, welche möglichen Welten sie schafft oder schaffen will.
Viehöver unterscheidet zwischen verschiedenen Typen von Narrationen, von denen hier vor allem die öffentlichen sowie die Meta-Narrationen und Ideologien interessieren. Erstere beziehen sich auf kulturelle oder institutionelle Strukturen, die das Individuelle notwendig übersteigen, und sind „an die Praxis (kollektiver) Akteure rückgekoppelt.“ (ebd. 2001: 183) Beispiele hierfür wären die Narrationen der Redefreiheit oder des Klimaschutzes. Mit Meta-Narrationen und Ideologien meint Viehöver große Erzählungen, die ganzen Gesellschaften als traditionelles, kulturelles Wissen zu Grunde liegen. Religiöse Schöpfungs-, nationale Gründungs- oder auch kapitalistische Fortschrittsmythen ließen sich unter diese Kategorie fassen. Wichtig für dieses Forschungsvorhaben ist dabei auch, dass, so Viehöver, öffentliche Narrationen immer Bezug auf Meta-Narrationen nehmen (vgl. ebd. 2001: 184).
Für die Analyse von Narrationen schlägt Viehöver vor, die Texte mit unterschiedlichen Markern, zu denen „zentrale Symbole, Codes oder Hypercodes“ (ebd. 2001: 189) zählen, zu versehen. Im Gegensatz zum offenen Codier-Verfahren der Grounded Theory sind die Marker an die heuristisch angenommenen narrativen Strukturen angelegt, entsprechen diesen also als Analyse-Kategorien. Um die bereits angelegten Codes und Codegruppen weiter verwenden zu können, werden diese deshalb entsprechend der nun folgenden Analyse-Kategorien zusammengefasst bzw. eingeordnet.
Die narrativen Strukturen unterteilt Viehöver in vier Dimensionen, die es jeweils zu analysieren gilt: Die Textoberfläche und die rhetorischen Mittel, die episodische Struktur, die Aktantenstruktur, den Plot und zuletzt die Wertestrukturen. Zu Beginn wird der zu untersuchende Text in heuristisch angenommene Abschnitte und Episoden unterteilt, wobei diese Episoden nicht unbedingt der chronologischen Reihenfolge von Textabschnitten entsprechen (Codes/Marker: Angriff, Tatbeschreibung, islamistischer Terror, Migration, Presse etc.). Vielmehr geht es um die logische Verknüpfung und Abfolge des Inhaltes eines Textes, wie beispielsweise: Benennung des Problems, Ursache, Problemlösungsstrategien. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass „komplexe Geschichten eine Konfliktbestimmung (Einleitung), verschiedene Episoden der Konfliktentfaltung und der Auflösung (Mitte) umfassen und schließlich mit der Moral der Geschichte enden“ (ebd. 2001: 194).
Anschließend kann die Aktantenstruktur eines Textes analysiert werden, die strukturierend auf die Narration wirkt: Wem werden beispielsweise die Rollen des Senders, Empfängers, Helfers, Opfers, Täters, Held oder Anti-Held zugewiesen? Wie werden die Akteure und ihre Rollen beschrieben? Viehöver nimmt an, dass die Aktanten in binären Gegensätzen auftreten (vgl. ebd. 2001: 186). Wie wir noch sehen werden, lässt sich diese Annahme des binären Gegensatzes nicht ohne weiteres auf den rechtspopulistischen Diskurs zu Schwangerschaftsabbruch übertragen. Codes und Codegruppen, die sich unter diese Dimension der narrativen Struktur einordnen lassen, sind bspw.: Flüchtling, Bundeskanzlerin, Polizei, Schwangere.
Mit dem Plot wird anschließend die dramaturgische Dimension der Erzählung untersucht, die dieser Sinn, Kohärenz und raumzeitliche Strukturen verleiht: Wie werden die Aktantenstruktur, Ereignisse und Objekte innerhalb der Episoden miteinander arrangiert? Wie werden Aktanten, Episoden und die Textoberfläche mit den Wertestrukturen vermittelt? Welche codierten Textfragmente hierzu Antworten liefern können, wird sich erst im Weiteren zeigen. Aus der Analyse der Episoden, Aktanten und Plots lässt sich dann viertens auf die zugrunde liegenden Werte- und Argumentationsstrukturen sowie auf bestimmte Moral- und Realitätsvorstellungen schließen.

Episodenstruktur: Sekundäre Problem

Die zum Fall I zusammengestellten Artikel lassen sich jeweils in die drei Abschnitte Einleitung, Konfliktentfaltung und Anklage einteilen (vgl. ebd. 2001: 194), wobei einleitend jeweils der Angriff (Episode 1, E1) auf die Schwangeren beschrieben wird:

„Ein Jahr nach dem ‚Einzelfall von Kandel‘ sticht ein afghanischer ‚Asylbewerber‘ in einer Bad Kreuznacher Klinik auf eine schwangere Frau mit äußerster Brutalität ein.“ (#4)

