Erste Diskussion im Seminar am 26.10.2017


Frauenbild (von Anfang an klar, „die war‘s“; bestimmte Position von Frau V.)

nur implizites Sprechen über sexuelle Themen („wir haben keine … sie wissen schon gefunden“)

explizit und implizite Themen e: Brandstiftung und Mord i: Affären, Beziehungskonstellationen, Geschlechterrollen

Thema „Rufmord“; missliebige Politiker*innen diskreditieren

Affären sind Schwäche „des Mannes“ [Barschel-Affäre !?!]

die K. Ist selbst involviert – das ist peinlich

Für beide (K. Und Frau Vasemeier) war das eine komische / besondere Situation, aus verschiedenen Gründen.

Welche Bedeutung hat die Unterhaltung über Urlaubsziele? (In etwa: „Meine Frau besteht darauf, nicht antizyklisch zu reisen.“)


Kommissarin Wiegand

Karrierefrau, +typische Situation, dass K. Tag und Nacht erreichbar sind + Konflikt Privat- und Berufsleben; Affäre, aber moralisch in Ordnung (Mann lebt in Trennung von seiner Ehefrau und sie ist nicht verheiratet)


Frau Vasemeier

‚die perfekte Ehefrau‘, sie hat(te) die Fäden in der Hand, was ihre Beziehung und die Karriere des Mannes angeht, langer Plan, kein Dummchen; starke Frau, die (aber) ihren Platz hat; Dr. V. Möchte mit seiner Frau reden, sie möchte nicht mit ihm reden; sie hat ‚Tea-Time‘ gesagt unsympathisch, künstlich, beherrscht, emotionslos


Monika Karges

wir erfahren von ihr (natürlich) nur über die anderen

Affären mit einem sehr jungen und einem älteren Mann.

Hat sich gewehrt gegen den Hausbesitzer

resolut

„sie wusste immer, was sie tut“ oder tun will. Nur gegen Dr. V. Konnte sie sich nicht durchsetzen. Sie wurde eine andere Person (Schwäche) bei Dr. V.

Szenenübersicht

1. Frau Karges wird in einer Wohnung liegend (schlafend, bewusstlos, tot?) gezeigt. Dann wird gezeigt, dass die Wohnung brennt, und das Feuer wird von außen gezeigt mit Blick auf das Haus. Dies lässt den Schluss zu, dass es ein großes Feuer ist und die Frau möglicherweise in der Wohnung verbrennt. Es ist dunkel draußen. Feuerwehrleute bringen 3 Menschen auf Baren hinaus. Gespräch der Nachbarn über diese 3 Menschen.

2. Es ist Tag, andere Wohnung: Kommissarin Wiegand deckt den Frühstückstisch in der Küche, geht zu Holger ins Schlafzimmer und weckt ihn. Sie frühstücken zusammen. Im Gespräch wird klar, dass sie seine Geliebte ist (der Mann spricht von einer Familienfeier, zu der er muss und keine Zeit hat für sie). Sie bekommt einen Anruf und sagt, sie muss zu 3 Leichen (Feuer letzte Nacht). Streitgespräch, weil sie jetzt aus beruflichen Gründen keine Zeit für ihn hat und geht.

3. Die Kommissarin ist in ihrem Büro auf dem Revier. Ein Kollege vermutet Brandstiftung. Die Kommissarin will den Besitzer des Hauses vernehmen. Der Kollege sagt, dass das Haus anscheinend abgerissen werden sollte und es Pläne für eine Neubebauung gebe. Mieter hätten Probleme gemacht, weil ihnen gekündigt wurde.

4. Im Büro des Hauseigentümers Pohlmann: Befragung des Eigentümers und Konfrontation mit dem Verdacht, er sei für Brandstiftung verantwortlich. Er streitet das ab, sein Alibi: er war bei einem Vereinsfreund.

5. Im Auto: Gespräch der Kommissarin und ihres Kollegen über Urlaub und Reisewünsche.

6. Befragung des Hausmeisters. Die Kommissarin stellt fest, dass das Feuer bereits sehr fortgeschritten war, als die Feuerwehr eintraf.

7. Befragung des Alibi-Freundes von Hr. Pohlmann: Er sagt, Pohlmann habe eine Wohnung für ihn besorgt. Schon vor dem Brand war ihm die neue Wohnung sicher. Er wurde von Pohlmann finanziell entlohnt dafür, dass er auszieht. Eine der Toten, die Lehrerin Monika Karges, habe sich gewehrt gegen die kapitalistischen Pläne Pohlmanns.

8. Obduktionsbericht: Monika Karges war schon vor dem Brand tot, sie wurde erwürgt.

9. Befragung von Kollegin von M. Karges: sie hatten zuletzt weniger Kontakt, sie vermutet, dass dies an den Beziehungsproblemen von Fr. Karges lag. Sie habe eine Affäre mit einem verheirateten Mann gehabt (dieselbe Situation wie die der Kommissarin!), dem Landratsamtkandidaten Herrn Vasemeier, und habe außerdem einen 20jährigen Freund, einen Schüler. Er heiße Michael.

10. Kommissarin Wiegand besucht die Ehefrau von Hr. Vasemeier. Diese wusste von der Affäre und zeigt sich abgeklärt.

11. Hr. Vasemeier wird am Bahnhof von der Kommissarin abgefangen. Er muss zu einer Podiumsdiskussion und hat keine Zeit. Er ist erstaunt über den Tod von Frau Karges.

12. Die Kommissarin geht ins Kino. Liebesfilm, Erotikfilm?

13. Hr. Vasemeier zuhause, trinkt Alkohol, geht danach zu seiner Frau ins Schwimmbad des Hauses. Er fragt sie, warum sie ihm nie gesagt hat, dass sie von seinen Affären wusste. Sie entgegnet, dass das nichts bewirkt hätte als Auseinandersetzungen. Sie weigert sich, weiter darüber zu sprechen.

14. Telefonat von Kommissarin Wiegand mit Holger.

15. Befragung von Herrn Vasemeier in seinem Büro.

16. Durchsuchung des Autos der Vasemeiers.

17. Radiointerview mit Herrn Vasemeier.

18. Kommissarin Wiegand und ihr Kollege kommen hinzu, als Hr. Vasemeier für einen Fernsehauftritt? Geschminkt wird und dabei die Visagistin Kratzer an Hals und Nase abdeckt. Sie konfrontieren ihn mit den neuen Erkenntnissen zu dem Brand und nehmen ihn fest.

19. Kommissarin Wiegand sitzt am Abend in ihrem Büro. Vorwürfe ihres Kollegen wegen der Festnahme auf zu schwachen Indizien.

20. In der Zelle von Hr. Vasemeier. Gespräch mit seinem Anwalt, seinem Schwager. Er glaubt ihm nicht, dass er unschuldig ist, und rät ihm zu einem Geständnis und der Aussage, er habe alkoholisiert nicht mehr gewusst, was er tat.

21. Es ist Tag. Im Büro von Kommissarin Wiegand, ihr Kollege liest ihr einen Zeitungsbericht vor, laut dem sie ihn nur verhaftet habe, um seine Wahl zu verhindern.

22. Gerichtstermin, der Antrag von Hr. Vasemeiers Anwalt auf Haftverschonung wird abgelehnt.

23. Frau Vasemeier bringt ihrem Mann einige persönliche Dinge in die Zelle.

24. Beim Verlassen der Zelle treffen Kommissarin Wiegand und Frau Vasemeier aufeinander. Situation, in der die Kommissarin erklärt, dass sie wegen eines anderen Falls da ist und ihr die Verhaftung leid tut und Frau Vasemeier antwortet, sie habe nur ihre Arbeit getan und alles sei ein Missverständnis.

25. Kommissarin Wiegand auf dem Weg zu ihrem Büro, spricht mit Kollegen über ihre Zweifel bezüglich der Schuld von Herrn Vasemeier. In ihrem Büro wartet Michael, der Freund von Frau Karges, auf sie. Vernehmung von Michael.

26. KW und ihr Kollege auf dem Weg zum Bauamt, besprechen möglichen Tathergang.

27. Gespräch mit dem Bauamtsleiter.

28. Herr und Frau Vasemeier in seiner Zelle. Sie zeigt sich als liebende Ehefrau, die sich um ihn sorgt. Situation, in der sie ihn fragt, ob er sich hätte scheiden lassen, wenn Frau Karges noch leben würde.

Szene Erstes Gespräch Kommissarin Wiegand Frau Vasemeier

Hintergrund

Im Film SmdF haben wir festgestellt, dass eine Situation oder ein Sachverhalt, der atmosphärisch spürbar ist, der ist, dass die Kommissarin in ihrem Fall mit einen Thema zu tun hat (Affären verheirateter Männer), das sie selbst „betrifft“. Daraus, so war unser Eindruck, sind einige Situationen entstanden, die eine „Spannung“ (so nenne ich das im Nachhinein) zeigen. Um dies einzugrenzen – es gibt einige Situationen im Film – haben wir uns darauf geeinigt, mit dem ersten Gespräch der Kommissarin mit Frau Vasemeier, der Ehefrau des Tatverdächtigen, zu beginnen.

Fragen zu Atmosphäre an die Szene

Welche Rolle spielt der Habitus und das Verhalten von FV (und dann von KW) für das / für den Raum dessen, was gesagt wird und nicht gesagt wird? Welches Verhalten von KW scheint FV vorzugeben und ggf. zu ermöglichen? Und wie verhält sich und handelt KW dann / tatsächlich?

Sammlung im Seminar [20171116]

sehr organisiert, ambitioniert kontrolliert (starke Frau? geschäftsmäßig) äußeres Bild (FV, Wohnung) metaphorische Spiegel (Frisur KW und Frau Karges ..) auf eine Art unscheinbar

zwei Frauenbilder / -Typen

Image nach außen ..

er nimmt sich Zeit und investiert Kraft

verkehrte Rollen

die über allem stehende FV

Widersprüche (FV rechtfertigt sich selbst)

… dennoch ist FV nicht (unbedingt / vollständig) unsympathisch


Wohnung gibt die äußere Haltung von FV wieder (hell, großzügig) kalter Ausdruck, graues Kleid (vs. blaues Oberteil der K'in) ~herrschaftlich (Tea Time)

—————-Atmosphäre—————————————————————-

Herrschaftsbe/Reich der FV. Dominanz von FV.

kalt und steril, emotionslos

geschäftsmäßig, „professionell“

A. wird dominiert von FV

Fokus auf FV

KW: Neugierde, Überraschung, Zweifel, Unsicherheit (?)

FV provoziert KW. KW ist souverän, lässt sich nicht provozieren KW sieht sich das eine Weile an, lässt es laufen Es ist mehr ein Monolog von FV; damit versucht sie, zu verhindern, dass „die K'in übernimmt“

FV reagiert nicht auf (zwei) Komplimente von KW (Chagall 2 sowie Tee)

Unbehagen

Aufgrund des Verhaltens von FV anfangs Identifikation mit KW, abgescannt gefühlt, als Eindringling, fremd, ertappt

die Positionen werden anfangs geklärt

man spürt, dass etwas nicht stimmt, dass sie Dreck am Stecken hat

FV leitet das Gespräch. KW lässt FV das Gespräch leiten.

