Subjektivierung nach Foucault

Foucault (1978) begreift Macht als omnipräsentes und allumfassendes Netz, welches sich in jeder zwischenmenschlichen Beziehung, von einem Moment zum nächsten und von jedem Punkt des Netzes zum anderen reproduziert. Dadurch wird die Dichotomie zwischen Herrschenden und Beherrschten aufgelöst; Machtverhältnisse wirken in jedem Individuum und werden von allen Mitgliedern einer Gesellschaft mitgetragen.1)Mit dem Begriff der Subjektivierung beschreibt er den Prozess der Selbstwerdung in seiner Gleichzeitigkeit von Selbstermächtigung und Selbstbeherrschung. Er versteht das Selbst als Produkt von Machtfeldern, dessen Handlungsspielraum darin liegt, innerhalb der herrschenden Machtlogik an der Selbstwerdung zu partizipieren. Subjektivierung geschieht demnach durch „Formen der Objektifizierung […], durch die der Mensch in unserer Kultur zum Subjekt gemacht wird” 2). Selbstwerdung ist folglich nur innerhalb eines Rahmens möglich, dessen Grenzen und Ausdrucksweisen von Beginn an festgelegt sind. Daher ist es einerseits unabdingbar, die Identitätsbildung als Entscheidung selbstbestimmter Individuen zu betrachten. Diese können mit der Wahrnehmung von Emanzipation und Zugehörigkeit verbunden sein. Andererseits verkennt eine alleinige Interpretation als autonome Entscheidung, dass die kollektive Identität auf gewaltvollen Prozessen basiert und normativen Mustern folgt. Selbstbeherrschung und Selbstermächtigung in der Identitätsbildung schließen sich folglich nicht aus, sondern sind untrennbar miteinander verbunden.

1)
Foucault, M. (1978). The History of Sexuality. Pantheon Books.
2)
ebd.: S.777
Drucken/exportieren