Im Anschluss folgen jeweils mehrere Episoden (E2-5), die den Konflikt weiter entfalten. Dabei wird auf die direkten Folgen der Angriffe (E2) eingegangen (sowohl für die Geschädigten als auch für die Täter). So wird bspw. berichtet, dass der „Zustand [der Angegriffenen, Anm. d. A.] den ‚Umständen‘ entsprechend stabil“ sei und der „Täter, ein 25 Jahre alter ‚Asylbewerber‘ aus Afghanistan, […] derzeit noch in Untersuchungshaft“ (#4) sitze.
Außerdem werden die vermeintlichen Ursachen für die Angriffe benannt (E3), wobei nicht davon gesprochen werden kann, dass die Autoren eine Ursache oder Kausalität behaupten oder gar begründen würden. Vielmehr wird der Zusammenhang mit Mitteln der Suggestion unterstellt: Nach der Beschreibung der Angriffe und Tathergänge folgen beispielsweise die Zwischenüberschriften „Abtreibung nach Stammessitte“ (#4) oder „Am Dienstag Abend [sic] soll Alaa zu Allah gehen [Alaa ist der Name der Angegriffenen, Anm. d. A.]“ (#7). Hier wie auch im Folgenden wird durch die repetitive Nennung von Wörtern und Bezeichnungen, wie „Stammessitte“ (#4), „Scharia“, „islamisches Recht“, „Islam“ (#7), „Afghane“ (#4, #9), „Flüchtling“, „Schutzsuchender“ (#4, #7) oder „Asylbewerber“ (#9) ein Zusammenhang zu den Gewalttaten suggeriert, der sich allein schon in der vermeintlichen nationalen, ethnischen, religiösen oder asylrechtlichen Zugehörigkeit erschöpfen soll. Ohne freilich, dass im Folgenden weiter darauf eingegangen würde, in was dieser genau bestehen würde.
Dieselben vermeintlichen Ursachen, so wird durch die Verwendung derselben ethnisierenden etc. Bezeichnungen behauptet (E4), führten ebenfalls zu weiteren Problemen – im Weiteren sekundäre Probleme genannt –, wie z.B. sexuelle Belästigungen und Übergriffe auf Frauen auf einem Stadtfest (#4) oder islamistischen Terrorismus (#7). Diese sekundären Probleme führten bspw. zu „No-Go-Areas“ (#4) oder zu Staatsgefährdung (#7) (sekundäre Folgen, E5).
Nach dieser Konfliktentfaltung folgt der Abschnitt der Anklage, der sich wiederum in die zwei Episoden „Verantwortlichkeit“ und „Anklage“ einteilen lässt. Verantwortlich für die (sekundären) Probleme und ihre Folgen seien einerseits Bundesregierung und -kanzlerin, die die Flüchtlinge als „Gäste“ (#7) nach Deutschland „eingeladen“ (#4) hätten und andererseits die „baden-württembergischen Behörden Merkels“ (#7), die den bedrohlichen Problemen naiv, unfähig und untätig gegenüber stünden. Darauf folgt im letzten Abschnitt die Anklage, indem Presseorgane der unaufrichtigen oder falschen Berichterstattung bezichtigt und die Regierungsparteien (CDU und SPD) wegen ihrer Asyl- oder Migrationspolitik als mitverantwortlich für die Taten (moralisch) verurteilt werden. So bemerkt der Autor David Deimer, dass N-TV „politisch korrekt“ noch nichts über die Hintergründe des Angriffs auf eine Schwangere berichtet hätte und suggeriert gleichzeitig durch Ironie, dass das „Motiv für den Messerangriff […] ebenso wie für die gesamte illegale Massen- und Messereinwanderung“ (#9) doch eigentlich klar sei. Max Thoma beklagt, dass die CSU „für mehr Familiennachzug“ (#7) gestimmt habe und damit verantwortlich für (die im Artikel behandelte und) weitere Beziehungstaten sei. Der dritte Artikel (#4) schließt mit einer moralischen Verurteilung der Jungsozialisten (Jusos, Jugendorganisation der SPD), weil diese „die völlige Straffreiheit eines ‚Schwangerschaftsabbruchs / Baby-Mord‘ bis zum neunten Monat“ gefordert hätten und damit „aus dem selben [sic] Holz ‚geschnitzt‘“ (#4) seien wie die vermeintlichen Aggressoren des Artikels.
In dieser exemplarischen Einführung in die Abschnitte wurden die Episoden vor allem in ihrem logischen Zusammenhang und weniger in ihrer inhaltlichen Breite dargestellt. Für eine genauere und differenzierte Darstellung der Daten sind die Inhalte der 7 Episoden hier noch einmal aufgelistet:

  1. Problem: Flüchtlinge greifen schwangere Frauen mit Messern an
  2. Folgen: Gefährdung der Schwangerschaft der Frauen/der Föten und der Frauen selbst
  3. Ursachen: fremde Sitten, islamische Kultur oder Recht, Scharia; Flüchtlinge kommen aus fremden, archaischen Kulturen mit anderen Sitten, Gepflogenheiten oder Gesetzen, die ihre Gewalttätigkeit bzw. die konkreten Taten bedingen
  4. Sekundäre Probleme: archaische Familienstrukturen, sexuelle Belästigung oder Übergriffe; Gewalttaten durch Flüchtlinge, Kriminalität, Islamismus und islamistischer Terrorismus
  5. Folgen sekundärer Probleme: allgemeine Bedrohungslage (für Frauen) und Staatsgefährdung; No-Go-Areas
  6. Verantwortlichkeit: Bundeskanzlerin und -regierung; Asyl- bzw. Migrationspolitik der Regierungsparteien; unfähige Behörden (Justiz, Polizei, BAMF)
  7. Anklage: politisch korrekte Presse stellt den Zusammenhang zwischen den Gewalttaten mit der Herkunft, Kultur oder Religion der Täter infrage, obwohl dieser vorhanden ist; die Regierungsparteien setzen sich

Aktantenstruktur: Von der einzelnen Tat zum Täter-Kollektiv

Alle untersuchten Artikel benennen zu Beginn die anlassgebende Gewalttat, den raumzeitlichen Kontext der Tat sowie Opfer und Täter:

„Brutaler Angriff [Handlung: Gewalt] am helllichten Tag [Zeit] in Südhessen [Ort]: In der Innenstadt von Bischofsheim [Ort] griff am Montag [Zeit] ein junger Mann [Täter] auf offener Straße [Ort] eine Schwangere [Opfer] mit einem Messer [Waffe] an.“ (#9)

Die von Viehöver vorgeschlagenen, typischen und binären Aktantenrollen von Sender/Empfänger, Subjekt/Objekt, Helfer/Bösewicht, Held/Anti-Held ergänze ich um die Rollen Opfer und Täter, weil diese Gegenüberstellung zentral für die untersuchten Dokumente ist, auch wenn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Artikel in keinem Fall eine strafrechtliche Verurteilung der Täter stattgefunden zu haben scheint5). Die Bezeichnungen des Täters haben alle einen ethnisierenden Charakter bzw. verweisen auf dessen vermeintliche Herkunft, nationale, religiöse Zugehörigkeit oder asylrechtlichen Status: „Asylbewerber“, „Afghane“ (#9), Schutzsuchender (vgl. #4), „‘Flüchtling‘ aus Palästina“ (#7) usw.
Die Geschädigten der Gewalttaten werden einerseits als (hoch-)schwanger beschrieben, andererseits zielen auch hier die weiteren Benennungen auf die Identifikation als „Asylbewerber[in]“ (#9), Flüchtling oder auf die vermeintlich islamische Religionszugehörigkeit des Opfers ab (vgl. #7). So wird beispielsweise der Name einer angegriffen Schwangeren „Alaa“ wiederholt mit islamisch-religiösen Begriffen oder Formulierungen in Verbindung gebracht, wie „Insch’Alaa“ und „Allah“ (#7). Eine Ausnahme bildet hier die „25 Jahre alte Frau polnischer Staatsangehörigkeit [Opfer]“ (#4), die – abseits der Nennung ihrer Staatsangehörigkeit – nicht weiter beschrieben wird und über die, im Gegensatz zu den anderen Geschädigten, auch keine zynischen Bemerkungen gemacht werden.
Im weiteren Verlauf des Textes geht es dann nicht mehr um die titelgebende Tat, sondern um andere potenzielle Straftaten, Gewalttaten o.ä., die angeblich entweder von denselben Tätern (#7) oder anderen „Afghanen“ oder „Asylbewerbern“ (#4) begangen worden wären. Indem auch für die vermeintlichen Ausführenden dieser anderen Taten dieselben Bezeichnungen wie für die der titelgebende Einzeltat verwendet und diese sehr oft wiederholt werden, wird ein abstraktes Täter-Kollektiv konstruiert, dem alle Taten gleichermaßen zugerechnet werden:

„Der Täter, ein 25 Jahre alter ‚Asylbewerber‘ [Täter] aus Afghanistan [Täter: Herkunft], habe sich nach kurzer Flucht und Fahndung der Bundespolizei [Helfer] am Bahnhof von Bad Kreuznach [Ort] gestellt. […] Die pfälzische 50.000-Einwohner-Stadt Bad Kreuznach [Ort] hat seit 2016 [Zeit] erhebliche Probleme mit ‚Asylbewerbern‘ [Täter-Kollektiv] aus Afghanistan [Täter-Kollektiv: Herkunft].“ (#4)

Hier lässt sich beobachten, wie mit der wiederholten Verknüpfung von Ereignissen mit Aktanten(-Gruppen) „the attributes Muslim, immigrant, misogynistic and violent as synonymous With one another“ (Berg 2019: 85) aufgebaut werden sollen. Die aufgeführten Gewalttaten werden sozusagen als „Beweise” für die Bedrohung durch eine ganze Gruppe benutzt, die damit gleichzeitig homogenisiert wird.
Die Verbindung der Episodenstruktur mit der Konstruktion des Täter-Kollektivs auf der Textoberfläche – die repetitive Nennung der Täter-Bezeichnungen im Zusammenhang mit den Problem-Episoden – führt zudem zur zentralen narrativen Funktion der Aktantenstruktur: die Opfer-Rolle wird von der angegriffenen Schwangeren auf das implizite „Wir“ des Senders/Publikums verschoben. Der Sender einer Narration lässt sich nach Viehöver als „Mobilisierer oder Agenda-Setter vorstellen […], also als denjenigen, der auf das Problem aufmerksam macht, und zugleich die eigentlich relevanten Werte vermittelt oder verkörpert“ (2001: 197), die wiederum an die Empfänger oder das Publikum adressiert sind. Indem das Täter-Kollektiv sowohl für die anlassgebenden Einzeltaten als auch für andere Bedrohungssituationen auf „Stadtfest[en]“ (#4), an verschiedenen, konkret benannten Orten (vgl. #4, #7, #9) und in Deutschland generell (#9) verantwortlich gemacht wird, wird das Sender/Empfänger-Kollektiv zum eigentlich bedrohten bzw. zum Opfer.
Gleichzeitig werden die Betroffenen der titelgebenden Angriffe aus dem Opfer-Kollektiv ausgeschlossen, indem sie durch dieselben Beschreibungen der Andersheit (muslimischer Glauben etc.) dem Täter-Kollektiv zugeschrieben und durch Zynismus entmenschlicht werden. Der PI-Autor Max Thoma schreibt über den Angriff auf eine schwangere Frau durch deren Ehemann:

„Das Mädchen ist höchstens 15, da klingeln schon die Hochzeitsglocken! […] Der Ehemann hat nicht nur den gleichen Nachnamen, sondern auch den gleichen Vornamen ‚Alaa‘ wie das Mädchen. […] Im Falle des ‚Ehepaars Alaa 1 und Alaa 2‘ gestalte sich die Lösung ihrer Ehekrise eher ‚inhuman‘, wie üblich.“ (#7)

Täter und Opfer des Angriffs werden mit einer zynischen Beschreibung der Gewalttat als „Ehekrise“ und über den Vornamen miteinander identifiziert. Das eventuelle Leid der Betroffenen ist den Autoren herzlich egal, auch wenn sie in der Rolle als Sender Werte zu vertreten vorgeben, nach denen die Angriffe auf die Schwangeren moralisch verurteilt werden. Wichtiger jedoch als die Empathie mit den Betroffenen, die Aufklärung oder die Analyse der Gewalttat ist die Mobilisierung von Affekten wie Ekel, Schmerz, Betroffenheit und Wut, beispielsweise durch die besonders schockierende Beschreibung und der Betonung der „Brutalität“ (#4) der Taten. So schreibt obiger Autor etwa, wie der „schwangeren 17-jährigen Schwester Alaa ein Messer in den Brustkorb gerammt“ (#7) wurde. Ist die Tat an sich schon schlimm genug, hätte es für die konkrete Angriffshandlung sicherlich auch ein anderes Verb oder eine andere Satzkonstruktion getan. Die Vorstellung, dass etwas in einen menschlichen Körper „gerammt“ wird, hat jedoch eine besonders brutale Konnotation6). Diese mobilisierten Affekte werden dann auf das – die Betroffenen enthaltende – Täter-Kollektiv übertragen, indem suggeriert wird, dass dieses sowohl für die sekundären Probleme als auch für die Angriffe auf die Schwangeren und damit eben auch für die negativen Affekte verantwortlich seien. Mit der feministischen Theoretikerin Sarah Ahmed ließe sich sogar sagen, dass es primär diese mobilisierenden Affekte sind, die als „Klebstoff“ zwischen verschiedenen Akteuren zirkuliert werden, um diese als kollektive Identitäten von Opfern und Tätern, von Eigenen und Fremden, zu konstituieren (vgl. Ahmed 2014).
Die Autoren der hier untersuchten Artikel setzen sich in die Rolle der Sender, indem sie die Einzeltaten sowie die vermeintlich anderen Bedrohungen verurteilen und sich damit an ein Publikum richten, das ihre Bewertung und ihre Urteile teilt oder teilen soll. Zugleich ist es dieses Sender/Empfänger-Kollektiv selbst, das von den thematisierten Problem bedroht würde. Heldinnen scheint es in deren Erzählungen nicht zu geben: Zwar gibt es die Polizei und die Justiz, denen die Rolle der Helferin zugeschrieben wird – „Im Rahmen der sofort eingeleiteten Fahndung konnten die Beamten [Helfer] den Tatverdächtigen [Täter] rasch stellen“ (#9) –, allerdings werden „die Behörden“ (Angela Merkels) als naiv und unfähig, wenn nicht gar als die Täter unterstützende Helferinnen, dargestellt:

„Im Rucksack des Syrers [Täter] befanden sich 17.000 Zündhölzer, „Feuerwerks-Sprengstoff“ und 17 Zünd-Batterien zur Konstruktion für 17 tödliche Bomben. Abd Alrahman konnte die Behörden [scheiternde Helferin] an der dänischen Grenze jedoch überzeugen, dass er die Zündhölzer benötige, da er starker Raucher sei“ (#7).