Der Umstand, dass das Gespräch im Haus von FV stattfindet, unterstützt den Umstand, dass FV das Gespräch in der Hand hat.

„Schachspiel“ zwischen den Akteurinnen (im Nachhinein betrachtet, mit dem Wissen, dass FV die Mörderin ist).

Wenn ich als Zuschauerin weiß, dass die K'in „auch eine Geliebte“ ist, fühle ich mich unwohl. Ist das spürbar, wird das dargestellt? Wie KW sich fühlen mag.

Charakterisierung der Szene

Rahmenhandlung und allgemein: Nachdem Kommissarin Wiegand durch das Gespräch mit der Freundin von Monika Karges in Erfahrung bringen konnte, dass die Verstorbene mit Herrn Vasemeier (Regierungsschulrat) eine Affäre hatte, fährt sie zu seinem Haus um mit ihm das Gespräch zu suchen. Dort öffnet ihr allerdings nicht Herr Vasemeier die Türe, sondern dessen Frau (Zufall oder kein Zufall?). Diese bittet die Kommissarin herein und es kommt zu einem interessanten Gespräch zwischen den beiden Frauen, in dem der*die Zuschauer*in vieles erfährt: Über Herrn Vasemeier, Monika Karges, Frau Vasemeier selbst und auch über die Kommissarin. Rahmenbedingungen: Eigentlich wollte die Kommissarin mit Herrn Vasemeier reden, welcher allerdings geschäftlich (nach Angabe seiner Frau) unterwegs ist. Durch seine Abwesenheit kann erst ein ungestörtes Gespräch zwischen der Kommissarin und Frau Vasemeier ermöglicht werden. Vor allem hängt das Gespräch aber auch davon ab, ob Frau Vasemeier bereit ist, mit der Kommissarin zu reden. Sie ist schließlich die Informantin, da sie die Informationen bereithält, durch welche sich die Kommissarin erhofft in den Ermittlungen weiterzukommen. Kommissarin Wiegand hat sich dazu entschlossen ohne ihren Kollegen zu den Vasemeiers zu fahren → Wie wäre das Gespräch verlaufen, wenn beide Kommissar*innen zu den Vasemeiers gefahren wären? Welche Rolle spielt das Geschlecht der Kommissarin? Hätte Frau Vasemeiers die selben Informationen auch dem Kollegen von Frau Wiegand gegeben?

Die Charakterisierung der Szene soll im Folgenden anhand der Charakterisierung der verschiedenen Personen erfolgen, die in der Szene eine Rolle spielen.

Frau Vasemeier: Auffallend ist, dass das äußere Erscheinen Frau Vasemeiers zu ihrem Verhalten passt, als auch zu dem, was der*die Zuschauer*in (durch sie selbst) über sie erfährt. Sie arbeitet nicht, was zum einen auf ihr traditionelles Rollenverständnis zurückgeführt werden kann (der Mann als Alleinverdiener, die Frau ist zuhause und untersützt ihren Mann bei seiner Arbeit). Zum anderen erfährt der*die Zuschauer*in, dass sie sehr auf ihr soziales Ansehen bedacht ist, sodass es für sie ein Zeichen von Wohlstand sein könnte: Sie muss nicht arbeiten, da ihr Mann bereits genug verdient. Auch Frau Vasemeiers Kleidung scheint ihren Charakter zu unterstützen. In ihrer perfekt sitzenden und aufeinander abgestimmten Bluse und dem Rock symbolisiert sich förmlich ihr Wohlstand, gleichzeitig wirkt sie auch sehr konservativ. Die graue Farbe ihrer Kleidung scheint mit ihrer emotionslosen, kühlen Art zu harmonieren. Auch Allgemein wirkt Frau Vasemeier etwas aufgesetzt. Frau Vasemeier erscheint gegenüber der Kommissarin als die dominantere Person, die das Gespräch leitet. Dies wirkt irritierend, da gewohnheitsmäßig der*die Kommissar*in die Fäden in der hat und durch spezifische Fragen den Gesprächsverlauf bestimmt. Frau Wiegand lässt sich auf die Dominanz Frau Vasemeiers und das ‚verkehrte Rollenspiel‘ ein – sie stellt wenige Fragen bzw. es ist schließlich sogar Frau Vasemeier, welche der Kommissarin Fragen stellt. Der Ort des Gesprächs unterstützt das dominante Auftreten Frau Vasemeiers: Ihr luxuriöses Haus, in dem sie die Hausherrin ist und in welchem frau sich entsprechend ihren Regeln zu verhalten hat. Die Hauseinrichtung ist zwar sehr bunt und unruhig, dennoch wirkt es keinesfalls chaotisch oder ablenkend. Der Fokus bleibt auf der ruhigen und beherrschten Frau Vasemeier liegen, die – so scheint es – jede Bewegung und jede Aussage bereits durchdacht hat. Dies kann eventuell auch erklären, warum Frau Vasemeier einen so hohen Redeanteil hat bzw. die Kommissarin kaum Fragen stellt: Frau Vasemeier braucht keine Fragen, sie weiß bereits genau, was sie erzählen möchte bzw. welches Bild sie von ihrem Mann und sich bewusst vermitteln möchte. Sie ist es nicht nur diejenige, die das Gespräch beginnt („Sie wissen nicht so recht, wo sie anfangen sollen, darf ich ihnen das abnehmen?“), sie beendet es schließlich auch („Aber damit wäre doch alles erledigt, oder nicht?“). Es kommt die Vermutung auf, dass Frau Vasemeier das Gespräch mit der Kommissarin zuvor bereits geplant hatte, um so ein bestimmtes Bild von ihrem Ehemann und sich zu konstruieren, der die beiden (oder zumindest sie?) nicht verdächtigt. Indem sie zum Beispiel sagt, dass sie die Affäre akzeptierte und dass sie Frauen wie Monika Karges bemitleide, kann sie vermeiden, dass sie als die ‚eifersüchtige betrogene Ehefrau‘ unter Tatverdacht gerät. Des Weiteren stellt sie sich dadurch über Frau Karges, als auch über ihren Mann, da sie die Beziehung der beiden als „Bettgeschichte“ belächelt und somit nicht wirklich ernst nimmt.

Frau Vasemeier – als betrogene Ehefrau – thematisiert die Affäre ihres Mannes offen und scheint sehr abgeklärt damit umzugehen. Dadurch ermöglicht sie es auch der Kommissarin offen über dieses (Tabu?-)Thema zu sprechen. Die Fragen der Kommissarin „Haben sie nie darüber nachgedacht, dass sich ihr Mann von ihnen trennen könnte?“ „Vielleicht hat ihr Mann diese Frau wirklich geliebt?“ hätte Frau Wiegand vermutlich nicht gestellt, wenn sie gesehen hätte, dass Frau Vasemeier sehr sensibel auf das ganze Thema reagiert. Frau Vasemeier wirkt jedoch durchgehend kühl und zeigt lediglich Enttäuschung darüber, dass ihr Mann sich nicht die Mühe gemacht hat, die Beziehung geheim zu halten (→ Video war nicht gut versteckt).

Kommissarin Wiegand: Im Haus der Vasemeiers nimmt die Kommissarin die Rolle des fremden Besuchs ein. Es ist nicht ihr Revier, entsprechend folgt sie den höflichen Aufforderungen Frau Vasemeiers („bitte setzen sie sich“) und scheint sich Frau Vasemeier anzupassen (Auch die Wortwahl betreffend: Frau Vasemeier „DARF ICH Ihnen eine Tasse Tee anbieten?“, kurz darauf Kommissarin Wiegand: „DARF ICH sie fragen, was das hier ist?“). Die Kommissarin macht Frau Vasemeier Komplimente zum Chagall sowie zum Tee → Versuch, die Situation/das Verhältnis der beiden Frauen aufzulockern, bevor sie unangenehmes Thema (Affäre ihres Mannes) ansprechen muss (zu diesem Zeitpunkt weiß sie noch nicht, wie offen Frau Vasemeier mit der Affäre umgeht). Sie wirkt während der gesamten Szene sehr zurückhaltend und scheint Frau Vasemaier bewusst Raum zum Sprechen zu lassen. Die Kommissarin erscheint durch ihre farbenfrohe Kleidung und ihre Frisur, als auch die äußeren Umstände (arbeitende, unverheirate Frau) betreffend, als Frau Vasemaiers Gegensatz. Gleichzeitig hat sie eine auffallende Ähnlichkeit mit Frau Karges. Dies wiederum auch nicht nur optisch, sondern auch auf ihr Privatleben bezogen: Ähnliche wie Frau Karges, hat auch sie eine Affäre mit einem verheirateten Mann. Durch jene Ähnlichkeit kann es in gewisser Weise auch als eine Provokation für Kommissarin Wiegand gesehen werden, wenn Frau Vasemeier die Affäre ihres Mannes belächelt und „Frauen wie Frau Karges“ (und damit auch wie Frau Wiegand) „bemitleidet“. Die Kommissarin bleibt während des Gesprächs souverän und äußert sich nicht weiter dazu. Lediglich an ihren Blicken (wie in den späteren Szenen auch) merkt man, dass sie das Thema beschäftigt.

Herr Vasemeier: Ist in der Szene selbst nicht anwesend, trotzdem erfährt der*die Zuschauer*in durch Frau Vasemeier sehr viel über ihn. Er wird als ehrgeiziger Geschäftsmann dargestellt, der gemeinsam mit seiner Ehefrau versucht seine gesamte Kraft in seinen beruflichen Aufstieg zu stecken (VS: „53 und auf Karriere programmiert“). Handelt laut Frau Vasemeier klug und rational und kann entsprechend sehen, dass seine Beziehung zu Frau Karges nichts ernsthaftes ist. Frau Vasemeier stellt sich und ihn als jahrelang eingespieltes Team dar, deren Beziehung sich auf einer Ebene befindet, die seine Affäre niemals erreichen wird. Die Affäre zu einer jüngeren Frau diene laut ihr lediglich der Selbstbestätigung, Liebe sei dabei nicht im Spiel (VS: „Liebe findet vielleicht mit 20 statt, ein Mann von 53 liebt seinen Beruf und seine Ehefrau hilft ihm dabei“). In späteren Szenen (bspw. Gespräch zwichen Frau Wiegand und Herr Vasemeier) stellt sich jedoch heraus, dass es sich durchaus auch um eine Beziehung auf emotionaler Ebene gehandelt hat.

Frau Karges: Kann nur durch andere charakterisiert werden. Frau Vasemeier bezeichnet sie als eine „Schwäche“ ihres Ehemanns. Das, was ihn zu dieser Frau „getrieben“ habe, sei in ihrer Beziehung nebensächlich und zeige, dass für Frau Vasemeier die Affäre nicht mit der Beziehung vergleichbar ist, die sie zu ihrem Ehemann hat („andere Ebene der Kommunikation“). Spricht über „diese“ Monika Karges, anstatt einfach nur Monika Karges. Dadurch wird ihre abfällige Haltung und Verachtung gegenüber Frau Karges deutlich. Passt nicht zur ihren späteren Aussage, dass sie über Frauen wie Frau Karges lächelt/ diese bemitleidet → Frauen wie Monika Karges scheinen sie sehr wohl zu stören.

