Mit BigData sind Utopien und Dystopien verbunden. Algorithmen überwachen und lenken unser Leben und bedrohen deshalb die Demokratie und die offene Gesellschaft: Erstens, weil wir zunehmend lückenlos überwacht und beobachtet werden (können), bis ins Innere unserer Wohnungen und unserer Körper. Zweitens, weil Techniken, die uns vermeindlich die gesamte Welt zugänglich machen, immer häufiger zum Gegenteil beitragen, beispielsweise mit den Filterblasen, die uns umgeben (Algorithmen, die dafür sorgen, dass wir im Netz nur wahrnehmen, was zu uns „passt“). Auf der anderen Seite sollen Algorithmen „die Welt heilen“, indem sie alle (möglichen) Fragen beantworten und Prognosen erstellen. Daten können uns alles sagen und machen theoretische und methodische Überlegungen „überflüssig“ (Anderson 2008, „The End of Theory: The Data Deluge Makes the Scientific Method Obsolete.“ In: WIRED, www.wired.comjsciencefdiscoveriesfmagazineji6-o7 jpb_theory).
Ganz ohne Überzeichnung ist festzustellen, dass Art und Umfang digitaler Daten, die alltäglich anfallen und gesammelt werden, ein anderes Bild auf unsere Welt ermöglichen. Wie sieht das für soziologische Fragestellungen aus? Eignen sich automatisch generierte Daten für die soziologische Analyse? Welche und wie? Ermöglichen sie Erkenntnisse und Betrachtungsweisen und sind diese neu oder anders? Mit diesen Fragen werden wir uns näher befassen.
Gegenstand des Seminars sind soziologische Perspektiven auf und vor allem der Umgang mit BigData. Was ist „BigData“ aus soziologischer Sicht? Was sind Sinn und Unsinn sowie empirische Möglichkeiten für die Soziologie? Das Seminar beschäftigt sich mit Verfahren der empirischen Analyse; Gegenstand sind methodologische, also wissenschaftstheoretische Fragen zu BigData. Fragen danach, was und wie uns digitale Daten nützen können. Hierzu gehört auch die Frage, ob, wie und mit welchen Konsequenzen mit BigData in der Soziologie gearbeitet werden kann. Das Seminar fokussiert den method(olog)ischen Aspekt; deshalb ist ein Schwerpunkt die intensivere Betrachtung konkreter „Analysefälle“, das heißt, von Studien, die – im quantitativen wie im qualitativen Bereich – soziologische Analysen betreiben. Eine weitere Frage ist, ob und in welcher Form Material für eine Analyse zur Verfügung steht, die nicht an eine besonders aufwändige Ausstattung (zeitlicher, finanzieller, technischer, rechtlicher Art) gebunden ist.
Literaturhinweis:
Boyd, Danah/Kate Crawford 2012. Critical Questions for Big Data: Provocations for a Cultural, Technological, and Scholarly Phenomenon. Draft of the version for Information, Communications & Society 15, 2012.
Boyd, Danah/Crawford, Kate (2011): Six Provocations for Big Data. In: SSRN Journal. DOI: 10.2139/ssrn.1926431 [Vorversion]
Die Wiki-Beiträge:
Kriterienkatalog
Gemeinsamer Kriterienkatalog zum Umgang mit Forschungsprojekten, die mit Big Data arbeiten
Forschungsfragen und Diskussionen
Sammlung von Forschungsfragen und Diskussionen innerhalb des Seminars
Beispiele für die quantitative Analyse
–Quantitative Analysis of Culture using Millions of digitized Books
–Social Structure of Facebook Networks
Beispiele für die qualitative Analyse
– multimodale Ansätze
– Arbeiten mit Twitterdaten: Auswahl- und Analysefokus