Plot: Allgemeine Bedrohung

Aus der Analyse der Aktantenstruktur in Verbindung mit der Textoberfläche ergibt sich auch noch eine andere Funktion: Zwar gibt es in der Erzählung keine Heldinnen, Subjekte also, die die Werte des Senders verwirklichen. Allerdings lassen sich die Sender selbst als verhinderte Helden bezeichnen: Denn sie erkennen im Gegensatz zu den „politisch korrekt[en]“ (#9) Medien, um was es sich bei den „‘mutmaßlichen‘ Täter[n]“ oder den „‘Schutzsuchenden‘“ (#4) etc. wirklich handelt und schreiben darüber, auch wenn die vermeintliche Wahrheit nur angedeutet und der Held7) letztlich machtlos bleibt. Theodor Adorno nennt das in seiner Analyse der faschistischen und antisemitischen Rundfunkreden des Martin Luther Thomas den Sendboten-Trick (vgl. Adorno 1973: 372–375): Der Sender stellt sich nicht als Retter, sondern nur als Bote dar, welcher den unheilvollen Nachrichten ebenso schwach wie seine Empfängerinnen gegenübersteht und der „eher selbst der Erlösung [bedarf], als daß er der Erlöser sein kann.“ (ebd. 1973: 374) Indem die Autoren der Artikel auf PI die vermeintlichen Probleme, Ursachen und Verantwortlichkeiten zwar „mutig“ thematisieren, sich selbst jedoch gleichzeitig als machtlos gegenüber der „Systempresse“ und den Regierungsparteien darstellen, inszenieren sie sich als bloße Vorläufer eines Retters. Dieser Trick ermöglicht die psychologische Integration des Publikums zu einer Totalität mit dem Sender, da dieser sich zugleich als ebenbürtig mit seinen Empfängern und als starker Repräsentant der Wir-Gruppe darstellt. Die Nichtbesetzung der Helden-Rolle kann zudem als Aufforderung gelesen werden, diese – als Individuum oder Kollektiv – proaktiv einzunehmen.
Doch zu was wird hier aufgefordert? Schon zu Beginn der untersuchten Artikel auf PI wird nahegelegt, dass es hinter den konkreten Angriffen gegen die Schwangeren eine grundlegende Ursache oder sogar eine gezielte Intention gibt: Mit der Einleitung „Wieder ein Afghane, wieder Rheinland-Pfalz, wieder eine ‚Beziehungstat‘, wieder ein Mord“ (#4) wird durch die Verwendung der Satzfigur des Polysyndeton – eine Aufreihung mit bewusster Wiederholung desselben Bindewortes – verstärkend, besonders eindringlich und scheinbar anschaulich (vgl. Zeit 2016/2017) auf einen Zusammenhang bzw. ein zugrundeliegendes Muster hingewiesen. Wenn die Gewalttat angeblich „im Zeichen des ‚historisch einmaligen Experiments‘“ (#7) stehe, dann wird suggeriert, dass diese Tat mit einem Ereignis – die sogenannte Migrationskrise oder der „Sommer der Migration“ in Deutschland – zusammenhängt, das wie ein Experiment eine geplante und intendierte Versuchsanordnung sei; mit „‘Die Hintergründe sind noch vollkommen unklar‘“ (#9) wird durch die Anführungszeichen erstens klargestellt, dass das nicht die Meinung des Autors ist, sondern eine zitierte, und dass die Hintergründe eben sehr wohl klar seien. Doch was sind für die Autoren dieser Artikel die „Hintergründe“ dieser Taten?
Stellte sich in der Analyse der Episoden-Struktur (Kap. 4.1.1.) noch die Gewalttat gegen die Schwangeren als das Ausgangsproblem (E1) dar, so zeigte sich durch die Analyse der Aktantenstruktur (Kap. 4.1.2.), dass das Hauptproblem vielmehr die Migration an sich oder die Existenz des Täter-Kollektivs ist, zu dem die angegriffenen Schwangeren hinzugezählt werden. Zugleich wird auch die Ursache der Probleme verschoben: Nicht nur werden alle Gewalttaten dem „fremden“ Kollektiv zugeordnet, sondern die vermeintliche (Mit-)Verantwortlichkeit wird zu einer Ursächlichkeit transformiert:

„Das Merkelregime hat hunderttausende junger Männer aus archaischen Kulturen nach Deutschland importiert.“ (#4)

Dies lässt sich am einfachsten erklären, betrachtet man die besonders gewaltvolle Beschreibung der (versuchten) Schwangerschaftsabbrüche durch Körperverletzung als „Affektspender“: Die dabei mobilisierten Affekte werden, wie in der Analyse der Aktantenstruktur beschrieben, auf das Täter-Kollektiv übertragen. Da dessen Existenz angeblich das Ergebnis einer bewussten Handlung der Bundesregierung oder -kanzlerin ist, können Affekte wie Ekel oder Wut wiederum auch auf letztere als vermeintliche Verursacherinnen aller benannten, bedrohlichen oder gewaltförmigen Handlungen projiziert werden. Die Ursache für die titelgebende Gewalttaten wie für die allgemeine Bedrohung durch das Täter-Kollektiv wird auf die Bundesregierung- bzw. die Kanzlerin verschoben, da diese die Migration zugelassen oder sogar gezielt gesteuert hätten.
Neben der gewaltvollen Beschreibung der Angriffe auf Schwangere nutzen die Autoren noch andere sprachliche Mittel, um ein Gefühl der allgemeinen und nahen Bedrohung zu schaffen. Dies geschieht durch die genaue Beschreibung des Tatortes und der Tatzeit: Die Taten geschehen „in der Innenstadt von Bischofsheim […] auf offener Straße“ (#9), „in einer Bad Kreuznacher Klinik“ (#4) oder „in einem Kinderzimmer […] in Laupheim bei Ulm“ (#7). Diese Alltäglichkeit der Orte, mit denen jede schonmal irgendwie in Kontakt war oder etwas damit verbinden soll und die als „Schutzräume“ (Krankenhaus, Kinderzimmer, Öffentlichkeit) gelten, rückt die vermeintliche Bedrohung in besondere oder eben alltägliche Nähe. Die Bedrohung durch Täterkollektiv erreicht also auch Sphären, die normalerweise als sicher gelten. Auch dass in zweien der Artikel genau die Bewohneranzahl der Kleinstädte genannt wird – „13.000“ (#9) und „50.000“ (#4) – rückt die Bedrohung in große Nähe, weil bei solch einer Anzahl von Bewohnerinnen jede die oder eine Betroffene der Taten kennt, anders als bspw. in einer Großstadt.
Diese, über den Plot und die Textoberfläche realisierte, allgemein Bedrohungslage wird über eine binäre Aktantenstruktur vermittelt: Auf der einen Seite das implizite Sender-Wir (Sender, Empfänger, naive und scheiternde Helfer), die von den bedrohlichen Affekten betroffen sind. Auf der anderen steht das Anti-Helden/Bösewicht-Kollektiv, das aus dem Täter-Kollektiv sowie der Bundesregierung/-kanzlerin besteht und als die Ursache der mobilisierten Affekte gilt. Zu diesem zählen auch die (Jung-)Sozialisten, weil diese „die völlige Straffreiheit eines ‚Schwangerschaftsabbruchs / Baby-Mord‘ bis zum neunten Monat“ gefordert hätten und damit „aus dem selben Holz ‚geschnitzt‘“ (#4) seien wie das Täter-Kollektiv.