Gesprächsthemen: Das Gesprächsthema ist vor allem die Affäre Herrn Vasemeiers mit Frau Karges. Hierbei wird der Fokus jedoch nicht auf die spezifische Affäre zwischen den beiden gelegt, sondern vielmehr auf Affären von älteren Männern mit jüngeren Frauen allgemein. Hier kommt es zu einem Erklärungsversuch von Frau Vasemeier für jene Affären. Sie führt hierzu zwei Gründe an, die laut ihr zusammenwirken: Körperlicher Verfall des weiblichen Körpers (also der Ehefrauen) und die gleichzeitige Suche nach Selbstbestätigung seitens der Männer (Anspruch auf allgemeine Geltungskraft/ Faktifizierung dieser Erklärung). Des Weiteren erscheint das Wissen der betrogenen Ehefrau um die Affäre und ihre (angebliche) Akzeptanz dieser im Zentrum zu stehen. Auffallend ist auch, dass oft das Alter thematisiert wird: 1. In Bezug auf die bereits lange Beziehung zwischen Frau und Herrn Vasemeier 2. Hinsichtlich des angeblichen Verlusts der Attraktivität des weiblichen Körpers ab einem bestimmten Alter 3. Durch die Differenzierung von Frau Vasmeier zwischen den „jungen Jahren“ (von Emotionalität geprägt) und „im Alter“ (in welchen laut ihr Zweckrationalität im Vordergrund steht).

Exemplarische Codierung einzelner Segmente der Szene:

Übersicht aller Codes der Szene (links unten):

Szene Erste Situation mit dem Partner der Kommissarin Wiegand

Stimmungseindruck der Szene

Die Stimmung in der Szene wechselt in der Mitte sehr abrupt, zunächst ist die Szene beherrscht von einer intimen Zweisamkeit. Unterstützt wird diese durch die Vertrautheit zwischen den beiden, dargestellt auch durch die habituellen Abläufe (Vorbereitung des Frühstücks) und die Musik. Auffallend ist auch eine Geste der Intimität von KW, der Kuss auf die Schulter zum Aufwecken. Als die Musik abbricht, wechselt die Stimmung hin zu einer Art Anspannung zwischen beiden. Der Mann spricht seine Probleme an, mit ihr den Urlaub zu verbringen. Dabei wird klar, dass sie beide nicht in einer Art angesehen Beziehung leben, sondern dass der Mann (noch) verheiratet ist. Beide machen sich gegenseitig Vorwürfe, dass sie ihre jeweilige Position nicht verstehen würden. Beide sind sehr angespannt, fast wütend auf den jeweils Anderen und tragen Vorwürfe mit sich herum, die wahrscheinlich nicht erst aus diesem Moment heraus entstanden sind.

Erste Diskussion am 23.11.17 im Seminar

alles zufrieden und gut, schöne Frührstücksatmosphäre, romantisch Stimmungsumschwung alles wird finster(er); Radio hört auf unangenehme Atm. alles ein bisschen chaotisch angespannt Telefon unterbricht

die Rollen wechseln, es „dreht sich“; zuerst ist KW sauer auf Holger, dann Holger sauer auf KW das ist komisch, der Wortwechsel bevor sie geht. Um das „Schluss machen“.

KW „gibt es Komplikationen“ [interessant, das Wort ]

Konfliktbeginn. Erst mit dem Konflikt wird klar, dass Holger eine (andere) Ehefrau hat usw.

Vor der „Konflikt-Wende“ sieht das alles sehr alltäglich aus, als hätten sie eine „feste Beziehung“

die beiden sind sehr vertraut. Die „Affäre“ macht den Eindruck, als würde sie schon lange / länger bestehen. Den Eindruck vermittelt auch der Streit der beiden. Da zeigt sich etwas Tiefergehendes.

intime Atmosphäre

(xx) „Ich glaube, die leben schon zusammen“

–eigentlich ist die Geschichte völlig paradox

»Es ist gesellschaftlich akzeptiert, dass ein Mann eine Affäre hat. Solange die Ehe bestehen bleibt, so lange die nach Außen gelebte Konstellation nicht in Gefahr gebracht wird. „Das ist normal“ (sagt auch FV). xx: Ich glaube nicht, dass es gesellschaftlich anerkannt wird, dass man eine Affäre hat. xx: Es ist akzeptiert für Männer, aber nicht akzeptiert für Frauen. 1. ja oder nein

Das Wort Affäre passt zu den beiden eigentlich nicht – die führen ja eine Beziehung.

Wenn man die gesellschaftlichen Regeln oder „das Normale“ logisch nachvollziehen wollte, stößt man immer schnell an Grenzen.

Warum diese Verdrehungen?

Eigentlich ist es ja nicht Sache der Kommissarin; sie hat keine andere Beziehung, sie ist nicht verheiratet. Holger ist verheiratet. KW ist keine „Ehezerstörerin“, denn ihre Beziehung ist dadurch legitimiert, dass Holger in Scheidung lebt. Sie ist eine respektierte Persönlichkeit und Identifikationsfigur.

KW reagiert vor allem über Gesichtsausdrücke.

Einige positionieren sich sehr stark und „setzen ihre Meinung“, z.B. FV, auch Herr Vasemeier. Das ist bei KW nicht der Fall. →→AA: Wer positioniert sich, welche Positionierungen sind sichtbar, welche nicht?

Holger erscheint sehr stark als Geschäftsmann. Mit dem, was er sagt (Geburtstag seines Chefs), mit seiner Krawatte. Holger positioniert sich als passiv.

Privat nicht, aber als Kommissarin ist KW die führende Person. Doch. KW ist sehr aktiv. Aber dann reagiert sie; auf das, was von Holger kommt; auf das, was von der Arbeit kommt. Nein, sie hat aktiv das Telefongespräch angenommen und sofort zugesagt. KW hat sichtlich Emotionen und Gefühle für Holger.

Wie sehen die beiden den Stellenwert der Gründe, warum sie etwas absagen müssen?

Die Beziehung zwischen KW und Holger ist für die Geschichte wichtig.

Szenenbeschreibung

Einordnung in den Filmverlauf Dies ist die zweite Szene des Films. Sie folgt auf die Darstellung eines brennenden Hauses, in dem die Lehrerin Monika Karges, Geliebte des Landratsamt-Kandidaten Herrn Vasemeier, schlafend/bewusstlos/tot (zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar) auf dem Sofa liegt. Am Ende der ersten Szene wurden drei Menschen auf Bahren aus dem Haus transportiert.

Beschreibung der Szene und Stimmungseindruck Kommissarin Wiegand (KW) bereitet in der Küche ihrer Wohnung Frühstück zu. Ihr Gesichtsausdruck ist fröhlich und sie wirkt beschwingt. Im Hintergrund läuft ein französischer Chanson, der etwas wehmütig klingt. Sie hebt den Kopf und ruft „Holger – Früh-stück“!

Sie merkt, dass er nicht reagiert, geht ihn in der Wohnung suchen und findet ihn mit geschlossenen Augen in ihrem Schlafzimmer im Bett liegen. Die Musik spielt immernoch. Das Schlafzimmer ist in hellen Farben eingerichtet: weiß, pastellige Blau- und Rottöne, weiße Möbel. In der folgenden Szene werden KW und Holger als glücklich verliebtes Paar gezeigt und KW wirkt sehr hingebungsvoll: Sie kniet sich neben ihn, küsst ihn auf die Schulter und fragt, ob er schon wieder schlafe. Er richtet sich auf und öffnet die Augen, lächelt sie an und sagt „nein – ich hab nachgedacht.“ Sie fragt nicht nach, worüber er nachgedacht hat, sondern lacht auf und lächelt ihn glücklich an, was für mich impliziert, dass sie weiß, worum es geht, und sein Nachdenken möglicherweise etwas mit ihr zu tun hat.

Wechsel des Handlungsorts, KW ist im Wohnzimmer und deckt den Frühstückstisch weiter. Der Raum wirkt düster durch dunkle Möbel, außerdem ist der Vorhang noch zugezogen. Man sieht Holger aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer gehen. KW tritt wieder ins Bild und setzt sich an den Tisch, mit dem Rücken zu der Tür, durch die Holger herein kommt und sie von hinten an den Armen festhält, zu sich zieht und küsst. Sie wirkt kurz verkrampft, dreht sich zu ihm um und lehnt sich wieder entspannter nach hinten, so dass sie ihn ansehen kann. Holger sagt: „Ich bin nun mal nicht an diesen frühen Arbeitsbeginn gewöhnt , ich bin kein Beamter“. KW nicht, täschelt seine Hand und sagt: „dafür bin ich dir ja auch ewig dankbar“. Er setzt sich, sie schenkt ihm Tee ein und beide beginnen zu frühstücken. KW lächelt Holger immer noch glücklich an.

Dann sagt Holger: „Du Hanne, ich muss dir was sagen. Ich hätte es dir eigentlich schon gestern Abend sagen sollen, aber…“ Die Kamera ist zuerst zentral auf Holger gerichtet, dann zentral auf KW. Die Stimmung wird angespannt: Die Musik hört zu spielen auf, plötzlich ist es still, ihr Gesichtsausdruck wird ernst und sie hört auf zu essen, sie fragt, ob es „wieder Komplikationen“ gibt (ein formeller, distanzierter Ausdruck). Es entwickelt sich ein Gespräch, in dem klar wird, dass Holger verheiratet ist, in Scheidung lebt, aber noch in der Firma seiner Frau arbeitet und deshalb auch auf beruflicher Ebene an sie gebunden ist. KW : „Tja… das wärs dann wohl.“ Sie zerreisst etwas, das wie Flugtickets aussieht. „Wär ja auch zu schön gewesen.“ Holger: „Meinst du ich bin glücklich darüber?“ Sie schaut weg und schüttelt den Kopf, „Ach.. Das war doch immer so, wenn wir mal zusammen paar Tage weg wollten.“

Das Telefon klingelt. KW unterbricht das Gespräch und nimmt den Anruf an. Ihr Chef bittet sie ins Kommissariat, obwohl sie einen freien Tag hat, sie sagt „ja, da kann man nix machen, dann bis später“. Holger reagiert verständnislos, als sie ihr gemeinsames Frühstück deshalb abbrechen muss – er hatte sich für sie frei (von seiner Familie) genommen. Sie geraten in eine Auseinersetzung, er fragt: „Was hättest du denn gemacht, wenn der Anruf gekommen wäre, und ich hätte fahren können“ (mit ihr in Urlaub fahren), d.h. er unterstellt ihr, dass sie jetzt nur zur Arbeit geht, weil er den gemeinsamen Urlaub abgesagt hat. Sie sagt: „Na was schon - solange ich noch hier bin, habe ich gar keine andere Wahl“.

