Einführung in feministische Wissenschaft und Erkenntnisprozesse

In dieser Sitzung ging es um die Entstehung der Frauenforschung oder Geschlechterforschung. Heute wird der Begriff feministische Forschung bevorzugt. Dies ist der Fall, da die Anliegen der FeministInnen nicht nur entlang der umstrittenen Kategorie Geschlecht geführt werden sollen .(Zum Thema Geschlecht ein Video von Sookee https://www.youtube.com/watch?v=E1zaKaP6i4o.) Waltraud Ernst - (Autorin von Diskurspiratinnen) vertritt die These, dass die Geschlechterproblematik mit anderen Stigmatisierungs- und Unterdrückungslinien verwoben ist.

Es sollte eine kritische Auseinandersetzung mit der Kategorie Geschlecht in der Forschung geben, da Geschlechterunterschiede oder sonstige Unterschiede (beispielsweise Hautfarbe, religiöse/ sexuelle Orientierung) nicht das Problem sind, sondern dass sie dazu genutzt werden hirarchische soziale Unterschiede zu begründen (auch zwischen Frauen) Ähnlich sieht es Naomi Scheman, indem sie schreibt, dass Wissen nur sozial privilegierten Eliten zugänglich ist. Dies führt dazu, dass diese Gruppen eine Wissensautorität haben. Die Notwendigkeit der Frauenforschung ergibt sich aus dem systematischen Ausschluss von Frauen aus der institutionell verankerten Wissenschaft.

Frauen wollten nicht länger in von Männern durchgeführter Forschung marginale Position erhalten und diskriminierend dargestellt werden. Ziel der Frauenforschung war es Frauen als Forschende in feministischer Forschung zu etablieren und, als zu erforschende Subjekte, Frauen Gehör in von Männern dominierter Wissenschaft zu verschaffen.

Maria Mies hat mit „Methodische Postulate zur Frauenforschung - dargestellt am Beispiel der Gewalt gegen Frauen“ bewusste Parteilichkeit gefordert. Forschung sollte im Dienst der Unterdrückten stehen und sich an den Vorgaben der Frauenbewegung orientieren. Sie wollte, dass Forschung involviert in konkrete feministische Aktionen ist. Ziel war, dass die Forschung für Alle bewusstseinsbildend, gesellschaftsverändernd und emanzipatorisch ist. Sie wollte zudem die Unterschiede zwischen Politik und Wissenschaft nivellieren (also ausgleichen). Die Sicht „von oben“ sollte durch eine Sicht „von unten“ ersetzt werden. Sie stand somit der normal science, wie sie betrieben wurde, entgegen. Kern der feministischen Kritik war, dass die Wissenschaft für bestimmte Interessen funktionalisiert wird und somit den Status Quo festigt.

Ein großes Anliegen feministischer Forschung ist der Pluralismus. Frauen (und Menschen insgesamt) haben unterschiedliche Interessen. Der normal science wird vorgeworfen vermeintliche Gleichheit herzustellen und somit die Vielfalt (weiblicher) Interessen zu verneinen.

Ein großer Kritikpunkt ist zudem die vermeintliche Objektivität der „normal science“. Ernst ist der Meinung, dass ein Blick aus dem Nirgendwo nicht möglich ist, da jede Person ist sozial und historisch Verortet ist. Fox Keller möchte mit der „dynamischen Objektivität“ die subjektive Erfahrung des Individuums in die Forschung integrieren und somit die subjektive Rolle von Menschen in der Welt anerkennen. Sie hält diese Objektivität für eine „effektivere“ Objektivität.

Feministische Forschung gestaltet sich schwierig, da es keine (brauchbare) Sprache gibt und die Wissenschaft entlang herrschaftlich definierter Kategorien betrieben wird. Das Bestehende hat große Macht, da es bereits lange besteht und allgemein anerkannt ist, wie auch das Wissen, das aus der Forschung hervorgeht. Grundlegende Frage der feministischen Forschung war deshalb, ob es einen Sinn hat diese Art von Wissenschaft zu betreiben oder ob sie neu erfunden werden muss (oder ihre Bestandteile).

Weitere Literaturempfehlung: - Intellektuelle Frauen (Vorwort) in Zeitschrift Gender - Konstruktionen gesellschaftlicher Nichtanerkennung (Milena Jesenská und Alice Rühle-Gerstel) in Zeitschrift Gender (beide Texte sind frei zugänglich)

Drucken/exportieren