Zwischenergebnis und -hypothesen

Aus der Analyse der Episodenstruktur (Kap. 4.1.1) lässt sich einerseits die Hypothese ableiten, dass Schwangerschaftsabbruch in der Realität des Diskurses nur als etwas existiert, dass den Schwangeren gewaltförmig von außen zugefügt wird. Schwangere, die sich freiwillig für eine Abtreibung entscheiden und diese durchführen lassen, gibt es nicht. Zweitens scheint Schwangerschaftsabbruch im rechtspopulistischen Diskurs auf PI etwas mit Migration zu tun zu haben, wobei unklar ist, ob das Thema Schwangerschaftsabbruch nicht nur als Steigbügel dienen soll, um den Diskurs zu Migration und Flüchtlinge weiter zu polarisieren.
Im Kapitel zur Aktantenstruktur (4.1.2) konnte gezeigt werden, wie durch die Verbindung aus Aktanten, Ereignissen und sprachlichen Elementen ein Wir-Kollektiv, bestehend aus implizitem Sender und Publikum, geschaffen wurde, dass von einem Täter-Kollektiv der fremden Anderen bedroht würde. Für die Analyse des Schwangerschaftsabbruchs wiederholt sich damit die obige Feststellung, dass es Abtreibung nur als etwas gibt, das bedrohlich und von einem „fremden Außen“ an die Schwangeren herankommt. Die Konstruktion der Aktantenstruktur zielt außerdem darauf ab, Abtreibung nicht als individuelle(s) Entscheidung, Problem oder Bedrohung, sondern durch Affektübertragung als eine Bedrohung für das implizite Sender-Wir darzustellen.
Dies lässt erstens die These zu, dass die Dramaturgie des Diskurses auf die Narration eines „Ethnomasochismus“ abzielt: Nach Berg ist dies eine rassistische und sexistische Narration, die “sexism and sexualized violence into a cultural and personal problem of an othered group of men” (2019: 86) transformiert und damit unter dem Patriarchat der Anderen zu leiden vorgibt. Aus der Analyse des Plots (Kap. 4.1.3) ergibt sich noch eine andere Komponente der Erzählung: Indem die deutsche Bundesregierung bzw. -kanzlerin sowie „die Sozialisteninnen“ zu den Bösewichten der Narration hinzugefügt und mit den Affekten einer, vor allem durch die Textoberfläche, verallgemeinerten Bedrohung besetzt werden, geht es nicht nur um die Bedrohung „der Schwangeren“, sondern um eine allgemeine Bedrohung des Gemeinwesens oder der Gesellschaft durch die Bösewichte (vgl. Viehöver 2001: 196).

Weiteres Vorgehen und Diskussion der Ergebnisse

Für das weitere Vorgehen werden die Daten mit einer verkürzenden Analyse-Strategie bearbeitet, indem vor allem die Titel und Untertitel der Artikel ausgewertet werden. Dies hat einerseits den forschungspragmatischen Grund, dass das Material des Korpus insgesamt zu umfangreich ist, um im Rahmen dieses Projektes alle Daten so im Detail zu analysieren, wie das für den Fall I exemplarisch durchgeführt wurde. Das Material scheint außerdem äußerst dicht an sprachlichen Mitteln zu sein, die auf jeden Fall einer Analyse wert wären, die aber in Hinblick auf die Fragestellungen des Forschungsprojektes nicht unbedingt viel beitragen können. Da insbesondere für digitale Massenmedien gilt, dass (Unter-)Titel „oft die Quintessenz des Textes enthalten“ (ebd. 2001: 191), soll durch diese verkürzende Strategie ein Bezug zwischen der detaillierten Fallanalyse und dem Datenkorpus insgesamt hergestellt sowie die bereits aufgestellten Hypothesen geprüft bzw. erweitert werden. Durch diese Beschränkung fällt außerdem rund die Hälfte des Datenkorpus‘ weg, da in den Titeln kein expliziter Bezug zu Schwangerschaftsabbruch gegeben ist.

Schwangerschaftsabbruch als äußerliche Gewalt

Wie schon beim Fall I (Kap. 4) zeigt sich auch in der Analyse der Titel und Untertitel, dass (versuchter) Schwangerschaftsabbruch im rechtspopulistischen Diskurs von PI ausschließlich als Gewalttat verhandelt wird, die ungewollt und unaufgefordert8) von „außen“ den Schwangeren zugefügt wird. Abtreibung oder Schwangerschaftsabbruch wird als „Mord“ (#3), „Völkermord“ (#14), „Auftragsmord“ (#15), „Babymord“ (#64), Tötung oder Schlachtung (vgl. #15, #1) bezeichnet, mit diesen Handlungen verglichen oder metaphorisiert9). Dass Schwangerschaftsabbrüche durch Unfälle, medizinische Komplikationen passieren oder aus freiem Willen der Schwangeren durchgeführt werden können, scheint es in der Realität dieses Diskurses nicht zu geben.
Akteure oder Akteursgruppen, die diese gewaltförmigen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, sind die „SPD“ (#3), „Jusos[s]“ (#11, 33, 56), „linke Abtreibungsbefürworter“ (#62) und „New York“, das ebenfalls zu den „Linken in der ‚zivilisierten Welt‘“ (#64) gerechnet wird. Damit wird das in Kapitel 4.2 analysierte Täter-Kollektiv, das vor allem als religiös, ethnisch oder kulturell fremd markiert wurde (vgl. #1, 4, 7, 9), hinsichtlich des Themas Schwangerschaftsabbruch erneut (vgl. Kap. 4.1.3) um „sozialistische“ oder „linke“ Individuen oder Kollektive erweitert. Neben den offensichtlichen Beschuldigungen in den Titeln und Untertiteln, wird der Sozialismus auch auf Ebene der Textoberfläche in das Täter-Kollektiv eingereiht: Mit dem Untertitel „Leipzig: ‚Archipel Ghulam‘-Afghane schlachtet schwangere Ehefrau“ (#1) wird beispielsweise auf das „Archipel Gulag“ als Bezeichnung für das sowjetische Lagersystem angespielt, womit der Angriff auf die Schwangere mit Sozialismus in Verbindung gebracht werden soll.
Kurz gesagt lässt sich die Thematisierung von Schwangerschaftsabbruch auf die Formel bringen: Schwangerschaftsabbruch ist Gewalt, womit die Abtreibenden generell in die Rolle völliger Passivität gedrängt werden. Da nur in wenigen der Artikel konkrete Körperverletzungen verhandelt werden, stellt sich generell die Frage: Gewalt an wem?

Anti-Individualismus

Mit der Gleichsetzung von Schwangerschaftsabbruch und Gewalt sowie der damit einhergehenden passiven Rolle für Schwangere hängt auch zusammen, dass es Abtreibung auf PI nicht als individuelle Handlung oder als individuelles Problem gibt. Zwar handelt es sich bei den (versuchten) Körperverletzungen um Gewalthandlungen gegen individuelle Personen – das Problem ist aber ein allgemeines (siehe dazu auch Kap. 4.1.3).
Nun mag das angesichts eines populistischen Diskurses, der letztlich die politische Sphäre beeinflussen will, nicht überraschen. Es wären aber dennoch Artikel denkbar gewesen, die sich mit den (vermeintlich) negativen Folgen für abtreibende Schwangere befassen oder die Thematik Abtreibung im Zusammenhang mit individuellem Glück, Familie o.ä. verhandeln hätten können10). Das ist aber nicht der Fall. Abtreibung oder Schwangerschaftsabbruch wird nur in Bezug auf übergeordnete, religiöse, staatliche, abstrakte oder völkische Kategorien verhandelt: Abtreibung als „Staatsversagen“ (#8) oder als politisches Programm von Regierungsparteien (#3, 11, 56, 61); „DEUTSCHLAND SCHAFFT SICH WIRKLICH AB!! Sechs Millionen Babys!“ (#14, Hv. i. O.), „‘1000 Kreuze für das Leben‘“ (#62) oder „Anne Will: Im Himmel fiel 10 Millionen Babys der Schnuller aus dem Mund“ (#13). Bei Abtreibung scheint es also immer um das Ganze zu gehen: Staatlichkeit, Deutschland, Gott, Volk, das Leben – alles transzendente Kategorien, deren positive Bewertung keiner weiteren Erklärung zu bedürfen scheinen. Wer für Abtreibung ist, ist gegen das Ganze. Doch was ist das Ganze?