KW trinkt ihren Tee aus, stellt die leere Tasse hörbar auf den Tisch und verlässt das Zimmer - das Frühstück ist beendet. Holger zieht seine Krawatte an, sie kommt mit Jacke wieder in den Raum. Holger fragt: „Soll ich hier warten?“ Sie sieht ihn erstaunt an und antwortet: „Worauf?“ Holger: „Hanne, bitte..“ Sie, fragend: „Ja?“ (während diesem Wortwechsel ist die Kamera nur auf KW gerichtet, die sich weiter anzieht) Holger: „Versuch's nicht schon wieder. Ich schaffs nicht und du auch nicht.“ Sie: „Was schaff ich nicht?“ Dann ist die Kamera auf Holger gerichtet: „Einfach so Schluss machen“. Kamera auf KW. Die wehmütige Musik setzt wieder ein. Sie sieht ihn länger direkt an, blinzelt dabei einige Male, nickt ihm leicht zu und verlässt wortlos die Szene.

KW in ihrem Auto, Kamera zeigt sie seitlich, die Musik läuft weiter, sie blinzelt einige Male und reibt sich mit der Hand über das Auge. Dann holt sie tief Luft und seufzt leicht.

Standards, die deutlich werden: es ist akzeptiert, dass ein verheirateter Mann seiner Geliebten wegen seiner Familie absagen muss – aber nicht, dass die Geliebte ihm dann, wenn er sich Zeit genommen hat, wegen ihres Jobs absagen muss.

Szene: FV spricht mit ihrem Mann (in Untersuchungshaft) und er sagt, er habe sich vorstellen können, sich zu trennen

Stimmungseindruck der Szene

In der ersten Hälfte des Gesprächs befinden sich Herr und Frau V auf der gleichen Stimmungsebene, sie sprechen weniger darum was und warum passiert ist, sondern wie sie jetzt damit umgehen. Dabei ist Frau V aber die pragmatischere von Beiden, die versucht eine Variante zu finden, wie sich das Leben zumindest auf eine bestimmte Art weiterhin ähnlich wie bisher gestalten ließe.

Das Gespräch enthält ebenfalls einen Stimmungswechsel. Der findet genau dann statt, wenn die Kamera das Händehalten einfängt. Er (der Stimmungswechsel) wird auch praktisch vollzogen, indem Herr V seine Hände wieder zurückzieht. Im Nachhinein wird so mit dem Wechsel aber auch deutlich, dass Herr V auch zuvor schon wesentlich emotionaler und aufgewühlter war, dass er sein eigenes Leben stark überdenkt und seine Prioritäten in Frage stellt. Er sich aber im Gespräch zuvor versucht hat, der Stimmungslage seiner Frau anzupassen.

Als Herr V dann erzählt, wie er wirklich für Frau K empfunden hat, beschreibt er eine Verbundenheit zwischen ihm und Frau K, die in starkem Gegensatz zu dem steht, wie Frau V zuvor diese Beziehung dargestellt (und damit konstruiert hatte), siehe in der ersten Analyseszene. Dieser Gegensatz schockiert Frau V sichtlich, allerdings ist die Erkenntnis, dass Frau K schwanger war dann noch einmal der größere Schock. Inhaltliche Randbemerkung: Frau V erwähnt, dass sie beide gut von ihren Zinsen leben können, was so verstanden werden kann, dass sie den Wohlstand in die Familie gebracht hat (wahrscheinlich über eine Erbschaft), ähnliche Situation wie bei Holger, der ja ebenfalls wirtschaftlich von der Familie seiner Frau abhängig ist. → Zeugt davon, dass es wohl eher die Regel ist, dass in wohlhabenden Familien nicht die Töchter, sondern deren Ehemänner die gesellschaftliche Stellung absichern/fortführen.

Sammlung im Seminar [20171130]

sehr intim
komische Umarmung am Anfang, beklemmend
liegt das an den Personen, an der Situation oder am Wärter?

Das Gespräch am Tisch, ein bisschen wie in einem Verhör.

Körperkontakt ungestört (vom Wärter)

FV die liebende Ehefrau bis es zum Thema FK kam.

FV viel emotionaler als sonst.
Gerade im Vergleich zur Szene mit der Kommissarin.

HV ist „ganz woanders“ als FV. Sie sind „in einem ganz anderen Film“.
Das ist deutlich an der Art, den Gesten, aber auch an Form und Inhalt des Gesagten.

Was er sagt zu seiner Frau.
Es muss ihm auch klar sein, was auf dem Spiel steht. Wenn er so offen ist und seine Frau ihn verlässt.

Das ist eine klare Positionierung.
Das ist eine Positionierung von Positionen, von Haltungen. Die werden gegenübergestellt.

FV fleht. In ihren Vorschlägen.

Ob er sich wirklich getrennt hätte, ist fraglich. Wenn es nicht so eine Lebenssituation wäre.

„Wir können von meinen Zinsen Leben.“ HV lebt die Ambitionen aus.

Wie ist das bei Holger? Da ist es ebenso.

FV ist die letzte Bezugsperson von HV. Und hier riskiert er eine Trennung. Insofern ist sein Selbstmord eine logische Konsequenz.

Atmosphären: Positionen, Werte und Haltungen – womit sind sie verbunden. Was widerfährt den Personen, die sie repräsentieren?
A.: das ist die konkrete Situation und das ist die Gesamtgeschichte.

Komplementarität der Geschlechterrollen. FV hat Geld und Beziehungen, aber sie kann die Position ihres Mannes nicht ausfüllen bzw. haben.

keine Kinder haben wird immer wieder indirekt durch die Blume betont
Schock von FV, weil sie keine Kinder bekommen kann (möglicherweise)

FV high society vs. KW
Gegensatz der Schichten

Charakterisierung des Gesprächs der Vasemeiers über Trennung

Szene fängt sehr plötzlich an. Der Raum wirkt stimmungsmäßig eher neutral, da er relativ hell ist, aber trotzdem nicht fröhlich wirkt. Da der Raum die Stimmung wenig beeinflusst und fast ausschließlich die Gesichter der Vasemeiners gezeigt werden hängt die Stimmung größtenteils von ihren Ausdrücken und emotionen ab. Niemand raucht, auch wenn ein Aschenbecher bereit steht. Immer wenn HV im Bild ist sehen wir über seine Schulter den Wärter.


Als sie den Raum betritt ist die Stimmung für einen kurzen Moment fröhlich, sie lächelt als die beiden sich umarmen. Man spürt Wiedersehensfreude, zumindest auf ihrer Seite, sein Gesicht sehen wir nicht. Sie wirkt schick und eher jung, er schon fast gammlig und alt.


Stimmung wird sofort wieder ernst als ihnen und dem/der Zuschauer/in bewusst wird, dass er im Gefängnis sitzt, eingeleitet durch ihre Äußerung „ich habe dir ein neues Buch und ein Kreuzworträtsel mitgebracht“


Die Stimmung verändert sich wieder als sie anfängt ihn zu bitten, den Vorschlag mit des Anwalts anzunehmen. Die Stimmung wird traurig und unangenehm durch Nachempfinden ihrer Verzweifelung. Die beiden nennen sich „Elisabeth“ und „Friedrich“ anstatt Kosenamen oder Abkürzungen zu benutzen. Er wirkt sehr resigniert, was die traurige Stimmung noch verstärkt, vor allem als er sagt „ich habe jetzt sowieso keine Freunde mehr“. Als sie sagt, er solle den Vorschlag des Anwalts annehmen schüttelt er sich, wirkt ungeduldig mit ihr, da sie nicht verstehen will/kann, dass das für ihn keine Option ist.


Als sie das Gespräch auf Trennung bringt wird die Stimmung noch trauriger, sie schluckt schwer und ihre Unterlippe zittert. Er wirkt zwar traurig und sentimental, aber nicht emotional. Als sie fragt ob er sie für „diese Monika“ verlassen hätte, weil diese jünger und attrktiver war und er dies verneint zittert ihre Unterlippe noch mehr. Das Karges jünger und attraktiver war hätte sich gerade noch mit ihrem Weltbild und ihrem Bild von der Beziehung vereinen lassen, das was er darauf antwortet nicht. Er wirkt kalt und distanziert beim Sprechen, schaut ihr aber die ganze Zeit in die Augen. Dann sagt er sehr entschlossen „es wäre so gekommen“.


Als die Sprache auf das Kind kommt wirkt FV überrascht und entsetzt.


Die Szene bricht abrupt und ohne Verabschiedung ab.


Unterhaltung mit der Freundin von Frau Karges (Szene 9)

Min: 21:36

Gespräch mit Frau Binder (Freundin von Opfer/Frau Karges):

Die Kommissarin besucht Frau Binder in der Schule, in der auch Frau Karges gearbeitet hat, um von Frau Binder weitere Informationen über Frau Karges zu erhalten. Frau Binder kommt gerade aus einem Klassenzimmer und die Unterhaltung beginnt auf dem Flur. Nach der Frage von der Kommissarin, „wo sie sich denn am besten ungestört unterhalten könnten“ und Frau Binder das Klassenzimmer vorschlägt, kommt die Kommissarin zu dem Thema „Frau Karges“. Indem sie fragt: „Sie haben Frau Karges gekannt?“ lenkt sie das Thema auf die Beziehung zwischen Frau Binder und Frau Karges. Nachdem von Frau Binder klargestellt wird, dass Frau Karges mit ihr studiert hat, äußert sie sich über ihre Erschütterung bezüglich des Mordfalls und der Überlegung wer denn so etwas machen würde. Nun kommentiert die Kommissarin, dass sie ja genau das herausbekommen möchte und lenkt das Gespräch wieder in Richtung Verhör. Dabei fällt Frau Binder selbst auf, dass sie nicht weiß, was sie der Kommissarin erzählen soll, da sie in letzter Zeit gar nicht mehr so viel Kontakt zu Frau Karges gehabt hätte und spekuliert über Probleme von Frau Karges über die sie scheinbar nicht mit ihr reden wollte. Woraufhin die Kommissarin explizit das Männerverhältnis von Frau Karges anspricht, welches Frau Binder dann beginnt zu berichten. Als erstes erzählt sie nur von einem verheirateten Freund, den Frau Karges seit zwei Jahren gehabt hatte. Indem sie es als schwierig beschreibt, über 30 Jahre jemanden zu finden, „der nicht gebunden ist“, rechtfertigt Frau Binder die Beziehung zwischen Frau Karges und dem verheirateten Freund. Die Kommissarin senkt zustimmend und verständnisvoll den Kopf. Einen weiteren Mann erwähnt Frau Binder, der noch aufs Gymnasium geht und erst 20 Jahre ist. Sie selbst habe Frau Karges von der Beziehung abgeraten, daraufhin habe Frau Karges aber nur gemeint, dass sie das nicht verstehen würde. Frau Binder beschreibt nun das Verhalten von Frau Karges in letzter Zeit als „schwierig“, „launisch“ und „sprunghaft“ und vermutet schwere Auseinandersetzungen mit dem Freund. Nach dem Nachfragen von der Kommissarin, ob Frau Karges sich von dem Freund getrennt habe, meint Frau Binder, dass sie zwar das Gespräch gesucht habe, aber Frau Karges diesem aus dem Weg ging. Allerdings sei sie in den letzten Wochen viel gelöster gewesen und interpretierte dies in die Beziehung zu dem jungen Mann, was sie als ein positives Zeichen sieht und Frau Karges zugetraut hat, schon zu wissen was sie macht. Auf die Nachfrage von der Kommissarin, wie der junge Mann hieße, sagt Frau Binder mit einem Lachen im Gesicht, dass Frau Karges immer nur von Michael geredet habe. Auf die nächste Nachfrage der Kommissarin, wie denn der ältere Mann hieße, möchte Frau Binder zu erst die Antwort verweigern, doch durch das Daraufhinweisen der Kommissarin, dass es sich um einen Mordfall handel und sie alles sagen müsse, was sie weiß, nennt sie auch den Namen des älteren Mannes mit einem ernsteren, mit Sorgen geprägtem Gesichtsausdruck und korrigiert ihre Aussage nochmal, indem sie beim Wiederholen nicht bloß den Nachnamen „Vasemeier“ nennt, sondern zusätzlich auch die Titel, den Vornamen und den Beruf. Der Kommissarin fällt auf, dass ihr der Namen bekannt vorkommt und Frau Binder hilft ihr auf die Sprünge und sagt, dass er für den Landtag kandidiert.

Warum diese Szene mit einer Freundin von dem Opfer vorhanden ist, liegt wahrscheinlich daran, dass man Frau Karges nie lebendig erlebt und auch nur ganz am Anfang mal kurz zu Gesicht bekommt. Um aber dennoch eine emotionale Bindung zu ihr aufbauen zu können, versucht man mit dieser Szene mehr über Frau Karges darzulegen und auch ihre Welt neben den Männern aufzuzeigen.

Betrachtet man die Szene im Allgemeinen, geht es dennoch wieder um die Beziehungen von Frau Karges zu Männern. Diese Szene sorgt dafür, dass Herr Vasemeier für den Zuschauer als Hauptverdächtiger in Frage kommt, indem Frau Binder einen negativen Unterton in der Stimme hat während sie über diesen Mann erzählt. Während Frau Binder zu Beginn der Szene die Kommissarin noch ein wenig als Psychologin benutzt, da sie ihr erzählt wie mitgenommen sie über die Mordnachricht ist, entwickelt sich das Gespräch immer mehr in Richtung einer Berichterstattung, was Frau Binder über das Liebesleben von Frau Karges gedacht hat und weiß. Während Frau Binder sich schwer tut über die Beziehungen von Frau Karges zu reden und auch immer wieder versucht sich selbst davon zu distanzieren wird das Motiv, welches im Film des öfteren wahrnehmbar ist, eine Beziehung zu einem vergebenen Mann zu haben und diese als gesellschaftlich fragwürdig gesehen wird, verdeutlicht. Auch das Frau Karges mit ihrer „Freundin“ über diese Beziehung nicht mehr sprechen wollte, lässt auf dieses Motiv schließen. Während Frau Binder für Frau Karges die Beziehung zu Herrn Vasemeier darin begründet bzw. rechtfertigt, dass es nicht leicht sei im Alter von über 30 Jahren noch einen ungebundenen Mann zu finden und die Kommissarin daraufhin nachdenklich und zustimmend den Kopf senkt, zeigt, wie sich die Kommissarin privat damit ebenfalls identifizieren kann. Die Aussage von Frau Binder über das Verhalten von Frau Karges: „Sie war in letzter Zeit überhaupt ziemlich schwierig“, verdeutlicht den schwierigen Umgang mit dem Thema Beziehung zu vergebenen bzw. vom Alter her „unpassenden“ Männern. Frau Binder lässt merken, dass sie nicht sehr viel von den Beziehungen von Frau Karges hielt, indem sie zum einen nicht drüber reden möchte und zum anderen auch durch die direkten Rechtfertigungen der Affairen. Distanzieren tut sie sich durch das Klarstellen, dass sie Frau Karges gesagt hat, was sie von Michael hält: „das ist doch nichts“.

Gerade in der Szene über die Namen der beiden Männern werden die unterschiedlichen Arten der Beziehungen deutlich. Während Frau Binder den Namen von Michael gerne und auch mit einem guten Gedanken an ihn nennt, erzählt sie von dem Namen des älteren Mannes nur ungern und auch mit einem sorgenvollen und ernsten Gesichtsausdruck. Hier wird eventuell auch der moralische Unterschied der beiden Beziehungen nochmals deutlich. Sie sind beide gesellschaftlich fragwürdig, allerdings ist die zu einem verheirateten und zugleich berühmten, gebildeten Mann fragwürdiger bzw. möchte Frau Karges weniger darüber Reden, man hat das Gefühl sie hat Angst vor etwas.

Stimmungseindruck der Szene

Die Grundstimmung der Szene ist recht neutral, was auch an den äußeren Umständen (Gespräch auf dem Gang einer Schule liegen kann). Die Zeugin wirkt aber, als fasse sie schnell Vertrauen zur Kommissarin. Man könnte vermuten, dass ihr dies leichter gelingt, weil sie mit einer Frau redet, von der sie vermutet, dass sie ihre bzw. die Situation von Frau K verstehen/nachvollziehen kann. Sie berichtet über das Liebesleben ihrer Freundin recht unbehelligt, vielleicht weil es für sie eine Geschichte aus der Distanz, und nicht das eigene Leben ist. Erst als es darum geht, den verheirateten Geliebten von Frau K klar zu benennen ist bei Frau B ein deutliches Unbehagen zu spüren. Als Grund könnte man vermuten, dass sie sich schwertut, den Mann zu „verleugnen“. Allerdings spricht sie ja nur die Tatsachen aus, man merkt aber, dass sie weiß, dass die Affäre ein Tabu darstellt.

Sammlung im Seminar [20171130]

Beim ersten Sehen: neutrale Stimmung
keine wirklich emotionale Regung von FB, erst als Sie den „älteren Liebhaber“ benennen soll
„professionelles“ Gespräch (das ist doch ihre Freundin)

Figuren reden über andere; müssen sich selbst nicht platzieren
auf den ersten Blick wertfrei, auf den zweiten Blick auch eigene Haltung

Herr V. genießt (bei FB) keinen guten Ruf

Michael nenne FB frei raus, aber bei Herr V zögert sie sehr

„Diffamierung“: Form, Art und Zeitpunkt der Erwähnung ist … interessant.

Alter von Michael

KW sagt sehr wenig. Sie hat „tolle“ Methoden FB klare Antwortgeberin

Die beiden bewegen sich während des Gesprächs im Raum; die meisten Gespräche sind sehr statisch, unbewegt, hier gibt es eine Dynamik.
Das Gespräch wäre mit einem Kommissar sicher anders verlaufen. Entspannte Stimmung, nicht unangenehm. Freundschaftlich, vertraulich.

Körperhaltung von FB. Geöffnet. Ihr Territorium. Locker.

FK hat als Lehrerin Affäre mit einem Schüler (wenn auch wohl nicht ihrem) FK hat auch Affäre mit einem Regierungsschulrat [als Dezernent / Referent in der Schulaufsicht auf Bezirksebene oder im Schulaufsichtsdienst, A14] [WARUM schreibt das Drehbuch Frau Karges eine Affäre mit einem Schüler zu UND mit einem Schulaufsichtsrat]

Dass Michael 20 ist, ist auch, wie bei der KW, eine Legitimierung. Es soll ein Schüler sein, aber möglichst alt; bei KW soll es ein verheirtateter Liebhaber sein, aber einer in Trennung.

Es ist eine spezielle Stimmung in der Schule, auf den Gängen während des Unterrichts, die sehr gut nachzuvollziehen, nachdrücklich war.

Emotionalitäten: FB soll Namen des Liebhabers verraten; Blick der KW nach „ab 30 ..“

Beispiel für Kodierung der Szene

Gespräch mit Michael

Sammlung im Seminar [20171207]

Dies ist ein Gespräch von KW in Anwesenheit ihres Assistenten, nicht allein.

Michael ist erschüttert, mitgenommen
ist / war sich der Liebe von M. Karges sicher (und dass MK ihre Zukunft mit ihm geplant hatte)
auch der Vaterschaft
sehr emotional (beim Thema Kind wird er noch emotionaler)

Variation in Sprache, Gesichtsausdruck und Art, je nach „Thema“ bzw. Person.

naiv

ist bereit, Verantwortung zu übernehmen
unterscheidet die Beziehung von MK zu ihm (sicher, verlässlich) und zu HV
Beziehung ist ernst

Gespräch sehr „persönlich“ → „Moni“
die erste „unsachliche“ Vernehmung, die allerdings im Präsidium stattfindet

Michael stand „Moni“ am nächsten (von den Figuren im Film)

Konkurrenz zu HV

raucht eine nach der anderen (wg. Aufregung, Emotion, Aufwühlung; erwachsen; Verzweiflung)

Interessant ist die Perspektive, als der Assistent ihm eine Zigarette anbietet; es ist Michaels Gesicht zu sehen, aber von rechts kommt die Hand mit der Zigarettenschachtel.
irritierend, kindlich

Redeanteil von Michael sehr groß, von KW sehr klein

→ welche Fragen hat KW gestellt?!?
z.B. Provokation, ob er sicher ist, dass er der Vater ist

Bei dem Gespräch liegt es nahe, dass es Vasemeier oder Pohlmann war.

Aber Michael erzählt vor allem; es ist nicht so, dass er jemanden beschuldigt. sehr glaubwürdig. Er erzählt „einfach, wie es war“.

Die Geste mit der Hand (ich habe sie nicht erreicht, jetzt weiß ich, warum)
Übelkeit, Weinen unterdrücken, Ekel, Sprechen unterdrücken, Schutzmechanismus

Charakterisierung: Vernehmung von Michael 1:01:01 - 1:06:36

Einordnung im Filmverlauf: Der Fall scheint zum Zeitpunkt der Szene eigentlich aufgeklärt, HV ist verhaftet. Doch schon in der vorangegangenen Szene äußert KW ihr Misstrauen an ihrer Arbeit, noch bevor Micheal ins Spiel kommt. KW glaubt, dass HV tatsächlich, wie er sagt, unschuldig sei. (hat sie nur einen guten und professionellen Spürsinn für „die Wahrheit“? Oder steckt an ihrem Zweifel eine tiefere Deutungsebene?) Die vorangegangene Szene findet im Treppenhaus statt. KW und ihr Mitarbeiter gehen die Treppe hoch, eine Dynamik entsteht (Symbolisiert diese Dynamik eine Art „Umschwung“ im Fall? - Assoziationen mit Sprichwörtern: „Auf dem richtigen Weg sein“/ „Auf dem Irrweg sein“ vgl. Parallelität mit der nachfolgenden Szene nach Michaels Verhör) Die Szene wird in der darauffolgenden Szene nochmal rekapituliert. KW schildert ihre Eindrücke des Verhörs bzw. alle Ergebnisse des Falls ihrem Kollegen. Wie auch bei der Szene vor dem Verhört sind KW und Kollege laufend, dynamisch unterwegs ( dies könnte die Unsicherheit bezüglich der Ergebisse im Fall ausdrücken- Assoziationen mit Sprichwörtern: „Auf dem richtigen Weg sein“/ „Auf dem Irrweg sein“ vgl. Beginn)