Interpretations-Exkurs: Völkische Ideologie

Die völkisch-rassistische Weltanschauung als „kleinste[r] gemeinsame[r] Nenner“ (24) der verschiedenen Strömungen des Rechtsextremismus basiert auf der Ideologie einer unabänderlichen Ungleichheit zwischen Menschen, die in natürliche, homogene Kollektive eingebettet sind. Dabei können die Differenzkriterien je nach Strömung unterschiedliche Formen annehmen, bspw. biologistisch-rassistische im Nationalsozialismus oder kulturelle im Ethnopluralismus der sogenannten neuen Rechten. Welches Kriterium auch immer angelegt wird – es gilt als essentialistisch.
Die völkischen Kollektive sind kein individuelles Identitätsangebot, sondern Zugehörigkeitszwang zu einer organischen Gemeinschaft, die sich gegenüber ihrem Außen behaupten muss und die innerhalb hierarchisch strukturiert ist. Sozialismus, Feminismus oder andere Strömungen, die potenziell in die Zukunft und auf das Aufbrechen dieser starren Strukturen verweisen, gelten den Völkischen als dekadente und zersetzende Bedrohung, die von außen an das Volk herangetragen wird (vgl. Salzborn 2018: 25).
Vor diesem Hintergrund lässt sich verstehen, dass im Diskurs auf PI sowohl die rassistisch, ethnisch oder kulturell als volksfremd markierten Flüchtlinge zusammen mit den Sozialistinnen als gewalttätiges, abtreibendes Täter-Kollektiv miteinander identifiziert werden: Beide gefährden das völkische Kollektiv, entweder in seiner vermeintlich ethnisch-kulturellen Homogenität oder in seiner hierarchischen Struktur. Aber wieso und in welcher Weise wird diese für das Volk zersetzende Gefahr über das Thema Schwangerschaftsabbruch verhandelt?
Unter die generelle Naturalisierung der sozialen Ordnung in der völkischen Ideologie fällt auch das Geschlechterverhältnis – sowohl auf individueller wie auf abstrakter Ebene. Dieses wird in einer ausschließlich gegensätzlich-binären und komplementären Zweigeschlechtlichkeit gedacht: Idealtypisch werden Männer dabei als kämpferisch, heroisch und schmerzerprobt verstanden, während Frauen vor allem die Rolle der Mutter zukommt, die Kinder wie Familie beschützen soll. Innerhalb des Rechtsextremismus gibt es durchaus Varianzen dieser idealtypischen Gegenüberstellung, in denen bspw. Frauen auch „dem Mann im Kampf zur Seite“ (ebd. 2018: 121) stehen oder Männer Familie und „Heimat“ schützen sollen. In jedem Fall gilt das heterosexuelle Paar als Grundlage und Garant einer phantasierten reinen Abstammung, die dem Volk seine Nachkommen liefern soll. Insofern wird auch klar, wieso es Abtreibung nur durch das bedrohliche Bösewichte-Kollektiv und niemals als individuelle Handlung durch Personen innerhalb des Wir-Kollektivs gibt: Schwangerschaftsabbrüche sind in der völkischen Realitätsvorstellung künstliche Eingriffe in die natürliche Geschlechter- und Abstammungsordnung, in der es so etwas wie individuelles Handeln gegen seine* oder ihre* vorbestimmte Geschlechterrolle – hier also: Kinder zu bekommen – nicht geben kann und nicht geben darf.
In der völkischen Vorstellung nicht nur Individuen in festen Geschlechterrollen eingebunden, sondern auch Nation und Staat haben Geschlechter. Zwischen diesen gibt es die heterosexuelle Verkuppelung „eines maskulin kodierten, souveränen Staates und einer feminin kodierten, verletzlichen Nation“ (Hauer 2019: 34). Versäumt der Staat seine männliche Pflicht, die Reinheit des weiblichen Geschlechts der Nation zu schützen, kann dieses von den Anderen verunreinigt und geschändet werden. Ist die Nation zuständig für die ewige Widergeburt des Volkes, so gerät auch dieses mit der Verunreinigung durch die Anwesenheit Fremder in Bedrängnis, weil es in seiner wahnhaften Vorstellung von reiner Abstammung überhaupt nicht mehr reproduziert werden kann: die Nation treibt das Volk ab. Deswegen werden auch die Bundeskanzlerin sowie die Regierungsparteien zu den Hauptobjekten der Beschuldigungen und der Affekte im rechtspopulistischen Diskurs auf PI. Diese repräsentieren den Staat, der die Abtreibung der Nation eigentlich gemäß der natürlichen völkischen Geschlechterordnung verhindern sollte. Zusammen mit dem „fremden“ Täter-Kollektiv sind Sozialistinnen, die Bundeskanzlerin bzw. -regierung die eigentlichen Verursacherinnen „der Abtreibung“: Die Bundeskanzlerin hat Fremde ins Land gelassen, die die Reproduktion eines reinen Volkes verhindern und bedroht damit, zusammen mit „den Sozialisten“, das organische Ganze der Volksgemeinschaft.

Fazit und methodische Reflexion

Die vorliegende Untersuchung näherte sich dem Thema Schwangerschaftsabbruch über den Spezial- und Teildiskurs des Rechtspopulismus durch eine Diskursanalyse der Medienarena des Nachrichtenportal Politically Incorrect. Dabei war zunächst (und wiederholt) unklar, ob Schwangerschaftsabbruch überhaupt als eigenständiges Thema in diesem Diskurs existiert oder ob dieser nur als affektiver Steigbügel für die weitere Polarisierung der Migrationsdebatte benutzt wird. Deswegen stellt sich auch die Frage, ob mit einer Diskursanalyse zu PI überhaupt etwas über die Bedeutung oder die Funktion von Schwangerschaftsabbruch im rechtspopulistischen Diskurs herausgefunden werden kann.
Zunächst wurde eine detaillierte Narrationsanalyse des Falls I durchgeführt: Dabei war es schwierig, sich nicht in der Analyse der vielen sprachlichen Feinheiten zu verlieren und sich nicht von dem polarisierenden Anschneiden aller möglichen Themen ablenken zu lassen, sondern sich auf das Thema Schwangerschaftsabbruch zu fokussieren. Einige Kategorien Viehövers mussten angepasst werden (bspw. Sender, Anti-Held) und insgesamt lassen sich manche von ihm vorgeschlagenen Analyseebenen, wie die der Moralvorstellungen und Argumentationsmuster, nur über die Kontrastierung mit anderen Diskursen zum selben Thema sinnvoll herausarbeiten (vgl. Viehöver 2001: 199). Auch wenn im Material des Falls I viel Raum von der fremdenfeindlichen Polarisierung der Migrationsdebatte eingenommen zu werden scheint, konnte doch auch auf die Normen und Realitätsvorstellungen bezüglich Schwangerschaftsabbruch geschlossen werden: Schwangerschaftsabbruch ist etwas, das einer schwangeren Person gewaltvoll, ungewollt und von einem fremden, bedrohlichen Außen zugefügt wird. Es ist nichts, was einer individuellen Entscheidung folgen könnte und letztlich scheint es etwas mit der Bedrohung des gesamten sozialen Gefüges zu tun zu haben (vgl. Kap. 4.2).
Aufgrund der Fülle des Materials wechselte ich im Folgenden auf eine verkürzende Analysestrategie, indem ich nur noch Titel und Untertitel auswertete, was aufgrund der medialen Spezifik des untersuchten Feldes angemessen erschien und sich auch bewährte (vgl. Kap. 5). Dabei bestätigten sich die Thesen aus der Narrationsanalyse nun auch für den (inzwischen verkleinerten) Datenkorpus insgesamt: Schwangerschaftsabbruch ist eine gewaltvolle Handlung, die den passiven Schwangeren entweder von einem fremden Außen oder vom „inneren Feind“ des Sozialismus zugefügt wird (vgl. Kap. 5.1). Eine Abtreibung ist keine individuelle Handlung, zu der sich ein schwangerer Mensch überhaupt und vor allem nicht im diskursiven Wir auf PI entscheiden könnte (vgl. Kap. 5.2). Bei Abtreibung geht es immer um das Ganze.
Erst vor dem Hintergrund einer theoretischen Reflektion der völkischen Ideologie (vgl. Kap. 5.3) wird klar, wie diese Ergebnisse zu interpretieren sind und welche Geschichte hier erzählt wird: Es ist der völkische Opfermythus einer dekadenten und zerfallenden Gesellschaft, deren männlich codierter Beschützer (der Staat) die vorgeblich natürliche Geschlechterordnung nicht vor dem künstlichen Eingriff einer Abtreibung des Volkes schützen kann (vgl. Kap. 5.3). Die Bundeskanzlerin nimmt hier eine doppelte Rolle ein und ist in beiden das Objekt der Agression: als Vetreterin des schwachen, verweiblichten Staates und als Frau, als Nation, die abtreiben will. Dass es „die Fremden“, „die Sozialistinnen“ sind, die abtreiben wollen ist freilich völlige Projektion: In der affektiven Realität der Völkischen ist es unerträglich und deshalb unvorstellbar, dass es eine Schwangere innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft geben könnte, die freiwillig abtreibt.
Damit lässt sich auch verstehen, wieso sich die Rechtspopulistinnen auf PI und fundamentalistische Christinnen gleichermaßen auf das Leben in ihrem Kampf gegen Abtreibung beziehen. Für beide ist „Leben“ eine transzendente Kategorie: Für das Christentum bedeutet Leben „die Teilnahme an Christus“ (Duden 1991: 123) und damit die Möglichkeit, die nur profane, menschliche Existenz überschreiten zu können. „Das Volk“ hingegen transzendiert Sterblichkeit und Weltlichkeit, insofern es eine überhistorische Schicksalsgemeinschaft ist, in der die Einzelnen für die Ewigkeit aufgehoben sein können.
Doch woher kommt diese Wahnvorstellung vor dem Verlust des Volkes? Wie lässt sich das weiter verstehen oder erklären? Wendy Brown schrieb bereits 2010 über die wiedererstarkende Tendenz zum Mauerbau als „dramatische Inszenierungen für die Bevölkerungen von Nationalstaaten, die von den globalen, Souveränität und Identität sowohl auf staatlicher als auch auf individueller Ebene bedrohenden Kräften“ (Brown 2018: 10) beunruhigt werden. Insofern enthält die völkische Wahnvorstellung auch einen realen Kern: Die Souveränität von Staaten wird tatsächlich zunehmend von transnational agierendem Kapital, supranationalen Institutionen, Wirtschaftskrisen und den Strategien zu deren Bewältigung eingeschränkt. Wenn Volk und Nation einerseits als integrative Mythen konstitutiv an moderne Staatlichkeit gebunden sind und andererseits „das Volk“ als Objekt von staatlichen Regierungspraktiken immer wieder erst hergestellt wird, dann verwundert es nicht, dass mit schwindender staatlicher Handlungsfähigkeit auch das phantasierte Volk zu schwinden scheint. Partielle Erfolge feministischer Bewegungen und die Infragestellung männlicher Vorherrschaft leisten möglicherweise dasselbe auf individueller Ebene. Weil „Gebärfähigkeit“ bis in feministische Diskurse hinein als das vermeintlich unhintergehbar biologische Differenzkriterium zwischen Mann und Frau gilt (vgl. Korecky 2018), stehen Abtreibungsgesetze im Zentrum einer rechtsextremen Agenda, die eine patriarchale Gesellschaftsordnung (wieder-)herstellen oder aktualisieren will.
Diese „realen Kerne“ bedeuten allerdings nicht, dass es so etwas wie ein Volk gibt oder jemals gegeben hätte. Vielmehr muss man auch diese Narration, wie Viehöver es nennt, als „Geburtsstätte[] möglicher Welten“ (Viehöver 2001: 182) betrachten: Das Volk ist nicht im Verfall begriffen, sondern soll erst ex negativo aus seinem Verfall heraus entstehen. Das ist es, worauf die rechtsextreme Polarisierung der Abtreibungsdebatte hinauswill. Insofern halte ich es auch für falsch, den Diskurs auf PI als bloßes Verstecken des „eigenen fremdenfeindlichen Rassismus hinter plumpen antiislamischen Vorurteilen“ (Salzborn 2018: 92) abzutun. Sicherlich: PI ist rassistisch und verschwörungstheoretisch. Allerdings würde der Charakter dieser Diskurse verkannt, probierte man diese als Austausch rationaler Argumente zu begreifen. Sie sind nicht trotz ihrer offensichtlich absurden Anschuldigungen und verschwörungstheoretischen Fantasien gefährlich und wirksam, sondern diese Realitätsverweigerung und -verdrehung ist gerade notwendiges, politisches Mittel zur Legitimierung der eigenen Gewaltherrschaft (vgl. Theweleit 2015: 68-73). Zwar kommt PI nicht so pseudointellektuell wie die sogenannte Neue Rechte daher. Indem die Autoren es aber verstehen, Affekte zu mobilisieren und diese auf andere Akteure zu verschieben, bereiten sie mit ihrer gewaltgetränkten Sprache schonmal Richtung und Form eines Kampfes gegen die vermeintlichen Bedrohungen des Volkes vor, den sie sich so dringlichst herbeiwünschen.