Beschreibung der Szene: Man sieht wie KW und ihr Kollege das Büro betreten- Michael sitzt bereits nervös (dargestellt durch: Hand am Mund, Mund offen, hektische Umdreh-Bewegung, wenn KW und Kollege hineinkommen) im Raum- rauchend (diese könnte ein Symbol für den schlechten Zustand Michaels sein; Rauchen als stresshemmend). Michael redet das ganze Verhör über hauptsächlich mit KW nicht mit ihrem Kollegen, dieser wirft nur vielsagende Blicke (vielleicht um dem Zuschauer klarer zu machen, was KW denkt) und kommt ihm zu Hilfe, wenn Michael keine Zigaretten mehr hat (dazu unten mehr); es entsteht eine fast elterliche Atmosphäre um Michael rum, was durch seine fast durchgehend ruhige Stimme verstärkt wird. Es scheint sich der Verhör-Situation nicht unwohl zu fühlen, vielmehr öffnet er sich emotional sogar soweit, dass er vor den Kommissar*innen weint, was für Männer häutig als atypisch wahrgenommen wird. KW ist zu Beginn vorwurfsvoll, dass Michael erst nach Auflösung des Falles kommt- innerlich könnte es aber für sie spannend sein, da sie kurz zuvor noch ihre Zweifel an der Lösung des Falles äußert: Michael könnte mit seinen Erzählungen ihr Gespür nun bestätigen oder auch endgültig beseitigen. Sie stellt „Professionell/angemessene“ Fragen „Haben sie noch einmal mit MK telefoniert? Um wieviel Uhr“ etc. Als er sagt er habe versucht sie die Tage nach der Todesnacht zu erreichen und jetzt wisse warum (Repräsentation/ Präsenz des Todes im Kopf) macht er die komische Geste mit der Hand an den Mund. Als wäre ihm übel bei dem Gedanken an den Tod seiner Geliebten. Oder als könne er nicht glauben, was er da sagt. Diese Geste lässt viel Interpretationsraum. Vielleicht ist die auch ein Verstecken von zitternden Lippen, um eben doch keine Schwäche zu zeigen? (Diese gespielte Stärke kann er aber über das Verhör hinweg nicht halten) – Michael zeigt eine ähnliche Geste als die Kommissarin und der Kollege reinkommen. Komischer Blick von KW nach dem emotionalen Tief von Michael. Lässt ihm eine kurze Pause, will aber doch mit der Vernehmung fortsetzen. Die Frage nach der Beziehung von Monika Karges und HV löst einen Bruch im Verhalten von Michael aus. Rein zwischenmenschlich ist der Zeitpunkt eigentlich kein guter, denn KW fragt Michael direkt nach seinem ersten emotionalen Einbruch danach. Deutet dies auf ihre kommissarischen Fähigkeiten hin? Sie bekommt alle Facetten aus ihm heraus? Viel durch Atmung und nonverbale Ausdrucksweisen. Will viel sagen, bekommt seine Worte aber nicht geformt. Die Kamera ist beim Verhör die meiste Zeit ganz auf Michael gerichtet (Verhör aus der Perspektive von KW; Zuschauende können in ihre gespannte Rolle schlüpfen: Hat sie mit ihren Zweifeln recht?) Auch wenn sie weiter nachfragt, bleibt die Kamera auf Michael haften (Drückt ihre Spannung aus: für sie ist jetzt jedes Detail wichtig und entscheidet, ob der Fall abgeschlossen ist- oder nicht) — Bruch bei 1:05:15— Die Frage von KW: „Hat Monika Karges gesagt, dass das Kind von Michael ist?“ Der/ die Zuschauer*in wird aus dieser oben beschriebenen Sicht von KW rausgerissen. Alle Personen im Raum werden reihum gezeigt. Kamera bleibt dann doch wieder auf Michael haften- siehe unten: sein bis hierhin verkörperter Charakter ändert sich. Darauf guckt KW schon fast belustigt?! Sie grinst zumindest, was an dieser Stelle deplaziert wirkt. Michael wird ruhig und ist plötzlich sehr vernünftig, was das Kind betrifft (sieh mehr unten). Lange wird KW gezeigt, wie sie auf Michaels Erzählungen reagiert: Guckt sehr nachdenklich, versunken, mitfühlend – das belustigte ist auf jeden Fall weg, es kehrt wieder ihre einfühlsame Seite wie schon aus der FV-Szene zurück. Michael weint zu Ende der Szene wirklich: Gegensätzlicherweise an der Stelle, an der er am erwachsensten wirkt (dabei wird dem weinen oft das Erwachsene abgesprochen). Michael versteckt sein Gesicht vor der Hand, guckt weg zum Boden. Dies drückt Beschämung aus und/ oder völlige Erschütterung. Alle „jungen Zukunftspläne“ sind zerschlagen, was auch den Zuschauer, welche*r von seiner Vernunft imponiert sein könnte, mitgerissen wird. Auch KW wirkt mitgenommen. Sie guckt kurz hilflos zu ihrem Kollegen; atmet ein und sagt dann doch nichts sondern lässt Michael kurz Zeit. Szene endet mit emotionalem Zusammenbruch von Michael und seiner Frage: „Wissen Sie wie es ist, wenn man jemanden Verliert, den man so schrecklich liebhat?“ Im Hinblick auf KWs Liebesleben eine tiefgehende Frage, die offen bleibt.

Michael:

höflich: steht auf (<→ gibt aber nicht die Hand zur Begrüßung, erste Worte: „ich warte schon seit einer Stunde hier“ das wirkt sehr vorwurfsvoll)
privat: charakterisiert seine ganze Erzählweise über die ganze Befragung hinweg: alle anderen drücken sich sehr gewählt vorsichtig und formell aus, Michael nicht (wohlbemerkt ist er auch Schüler), er erzählt sehr detailliert und ohne Charme aus sich heraus.

Er gibt eine eher seltsam detaillierte Beschreibung des Telefonats: „Zuerst hab ich gesagt, dass ich sie schon seit einer viertel Stunde versucht hab anzurufen. Dann hat sie gesagt, dass der Pohlmann sie angerufen hat …“ Würde man nicht zuerst Hallo wie geht`s das übliche usw. erwähnen? Oder lässt er es an dieser Stelle aus Aufregung/zeittechnischen Gründen weg?

„ich bin wegen der Moni hier- Monika Karges“ (verbessert sich, doch sein erster Instinkt ist ein Gespräch wie zwischen zwei vertrauten Personen)

Michael guckt durchgehend sehr besorgt und mitleiderregend und redet etwas abgehackt. Er atmet mehrmals im Verhör ganz schwer aus. All dies verstärkt sein Bild des verletzten Liebhabers und Trauernden.

—Bruch bei Frage nach HV— Als KW Michael nach der Beziehung von Monika zu Dr. Vasemeier fragt, wird seine Stimme plötzlich fester: Zuschauende können eine Wut spüren, die M gegenüber HV hegt. Diese Härte passt nicht zu dem Charakter, den Michael bis dato verkörpert: den „Zarten“, Verliebten und Verletzten. Er greift nach Zigaretten- allerdings ist seine Packung leer. Er knüllt die Packung in seiner Faust zusammen (Zeichen der Aggression) -Kompensation seiner Gefühle durchs Rauchen? Denn eigentlich gibt er nicht den Typ für einen Raucher ab. — Bruch— Er ist kurz vorm Weinen- dann die Frage, ob das Kind von ihm sei: er zeigt plötzlich einen anderen Charakterzug mit festem Blick, kein Blinzeln mehr, ein Entsetzten/ Erstaunen oder auch Empörung zeigt sich in seinem Gesicht.

Gegensätze: Eine gewisse träumerische Seite steckt in ihm, eine Art kindliche Naivität die ihn ganz sicher sein lässt, dass er der Vater des Kindes von Monika Karges ist und dass sie fest mit ihm zusammen sein möchte; an dieser Stelle projieziert er seine Hoffnungen in sie hinein und stellt sie als Tatsachen dar<→ dies stellt einen Gegensatz zu seiner Beschützerrolle gegenüber Monika dar („warte bis ich wieder da bin“), sowie die Realitätsnähe und Vernunft, die durchkommen, wenn er die Schwangerschaft als problematisch einstuft (ich muss zuerst mein Abitur machen und du musst arbeiten). Michael lacht an komischen Stellen- dies könnte Verlegenheit oder Aufgelöstheit ausdrücken.

Frage der Funktion der Szene: Hier ist die einzige Stelle im Film, dass Michael auftaucht: Welche Rolle muss er in diesen Minuten an den Zuschauer vermitteln? Was ist der Zweck? Wieso lassen ihn die Filmmacher*innen nochmal auftauchen? Eigentlich ist der Fall zunächst abgeschlossen- einerseits die typische Wende: erst die 2. Verdächtige Person, ist dann tatsächlich der gesuchte Mörder/die gesuchte Mörderin. welche Rolle spielt der Kollege von KW in dieser Szene? Michael guckt rüber zum Kollegen von KW, welcher am Rauchen ist, als seine Zigarettenpackung leer ist. Dieser kommt ihm zur Hilfe und gibt ihm Zigarette und Feuer: Hier zeigt sich vielleicht auch seine Funktion in dieser Szene? Drückt Hilflosigkeit Michaels aus, sowie die oben genannte „väterliche“ Hilfe. Durch Michaels (privaten) Erzählungen erfährt die zuschauende Person sehr viel über die Person Monika Karges (vgl. oben Personenbeschreibungen).

Telefonat mit Holger

Sammlung im Seminar [20171207]

Holger ist im Film nicht zu hören; nur aus dem, was KW sagt, können wir schließen, was er sagt.

schlecht ausgeleuchtet

KW steht vom Sofa auf, als das Telefon klingelt, nimmt ab und setzt sich zum telefonieren in einen anderen Sessel.

recht kurzes Telefonat. Sie waren beide noch ein bisschen „pissig“ aufeinander. ?

Es gibt Wellen im miteinander der beiden.
→→ Es gibt Brüche, einen Umbruch.

→→ Welche Atmosphäre macht das, der Sprachwechsel, die Brüche?!

„Die Dinge des Lebens“. Das ist so ein bisschen ein „Insiderwitz“, dass sie das sagt (ich denke nach über die Dinge des Lebens), aber sie löst es auch sofort auf.

Macht sie Holger Vorwürfe? Sie piesackt ihn. Schnippisch.

Warum sagt sie, „das Übliche“? Das sollte doch nicht üblich sein.
→→ In ihrem Fall ist es ja auch eine Frau und zwei Männer.

Sie vergewissern sich beide, ob die jeweils andere Seite alleine ist / war

Melancholische Stimmung

Stimmungseindruck der Szene

Die Szene beginnt in einem dunklen, wohnlich eingerichteten Zimmer, in dem Wiegand eine Zeitschrift ließt. Die einzigen Lichtquellen scheinen zwei Lampen zu sein, die sich rechts und links von Wiegand befinden. Obwohl kein Fenster zu sehen ist, wird dadurch der Eindruck vermittelt, dass es draußen dunkel ist. Wiegand sitzt auf einem lila Sofa, der Kamera zugewandt. Sie befindet sich etwas links von der Mitte des Bildes, durch die Entfernung der Kamera nimmt sie wenig Platz ein, sodass, obwohl ihr ganzer Körper zu sehen ist, oberhalb und unterhalb von ihr noch etwa genau so viel Platz ist, wie sie selbst einnimmt. Ihre Zeitschrift hält sie mit einer Hand in ihrem Schoß, während sie mit der anderen Hand ihren Kopf stützt. Ihr Gesicht ist, mit einem entspannten Ausdruck, der Zeitschrift zugewandt. Ihre Füße sind auf einem kniehohen Tisch vor dem Sofa abgelegt, auf dem sich noch einige kleinere Utensilien und eine Schale mit Obst befinden. Unterhalb des Tisches ist Dunkelheit, man erkennt lediglich noch ein paar Hausschuhe. Über Wiegand finden sich ein paar gerahmte Bilder und, auf einer Art Wandvorsprung, einige Bücher sowie Stereolautsprecher.