Literaturverzeichnis

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Korecky, Karina (2018): Über Gebärfähigkeit - Zur Naturgeschichte einer Imagination des Weiblichen. Vortrag auf Einladung der Initiative Sozialistisches Forum. Freiburg, 26.06.2018.

Lang, Juliane (2017): Feindbild Feminismus. Familien- und Geschlechterpolitik in der AfD. In: Stephan Grigat (Hg.): AfD & FPÖ Antisemitismus, völkischer Nationalismus und Geschlechterbilder. Wien: facultas, S. 61–78.

PI (2019): Leitlinien. Hg. v. Politcally Incorrect. Online verfügbar unter http://www.pi-news.net/leitlinien/, zuletzt geprüft am 13.08.2019. Pohl, Rolf (2005): Sexuelle Identitätskrise. Über Homosexualität, Homophobie und Weiblichkeitsabwehr bei männlichen Jugendlichen. In: Vera King und Karin Flaake (Hg.): Männliche Adoleszenz. Sozialisation und Bildungsprozesse zwischen Kindheit und Erwachsensein. Frankfurt, New York: Campus, S. 249–264.

Salzborn, Samuel (2018): Rechtsextremismus Erscheinungsformen und Erklärungsansätze. Baden-Baden: Nomos.

Spiegel (2019): Social-Media-Strategie der Rechtspopulisten. AfD hängt andere Parteien auf Facebook ab. Online verfügbar unter https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-ist-auf-facebook-haushoch-ueberlegen-a-1264562.html, zuletzt geprüft am 13.08.2019.

Theweleit, Klaus (2015): Das Lachen der Täter: Breivik u.a. Psychogramm der Tötungslust. St. Pölten, Salzburg, Wien: Residenz-Verlag.

Viehöver, Willy (2001): Diskurse als Narrationen. In: Reiner Keller, Andreas Hirseland, Werner Schneider und Willy Viehöver (Hg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Band I: Theorien und Methoden. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 177–206.

Viehöver, Willy (2004): Die Wissenschaft und die Wiederverzauberung des sublunaren Raumes. Der Klimadiskurs im Licht der narrativen Diskursanalyse. In: Reiner Keller, Andreas Hierseland, Werner Schneider und Willy Viehöver (Hg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Band 2: Forschungspraxis. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 233–267.

Zeit (2016/2017): Medienkunde. Die rhetorische Analyse. Hg. v. Die Zeit Online. Online verfügbar unter https://service.zeit.de/schule/wp-content/uploads/sites/9/2017/07/ZfdS-rhethorische-Analyse.pdf, zuletzt geprüft am 12.08.2019.

1)
Kristina Hänel wurde 2017 wegen angeblich illegaler Werbung für Schwangerschaftsabbrüche (nach § 219a StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil wurde 2019 in nächsthöherer Instanz aufgehoben und der Fall löste in Deutschland eine Debatte über das Werbeverbot bzw. Schwangerschaftsabbrüche aus.
2)
Unter Rechtspopulismus verstehe ich keine vom Rechtsextremismus distinkte politische Strömung, sondern eine populistische Strategie Rechtsextremer. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie aktuelle öffentliche Debatten aufgreift, diese polarisierend zuspitzt und sich die Rechtsextremen dabei als Beschützerin des Volkes gegen die Eliten, Mainstreammedien und das Establishment gerieren (vgl. Salzborn 2018: 20).
3)
Laut dem Anbieter für Web-Statistiken SimilarWeb liegt PI im nationalen Vergleich auf Platz 479 und in der Kategorie Nachrichten auf Platz 1340. Damit liegt sie bspw. knapp vor dem Online-Auftritt der taz und weit hinter dem der Süddeutschen Zeitung (Daten abgerufen am 14.08.2019 von similarweb.com).
4)
Mit diesem Titel wähle ich bewusst eine legalistische Nomenklatur, um einerseits einen Überbegriff für die einzelnen Dokumente zu finden und andererseits nicht das polarisierende, emotionalisierende und in seinem Effekt menschenfeindliche Vokabular des Diskurses zu verwenden. Zugleich soll dieser Titel klarstellen, dass ich nicht die Existenz dieser Gewalttaten verleugne oder diese gar als „diskursiven Effekt“ darstellen will. Diese Taten und ihre Täter gibt es, auch wenn hier kein Platz für eine Analyse ihrer Zusammenhänge mit Geschlechterverhältnissen und Kultur ist.
5)
Damit verwende ich wiederum bewusst eine legalistische Nomenklatur (siehe Fn. 4). Das ist durchaus problematisch hinsichtlich einer wiederholten Viktimisierung der Angegriffenen und der Bezeichnung von Personen als „Täter“, die noch nicht gerichtlich verurteilt wurden. Meine Intention mit dieser Bezeichnung ist allerdings weniger die Festschreibung von Identitäten als die Verwendung anderer, textfremder Begriffe, die möglichst wenig affektive Konnotation mitbringen sollen, ohne die Gewalt zu verschweigen.
6)
Nicht zuletzt auch eine sexuelle. Eine sozialpsychologische Interpretation männlich-patriarchaler Ängste vor allem was eindringt, wäre bspw. hinsichtlich der obsessiven Nutzung des Wortes/Symbols „Messer“ im Diskurs auf PI vermutlich äußerst aufschlussreich (vgl. Pohl 2005). Aus Platzgründen kann hier leider nicht genauer darauf eingegangen werden.
7)
Hier wie auch an anderen Stellen verwende ich explizit keine gegenderte Schreibweise, um die heterosexistische Realität des Diskurses widerzuspiegeln.
8)
Die Unterscheidung zwischen ungewollt und unaufgefordert führe ich ein, weil bspw. Fälle vorstellbar sind, in denen sich eine Schwangere nach ungewollter Schwangerschaft für eine Abtreibung entscheidet und diese durchführen lässt. In solchen Fällen von einem gewollten Schwangerschaftsabbruch zu sprechen, würde mir angesichts der möglichen Komplexität von Gefühlen, Willen und Entscheidungsprozessen unangemessen erscheinen.
9)
Die Gleichsetzung mit Völkermord oder „Zivilisationsbruch“ (#56) lässt sich zudem als revisionistische Geschichtsinterpretation deuten, die darauf abzielt, bspw. die Schoah – die gemeinhin als Zivilisationsbruch bezeichnet wird – zu relativieren bzw. eine Schuldumkehr vorzunehmen. Die Diskussion in Zusammenhang mit Antisemitismus wäre eine eigene Untersuchung wert, kann an dieser Stelle aber nicht fortgeführt werden.
10)
Zum institutionellen Kontext der Artikel gehört auch, dass alle Artikel unter männlichen Namen verfasst wurden. Zwar gibt es auch Autorinnen auf PI, die bspw. zu Feminismus schreiben. Diese befassen sich aber nicht oder nur am Rande mit Abtreibung (vgl. #51).
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