Die rechte Hälfte des Bildes wird von einem Stuhl, beziehungsweise dessen Rückenlehne, dominiert, der im Vordergrund steht. Durch die Beleuchtung ist die Rückseite des Stuhls, die die Zuschauer_in zu sehen bekommen, komplett dunkel. Der Stuhl scheint aus einer Art Korbgeflecht zu bestehen, weshalb sehr große Lücken zwischen den Flechten der Rückenlehne einen Durchblick auf die linke Hälfte des Sofas, die Wand sowie die zweite Lampe erlauben. Da die Beleuchtung lediglich diesen „Hintergrund” trifft, die Korbflechten der Rückenlehne jedoch komplett verdunkelt bleiben, entsteht der Eindruck, dass dieser Teil der Wand und des Sofas von schwarzen Linien durchzogen sind. Je weiter nach rechts sich der Blick der Zuschauer_in bewegt, desto dunkler wird das Bild. Allgemein gilt, dass sich das Bild verdunkelt, je weiter sich der Blick von Wiegand entfernt. Diese trägt einen hellblauen Mantel und ist dadurch, in Kombination mit dem Sofa, der „knalligste” Part des Bildes.

Der Beginn der Szene ist musikalisch untermalt; einige Streichinstrumente und ein Klavier spielen eine langsame Melodie, die an „Casablanca” erinnert. Nach sechs Sekunden, Wiegand blättert gerade eine Seite weiter, wird die Geräuschkulisse von einem hohen Telefonklingelton durchdrungen. In Reaktion hebt Wiegand ihren Kopf, legt die Zeitschrift beiseite, steht auf und macht zwei Schritte in Richtung der Kamera. In ihrer Bewegung wirkt sie nicht hektisch, allerdings scheint das Beiseitelegen der Zeitschrift eher ein Beiseitewerfen zu sein. Wiegand schließt sie zuvor nicht, sondern wirft sie offen auf ein Kissen zu ihrer Seite. Während sie aufsteht ist weiterhin ein lautes Ausatmen zu vernehmen. Wiegand wirkt damit leicht gestört durch den Anruf, der ihre abendliche (vorausgesetzt es ist Abend) Routine unterbricht.

Als Wiegand mit einer Hand nach einem zuvor undefinierbaren Gegenstand auf dem Tisch greift und einen Hörer nach oben zieht, wird klar, dass es sich dabei um das Telefon handelt. Die Komissarin hält sich den Hörer mit „Wigand?” an ihr rechtes Ohr, wobei sie weder genervt noch gehetzt klingt. Nach anderthalb Sekunden folgt ein „Ach, du bist es Holger”. Anfolgend nimmt sie das Telefon auf und bewegt sich auf die Kamera zu, wobei sie, erneut nach kurzer Pause, „Ja, natürlich hab ich den Zettel gefunden” sagt. Nach erneut anderthalb Sekunden, Wiegand richtet sich nach Links, sagt sie „Wo ich war die ganze Zeit?”. Sie setzt sich auf den Korbflechtenstuhl, sodass der Zuschauer_in nun ihr unbeleuchteter Rücken zugewandt ist, und sagt „Im Kino”.

Anfolgend folgt der erste und einzige Schnitt der Szene. Die Kamera ist jetzt direkt auf Wiegands Gesicht gerichtet. Der untere Bildrand geht bis zu ihren Schultern, wobei jetzt erkennbar wird, dass sie einen Bademantel trägt. Ihre Nase ist genau im Zentrum des Bildes, ihr Gesicht ist beinahe vollständig beleuchtet. Ihre rechte Hand befindet sich unter ihrem Kinn und hält den Hörer, an ihrem Ringfinger ist ein goldener Ring sichtbar. Wiegands Haare sind direkt über ihrer Stirn nicht ausgeleuchtet, sodass sie in die Dunkelheit des Hintergrunds übergehen. Hinter Wiegand befinden sich erneut die Korbflechten der Rückenlehne, diesmal ausgeleuchtet. Durch die Flechten hindurch ist im unausgeleuchteten Hintergrund nichts deutlich erkennbar.

Gleichzeitig mit dem Schnitt sagt Wiegand: „Ja, allein.”, ihre Augen schauen kurz umher und nach einer weiteren kurzen Pause: „Du bist in Frankfurt?”. Die aktiven Parts der Szene sind fortan Wiegands Stimme und ihr Gesichtsausdruck, ebenso wie einige Handbewegungen, die sie noch durchführt. Holger, mit dem sie offenbar telefoniert, ist für die Zuschauer_in kein einziges Mal zu sehen oder zu hören, sodass auf seine Gesprächsbeiträge nur aus den Äußerungen der Komissarin zu schließen ist. Die Szene ist voll auf Wiegand konzentriert. Im Folgenden ist der „Dialog” (bei dem es sich eigentlich um einen Monolog handelt), mit den Pausen, in denen Holgers Gesprächsbeiträge vermeintlich stattfinden, aufgeschrieben:

Wiegand: Wiegand?

(1,5)

W: Ah! Du bist es, Holger.

(3)

W: Ja, natürlich hab ich den Zettel gefunden.

(2)

W: «stöhnt abgehackt» Wo ich war die ganze Zeit?

(2)

W: Im Kino.

(1,5)

W: Ja, allein.

(3)

W: Du bist in Frankfurt?

(1,5)

W: Wann kommst du zurück?

(2)

W: «atmet laut ein» mhm. (.) Na das beruhigt mich.

(2)

W: Holger,

(1,5)

W: bist du allein gefahren?

(2)

W: «schnalzt» (.) Nun sei doch nicht gleich so empfindlich.

(1)

W: Du arbeitest noch in der Firma deiner Frau, warum sollst du nicht mit ihr auf Geschäftsreise gehen?

(2,5)

W: Was heißt ich bin biestig?

(2)

W: Ich denk nur nach.

(3)

W: Och, (.) über die Dinge des Lebens.

(1,5)

W: So hieß der Film.

(1)

W: Nein, kein Krimi.

(2)

W: Das Übliche,

(1)

W: Ein Mann und zwei Frauen.

(2,5)

W: Mach dir nichts drauß, ich erklär dir das, wenn du wieder hier bist.

(3)

W: Tschau Holger.

Nach einer kurzen Pause legt Wiegand den Hörer aus dem Bild. Sie blinzelt noch ein paar mal, atmet dann ein und fährt sich mit ihrer linken Hand, die sie während des Gesprächs an den Kopf genommen hat, durch ihr Haar. Dann endet die Szene ohne Überblende.

Die gesamte Szene ist durch einen Stimmungsumschwung geprägt, der sich bei genauerer Betrachtung in mehrere Brüche unterteilen lässt. Zu Beginn wird eine entspannte Situation präsentiert, in der die Komissarin Wiegand sich von ihren Ermittlungen zu erholen scheint. Das schrille Klingeln des Telefons durchbricht die Stimmung kurz, es übertönt die Musik und Wiegand muss von ihrer bequemen Position aufstehen und ihre Lesetätigkeit unterbrechen, um es ruhig zu stellen. Das Telefonat beginnt wieder in einer entspannten Atmosphäre. Wiegand klingt nicht gestört oder beunruhigt als sie feststellt, dass es Holger ist, mit dem sie redet. Statt stehen zu bleiben, macht sie es sich auf einem Stuhl bequem, woraus sich deuten lässt, dass sie das Gespräch nicht schnell wieder beenden will. Das Gespräch selbst thematisiert zunächst einen Zettel, den Holger offenbar für Wiegand gelassen hat, sowie Wiegands Kinobesuch. Wiegand spricht dabei beständig mit einer ruhigen, gelassenen, freundlichen Stimme. Es handelt sich Anfangs um ein leichtes, unernstes Gespräch.

Der intensivste Umschwung erfolgt bei „Holger, (1,5) bist du allein gefahren?”. Hier wird Wiegands Stimme eindringlicher, insbesondere der Satzbeginn wird von ihr mit Nachdruck ausgesprochen, woraufhin sie schnell blinzelt. Gleichzeitig endet die Musik. Fortan ist ein leichtes Hintergrundrauschen zu hören, dass an Autos, die an einer nahen Straße durchfahren, erinnert. Wiegands Stimme normalisiert sich im kurz darauf folgenden „Nun sei doch nicht gleich so empfindlich.”, gleichzeitig bewegt sie ihren Kopf stärker hin und her als zuvor. Im folgenden Satz, „Du arbeitest noch in der Firma deiner Frau, warum sollst du nicht mit ihr auf Geschäftsreise gehen?” rechtfertigt Wiegand auf inhaltlicher Ebene ihre vorige Frage, wobei sie ihren Kopf und ihre Augen ruhig hält und wenig blinzelt. Holgers vermeintliche Antwort, die die Zuschauer_in erneut nicht hören kann, beunruhigt Wiegand ersichtlich: Zunächst deutet sie ein Kopfschütteln an, dann drückt sie in hoher Stimmlage und mit empörter Betonung aus: „Was heißt ich bin biestig?”. Beim folgenden „Ich denk nur nach.” ist ihre Stimme wieder beruhigter. Die Ruhe in Wiegands Stimme, Kopfhaltung und Gesichtsausdruck bleibt bestehen bis zu „Nein, kein Krimi.”. Bei diesem Ausdruck schließt sie ihre Augen. In der folgenden Pause und ihrer Aussage „Das übliche,” bewegt sie Kopf und Augen wieder, als würde sie umherschauen. Ihre Aussage „Ein Mann und zwei Frauen.” wird stärker betont als die vorigen, dafür bleibt ihr Gesichtsausdruck hierbei wieder komplett ruhig. Direkt nach Satzende schließt sie erneut ihre Augen, atmet laut aus und fasst sich an die Stirn.

Nachdem die Musik endet, scheint sich das Gespräch zunächst in einen Streit zu entwickeln. Auf inhaltlicher Ebene werfen sich die Gesprächsteilnehmer hier kurz nacheinander Empfindlichkeit und „Biestigkeit” vor. Außerdem wird Wiegands zuvor ruhige Stimme aufgeregt, als sie „Was heißt ich bin biestig?” antwortet, ebenso sind ihre Kopf- und Augenbewegung während dieser Gesprächsphase intensiver. Die Gefühlsaufwallung vonseiten Wiegands verschwindet so schnell wieder, wie sie kam, als sie „Ich denk nur nach.” äußert. Ihre folgenden Gesichtsbewegungen sind eher von Müdigkeit denn von Aufregung geprägt: Sie schließt die Augen und stützt ihren Kopf schließlich auf dem linken Arm. Im Fortlauf des Gesprächs tendiert die Komissarin außerdem immer öfter dazu, schnell hintereinander zu blinzeln oder nach unten zu schauen. Es scheint, als würden ihre Augenlieder schwerer werden. Das Gespräch mit Holger strengt die Komissarin an, insbesondere nachdem es sich fast in einen Streit entwickelt. Ihre Gesprächsbeiträge sind gegen Ende entsprechend kurz, so tut sie den Film, der in dieser Phase Gesprächsthema wird, als „das Übliche” ab, und etwas, über das Holger offenbar eine Nachfrage gestellt hat, will sie ihm nicht jetzt erklären, sondern „wenn du wieder hier bist.”. Nach Ende des Gesprächs, das Wiegand nicht mit Liebkosungen oder dergleichen, sondern nur mit „Tschau Holger.” beendet, kehrt keine Musik zurück. Es bleibt nur eine erschöpfte Komissarin.

Die Stimmungsentwicklung lässt sich demnach in 5 Phasen unterteilen. Zu Beginn findet sich eine entspannte Atmosphäre, die durch das Telefonklingeln durchbrochen wird. Zu Beginn des Gesprächs entspannt sich die Atmosphäre erneut, bis es zum Gesprächshöhepunkt kommt, der beinahe in Streit mündet. Dieser Höhepunkt klingt ab, aber statt zur Entspannung zurückzukehren endet die Szene in einer angestrengten, ermüdenden Atmosphäre, in der der Konflikt nicht gelöst sondern lediglich aufgeschoben ist.

Charakterisierung des gesamten Filmes

Als bestimmendes Thema des Films wurde vom Seminar der Oberbegriff „Liebesaffären“ ausgemacht und der Film unter diesem Gesichtspunkt aufgeteilt und in sechs Szenen unterteilt, die nach diesem Schwerpunkt ausgewählt und dann genauer betrachtet und diskutiert wurden. Dabei ist dieses Thema oder auch Motiv sicher nicht das Einzige, dass man im Film wiederfindet, es beherrscht aber unsere Diskussionen durch den Fokus, den wir auf dieses ziehen. Es ist aber sicher das vordergründig bestimmende Motiv, dass die Geschichte und die Figuren miteinander verbindet.

Der Begriff „(Liebes)affäre“ wurde von den Seminarteilnehmenden gewählt und findet sich so im Film nicht wieder. Hier wird der Sachverhalt eher umschrieben, von Kommissarin Wiegand einmal als „sogenannte Partnerschaftsprobleme“ (im Gespräch mit Frau Binder), während Frau Binder (die Kollegin des Mordopfers) die Bezeichnung „sie hatte einen Freund“ benutzt, über den sie spezifiziert, dass dieser Freund verheiratet ist. Auch zwischen der Kommissarin und ihrem Kollegen wird der Affären-Begriff nicht genutzt, sie konzentrieren sich nachdem sie von Frau Karges Verhältnis zu Herrn Vasemeyer erfahren zunächst auch auf die Bezeichnung „Politstory“, bringen diese aber mit der Profumu-Affäre (https://de.wikipedia.org/wiki/Profumo-Aff%C3%A4re) in Zusammenhang, die in direktem Zusammenhang zu außerehelichen Affären steht. Die Affären des Filmes sind alle die zwischen einem verheirateten Mann und alleinstehenden Frauen. Es gibt von dieser Konstellation zwei prominente Beispiele im Film, das Liebesdreieck Frau Vasemeyer – Herr Vasemeyer – Frau Karges und das zwischen Hanne Wiegand – Holger – Holgers Ehefrau. Zwischen beiden Affärentypen/Liebeskonstellationen werden immer wieder Parallelen gezogen, die wahrscheinlich auf Drehbuchseite bewusst genutzt/eingeführt wurden, um den Fall für Kommissarin Wiegand einerseits persönlicher zu gestalten, ihr auf diese Weise einen tieferen Einblick in den Fall zu ermöglichen, aber auch um die Zuschauer*innen emotional stärker in den Fall zu involvieren. Ich vermute außerdem, dass Holger nur in dieser Episode eine Rolle spielt (aus der Beschreibung zur Kommissarin auf der Seite Tatort-Fans:https://tatort-fans.de/category/kommissare/kommissare-im-ruhestand/wiegand/), was die These bestätigt, dass er hier für diesen Fall eingeführt wurde.

Warum aber wurde gerade bei diesem Thema dieses Mittel genutzt, um den Fall zu illustrieren? Interessant ist dabei für mich besonders die Frage, ob von Seitens des Drehbuchs und der Regie (übrigens beide männlich besetzt im Film) diese Variante hier eher als Notwendigkeit oder als Chance gesehen wurde? (Die Frage lässt sich hier so nicht beantworten, vielleicht über einen Kontrast zu weiteren Filmen mit Kommissarin Wiegand).

Im Rahmen des Affären-Themas gibt es gewisse Aspekte, die immer wieder eine Rolle spielen. Zum ersten ist es auffällig, dass beide Beispiele die hier genutzt werden Männer im Mittelpunkt des Dreiecks haben, und keine Frauen. Beide Männer sind etwas über 50 und älter als ihre jeweiligen Geliebten. Wobei der Altersunterschied von Herr Vasemeyer zu Frau Karges (die wahrscheinlich Anfang 30 war) größer ist, als der zwischen Holger und Hanne Wiegand (die ich auf Mitte 40 schätze). Das Altersthema ist ein Motiv, dass sich in den Gesprächen immer wieder findet, es wird mehrfach als Legitimation für den Beginn einer Affäre genutzt. Dabei wird angesprochen, dass Frauen die etwas älter werden nicht mehr so attraktiv sind und es somit nachvollziehbar wäre, dass Männer sich jüngeren Frauen zuwenden. Ein solches Motiv wird vom Film eindeutig als gesellschaftlich akzeptierte Erklärung für die Art der hier untersuchten Affären positioniert. Das Alter des Mannes spielt dagegen eher indirekt eine Rolle, es wird von Frau Vasemeyer als Grund dafür genutzt, dass ihr Mann sich von ihr wohl eher nicht trennen würde (weil ein 53-jähriger Mann kein Bedarf mehr auf Liebesdrama hat, sinngemäß), grundsätzlich stellt der Altersunterschied nach oben (auf der Achse Frau-Mann) offenbar kein Hindernis dar. In anderer Richtung, nach unten wie bei Frau Karges und Michael bedarf es aber einer Rechtfertigung. Dass der wesentlich jüngere Michael trotz seines Status als Schüler dennoch bereits 20 ist, also das höchstmögliche Alter eines Gymnasiasten hat, ist sicher kein Zufall des Drehbuchs.

Weitere Motive, die sich durch den Film ziehen sind aus meiner Perspektive heraus, die Charakterisierung von Kommissarin Wiegand: Wie arbeitet sie als Ermittlerin? Wie führt sie Verhöre bzw. Befragungen? Wie positioniert sie sich gegenüber Frauen und Männern; Zeugen und Verdächtigen und wie gegenüber ihren Kollegen? Sie nimmt als Frau in einem von Männern dominiert Berufsfeld eine besondere Rolle ein, die hier zwar nicht verbalisiert wird, aber immer mitschwingt. All ihre Kollegen sind Männer, sie legt gegenüber Männern ein anderes Befragungsverhalten an den Tag als gegenüber Frauen, aber sie ist auch eine Frauenfigur, die sich explizit weiblich verhält. (In dem Sinne, dass man sich an ihrer Stelle keinen Mann vorstellen kann, es liegt hier kein Fall vor, bei dem ein Kommissar „zufällig“ durch eine Frau verkörpert wird). Wichtig ist auch, dass die beiden Themen die die Atmosphären des Filmes prägen, das Thema Liebesaffären und den Aspekt (alleinstehende) Frauen im Beruf sich beide in der Kommissarin verkörpert wiederfinden. Besonders interessant ist vor allem die Art und Weise, wie sich Frau Wiegand immer wieder in Gesprächen verhält. Da die meisten ihrer Unterhaltungen im Film im Rahmen ihres Berufes stattfinden, halte ich die Art und Weise ihrer Gesprächsführung für zumindest teilweise bewusst von ihr gesteuert. In beiden Unterhaltungen mit Frauen, Frau Vasemeyer und Frau Binder, ist sie sehr zurückhaltend und passiv. Sie lässt den Frauen viel Raum für eigene Ausführungen und bietet ihnen Möglichkeiten, dass Gespräch selbst zu leiten und die Themen anzusprechen, die diese für wichtig halten. Sie bringt ihre Autorität als Kommissarin nur wenig ins Spiel, während sie bei Herrn Vasemeyer ganz anders auftritt. Diesem lässt sie zwar auch immer zunächst die Möglichkeit, seine eigene Variante der Geschehnisse zu erzählen, aber sie kontert diese immer mit ihrer Interpretation der Situation. Dabei ist sie wesentlich bestimmter und autoritärer, als das bei den beiden Frauen der Fall ist. Auffällig ist auch, dass sie in privaten Momenten (meist mit Holger) durchaus emotional ist (Holger bezeichnet sie am Telefon als „biestig“), was ebenfalls dafür spricht, dass ihr berufliches Verhalten kontrolliert und bewusst ist.

Weitere Motive des Filmes, die aber eher am Rande oder nebenbei thematisiert werden, sind außerdem die Politik, das Bild des Politikers und welche moralischen Werte dieser nach Außen verkörpert oder auch verkörpern muss und wie/ob diese nur als Fassade fungieren. Das findet sich besonders in der Person des Herrn Vasemeyer wieder, ob der Fokus auf uns eher als zweitrangig wirkt, weil wir die Szenenauswahl unter dem Affären-Schwerpunkt gesetzt haben, oder dieser sich wirklich mehr im Hintergrund befindet, will ich momentan noch nicht beurteilen.

Als weitere Motive sind mir Themen wie Liebe (was versteht man darunter und was bedeutet Liebe für Beziehungen?) und die Frage nach Kindern in einer Beziehung aufgefallen. Beide sind aber in das Geflecht der Affären involviert, könnten aber unter diesem Oberbegriff klar beobachtbare Unterkategorien bilden. Beim Thema Kinder finde ich auffällig, dass diese nie als eigene Subjekte thematisiert werden, sondern nur als abstrakte Merkmale einer Ehe oder auch Beziehung. Das mag daran liegen, dass in den hier behandelten Beziehungen keine Kinder vorhanden sind, dennoch ist diese Art der Thematisierung auffällig und für mich auch ein Zeichen, wie Kinder gesellschaftlich thematisiert werden bzw. wurden. Ein weiteres eher nebensächlich angesprochenes Motiv ist die Tatsache, dass beide Männer (Herr Vasemeyer und Holger) in einen Familienclan eingeheiratet haben, Herr Vasemeyer spricht dies auch einmal an als „euer Clan hält immer zusammen“, außerdem wird deutlich, dass seine Frau über das Vermögen der Familie verfügt und ihr Bruder ist sein Anwalt. Holger hingegen arbeitet im Unternehmen seiner Frau und ist von seinen Schwiegereltern beruflich und wahrscheinlich dann auch finanziell abhängig.

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